Baufinanzierung im Ausland

Neue Regeln im spanischen Hypothekenrecht

Die nun bereits seit rund eineinhalb Jahren anhaltenden Strukturreformen der konservativen Regierung Rajoy haben inzwischen auch das spanische Hypothekenrecht erfasst. Durch das Gesetz 1/2013 vom 14. Mai werden verschiedenste Maßnahmen zum Schuldnerschutz, Regeln im Zusammenhang mit einer zumindest teilweisen Restschuldbefreiung und Änderungen im Vollstreckungsrecht eingeführt. Auch wird die Unabhängigkeit der spanischen Immobilienbewertungsgesellschaften gestärkt.

Bereits am 19. März 2013 hatte sich auch der spanische "Tribunal Supremo" zum Hypothekenrecht gemeldet und ein richtungsweisendes Urteil im Zusammenhang mit den sogenannten "clausulas de suelo" (Bodenklauseln beziehungsweise Mindestzinsklauseln) erlassen. Im Folgenden werden die wichtigsten Punkte dieses neuen Regelwerkes kurz dargestellt und untersucht, inwieweit diese Auswirkungen auf das übliche Finanzierungsgeschäft deutscher Banken in Spanien haben.

Bei den sogenannten "clausulas de suelo" handelt es sich um Klauseln, die ein Abfallen der Zinsen unterhalb eines bestimmten Mindestzinssatzes verhindern sollen. Diese Problematik ist in Spanien von äußerster Relevanz, da im wohnungswirtschaftlichen Bereich 95 Prozent aller Hypothekenfinanzierungen unter Zugrundelegung variabler Zinsen abgeschlossen werden.

Neue Transparenzerfordernisse

Das am 19. März 2013 ergangene Urteil des spanischen Tribunal Supremo, gegen das nun keine Rechtsmittel mehr möglich sind, bezieht sich auf das erstinstanzliche Urteil des Handelsgerichts Nr. 2 von Sevilla (siehe hierzu auch Immobilien & Finanzierung 05-06/2011, S. 156). Das Urteil des Handelsgerichtes Nr. 2 von Sevilla, das die Bodenklauseln für nichtig erklärt hatte, war in zweiter Instanz wieder aufgehoben worden; ihm wird nun mit den im Folgenden kurz dargestellten Argumenten des spanischen "Tribunal Supremo" wieder Wirkung verschafft:

- Unter Berücksichtigung des spanischen AGB-Gesetzes sind die sogenannten Mindestzinsklauseln nicht zu beanstanden. Eine wirksame Einbeziehung dieser Klauseln in den Vertrag findet schon deshalb statt, da es sich bei der Bestimmung der Zinsen um eine der wesentlichen Vertragsleistungen im Rahmen eines Kreditvertrages handelt. Da das spanische AGB-Gesetz nicht nur im Verhältnis zu Verbrauchern Anwendung findet, sondern auch zwischen Kaufleuten und Gewerbetreibenden, sind durch die Entscheidung des Tribunal Supremo Finanzierungen zugunsten von Bauträgern beziehungsweise institutionellen Anlegern von den neuen Transparenzregeln grundsätzlich nicht betroffen.

- In Bezug auf Verbraucher gelten, der jetzt vorliegenden Entscheidung des Tribunal Supremo folgend, jedoch neue Transparenzvorschriften: Der Tribunal Supremo sieht im Hinblick auf sein Urteil alle Privatpersonen, die eine Wohnung erwerben und sich hierfür finanzieren müssen, als Verbraucher an und fordert diesen gegenüber eine sogenannte "doppelte Transparenzprüfung". Darüber hinaus wird festgestellt, dass die Einführung einer Mindestzinsklausel im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen aus der Sicht eines Verbrauchers zumindest dann irreführend ist, wenn dieser eine Finanzierung mit variablem Zinssatz abschließen möchte. Denn die Einführung eines Mindestzinssatzes führe dazu, dass die Finanzierung letztlich in eine Finanzierung zu festem Zinssatz umgewandelt werde, sofern sich der Leitzinssatz zugunsten des Verbrauchers nach unten entwickelt und nur bei einer Entwicklung zugunsten der Bank, also bei einem Anstieg der Zinsen, variabel bleibt. Sofern die Bank den Verbraucher über diesen Punkt nicht gesondert aufgeklärt hat, ist eine Mindestzinsregelung jedenfalls nichtig.

