Immobilien-Spezialfonds 2008

Risikomanagement für Spezialfonds nur eine Pflichtübung?

Mit dem § 80b wurde im Dezember 2007 im Investmentänderungsgesetz (InvÄndG) für Immobilien-Sondervermögen explizit die Pflicht zur Einrichtung eines geeigneten Risikomanagementsystems verankert. Dabei wurde bewusst zwischen Publikumsfonds und Spezialfonds differenziert. Insbesondere wurde in § 91 Abs. 2 und 3 die Erleichterung aufgenommen, wonach die Kapitalanlagegesellschaft (KAG) bei Erfüllung einiger Mindestanforderungen für Spezial-Sondervermögen unter anderem vom § 80b abweichen darf. Dieser Zwiespalt wirft einige Fragen auf:

- Inwieweit ist ein Risikomanagement für Spezialfonds notwendig? - Genügt gegebenenfalls eine Pro- forma-Umsetzung des § 80b InvÄndG?

- Lohnt die Investition in ein fortgeschrittenes Risikomanagement für Spezialfonds?

Die Beantwortung dieser Fragen erfordert eine detaillierte Beleuchtung des Produkts.

Immobilien-Spezialfonds aus der Perspektive des Risikomanagers

Betrachtet man die typische Zusammensetzung eines Immobilien-Spezialfonds, fällt auf, dass die Anlagegegenstände häufig eher konservativ gewählt werden. Wenngleich die Vertragsbedingungen das gesamte gesetzlich erlaubte Anlagespektrum zulassen, zum Beispiel Aktien, diverse Derivate zu Sicherungszwecken und erweiterte Möglichkeiten der Kreditaufnahme, wird davon nur mäßig Gebrauch gemacht. Vielmehr dominieren Core-Immobilien, häufig direkt gehalten und mit einem mäßigen Kredit-Leverage. Eine wesentliche Ursache dafür liegt darin, dass die Investoren bei Immobilien-Spezialfonds meist an einer stabilen Cash-Flow-Rendite interessiert sind. Unter dieser Voraussetzung bleibt wenig Spielraum für exotische Anlagestrategien.

Der genauere Blick ins Gesetz offenbart, dass eine abweichende Umsetzung des § 80b für Immobilien-Spezialfonds an die Zustimmung der Anleger gebunden ist. Insofern ist es durchaus vorstellbar, dass die KAG im Einverständnis mit den Anlegern auf die lang bewährte Zusammenarbeit setzt und auf die Einführung eines Risikomanagements nach den Maßstäben des InvÄndG weitgehend verzichtet.

Doch wäre dies eine adäquate Reaktion? Zur Beantwortung dieser Frage ist die Analyse auf das Risikoprofil der Spezialfonds auszudehnen. Hier sind unmittelbar zahlreiche Gemeinsamkeiten mit den Publikumsfonds zu erkennen: Die Anlagegegenstände sind grundsätzlich vergleichbar. Die Rendite wird aus Wertänderungen der Immobilien sowie den generierten Cash-Flows erzielt. Die Mietzahlungen können ausbleiben, wenn nicht erfolgreich vermietet werden kann oder Mieter ausfallen. Die Mieterkonzentration ist aufgrund der geringeren Größe der Spezialfonds in der Regel sogar höher. Bei Anlagen in Fremdwährungsräumen resultiert ein Devisenrisiko. Eine teilweise Kreditfinanzierung ist üblich, woraus entsprechende Zinsrisiken resultieren.

Der zentrale Unterschied besteht beim Liquiditätsrisiko. Mittelzuflüsse resultieren bei Spezialfonds in der Regel aus dem (vorher abgestimmten) Mittelabruf beim Investor, sobald ein geeignetes Zielinvestment zur Verfügung steht. Liquidität wird im Interesse der Performance kaum vorgehalten, allenfalls zur Deckung der laufenden Kosten. Die Rückgabe von Anteilen kann in der Regel durch geeignete Fristen um über ein Jahr verzögert werden. Außerdem besteht bei mehreren Anlegern die vertraglich geregelte Möglichkeit der Übertragung von Anteilen. Allenfalls die Aufgabe der Liquiditätssteuerung in den Grundstücksgesellschaften stellt sich in gleichem Maße. Liquiditätsrisiken spielen demnach eine deutlich geringere Rolle als bei Publikumsfonds.

