Wohnungsunternehmen

Prozesskostenreduzierung durch effiziente Steuerung

Die Privatisierung und zunehmende Kapitalmarktorientierung verstärken den Wettbewerb unter Wohnungsunternehmen. Heute reicht es für die Sicherung des Fortbestandes einer Wohnungsgesellschaft nicht mehr aus, große Wohnungsbestände einfach nur passiv zu halten. Die Unternehmen sind darauf angewiesen, ihre meist historisch begründete traditionelle Verwalterrolle abzulegen und ihre Bestände performance- und nutzerorientiert aus der Sicht eines Investors zu bewirtschaften. Wohnungsunternehmen holen dazu verstärkt seit etwa 2005 eine Entwicklung nach, die sich im Bereich der Gewerbeimmobilien längst vollzogen hat: Sie fokussieren die Tätigkeit auf ihre Beziehungen zu den Mietern und zum Kapitalmarkt. Ihr Selbstverständnis verändert sich vom Bestandshalter und -verwalter zum kundenorientierten Servicedienstleister.

Steigender Druck zur Professionalisierung

Diese Entwicklung wird zusätzlich durch Investoren angetrieben, die in Zeiten großvolumiger Portfoliotransaktionen zwischen 2005 und 2007 große Wohnungsbestände erworben haben. Durch den plötzlichen Markteinbruch infolge der Finanzkrise konnten sie ihre Bestände nicht, wie ursprünglich geplant, nach kurzer Haltedauer weiterverkaufen, sondern müssen diese heute unter dem Druck der Kapitalkosten gewinnorientiert bewirtschaften. Dabei denken sie zunächst an Mieterhöhungen und Leerstandsreduktion.

Mieterhöhungen stoßen allerdings vor allem in Deutschland mit seinen liquiden Mietwohnungsmärkten und der mieterfreundlichen Gesetzgebung schnell an ihre Grenzen. Ebenso verhält es sich mit der Optimierung der Kostenstrukturen, die sich üblicherweise auf die vereinbarten Konditionen beschränkt, zu denen Dienstleistungsunternehmen immobilienbezogene Aufgaben übernehmen, die ausgelagert wurden. Alternative Wege zur Erhöhung der Performance und des Unternehmenswertes sind gefragt. Doch welche Wertsteigerungshebel können Wohnungsunternehmen noch nutzen?

Der Immobilienökonom Dr. Claus Lehner geht in seiner jüngst erschienen Dissertation "Erfolgreiches Portfolio- und Asset Management für Immobilienunternehmen" genau dieser Fragestellung auf den Grund. Er identifiziert für Wohnungsunternehmen acht wesentliche immobilienspezifische "Wertsteigerungshebel". Diese sind zum einen strategischer Natur und lassen sich investment- und kapitalmarktnahen Maßnahmen und Entscheidungen zuordnen. Zum anderen gibt es zahlreiche Wertsteigerungshebel, die sich durch eine stärkere Immobilien-, Markt-, Mieter- und Mitarbeiternähe auszeichnen. Vor allem in diesem operativen Bereich liegen die Optimierungspotenziale in vielen Wohnungsunternehmen noch immer weitgehend brach.

Wertsteigerungsmöglichkeiten nahe am operativen Geschäft zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei Geschäftsprozessen ansetzen, die - zumindest bei großen Wohnungsunternehmen - in sehr hoher Anzahl vorkommen.

Großes Potenzial bei Massenprozessen

Diese sogenannten Massenprozesse finden sich vor allem in den Bereichen Vermietung, Kundenmanagement, reaktive Instandhaltung (Störungsbeseitigung) und Sanierung von Leerwohnungen. Diese Prozesse sind komplex und bestehen aus zahlreichen Einzeltransaktionen, die in sorgfältiger gegenseitiger Abstimmung durchgeführt werden müssen. Bei Wohnungsunternehmen mit mehreren Zehntausend Wohnungen im Bestand löst beispielsweise allein die jeden Winter hundertfach eintreffende Störmeldung "Heizung geht nicht" eine Anzahl von Einzeltransaktionen aus, die in die Tausende gehen kann.

Anders als große strategische unternehmerische Weichenstellungen, die vom Kapitalmarkt gerne aufgenommen werden, sehen Maßnahmen zur Prozessoptimierung, die zu einer zügigeren Störungsbeseitung führen, möglicherweise auf den ersten Blick nicht wie ein "großer Wurf" aus. Spätestens in der Bilanz entpuppen sie sich aber als Investitionen in das Unternehmen, die sich allein durch den Skaleneffekt hoch verzinsen.

Passende IT-Lösung unverzichtbar

Massenprozesse zeichnen sich dadurch aus, dass sie häufig auftreten und oft gleichförmig ablaufen. Sie bieten dadurch beste Voraussetzungen für eine IT-unterstützte Automatisierung. Ähnlich wie in der Industrie werden in der Wohnungswirtschaft dazu Enterprise Ressource Planning (ERP) Systeme eingesetzt. SAP RE ist hierbei das am weitesten verbreitete ERP-System, das auch wohnungswirtschaftliche Massenprozesse abdeckt. Die Einführung von IT-Systemen ist allerdings mit Risiken verbunden.

