Spanien

Neue Vergütungsregeln für Photovoltaik-Energie

Die spanische Regierung hat im Monat Dezember des vergangenen Jahres gesetzliche Änderungen beschlossen, die auch bereits in Betrieb befindliche Photovoltaikanlagen und die Vergütung der mittels dieser Anlagen erzeugten Energie betreffen. Umgesetzt werden diese Änderungen durch das Königliche Dekret 1565/2010 und das Königliche Gesetzesdekret 14/2010.

Nach geltender spanischer Rechtslage gibt es zwei verschiedene Tarifsysteme für Photovoltaikanlagen; das erste findet Anwendung auf Anlagen, die vor dem 28. September 2008 endgültig in das Register für Stromerzeuger unter Sonderregelung (RIPRE-Register) Aufnahme gefunden haben (im Folgenden: Anlagen des Typs RD 661). Das zweite ist anwendbar auf Anlagen, die das Tarifzuweisungsrecht nach dem 28. September 2008 erhalten haben (im Folgenden: Anlagen des Typs RD 1578).

Begrenzung der tariflich vergütbaren Produktion

Sowohl für im Betrieb befindliche Anlagen des Typs RD 661 als auch für diejenigen des Typs RD 1578 sieht das Königliche Gesetzesdekret 14/2010 jetzt eine Begrenzung der tariflich vergütbaren Produktion vor. Die Höhe dieser Begrenzung ist abhängig von der Klimazone, in der sich eine Anlage befindet. Zu diesem Zwecke wird das spanische Territorium in fünf verschiedene Klimazonen eingeteilt. Während der ersten drei Jahre (also vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013) gehen die Begrenzungen für Anlagen des Typs RD 661 um 30 Prozent weiter als die Begrenzungen des Typs RD 1578, da letztere bereits vor der Einführung der Begrenzungen schon einen niedrigeren Tarif hatten. Außerdem sieht das Königliche Dekret 1565/2010 vor, dass Anlagen vom Typ RD 661 ab dem 29. Jahr nach ihrer Inbetriebnahme das Tarifzuweisungsrecht vollständig verlieren.

Im Vorfeld wurden die jetzt eingeführten Regelungen heftig unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Verstoßes gegen das gesetzliche Rückwirkungsverbot (Artikel 9 der spanischen Verfassung) diskutiert. Diesbezüglich hatte das spanische Verfassungsgericht jedoch klargestellt, dass verschiedene Arten der Rückwirkung zu unterscheiden seien und eine indirekte Rückwirkung grundsätzlich zugelassen sei. Eine solche indirekte Rückwirkung sei dadurch gekennzeichnet, dass eine Norm Rechtsfolgen für die Zukunft tatbestandlich an einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt der Gegenwart knüpfe.

Es komme also darauf an, ob eine Norm ausschließlich Rechtsfolgen für die Zukunft vorsehe, selbst wenn der geregelte Sachverhalt beziehungsweise die betreffenden Rechtsverhältnisse entsprechend der bislang geltenden Rechtslage entstanden seien. Daher ist beim Einwand des Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot zu bedenken, dass die bloße Feststellung der Rückwirkung einer Norm diese für sich gesehen noch nicht unwirksam macht und etwa eine "indirekte" Rückwirkung möglich ist.

Allerdings besteht dennoch ein gewichtiger Einwand gegen die gesetzliche Neuregelung: der Verstoß gegen das Prinzip des Vertrauensschutzes. Seinen Ursprung hat dieses Prinzip in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, in Urteilen taucht es erstmals in den 1960er und 1970er Jahren auf. Der spanische Oberste Gerichtshof hat folgende Definition des Prinzips geprägt: "Sofern das Handeln der Verwaltung und der Anschein der Rechtmäßigkeit desselben den Willen des Betroffenen beeinflussen und er daher darauf vertrauen durfte, bestimmte Handlungen und Investitionen unter Einsatz persönlicher und wirtschaftlicher Mittel zu tätigen, und diese Investitionen sich später durch die Folgen des tatsächlichen Verwaltungshandeln frustriert sehen; insbesondere dann, wenn der Anschein der Rechtmäßigkeit beim Betroffenen einen Irrtum erzeugte und er dadurch Schäden erleidet, für die er, zumindest juristisch gesehen, nicht verantwortlich ist (Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 8. Juni 1990, zitiert in einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 17. Februar 1997).

Auf die jetzt vorliegende gesetzliche Neuregelung bezogen heißt das: Der spanische Staat nimmt die ihm durch das Gesetz 54/1997 über den Elektrosektor eingeräumte Rechtsgestaltungsfreiheit durch die Festlegung von Tarifen bezüglich der erneuerbaren Energien wahr. Dadurch bestimmt er - und bestimmt auch weiterhin - die Anwendbarkeit bestimmter Tarife auf die Gesamtmenge der in einer bestimmten Zeitspanne (25 Jahre) produzierten Energie. Die europäischen Investoren und die diese finanzierenden Banken haben ihre Investitionen im Vertrauen auf die bestehende Rechtslage getätigt. Ab 1. Januar 2011 sehen sie sich jedoch mit einer tariflichen Begrenzung konfrontiert, die so weder erwartet werden konnte noch objektiv voraussehbar war. Vor diesem Datum wurden die gesetzlichen Vergütungen wohlgemerkt ohne jegliche Begrenzung ausgezahlt.

