Wohnungen als Kapitalanlage

Privatisierung ist kein Allheilmittel

Die positiven Ergebnisse der Privatisierungsaktivitäten vor allem in Süddeutschland und im Ruhrgebiet, insbesondere in den Jahren ab 1998, haben zu hohen Erwartungen vieler Investoren, auch an anderen Standorten, geführt. Viele Anleger gingen beim Erwerb der Wohnungsbestände in der jüngeren Vergangenheit jedoch von überzogenen Erwartungen aus. Die im europaweiten Vergleich weit unterdurchschnittliche Eigentumsquote von 43 Prozent - so prognostizierten manche - werde in wenigen Jahren auf über 50 Prozent oder gar auf über 60 Prozent hochschnellen.

Überzogene Erwartungen

Grundlage der Prognose war die wachsende Wohnraumnachfrage bei rückläufigen Neubauaktivitäten. Auch steigende Mietpreise sollten, so die Annahme, die Alternative Wohneigentum attraktiver machen. Dennoch ist - wie die Erfahrung zeigt - das Potenzial für Einzelprivatisierungen von Wohnungen in Deutschland beschränkt. So wurden zwischen 1989 und 2004 lediglich rund 120 000 Wohnungen privatisiert - das entspricht 0,5 Prozent des deutschen Mietwohnungsbestandes von rund 24 Millionen Wohnungen. Der Exit für Wohnimmobilien über den Verkauf von Wohnungen an Mieter, Kapitalanleger und sonstige Selbstnutzer gestaltet sich somit deutlich schwieriger als zu Beginn angenommen.

Nur rund neun Prozent der Mieter würden ihre bisherige Mietwohnung gerne kaufen, wie ein Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln im Oktober 2007 ergab. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Hohe Transaktionskosten und bürokratische Hürden beim Wohnungserwerb, Wegfall der Eigenheimzulage sowie gestiegene Lebenshaltungskosten, die die Liquidität der Zielgruppe verringern, sowie Angst vor späterer Arbeitslosigkeit halten zahlreiche Mieter davon ab, Eigentum zu erwerben.

Erschwert wird die Privatisierung zudem dadurch, dass die grundsätzliche Eignung vieler Portfolios für einen Einzelverkauf eingeschränkt ist. So sind Ausstattung und Raumaufteilung der Wohnungen zwar vergleichsweise anpassungsfähig, deutlich schwieriger gestaltet sich aber die Veränderung des Wohnumfeldes sowie der Bewohnerstruktur. Insbesondere der Standort einer Immobilie ist entscheidend für den Privatisierungserfolg.

An diesem Punkt stehen viele Investoren vor einem grundsätzlichen Problem, wenn sie beispielsweise in Berlin in Erwartung eines Aufschwungs am Wohnungsmarkt auf Einkaufstour gegangen sind und die Entwicklungspotenziale im Preisfindungsprozess allzu optimistisch beurteilt haben. Zwar zeigt der Wohnungsmarkt in der Hauptstadt eine positive Tendenz, allerdings nicht flächendeckend. Während einige Berliner Bezirke steigende Preise verzeichnen, gehen sie in anderen zurück. Wurden Portfolios von ortsfremden Investoren - wie oftmals geschehen - in diesen Bezirken ohne detaillierte Kenntnisse der Mikro-Standorte gekauft, stehen sie heute häufig vor einem nicht unerheblichen Problem.

Das Restanten-Problem

Große Bedeutung gewinnt dann auch schnell die Diskussion um die sogenannten Restanten, insbesondere wenn das Geschäftsmodell auf einen 100-prozentigen Abverkauf per Einzelprivatisierung abgestellt ist. Dann sind anprivatisierte Wohnanlagen häufig mit einem hohen administrativen Aufwand und somit zusätzlichen Kosten verbunden. Entsprechend groß ist der Druck, Wohnungsbestände vollständig zu verkaufen, was vielfach in erheblichen Preisabschlägen mündet, um Restanten abzustoßen und weitere Kosten für Verwaltung und Marketing zu vermeiden.

Auch die vielen Versuche, aus der vermieteten Eigentumswohnung ein nachhaltiges Kapitalanlageprodukt zu kreieren, sind aus der Sicht der Verkäufer wirtschaftlich gescheitert. Für große Wohnungsunternehmen allerdings stellen anprivatisierte Wohnungsbestände grundsätzlich kein Problem dar, sondern vielmehr eine mittelfristige Optimierungschance. Es zeigt sich, dass Wohnungsbestände, in denen nur teilweise privatisiert wurde, häufig in einem besseren Zustand sind als vollständig vermietete Wohnanlagen.

Oftmals handelt es sich hier, da die Objekte für die Privatisierung modernisiert wurden, um Wohnungen von besserer Qualität in hochwertigeren Umfeldern sowie mit stabiler Instandhaltungsrücklage, die von den Eigentümern mitgetragen wird. Zudem ist das Aufkommen von Vandalismus in derartigen Wohnanlagen vielfach geringer, da selbstnutzende Eigentümer oft verantwortungsvoller mit der Wohnanlage und dem Umfeld umgehen als mancher Mieter. Das schlägt sich auch in einer höheren Pflegequalität des Umfeldes nieder.