- Eine nichtige Mindestzinsregelung mache allerdings nicht den gesamten Kreditvertrag zunichte. Dieser wird mit Ausnahme der nichtigen Mindestzinsregelung grundsätzlich aufrechterhalten und entfaltet weiterhin volle Wirkung zwischen Bank und Verbraucher.

- Die Entscheidung des Tribunal Supremo wirkt sich allerdings nicht auf Altverträge aus, sondern lediglich für die Zukunft ab dem Datum der Verkündung, also ab dem 20. März 2013. An dieser Stelle wurde insbesondere Rücksicht auf das europäische Umfeld genommen, denn die Rückforderungen seitens der Verbraucher gegenüber spanischen Banken für zu viel bezahlte Zinsen in der Vergangenheit hätten leicht ins Unermessliche steigen können, was zu einem Zeitpunkt, zu dem spanische Banken europäische Hilfe in Anspruch nehmen, nicht wünschenswert gewesen wäre.

Auf die weitere Darstellung des 139 Seiten umfassenden Urteils des spanischen Tribunal Supremo vom 19. März 2013 soll an dieser Stelle verzichtet werden. Für deutsche Banken bleibt aber festzuhalten, dass die üblichen Finanzierungen deutscher Projektentwickler respektive institutioneller Anleger in Spanien nicht von dem Urteil betroffen sind.

Sollten deutsche Banken in Zukunft jedoch spanische Bauträger im wohnungswirtschaftlichen Bereich finanzieren und eine in Spanien übliche Unterwerfung der Endkunden unter den Kreditvertrag (sogenannte "subrogación") erfolgen, wäre die hier skizzierte richtungsweisende Entscheidung des spanischen Tribunal Supremo auch für sie zu beachten. Derartige Finanzierungen deutscher Banken sind jedoch heutzutage in Spanien eher die Ausnahme.

Unabhängigkeit der Bewertungsunternehmen

Ein weiteres Problem, unter dem der spanische Immobiliensektor in der Vergangenheit gelitten hatte, war die hohe Beteiligung der Banken an den "tasadoras" (spanische Immobilienbewertungsfirmen). Die Problematik liegt auf der Hand: Einerseits favorisieren die Banken im Rahmen der Auftragsvergabe diejenigen Bewertungsfirmen, an denen sie selbst beteiligt sind, andererseits bestehen immer wieder Zweifel daran, ob die fehlende Unabhängigkeit von den Banken Einfluss auf die Bewertung hat.

Artikel 4 des Gesetzes 1/2013 vom 14. Mai bezweckt nun eine weitgehende Unabhängigkeit der spanischen Immobilienbewertungsfirmen, in dem sie den Banken verbietet, zukünftig eine Beteiligung in Höhe von mehr als zehn Prozent an diesen zu halten. Den Banken wird insoweit eine Übergangsfrist von einem Jahr eingeräumt, um ihre direkte und indirekte Kapitalbeteiligung auf den vorgeschriebenen Prozentsatz zu reduzieren. Aktuell kontrollieren die spanischen Banken noch mehr als die Hälfte der spanischen Immobilienbewertungsunternehmen.

Außerdem wird der "Banco de España" seitens des Gesetzgebers der Auftrag erteilt, innerhalb von drei Monaten ab Inkrafttreten des Gesetzes, also bis zum 15. August des Jahres, einen Bericht zu erstellen, der weitere konkrete Maßnahmen zur Erlangung der Unabhängigkeit und Transparenz der spanischen Immobilienbewertungsunternehmen enthalten soll. Diese Maßnahme ist ganz sicher ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Sie wird dazu beitragen, Stabilität und Transparenz im Bereich sowohl des gewerblichen als auch des wohnungswirtschaftlichen Hypothekenmarktes in Spanien zu schaffen.

Teilweise Restschuldbefreiung

Eine Restschuldbefreiung von der Hypothekenschuld nach Übergabe der Hauptwohnung an die finanzierende Bank (umgangssprachlich auch amerikanisches Modell genannt) war in Spanien seitens verschiedener Oppositionsparteien vehement mit dem Argument gefordert worden, dass die Banken eine Mitschuld treffe, wenn die Immobilie im Vorfeld der Finanzierung zu hoch und ohne Berücksichtigung zukünftiger Marktentwicklungen bewertet worden sei. Der Begriff Hauptwohnung (vivienda habitual) wurde im spanischen Steuerrecht geprägt, das für vor dem 31. Dezember 2012 erworbene Hauptwohnungen etwa die steuerliche Geltendmachung der Hypothekenzinsen erlaubte. Der Begriff wird im Bereich des nun vorliegenden Gesetzes 1/2013 nicht neu definiert, sondern schlicht weiterverwendet.

