Kapitalmarkt

Neue Aufgaben für Pfandbriefbanken im Finanzverbund

Mit drei Pfandbriefbanken, die sowohl im Kredit- als auch im
Emissionsgeschäft jeweils eigene strategische Schwerpunkte setzen und
damit das Leistungsspektrum in der gesamten Breite abdecken, verfügt
der genossenschaftliche Finanzverbund über hoch spezialisierte
Produktanbieter im längerfristigen Laufzeitenbereich. Die Münchener
Hyp, die DG Hyp und die WL-Bank schlagen die Brücke zu den
internationalen Kapitalmärkten und übernehmen damit - gemeinsam mit
den Zentralbanken DZ Bank und WGZ-Bank für den genossenschaftlichen
Sektor auch in Zukunft eine wichtige Refinanzierungsfunktion.
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Refinanzierung im Verbund: ein Zehntel über Pfandbriefe
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Die konsolidierte Bilanz des Finanzverbunds liefert einen Indikator
für den derzeitigen Refinanzierungsbeitrag der genossenschaftlichen
Pfandbriefbanken. Der Anteil liegt bei rund zehn Prozent, wenn man
berücksichtigt, dass der Posten "Verbriefte Verbindlichkeiten" auch
andere Wertpapiergattungen als den Pfandbrief einschließt. Der
Löwenanteil von rund 60 Prozent stammt aufgrund des Gewichts und der
Geschäftsstruktur der Volksbanken/Raiffeisenbanken aus kurz- und
mittelfristigen Kundeneinlagen. Die langfristigen Finanzierungen
wohnwirtschaftlicher, gewerblicher und kommunaler Investitionen sowohl
der genossenschaftlichen Primärbanken als auch der Verbundinstitute
sind im Posten "Forderungen an Kunden" enthalten.
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Die Pfandbriefbanken haben Zugang zu einem attraktiven
Refinanzierungsmarkt, der sich durch folgende Charakteristika
auszeichnet:
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- starkes Wachstum,
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- zunehmende internationale Integration,
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- hohe Liquidität,
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- Preis- und Risikotransparenz, wobei dem externen Rating eine
entscheidende Rolle zukommt,
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- niedrige Transaktionskosten durch intensiven Wettbewerb,
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- positive Netzwerkeffekte durch steigende Teilnehmerzahlen.
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Die mit dem Inkrafttreten des Pfandbriefgesetzes am 19. Juli 2005
verbundene Aufhebung der strikten Abgrenzung der Geschäftsfelder
zwischen Hypotheken- und Geschäftsbanken war für alle Bankengruppen
bereits im Vorfeld Anlass, ihre strategische Positionierung zu
überprüfen. Für den genossenschaftlichen Sektor stellte sich dabei die
Frage, welche Konsequenzen sich für die Zusammenarbeit zwischen den
Kreditgenossenschaften und den Verbund-Pfandbriefbanken ergeben.
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Aus Sicht der Pfandbriefbanken folgen daraus zwei Fragen:
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- Unter welchen Bedingungen ist die bisherige Arbeitsteilung zwischen
den eigenständig im regionalen Markt agierenden
Volksbanken/Raiffeisenbanken und den spezialisierten
Verbundunternehmen zukunftsfähig?
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- Wie können die Präsenz und das hohe Standing am Kapitalmarkt -
verbunden mit der Fähigkeit, den institutionellen Investoren
maßgeschneiderte und komplexe Produkte zu bieten - künftig noch besser
zum Vorteil der Volksbanken/Raiffeisenbanken und des Finanzverbunds
insgesamt genutzt werden?
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Konzentration auf die Kerngeschäfte
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Die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen eröffnen den
genossenschaftlichen Primärbanken zwar formal die Möglichkeit der
direkten Refinanzierung über Pfandbriefe. Genauso wie umgekehrt die
Pfandbriefbanken alle Geschäfte einer Universalbank betreiben könnten.