Auch von der Problematik zusätzlicher Kosten durch administrativen Aufwand sind insbesondere große Wohnungsunternehmen in der Regel nicht betroffen, da die Wohnungseigentumsverwaltung nicht kostenintensiver ist als die Verwaltung reiner Mietwohnungsbestände. Zudem können häufig Synergieeffekte generiert werden, beispielsweise bei der Betriebskostenabrechnung. Insbesondere große Wohnungsunternehmen sind daher nicht gezwungen, Wohnanlagen restlos schnell zu verkaufen und hierfür erhebliche Preisabschläge in Kauf zu nehmen.

Lohnendes Warten

Für die Entscheidung, Objekte im Bestand zu halten, spricht häufig allerdings noch ein weiterer Grund. Zur Veranschaulichung dient eine Beispielrechnung: Wird für eine Wohnung ein Verkaufserlös (brutto) von 1 200 Euro pro Quadratmeter erzielt, müssen hiervon die diversen durch den Verkauf verursachten Kosten abgezogen werden. Hierzu zählen in diesem Beispiel Provisions- und Marketingaufwendungen in Höhe von 150 Euro, Kosten der Aufwertung der Wohnung für den Verkauf von 150 Euro, Mietausfall von leeren Wohnungen, die zum Verkauf vorgehalten werden, in Höhe von 30 Euro sowie sonstige durch den Verkauf entstehende Verwaltungskosten in Höhe von 110 Euro - jeweils pro Quadratmeter. Damit verbleibt nach Verkaufsaufwendungen von insgesamt 440 Euro nur ein Netto-Verkaufserlös von 760 Euro.

Dieser Wert muss mindestens den Verkehrswert des Objekts innerhalb eines alternativen Bewirtschaftungsszenarios decken, damit durch den Verkauf kein Wertverlust entsteht. Sollte der nach IFRS oder HGB bilanzierte Wert in unserem Beispiel über 760 Euro liegen, entstünde trotz eines Verkaufspreises von 1 200 Euro pro Quadratmeter ein Veräußerungsverlust; läge der Bilanzwert unter 760 Euro, ein Gewinn.

Für die Frage, ob es angezeigt ist, Wohnungen zu einem Quadratmeterpreis von 1 200 Euro zu verkaufen, kommt es aber nicht ausschließlich darauf an, ob durch den Verkauf ein Gewinn oder Verlust eintritt. Entscheidend ist vielmehr, welche Rendite derzeitig durch die Vermietung der Wohnung zu erzielen ist und ob höhere Verkaufspreise bei einem langsameren beziehungsweise späteren Verkauf erzielt werden können. Bei einem angenommenen Mietzins von fünf Euro pro Quadratmeter würde, gemessen an dem im Beispiel ermittelten Nettoerlös, eine Rendite von 7,9 Prozent erzielt werden, sodass es möglicherweise wirtschaftlicher wäre, die Wohnung im Bestand zu halten und weiterhin zu bewirtschaften.

Um rentabel zu verkaufen, müssen Flexibilität bei der Zielgruppenansprache und Margenentwicklung in den Vordergrund rücken anstelle der Maximierung der Verkaufsstückzahlen. Unter diesem Vorsatz hat die GSW im vergangenen Jahr zwar rund 1 000 Verkäufe weniger abgeschlossen im Vergleich zu 2006, allerdings erhöhten sich im selben Zeitraum die Netto-Verkaufserlöse pro Quadratmeter um rund 400 Euro.

Dieser Zuwachs ist auch darauf zurückzuführen, dass der vormals hohe Aufwand für die administrative Steuerung und die "weichen" Kosten für einige zielgruppenspezifische Produkt-Rahmenbedingungen durch die starke Einbindung externer Vertriebsunternehmen und die Konzentration auf konventionelle Vertriebsaktivitäten deutlich gesenkt werden konnte. Vor dem Hintergrund, nicht um jeden Preis zu privatisieren, sondern Wohnungen vorteilhaft zu verkaufen, konnte die Marge im vergangenen Jahr von unter fünf Prozent auf über 40 Prozent gesteigert werden. Die unverkauften Wohnungen stehen dabei weiter als "Verkaufsreserve" zur Verfügung.

Wie dieses Beispiel zeigt, verliert für große Wohnungsunternehmen die Wohnungsprivatisierung wirtschaftlich zunehmend an Bedeutung. Statt des Liquiditätszuflusses liegt ihre Hauptaufgabe heute vielmehr in der aktiven Entwicklung der Wohnungsbestände und somit in einem ganzheitlichen, aktiven Asset Management. Die Privatisierung muss nicht immer ein entscheidender Werthebel sein. Deutlich mehr Gewicht als die Privatisierung haben heute die Werthebel, die sich aus der Organisations- und der Prozessoptimierung ergeben. Hierunter fällt beispielsweise auch die Umgestaltung der Finanzierungsstrukturen. Denn Zinsaufwand und Tilgung sind die größten Mittelabflüsse bei Immobilieninvestitionen. Eine Optimierung in diesem Bereich führt zu nachhaltigen Ergebnis- und Liquiditätssteigerungen und senkt den Anteil des Kapitaldienstes an den Mieteinnahmen sowie den Verwaltungsaufwand.

Wohnungsunternehmen müssen aber nicht auf die Privatisierung ihrer Objekte verzichten. Doch es sollte der Blick gewahrt werden auf die Wirtschaftlichkeit eines Verkaufs. Eine Wohnung unter Wert abzustoßen, bringt einen kurzfristigen Liquiditätszufluss für das Unternehmen. Doch langfristig betrachtet, kann es vielfach von Vorteil sein, Wohnungen im Bestand zu entwickeln auch in anprivatisierten Objekten.

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