Das Gesetz 1/2013 sieht nun in entsprechender Abänderung der spanischen Zivilprozessordnung (Artikel 579 LEC) vor, dass zumindest eine teilweise Restschuldbefreiung erfolgt, wenn der Hypothekenschuldner den Besitz an seiner Hauptwohnung verliert und der Zuschlagswert nicht ausreichend ist, um das ausstehende Hypothekendarlehen in voller Höhe zu tilgen: In diesem Fall wird der Hypothekenschuldner von allen Verpflichtungen befreit, wenn er 65 Prozent der Restschuld innerhalb von fünf Jahren ab Verlust der Wohnung (beziehungsweise 80 Prozent innerhalb von zehn Jahren ab Verlust der Wohnung) zuzüglich des gesetzlichen Zinssatzes tilgt. Nur sofern der Hypothekenschuldner die vorbezeichneten Zahlungen nicht innerhalb der vorgesehenen Fristen erfüllen sollte, kann die Bank auf die volle Bezahlung der Restschuld bestehen.

Sofern innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren die der Bank zugeschlagene Wohnung verkauft werden sollte, ist der gegenüber dem Zuschlagswert erzielte Gewinn hälftig dem Hypothekenschuldner auf die verbleibende Restschuld anzurechnen. Den Banken steht es jedoch auch innerhalb der vorbezeichneten Zeiträume von fünf respektive zehn Jahren frei, weiterhin gegen andere Güter des Schuldners zu vollstrecken. Sollten im Vollstreckungswege jedoch Beträge in Höhe von mehr als 65 Prozent innerhalb der ersten fünf Jahre beziehungsweise 80 Prozent innerhalb von zehn Jahren gerechnet ab Besitzverlust der Wohnung erzielt werden, sind die überschießenden Beträge an den Hypothekenschuldner auszukehren.

Da Finanzierungen deutscher Banken im spanischen wohnungswirtschaftlichen Bereich eher die Ausnahme darstellen, dürften diese dementsprechend auch von dieser Regelung kaum betroffen sein. Auch die Finanzierungen von Feriendomizilen deutscher Banken in Spanien sind von der teilweisen Restschuldbefreiung grundsätzlich nicht betroffen, da sie normalerweise nicht die Hauptwohnung des Kreditnehmers darstellen.

Vollstreckungsschutz bis zum 15. Mai 2015

Besonders schutzwürdigen Personengruppen kann der Besitz ihres Wohnraumes für einen auf zwei Jahre ab Inkrafttreten des Gesetzes beschränkten Zeitraum, also bis zum 15. Mai 2015, nicht entzogen werden, sofern es sich bei der Wohnung, die aufgrund der Nichtzahlung des Hypothekendarlehens im Vollstreckungswege geräumt werden soll, um die Hauptwohnung des Vollstreckungsgegners handelt.

Mittels dieses auf zwei Jahre begrenzten Vollstreckungsschutzes will der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass aufgrund der krisenbedingten, derzeit Rekordhöhe erreichenden spanischen Arbeitslosenzahlen bestimmte Personengruppen in die Gefahr geraten, ihren Wohnraum unverschuldeter Maßen zu verlieren. Zu den geschützten Personengruppen zählen etwa kinderreiche Familien beziehungsweise Familien, die ein minderjähriges Kind unter drei Jahren haben, Schwerbehinderte in Höhe von mehr als 33 Prozent und Arbeitslose, die keine Arbeitslosenunterstützung mehr bekommen.

Allerdings ist die Zugehörigkeit zu einer besonders schutzwürdigen Personengruppe nicht ausreichend, um in den Genuss des vorgenannten Vollstreckungsschutzes zu kommen. Daneben müssen zusätzlich bestimmte wirtschaftliche Umstände kumulativ gegeben sein, wie etwa die Tatsache, dass die monatliche Hypothekenrate mehr als die Hälfte der Einkünfte der gesamten in der Wohnung lebenden Familie ausmacht oder dass die Hypothek die einzige Wohnung des Schuldners belastet und zum Erwerb derselben errichtet worden war. Schließlich ist der Schuldner verpflichtet, alle vorgenannten Voraussetzungen dem Gericht detailliert durch die Vorlage der entsprechenden Dokumente nachzuweisen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der hier beschriebene Vollstreckungsschutz lediglich in begrenzten Ausnahmefällen und zur Vermeidung sozialer Härten zur Anwendung kommt. Er ist zudem zeitlich bis zum 15. Mai 2015 beschränkt. Deutsche Banken dürften von dieser Maßnahme ebenfalls nicht betroffen sein, da sie im wohnungswirtschaftlichen Bereich in Spanien praktisch nicht aktiv sind.