Rendite und Währungsrisiko

Ein besonderes Augenmerk verdient das spezifische Interesse vieler Spezialfondsinvestoren an einer stabilen Cash-Flow-Rendite. Dies gilt vor allem, wenn dieses Anlageziel in die Vertragsbedingungen aufgenommen wurde. Folgende Maßnahmen sind beispielsweise geeignet, dieses Ziel zu unterstützen:

- Überwachung der Restlaufzeitstrukturen der Mietverträge,

- aktives Mietermanagement und Bonitätsanalyse,

- Etablierung effizienter Prozesse zur Handhabung von Leistungsstörungen,

- Analyse makroökonomischer Entwicklungen zur Identifizierung übergreifender Leerstandsrisiken.

Investiert ein Spezialfonds darüber hinaus außerhalb der Eurozone, wird die Stabilität der Cash-Flow-Rendite wesentlich durch Fremdwährungsrisiken gefährdet. Grundsätzlich lassen sich diese Risiken mittels einer Strategie der vollständigen Fremdwährungsabsicherung eliminieren. Dies ist jedoch mit Sicherungskosten verbunden, welche unmittelbar die Cash-Flow-Rendite mindern. Abbildung 1 fasst für die Jahre 2005 bis 2007 zusammen, welche Sicherungskosten näherungsweise für Devisentermingeschäfte (DTG) angefallen wären. Grundlage bilden die mittleren Zinsspreads zwischen der Eurozone und ausgewählten Fremdwährungsräumen. Es werden Absicherungszeiträume von jeweils einem Jahr unterstellt. Das Erreichen einer zugesicherten Mindest-Cash-Flow-Rendite im angelsächsischen Raum wäre demnach über Jahre erheblich erschwert worden. Das Problem wird noch verschärft, wenn die Fremdwährung gegenüber dem Euro erheblich aufwertet (Beispiel: Aufwertung des US-Dollars im Jahr 2005 um über 15 Prozent). In diesem Fall wird die Wertsteigerung des abgesicherten Vermögensgegenstands beim Glattstellen des Sicherungsgeschäfts durch einen Cash-Flow-Abfluss gleicher Höhe im laufenden Jahr "finanziert".

Weitere Herausforderungen resultieren aus den Aufgaben des Portfoliomanagements. Hier sind zum Beispiel die Notwendigkeit eines risikoadjustierten Pricings bei Ankäufen oder die Sicherstellung einer aus Risiko-Rendite-Gesichtspunkten adäquaten geographischen Allokation zu nennen.

Kosten und Gebühren

Insgesamt wird deutlich, dass die Gemeinsamkeiten in den Anforderungen an das Risikomanagement von Publikumsfonds und Spezialfonds überwiegen. Aus der fachlichen Sicht des Risikomanagers können damit auch vergleichbare Methoden des Risikomanagements zum Einsatz kommen. Abbildung 2 illustriert, wie sich unter Ausklammerung des Liquiditätsrisikos eine Palette sinnvoller Instrumente auch für Spezialfonds ergibt. Der Schwerpunkt des Interesses liegt hier sicher bei den Immobilien- und den Adressenrisiken. Je nach Anlageschwerpunkt können bestimmte Instrumente sehr schlank gestaltet werden.

An dieser Stelle ist jedoch kritisch die Kostenfrage zu stellen. Sowohl die Managementgebühren als auch das Volumen eines Spezialfonds sind deutlich geringer als bei Publikumsfonds. Damit ist das Interesse einer KAG am Aufbau eines kostspieligen Risikoma-nagement-Instrumentariums naturgemäß begrenzt. Hier profitieren insbesondere größere Immobilien-KAG, die sowohl Publikums- als auch Spezialfonds anbieten. Diese müssen die Grundlagenarbeit im Zuge der Anforderungen des § 80b InvÄndG ohnehin leisten. Sie müssen im Wesentlichen die Herausforderungen meistern, - die Methoden und das Reporting geeignet zu flexibilisieren, sodass die Spezifika der Spezialfonds ebenfalls abgebildet werden können, - die Datenhaltung für sämtliche Fonds einheitlich zu gestalten sowie

- übergreifend einen hohen Automatisierungsgrad bei der Anwendung der Instrumente und der Reportgenerierung zu erreichen.

