Schwerpunkt Pfandbrief

"Der Pfandbrief hat hohe strategische Bedeutung für die langfristige Liquiditätssicherung"

I&F Die Zahl der öffentlich-rechtlichen Emittenten nimmt zu. Warum hat sich die Taunus Sparkasse für den Pfandbrief entschieden? Homberg: Die Sparkassen haben sich während der Finanzkrise als vertrauenswürdiger Sicherheitsgarant in turbulenten Zeiten bewährt. Obwohl sie von Kritikern deshalb als Nutznießer der Krise bezeichnet werden, ist es unumstritten, dass die Menschen ihre Ersparnisse den öffentlich-rechtlichen Instituten anvertraut haben. Die Einlagenzuwächse sind der Beweis dafür. Ohne Zweifel - diese Entwicklung ist ein Vertrauensbeweis und kann kurzfristig als Erfolg verbucht werden. Auf mittel- bis langfristige Sicht ist dies jedoch eher eine Herausforderung. I&F Wie meinen Sie das? Homberg: Die Kunden bevorzugen - gerade nach der Finanzkrise - kurzfristig verfügbare Einlagen. Damit bewahren sie sich eine gewisse Flexibilität. Die hohen Einlagenzuwächse, über die sich die Sparkassen in den letzten beiden Geschäftsjahren freuen konnten, könnten schon bald der Vergangenheit angehören - zumindest auf dem derzeitigen Niveau. Insbesondere in Zeiten des konjunkturellen Anstiegs und steigender Zinsen wird sich der ohnehin schon ausgeprägte Konditionenwettbewerb im Retailbereich noch weiter intensivieren. Insbesondere im Hinblick darauf, dass einige Direkt- und Privatbanken mit Verzinsungen werben, die teilweise deutlich über dem Marktzinsniveau liegen. Dieser Wettbewerb wird weiterhin verstärkt durch die neuen Liquiditätsanforderungen, Liquidity Coverage Ratio (LCR) und Net Stable Funding Ratio (NSFR), die durch Basel III wirksam werden. Kramer: Es liegt auf der Hand, dass nicht alle Anleger, die die Sparkasse in Zeiten der Krise als sichere Anlaufstelle gefunden haben, ihre Verbundenheit zu den öffentlich-rechtlichen Instituten langfristig aufrechterhalten. Dies geht zulasten der Refinanzierung, denn sinkende Einlagen reduzieren automatisch das Liquiditätspotenzial, das der Refinanzierung der Kundenkreditgeschäfte dient. Die Aufrechterhaltung der Liquidität ist für die Sparkasse aber im Hinblick auf die mittel- bis langfristige Refinanzierung der Kundendarlehen unabdingbar. Außerdem sind die Zeiten, in denen sich die Sparkassen über die Gewährträgerhaftung und die Anstaltslast langfristig zu pfandbriefähnlichen Konditionen am Kapitalmarkt refinanzieren konnten, längst vorbei. Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass strategisch mittelbis langfristig mit steigenden Refinanzierungskosten aufgrund hoher Liquiditätsaufschläge zu rechnen ist - vor allem für ungedeckte Bankschuldverschreibungen. Deshalb müssen alternative Refinanzierungsmöglichkeiten gefunden werden. I&F Was heißt das konkret? Homberg: Die Sparkasse kann kurzfristig angelegte Gelder nur sehr begrenzt zur mittel- oder langfristigen Refinanzierung einsetzen, und langfristig ungedeckte Liquidität ist deutlich teurer als kurzfristige Liquidität. Zudem rufen die Anforderungen durch die Basel-III-Regulatorien die Einhaltung gewisser Relationen in der Bilanzstruktur auf den Plan. Da die Refinanzierung der Sparkassen langfristig gesichert werden muss, müssen die öf-fentlich-rechtlichen Institute eine tragfähige Lösung zur Liquiditätsbeschaffung über Kundengelder hinaus finden. Diese vielfältigen Hürden musste auch die Taunus Sparkasse überwinden. I&F Und da bieten sich Pfandbriefe als Alternative an? Kramer: Ja, richtig. Der Pfandbrief ist eine attraktive Lösung, denn er bringt nicht nur der Sparkasse, sondern auch dem Käufer zahlreiche Vorteile. Der entscheidende Vorteil ist das hohe Maß an Sicherheit. Schließlich besichert die Sparkasse die Pfandbriefe mit einem Deckungsstock aus Krediten, die wiederum durch Grundpfandrechte besichert sind und hohe gesetzlich vorgeschriebene Standards erfüllen. Diese