Ab sofort sind Finanzierungen zum Erwerb der Hauptwohnung (vivienda habitual) in der Hypothekenbestellungsurkunde als solche zu kennzeichnen. Auch die dabei vereinbarten Verzugszinsen dürfen, sofern es sich um den Erwerb der Hauptwohnung handelt, nicht mehr als den dreifachen gesetzlichen Zinssatz (in Spanien aktuell vier Prozent, also derzeit nicht höher als zwölf Prozent) betragen. Darüber hinaus ist eine Kapitalisierung der Verzugszinsen ausgeschlossen; diese dürfen sich nur auf die ausstehende Hauptforderung beziehen. In diesem Sinne wird Artikel 114 des spanischen Hypothekengesetzes erweitert.

Im Rahmen der außergerichtlichen Hypothekenvollstreckung unter Zuhilfenahme eines spanischen Notars wird eine Aussetzungsmöglichkeit eingeführt, wonach der Hypothekenschuldner im Falle der Vollstreckung gegen seine Hauptwohnung eine gerichtliche Aussetzung des notariellen Vollstreckungsverfahrens beantragen kann, sofern die Hypothekenbestellungsurkunde missbräuchliche Klauseln enthält.

Neben weiteren seitens des spanischen Gesetzgebers nun eingeführten Änderungen des Hypothekenvollstreckungsrechtes, deren detaillierte Darstellung an dieser Stelle zu weit führen würde, soll noch kurz auf die gesetzliche Än derung des zu bestimmenden Vollstreckungswertes (valor de tasación) ein gegangen werden. Dieser ist in Artikel 682 der spanischen Zivilprozessordnung geregelt und für die Abfassung der Hypothekenbestellungsurkunde von hoher praktischer Bedeutung.

Der Vollstreckungswert ist einvernehmlich zwischen den Parteien in der Hypothekenbestellungsurkunde festzusetzen. In der Praxis bestimmt jedoch die Bank diesen Wert grundsätzlich alleine. Ab sofort gilt, dass der in der Hypothekenbestellungsurkunde bestimmte Vollstreckungswert mindestens 75 Prozent des Schätzwertes der Immobilie gemäß Bewertungsgutachten betragen muss.

Diese Regelung gilt allgemein, also nicht nur für die Finanzierung von Hauptwohnungen. Sie ist deswegen auch für deutsche Banken, die sich mittels Hypotheken über spanische Grundstücke absichern lassen, von zentraler Bedeutung.

Auswirkungen für deutsche Banken

Durch das nun vorliegende Gesetz findet die bereits seit Wochen andauernde Parlamentsdebatte vorerst ein Ende. Der spanische Gesetzgeber kam sozialen Forderungen in einigen Bereichen nach (Hauptwohnung/Vollstreckungsschutz zur Vermeidung gesellschaftlicher Ausschlüsse), hat gleichzeitig aber die Hypothek als zentrales Werkzeug der spanischen Immobilien- und insbesondere der Wohnungswirtschaft unangetastet gelassen. Vorschriften, welche die Transparenz und Unabhängigkeit der Bewertungsunternehmen sicherstellen, sind positiv für die Wiederbelebung und zukünftige Entwicklung des spanischen Immobilienmarktes. Auch die neuen Transparenzregeln, die der Tribunal Supremo für Hypothekenkredite mit Verbrauchern geschaffen hat, sind ebenfalls grundsätzlich zu begrüßen.

Deutsche Banken, die in der Vergangenheit vorwiegend Projektentwicklungen im spanischen Einzelhandel, institutionelle Anleger und vereinzelt Feriendomizile finanziert haben, sind, so wie vorstehend dargelegt, nur teilweise und in begrenztem Umfang von den neuen Regeln betroffen.

Stefan Meyer , Rechtsanwalt und ­Gründungspartner , Monereo Meyer Abogados, Madrid
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