Durch die damit verbundene Verbesserung der Transparenz und des Serviceniveaus in Hinblick auf Anfragen der Investoren gewinnen diese KAG gegenüber dem Investorenkreis an Attraktivität. Kleinere Gesellschaften werden in viel stärkerem Umfang den Kompromiss zwischen Kosten und kurzfristig akuten Informationsbedürfnissen der institutionellen Investoren ins Auge fassen. Dies dürfte eher zu einer Strategie der kleinen Schritte führen.

Ein Blick in die Zukunft veranschaulicht, dass weitere Gründe für eine vorausschauende Konzeption des Risikomanagements sprechen.

Nahezu jede große Immobilien-KAG ist inzwischen mit der Entwicklung fortgeschrittener Produkte auf dem Gebiet der Alternative Investments beschäftigt oder hat diese bereits am Markt platziert. Diese Produkte liegen außerhalb des Anwendungsbereichs des InvG. Sie weisen meist einen hohen Komplexitätsgrad auf, der durch die Verknüpfung mehrerer Immobilien-Basisprodukte entsteht. Die Produkte wenden sich an Anleger mit einer höheren Risikobereitschaft oder dem Ziel, sich ein erweitertes Anlagespektrum zu erschließen.

Aus diesem Grund wird zunehmend das Risikomanagement als Kommunikationsinstrument entdeckt. So erleichtert die Einordnung des Produkts in eine Risiko-Rendite-Matrix die Vergleichbarkeit beispielsweise mit Aktieninvestments. Der Nachweis einer Überwachung der schwer einschätzbaren Risiken durch geeignete Instrumente wirkt hierbei ebenfalls verkaufsfördernd. Damit werden sukzessiv neue Standards des externen (Risiko-)Reportings etabliert.

Daneben gewinnen auf der Seite der institutionellen Investoren Ansätze zur Steuerung eines assetübergreifenden Investmentportfolios an Bedeutung. Der Investor benötigt hierbei für Immo-bilien-Spezialfonds Angaben zum Risi-ko-Rendite-Profil auf einem vergleichbaren Niveau wie für Wertpapierfonds. Damit steigen insbesondere die Anforderungen an die quantitative Risikomodellierung.

Mehr Gestaltungsspielraum für Spezialfonds

Schließlich stellt sich die interessante Frage, wie sich der Immobilien-Spezialfonds langfristig im Vergleich mit alternativen Immobilienprodukten positionieren wird. Die Immobilien-Spezialfonds zählen zu den Wachstumsprodukten im Fondsmarkt. Doch werden sie dauerhaft die Rolle des konservativen, stabilen Sicherheitsprodukts einnehmen oder wird tendenziell die Lücke zu den risikoreicheren innovativen Investitionsalternativen geschlossen? Ein Blick in die Vertragsbedingungen zeigt, dass das zulässige Anlagespektrum von Spezialfonds längst nicht ausgereizt wird, wobei mit einer Ausweitung der Produktpalette selbstredend deutlich erhöhte Anforderungen an das Risikomanagement verbunden wären.

Der § 80b InvÄndG wird sicherlich nicht als allgemein akzeptierter Maßstab für den Aufbau eines Risikomanagements für Spezialfonds dienen. Dennoch bieten die in den KAG für Publikumsfonds entwickelten Instrumente einen geeigneten Rahmen, um den praktischen Erfordernissen des Managements von Immobili-en-Spezialfonds gerecht zu werden. Bei der Konzeption und Umsetzung dieser Methoden für Spezialfonds sollten neben der kurzfristigen Kostenfrage vor allem die absehbaren Anforderungen der Investoren von morgen Berücksichtigung finden. Das Risikomanagement als eine Pflichtübung anzusehen, dürfte sich mittel- bis langfristig als schwerwiegender Fehler und Wettbewerbsnachteil erweisen.

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