Bei näherer Betrachtung ergibt beides betriebswirtschaftlich wenig
Sinn. Die Entwicklung tendiert vielmehr in die entgegengesetzte
Richtung:
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- zur Konzentration auf die jeweiligen Kerngeschäftsfelder und
Stärken,
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- zur Realisierung von Spezialisierungsvorteilen,
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- zum intensiveren Leistungsaustausch innerhalb eines effizienten
Netzwerks und
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- zur Nutzung der Vorteile einer dezentralen Markbearbeitung und
sinnvollen Zentralisierung nachgelagerter Funktionen.
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Früher waren die Hypothekenbanken Produktspezialisten qua Gesetz.
Welche Gründe sprechen dafür, dass die Münchener Hypothekenbank in
ihrer neuen Rolle ihr Geschäftsmodell im Kern beibehält?
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- Aus Sicht der Münchener Hypothekenbank: Wettbewerbsvorteile durch
Konzentration auf Kernkompetenzen, professionelles Auftreten als
internationale Emissionsadresse mit erstklassigem Rating, hohem
Standing am Jumbo-Markt und anderen für institutionelle Investoren
interessanten Marktsegmenten, Nutzung von Losgrößen- und
Spezialisierungsvorteilen im Kreditgeschäft sowie IT-gestützte
Prozessoptimierung und Portfolio-Diversifizierung.
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- Aus Sicht der Volksbanken/Raiffeisenbanken: Die Refinanzierungs- und
Spezialisierungsvorteile der Münchener Hypothekenbank erlauben
erstklassige Konditionen vergleichbar dem Niveau der
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Direktbanken. Ihre Konzentration auf die Immobilienfinanzierung
fördert Produktinnovationen. Entsprechende Marktanteile
beziehungsweise Stückzahlen ermöglichen eine professionelle
Akquisitionsunterstützung. Als Kompetenzcenter in der
Immobilienfinanzierung bietet die Münchener Hypothekenbank
Know-how-Transfer sowie Beratungs- und Workflow-Unterstützung.
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- Aus Sicht der Investoren ist es von Vorteil, dass der Finanzverbund
drei Emissionshäuser hat. Die großen Kapitalmarktinvestoren haben bei
ihren Anlageentscheidungen Höchstgrenzen je Schuldner zu beachten.
Dabei ist es üblich, sämtliche Forderungen gegen Konzernmutter
undtöchter zu einem Obligo zusammenzufassen. Die als Genossenschaft
rechtlich selbstständige Münchener Hypothekenbank wird außerhalb von
Konzernlimiten geführt und verbreitert somit die Refinanzierungsbasis
des Finanzverbunds.
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Auf den Punkt gebracht können die Volksbanken/Raiffeisenbanken die
Vorteile der Dezentralität und Eigenständigkeit mit der Schlagkraft
national und international agierender Spezialisten kombinieren. Die
Rollenverteilung im Verbund hat sich bewährt und ist ein überzeugendes
Zukunftsmodell. Die Strukturen sind flexibel, die Geschäftsmodelle
werden unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips aufeinander
abgestimmt und bei höchstmöglicher Marktnähe weiterentwickelt.
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Leistungen für die Primärstufe
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Die Vorteile, die sich aus dem direkten Kapitalmarktzugang und dem
Standing der genossenschaftlichen Pfandbriefbanken ergeben, können im
Vermittlungsgeschäft zwischen Volksbanken/Raiffeisenbanken und
Pfandbriefbanken bei wohnwirtschaftlichen und gewerblichen
Finanzierungen sowie im originären Kommunalgeschäft, im gewerblichen
Direktgeschäft der Pfandbriefbanken sowie im Staatskreditgeschäft, bei
der Optimierung von Portfolios und beim Liquiditätsmanagement künftig
intensiver genutzt werden.