- Kompatibilitätsprobleme mit den Geschäftsprozessen: ERP-Systeme sind im Auslieferungszustand oft nur eingeschränkt kompatibel mit dem operativen Geschäft. Die funktionsorientiert strukturierte Software trifft auf einen prozessorientierten Arbeitsalltag der Mitarbeiter. Auch wenn das System speziell für wohnungswirtschaftliche Prozesse vorkonfiguriert ist und alle Basisprozesse darin abgebildet sind, muss es in der Feinabstimmung so lange überarbeitet werden, bis die Funktionslogik der Software und die Geschäftsprozesse übereinstimmen.

- Akzeptanzprobleme: In der Annahme, dass allein ein leistungsfähiges System einen deutlichen Mehrwert für ein Wohnungsunternehmen darstellt, wird dieses in der Praxis oft kurzerhand ohne Rücksicht auf die bestehenden Prozesse eingeführt. Das erzeugt bei den Mitarbeitern Akzeptanzprobleme, da diese ihre Arbeitsroutinen der Software anpassen müssen. Gelegentlich wird der Widerstand gegen die Einführung des neuen Systems so groß, dass das ganze Projekt scheitert.

- Technologische Sackgasse: Neben der Anpassung der Geschäftsprozesse an das ERP-System gibt es auch den umgekehrten Weg. Das System wird unter hohem Programmieraufwand modifiziert und an die Prozesse angepasst. Es entstehen dadurch zahlreiche individuelle Insellösungen, oft werden Teile des alten Systems parallel zum neuen betrieben, das modifizierte ERP-System wird komplex und langsam, der Schulungs- und Wartungsaufwand für die Mitarbeiter steigt. Bei Updates oder neuen Versionen der ERP-Software müssen alle Anpassungen erneut vorgenommen werden. Updates oder Releasewechsel werden deswegen anschließend häufig verschoben oder überhaupt nicht mehr durchgeführt. Dadurch kann das Unternehmen in eine technologische Sackgasse geraten. Anstatt Veränderungen der Geschäftsprozesse zügig im System abzubilden und neue Funktionen gewinnbringend zu nutzen, wird das modifizierte System so lange weitergenutzt, bis es technisch vollständig veraltet ist und kein Weg mehr an der Einführung eines neuen ERP-Systems vorbeiführt.

Flexibilität der IT-Lösung und Beratungskompetenz

Es gibt im Wesentlichen zwei Voraussetzungen, um diese Risiken bei der Hebung der Wertsteigerungspotenziale in wohnungswirtschaftlichen Massenprozessen in den Griff zu bekommen.

Flexibilität der IT-Lösung: Das IT-System muss auf der technischen Seite so flexibel bleiben, dass es ohne großen Aufwand an die Geschäftsprozesse anpassbar ist. Das beugt einerseits in der Einführungsphase Akzeptanzproblemen vor und erlaubt andererseits die Anpassung, wenn - wie es in Unternehmen üblich ist - sich Geschäftsprozesse im Lauf der Zeit ändern. Technisch kann das durch Portallösungen erreicht werden, die eine Ebene über dem ERP-System liegen und die Kernfunktionen des ERP-Systems weitgehend unverändert lassen. Das Kernsystem bleibt auf diese Weise schnell und kompatibel für zukünftige Software-Updates oder neue Software-Versionen.

Aus Nutzersicht stellt sich das Portal als rollenbasierte Bedienoberfläche mit einfacher Nutzerführung dar. Nach dem Login wird ihm beispielsweise die Rolle als Vermietungsmanager zugewiesen, für den rollenspezifische Funktionen wie zum Beispiel die Vereinbarung von Besichtigungsterminen oder der Versand von Mietverträgen frei geschaltet sind ohne sich mit komplizierten SAP-Transaktionscodes und -Funktionen auskennen zu müssen. Das Portal lehnt sich eng an die ohnehin bekannten Geschäftsprozesse an und bei Bedarf kann es leicht angepasst werden.

Beratungskompetenz: Wertsteigerungspotenziale in Massenprozessen können nicht alleine durch die Einführung oder Modifikation eines IT-Systems gehoben werden. Beispiele für IT-Einführungen, deren Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen oder die gänzlich an der mangelnden Akzeptanz durch die Mitarbeiter gescheitert sind, gibt es genug. Mindestens ebenso unverzichtbar wie das technische Know-how ist die Beratungskompetenz des Partners, mit dem das Wohnungsunternehmen bei dieser Aufgabe zusammenarbeitet.

Zuerst werden die Geschäftsprozesse geprüft und klar definiert. Anschließend wird entschieden, in welchen Bereichen eine IT-gestützte Prozessreorganisation angesichts der zu erwartenden Einsparungen wirtschaftlich sinnvoll ist. Erst dann wird eine passende IT-Infrastruktur bereitgestellt und inklusive Schulung und Support implementiert. Bereits in den frühen Phasen des Projekts ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Wohnungsunternehmen und dem Auftragnehmer auf allen Ebenen unverzichtbar.

Nachträgliche Prozessreorganisation

Wertsteigerungspotenziale können durch effiziente Steuerung von wohnungswirtschaftlichen Massenprozessen auch dann gehoben werden, wenn bereits ein leistungsfähiges zukunftssicheres ERP-System vorhanden ist und die wohnungswirtschaftlichen Prozesse anschließend geprüft und reorganisiert werden. Ein Beispiel ist "Reload" für SAP-basierte ERP-Systeme der CEO AG. Unternehmen, die diese prozessorientierte Portallösung für ihre Massenprozesse nachträglich eingerichtet haben, berichten von Produktivitätsgewinnen von 35 Prozent und einer Amortisation der Investition innerhalb von knapp sechs Monaten (siehe Abbildung).

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