Eigenheimfinanzierung

Strukturen der privaten Baufinanzierung 2012

Der seit etwa zwei Jahren zu beobachtende kräftigere Anstieg der Wohnimmobilienpreise hat dazu geführt, dass der Immobilienmarkt wieder verstärkt Gegenstand der öffentlichen Diskussion geworden ist. Eine wesentliche Ursache wird in den historisch niedrigen Zinsen gesehen, die zu einer Ausweitung der Finanzierungsmöglichkeiten führen.

Vor dem Hintergrund, dass von Fehlentwicklungen auf dem Immobilienmarkt Risiken für die Finanzstabilität ausgehen können, stehen gerade die Finanzierungsstrukturen unter intensiver Be obachtung. Dabei werden teilweise weit reichende, die Finanzierungspraxis betreffende Regulierungsvorschläge gemacht, wie die Begrenzung des Beleihungsauslaufs oder der Kreditbelastung der Darlehensnehmer (High-level Expert Group on reforming the structure of the EU banking sector, Final Report, Brussels, 2 October 2012).

Obwohl das Thema "Immobilienmarkt und Immobilienfinanzierung" von hoher Relevanz ist, sind Informationen zu Kosten, Fremdmittelaufkommen und Kreditbelastung in diesem Zusammenhang nur in begrenztem Umfang verfügbar. Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) hat 2012 zum zehnten Mal seit 1984 eine Erhebung zu den Finanzierungsstrukturen in der Wohneigentumsbildung unter seinen Mitgliedern durchgeführt.*) Die im vdp zusammengeschlossenen Pfandbriefbanken haben gemeinsam einen Marktanteil von rund 30 Prozent an der gesamten inländischen Wohnimmobilienfinanzierung.

In die aktuelle Untersuchung wurden Daten zu 736 Beleihungsfällen selbst genutzter Eigenheime aus dem ersten Halbjahr 2012 einbezogen. Eigenheime sind als selbstgenutzte, freistehende Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften und Reihenhäuser definiert. Eigentumswohnungen wurden explizit nicht einbezogen. Zu den einzelnen Beleihungsfällen wurden verschiedene Merkmale zur Immobilie, zur Kosten- und Finanzierungsstruktur und zur wirtschaftlichen Situation der Darlehensnehmer erhoben.

Wohnungsfinanzierung 2009 und 2012

Die seit dem Zeitpunkt der letzten Erhebung im Jahr 2009 aufwärts gerichtete Preisentwicklung auf dem Markt für Eigenheime sowie die zu verzeichnenden Zuwächse bei den Arbeitnehmereinkommen spiegeln sich auch in der aktuellen vdp-Erhebung wider. Im Vergleich zur Vorgängerstudie stiegen die Haushaltsnettoeinkommen um 7,6 Prozent, die Objektpreise nahmen im Durchschnitt um 8,1 Prozent zu. Infolgedessen hat sich das Verhältnis von Objektpreis zu jährlichen Haushaltseinkommen geringfügig erhöht (von 5,6:1 auf 5,7:1).

Im Jahr 2012 betrug der durchschnittliche Objektpreis für ein Eigenheim bei den in die Untersuchung einbezogenen Beleihungsfällen 279 000 Euro (vergleiche Tabelle 1). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nicht ausschließlich Kaufpreise erfasst wurden, sondern Gesamtkosten laut Finanzierungsplan. Darin sind auch Nebenkosten (Außenanlagen, Grunderwerbsteuer, Notargebühren, bei Bestandserwerben auch Sanierungs- und Renovierungskosten) enthalten.

Der Eigenkapitaleinsatz der Darlehensnehmer lag im Durchschnitt bei 82 000 Euro, dies entspricht einer Eigenkapitalquote von 29 Prozent (2009: 26 Prozent). Damit hat sich die in den Vorgängererhebungen zu beobachtende Tendenz zu höheren Beleihungsausläufen umgekehrt. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung dürfte sein, dass die Privathaushalte mangels anderer attraktiver Anlageformen ihre Mittel verstärkt für die Investition in eine Immobilie einsetzen, zumal dies häufig als inflationssichere Anlage betrachtet wird.