Deckungskredite bleiben in der Bilanz der Sparkasse, die damit weiterhin das Kreditrisiko trägt. Das ist der wesentliche Unterschied zu den forderungsbesicherten Wertpapieren, bei denen Kreditbündel verbrieft werden. Hier werden die Kredite auf eine Zweckgesellschaft und damit das Ausfallrisiko auf die Investoren übertragen. Homberg: Der Pfandbrief bietet dem Investor aber noch mehr Vorteile. Bei der Ausgestaltung des Pfandbriefes kann die Sparkasse sehr individuell auf dessen Bedürfnisse eingehen, beispielsweise bei Laufzeit, Höhe des Investitionsvolumens oder Zeitpunkt der Emission. Zudem ist die hohe Qualität der Pfandbriefe gesetzlich geregelt. Die Höhe der Deckungsmasse, also der Sicherheiten, stellt eine Restriktion für die Sparkasse dar ein deutliches Pro für den Käufer. Außerdem sind durch das Regionalitätsprinzip der Sparkassen die Sicherheiten räumlich überschaubar angesiedelt. Der Deckungsstock in der prosperierenden Rhein-Main-Region, die eher von steigenden Immobilienpreisen geprägt ist, ist sehr geringen Wertschwankungen ausgesetzt. Kramer: Dank der Pfandbriefe kann die Sparkasse ihr Bilanzstrukturmanagement besser steuern und ihre langfristige Refinanzierung eigenständig und kalkulierbar gestalten - auch zugunsten ihrer Kundenkonditionen im Aktivgeschäft und damit auch zugunsten ihrer Wettbewerbsfähigkeit im Immobilien-Finanzierungsgeschäft. Darüber hinaus kann sie sich - gemäß ihrer Philosophie - durch die Qualität ihrer Dienstleistungen positionieren. Der Investor profitiert von einem sehr hohen Maß an Sicherheit und Flexibiliät. I&F Sie nannten die hohen gesetzlichen Anforderungen an den Pfandbrief und seine Emittenten. Wie lange dauerten die Vorbereitungen? Homberg: Wir haben in den letzten neun Monaten knapp 100 Millionen Euro an Pfandbriefen platziert. Diesem Volumen liegen rund 200 Darlehen zugrunde. Bis der erste Pfandbrief begeben wurde, bedurfte es einer intensiven Vorbereitungsphase von rund zwei Jahren - von der Umsetzung des internen Projekts über die Schaffung der Deckungsmasse bis zur Emission, die die Lizenzierung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) voraussetzt. I&F Haben Sie sich dafür von außen Unterstützung geholt? Kramer: Ja. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) hat uns hervorragend unterstützt. Dank der Initiative des DSGV sind mittlerweile bundesweit über 30 Institute zu Pfandbrief-Sparkassen geworden. Der Verband hat die Wichtigkeit der Refinanzierungsproblematik für die Sparkassen schon frühzeitig erkannt und bietet unter anderem eine Pooling-Lösung mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) für kleine Häuser an, die nicht genügend Deckungsmasse für eigene regelmäßige Pfandbriefemissionen zur Verfügung haben. Um alle Regulatorien einzuhalten und die Verwaltung der Deckungsmasse zu koordinieren, hat sich die Taunus Sparkasse dazu entschlossen, den Pfandbriefmanager der Sparkasse Wuppertal einzusetzen. Technische Unterstützung liefert der professionelle Support der Finanzinformatik über eine interne Schnittstelle, die den Deckungsstock nach den aufsichtsrechtlichen Anforderungen abbildet. I&F Hat sich der Aufwand gelohnt? Würden Sie auch anderen Sparkassen zur Pfandbrief-Emission raten? Homberg: Absolut. Unterm Strich ist der Weg zur Pfandbriefemission zwar ein durchaus aufwendiger Prozess, hat aber hohe strategische Bedeutung für die langfristige Liquiditätssicherung. Die derzeitigen Möglichkeiten innerhalb der Sparkassen-Organisation sind mehr als ausreichend, um sich diesem Thema ohne wesentliche Restriktionen zu nähern. Das Potenzial in der S-Finanzgruppe ist enorm. Schließlich finanzieren Sparkassen einen wesentlichen Teil der Immobilienwirtschaft in den Regionen, in denen sie tätig sind. Demzufolge ist genügend Deckungsmasse vorhanden.

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