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Im Neugeschäft besteht die Grundsatzentscheidung der
Volksbanken/Raiffeisenbanken darin, Finanzierungen in die eigenen
Bücher zu nehmen oder an den Verbundpartner zu vermitteln. In der
Aufwands- und Ertragsrechnung wirkt sich das entsprechend als Marge
oder Provisionsertrag aus. Die Entscheidung hängt von der Geschäfts-
und Risikostrategie, der aktuellen Bilanzstruktur, der
Liquiditätsausstattung, dem Verlauf der Zinsstrukturkurve, den
Zinserwartungen und dem Einstandszinssatz ab.
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Marktsegmente, in denen die Volksbanken/Raiffeisenbanken nicht präsent
sind, decken die Pfandbriefbanken durch das Direktgeschäft ab. In
erster Linie handelt es sich dabei um großvolumige gewerbliche
Finanzierung im In- und Ausland. In diesem Geschäftssegment kommt die
ganze Bandbreite der Refinanzierungsinstrumente zum Einsatz. Die
Münchener Hypothekenbank konnte in den vergangenen Jahren durch
Wachstum besonders im Auslandsgeschäft Marktanteile hinzugewinnen.
Dieser Trend wird sich fortsetzen. Für die
Volksbanken/Raiffeisenbanken sind diese Geschäftssegmente von
nachrangigem Interesse, für den Finanzverbund als Allfinanzanbieter
ist es jedoch wichtig, hier präsent zu sein.
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Mit der Einführung von Basel II bekommt die Portfolio-Optimierung in
den Volksbanken/Raiffeisenbanken zunehmende Bedeutung. Sie haben dabei
in Zusammenarbeit mit den Pfandbriefbanken grundsätzlich die
Möglichkeit, deckungsfähige Finanzierungen aus dem Eigengeschäft von
der Bilanz zu nehmen und auf die Pfandbriefbanken zu übertragen, die
sich wie im Neugeschäft über den Kapitalmarkt refinanzieren,
beziehungsweise geeignete Teile des Eigenbestands mit Beständen
anderer Banken zu bündeln und als MBS direkt an den Markt zu bringen,
und die Finanzierungen im Bestand zu halten und die bisherige
Refinanzierung durch Kapitalmarktmittel der Pfandbriefbanken zu
ersetzen.
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Bei der Optimierung ihrer Bilanzstrukturen können die
Volksbanken/Raiffeisenbanken aus dem speziellen Know-how und dem
Kapitalmarkt-Standing der genossenschaftlichen Pfandbriefbanken
Vorteile erzielen. Der genossenschaftliche Finanzverbund ist gut
aufgestellt und hat aufgrund seiner starken Marktposition eine
herausragende Stellung, die durch Nutzung des
Refinanzierungspotenzials im Pfandbriefmarkt weiter ausgebaut werden
kann.
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Deshalb bleibt die strategische Positionierung und die Rolle der
Münchener Hypothekenbank im Kern unverändert. Als Verbundpartner
konzentriert sie sich - auch nach den durch das Pfandbriefgesetz
erweiterten Geschäftsmöglichkeiten - auf ihr Geschäftsmodell, das auf
folgende Stärken baut:
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- Flexibilität und Marktnähe durch Regionalbüros im Inland,
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- selektive Positionierung im gewerblichen Direktgeschäft auf in- und
ausländischen Märkten,
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- Beibehaltung der bewährten Risikostrategie für ein Wachstum mit
Augenmaß,
\
- einen Darlehensbestand mit hoher Risikoqualität und
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- ein hervorragendes Kapitalmarkt-Standing.
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Eingedenk des Sprichworts: "Wenn eine Tätigkeit nicht täglich zunimmt,
geht sie täglich zurück" hat die Münchener Hypothekenbank sich
frühzeitig und mit entsprechender Veränderungsbereitschaft auf die
neuen Rahmenbedingungen eingestellt. Ihre Rolle besteht auch in
Zukunft darin, die Wettbewerbsposition der
Volksbanken/Raiffeisenbanken sowohl im Kredit- und im
Refinanzierungsgeschäft als auch durch Innovation, schlanke Prozesse
und hohe Kundenzufriedenheit nachhaltig zu stärken.

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