Leitartikel

Offene Fonds (noch) als Ausnahme

Eigentlich gelten Immobilien als absolut krisenfeste Anlage. Diese Ansicht mag für selbstgenutzte Objekte immer noch stimmen, und auch Bausparen - betrachtet man sich die Neugeschäftszahlen - profitiert ganz eindeutig von der allgemeinen Katerstimmung. Doch spätestens seit dem Platzen der Sub-prime-Blase in den USA und den einbrechenden Immobilienpreisen in ganz Europa, vor allem aber UK und Spanien, hat sich gezeigt, dass Stein und Beton keineswegs zum dauerhaft unfehlbaren Spekulationsobjekt taugen. Das mag aus Marktgesichtspunkten durchaus als heilsam angesehen werden, eröffnet neue Opportunitäten für Investoren, die in den kommenden Monaten auf steigende Preise setzen, trifft aber natürlich einige der Beteiligten bis ins Mark.

Der Reihe nach: Zahlreiche opportunistische Immobilieninvestoren haben ausreichend Liquidität aus den in 2007 und 2008 getätigten Verkäufen, die schnell wieder nach Anlage ruft, damit ansprechende Renditen erzielt werden. Gelegenheiten sieht Olaf Fortmann von der Behringer Harvard Europe Real Estate GmbH hierfür vor allem in den Büromärkten der Niederlande und Londons (siehe Seite 264 ff. in diesem Heft). In Holland sind die Preise gegenüber den Hochzeiten vor zwei bis drei Jahren um rund 30 Prozent gefallen, ab 2010 wird mit wieder anziehenden Mieten gerechnet. Ähnliches gilt für London. Hier sind die Preise noch stärker gefallen, um bis zu 50 Prozent. Und sollten die Banken, einer der Hauptmieter im Büromarkt der City wieder zurückkehren, was aber sicher nicht vor 2011 der Fall sein wird, steigt auch wieder die Nachfrage. Es könnte daher lohnen, bereits heute Investments zu prüfen.

Im deutschen Immobilienmarkt dagegen sind weder die Mieten stark gesunken noch die Leerstände signifikant angestiegen. Das geht aus den Ergebnissen des Dix hervor. Dieser fiel aber dennoch im Berichtsjahr auf ein Ergebnis von 3,5 Prozent, was bedeutet, dass institutionelle Investoren mit ihren Investments in deutschen Immobilienportfolios rund einen Prozentpunkt weniger Rendite erzielt haben als noch im Vorjahr. Das liegt vor allem an der Wertänderungsrendite von minus 1,5 Prozent zum Vergleich: in Großbritannien liegen die Werte bei deutlich über 20 Prozent. Zudem werden die Immobilienumsätze nachfragebedingt im laufenden Jahr weiter sinken: Nachdem bereits 2008 die Umsätze mit 160,5 Milliarden Euro zwar über dem langjährigen Durchschnitt von 154,7 Milliarden Euro lagen, aber erwartungsgemäß unter dem Rekordwert des Jahres 2007 mit 194,4 Milliarden Euro, wird in den kommenden Jahren bis 2012 mit einem Niveau von durchschnittlich nur noch 140 Milliarden Euro gerechnet. Das geht aus dem jüngst veröffentlichten Immobilienmonitor der Degi hervor.

Während sich suchende Investoren also über mangelnde Gelegenheiten nicht beschweren können, herrscht bei den Immobilienaktiengesellschaften Tristesse. Hier gleicht das Bild den von Abschreibungen auf Wertpapier - und Kreditportfolios heftig gebeutelten Banken. Denn Wertminderungen in den Beständen müssen bei den Gesellschaften entsprechend den Vorschriften der IFRS umgehend in der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung verarbeitet werden - mit teilweise dramatischen Folgen für das Eigenkapital. Die österreichische Immofinanz beispielsweise kam durch die notwendig gewordene

Neubewertung des Immobilienportfolios in echte Existenznöte. Die Abschreibungen beliefen sich in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres 2008/2009 auf mehr als eine Milliarde Euro. Da keine Liquidität mehr vorhanden ist, soll nun mit einem Umtauschangebot für die Inhaber von Wandelanleihen die drohende Insolvenz noch abgewendet werden. Nichts ist mehr zu spüren von dem markigen Slogan auf der Immofinanz-Webseite: "Die Immofinanz ist eine börsennotierte Immobiliengesellschaft und verfügt über ein breit gestreutes werthaltiges Immobilienportfolio." Das war einmal!

Ganz so dramatisch ist die Lage bei deutschen Immobilienaktiengesellschaften noch nicht. Doch auch hier haben die Neubewertungen tiefe Löcher in die Bilanzen gerissen. Umso erstaunlicher ist es, dass hiervon bei den Kapitalanlagegesellschaften Offener Immobilienfonds nichts zu spüren ist. Natürlich will man das gerade erst wiederkehrende Anlegervertrauen nach der Öffnung der ersten Fonds (andere bleiben noch auf Monate hinaus geschlossen) nicht gleich wieder im Keim ersticken. Die Degi beispielsweise verteidigt die frühe Öffnung. Nach schmerzhaften Abflüssen in den ersten Tagen nach Wiedereröffnung konnte bis Ende März nahezu wieder ein ausgeglichener Absatz erreicht werden - Tendenz steigend, wie betont wurde. Sollten da Meldungen über drohende Abwertungen an die Öffentlichkeit dringen, wäre es mit der Zuneigung der Anleger schnell wieder dahin. Das will man natürlich tunlichst vermeiden. Hinzu kommt, dass die Fonds nur einmal im Jahr die Verkehrswerte ihrer Objekte erfassen lassen, und somit eine "Neubewertungsrunde" noch nicht abgeschlossen ist. Positiv anzurechnen ist sicherlich, dass in den vergangenen Jahren eher vorsichtig als hoch bewertet wurde. Hierzu heißt es bei der Degi, dass man keine Immobilien im Portfolio habe, die zu Spitzenmieten vermietet seien, von daher bestehe eher Wertaufholungspotenzial als Abwertungsbedarf.

Nichtsdestotrotz könnte sich das Thema im Laufe dieses Jahres bei allen Gesellschaften stellen. Dann nämlich, wenn aus Liquiditätsgründen Objekte veräußert werden müssen. Und daran wird kaum ein Weg vorbeiführen, denn die Kapitalmärkte sind nach wie vor wie zugeschnürt und auch die Freigiebigkeit der Banken in Sachen Kredite dürfte sich, wenn überhaupt, auf Firmenkunden und den Mittelstand beziehen. Nicht aber auf Banken und Kapitalanlagegesellschaften. Und dass in naher Zukunft wieder zuhauf Anteilscheine abgesetzt werden können, daran wagen noch nicht einmal die kühnsten Optimisten zu glauben. Woher, wenn nicht aus Verkäufen, sollen die Mittel also stammen?

Ob die Kapitalanlagegesellschaften dann immer noch um Neubewertungen herumkommen, wird von Experten aus der Rating- wie der Bewerterszene bezweifelt. Zwar seien die Verkehrswerte weitestgehend nachhaltig, aber das könne natürlich nicht pauschal gelten, sodass durchaus hier und da Abschreibungsbedarf drohe. Das ist für die Offenen Fonds keine Katastrophe - im Gegenteil, es entspricht nur den Gesetzen des Marktes und der Realität. Und wenn schon Transparenz, dann bitte richtig. P. O.

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