Verletzung des Vertrauensschutzes

Vor dem Obersten Gerichtshof wurde die Verletzung des Vertrauensschutzes durch die Veränderung des Tarifsystems in der Vergangenheit bereits einmal ohne Erfolg eingewendet. Allerdings prüfte das Gericht seinerzeit die Rüge nicht materiell, da die in dem konkreten Fall getätigte Investition nicht durch die Veränderungen des Tarifsystems betroffen war und daher die Partei insoweit nicht einmal zu Einwendungen befugt war.

In jedem Fall ist durch die Wahl der Form des Königlichen Gesetzesdekrets 14/2010 (dies ist ein von der Regierung im Eilverfahren erlassenes Gesetz, das erst später vom Parlament ratifiziert wird) ein direktes Vorgehen gegen das Gesetz wegen Verstoßes gegen Verfassungsprinzipien derzeit ausgeschlossen. Daher ist lediglich ein indirektes Vorgehen gegen mögliche Verwaltungsakte, die aufgrund des Gesetzes erlassen werden, möglich. Dabei müsste versucht werden, das jeweils zuständige Gericht zu einer Vorlage des Gesetzes an das spanische Verfassungsgericht zwecks Überprüfung seiner Verfassungsmäßigkeit zu bewegen.

Im Falle des Königlichen Dekrets

1565/2010 wäre dagegen aufgrund seines Verordnungscharakters ein Vorgehen der Betroffenen im Wege einer Anfechtung im Verwaltungsprozess möglich. Allerdings hat dieses Dekret lediglich den Wegfall des zeitlich unbegrenzten Anspruchs auf Tarifzuweisung zur Folge, denn bislang gab es ja einen unbegrenzt gültigen Tarif ab dem 26. Betriebsjahr. Darin ist jedoch per se kein Verstoß gegen den Vertrauensschutz zu sehen, da dieses Prinzip wirtschaftlich vorteilhafte Situationen nicht ohne zeitliche Begrenzung garantiert.

Zusammengefasst kann daher wie folgt festgehalten werden:

- Die neuen Regeln zur Veränderung des Vergütungssystems könnten als "indirekte Rückwirkung" interpretiert werden, die vom spanischen Verfassungsgericht grundsätzlich als zulässig erachtet wird;

- dennoch bestehen Gründe für die Anfechtung des Königlichen Gesetzesdekrets 14/2010, da es das Prinzip des Vertrauensschutzes unseres Erachtens klar verletzt.

Derweil ist jedoch ein direktes Vorgehen gegen das Gesetz nicht möglich, sodass allenfalls auf indirektem Wege agiert werden könnte oder darauf zu warten ist, dass öffentliche Verwaltungen oder andere öffentliche Stellen direkt gegen das Gesetz vorgehen - im Unterschied zu Privaten wäre diesen ein Vorgehen gegen das Gesetzesdekret gestattet. Welche konkreten Maßnahmen sollten

Endinvestoren ergreifen?

Die Investoren sollten ihre Finanzierungsmodelle unter Beachtung der neuen gesetzlichen Vorgaben überprüfen, um die Auswirkungen auf ihren Cash-Flow zu ermitteln und diese den finanzierenden Banken mitteilen zu können. Wir weisen außerdem darauf hin, dass die Finanzierungsvereinbarungen - vor allem mit Gesellschaften mit Sitz außerhalb Spaniens - gewöhnlich Verpflichtungen zur Mitteilung von Rechtsänderungen dieser Art und ihren möglichen Auswirkungen auf das Projekt enthalten. Außerdem sollten die Investoren die Fristen aller auf den Betrieb der Anlage bezogenen Verträge im Auge behalten, um gegebenenfalls die Bedingungen unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage nachverhandeln zu können, bevor unter Umständen eine automatische Verlängerung der Verträge eintritt. Was können die Banken tun?

Die Banken sollten die vertraglichen Möglichkeiten der Auflösung von Finanzierungsvereinbarungen bei Risiken überprüfen, um zu ermitteln, ob eventuell eine Nichterfüllung einer Risikokennziffer vorliegt. Vor jeder Inanspruchnahme von Sicherheiten sollten allerdings die Erfolgsaussichten geprüft werden. Es ist insoweit zu bedenken, dass Photovoltaikanlagen grundsätzlich als "Project Finance" finanziert werden, also der erzielbare Cash-Flow primär als Sicherheit dient und nicht die Komponenten der Anlage. Deshalb kann es in vielen Fällen gegenüber einer fruchtlosen Zwangsvollstreckung vorteilhaft sein, Tilgungsfreizeiten bei der Kapitalzahlung einzuräumen beziehungsweise die Tilgungsraten einvernehmlich zu ändern.

Stefan Meyer , Rechtsanwalt und ­Gründungspartner , Monereo Meyer Abogados, Madrid
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