Der durchschnittliche Zinssatz lag im ersten Halbjahr 2012 bei 3,6 Prozent (2009: 4,7 Prozent). Das außerordentlich günstige Zinsniveau hat dazu bei getragen, dass die monatliche Belastung der Darlehensnehmer absolut und in Relation zum verfügbaren Einkommen im Vergleich zu 2009 zurück gegangen ist. Der Anteil des Haushaltsnettoeinkommens, den die Eigenheimerwerber für die Bedienung ihres Darlehens aufbringen müssen, liegt bei 23 Prozent (2009: 27 Prozent). Die Erschwinglichkeit von Wohneigentum ist somit nach wie vor auf einem im langfristigen Vergleich ausgesprochen günstigen Niveau.

Strukturen und Entwicklungen

Darlehensbelastung nach Einkommensgruppen: Eine Betrachtung nach verschiedenen Einkommensgruppen zeigt, dass die Kreditbelastung auch bei Darlehensnehmern mit geringeren Einkommen moderat ist. So ist der Anteil des Nettoeinkommens, den die Haushalte zur Bedienung ihres Darlehens aufwenden müssen, beim untersten Einkommensquartil mit 30 Prozent nur wenig höher als bei den mittleren Einkommensgruppen (vergleiche Tabelle 2).

Fremdmittelanteil: Die Verteilung der Objektfinanzierungen nach Fremdmittelanteilen 2009 und 2012 zeigt, dass der Anteil der Finanzierungsfälle mit höheren Beleihungsausläufen (mehr als 80 Prozent) in den letzten drei Jahren deutlich abgenommen hat (von 54 auf 45 Prozent). Im Gegensatz dazu hat der Anteil mit einer eher geringen Fremdmittelquote (bis 60 Prozent) von 19 auf 29 Prozent zugenommen. Mit etwas mehr als einem Viertel ist der Anteil von Darlehen mit einem Fremdmittelanteil zwischen 60 und 80 Prozent stabil geblieben.

Auch die Eigenheimerwerber, die über nur wenig Eigenkapital verfügen, haben keine Belastungen zu tragen, die nicht oder nur schwer zu bewältigen wären. Bei einer Betrachtung der Finanzierungstruktur fällt auf, dass in diesen Fällen auch das Verhältnis von Objektpreis zum verfügbaren Jahresnettoeinkommen mit 5,3:1 am niedrigsten liegt, sodass trotz eines durchschnittlichen Eigenkapitaleinsatzes von lediglich acht Prozent die Kreditbelastung bei nur 26 Prozent des Einkommens liegt (vergleiche Tabelle 3). Die Erhebung bietet keine Information über das Alter der Haushaltsvorstände, aber es ist zu vermuten, dass es sich hierbei vorwiegend um jüngere Wohneigentumsbildner handelt, die noch nicht lang genug im Erwerbsleben stehen, um in größerem Umfang Eigenkapital ansparen zu können.

Zinsbindungsfristen: Hinsichtlich der Darlehensausgestaltung zeigt sich nicht nur eine leichte Tendenz zu höheren Eigenkapitalanteilen, sondern auch zu noch längeren Zinsbindungsfristen. Gemessen am Neugeschäftsvolumen entfallen auf Darlehen mit einer Zinsbindungsfrist von mehr als zehn Jahren 38 Prozent der Darlehen (2009: 26 Prozent). Auf Darlehen mit einer Zinsfestschreibung von fünf bis zehn Jahren entfallen weitere 52 Prozent des Darlehensvolumens. Innerhalb dieser Gruppe entschieden sich nahezu sämtliche Kunden für eine Zinsfestschreibungsdauer von zehn Jahren. Kurz- und mittelfristige Finanzierungen spielen eine untergeordnete Rolle.

In 30 Prozent der Fälle haben die Eigenheimerwerber mit mehreren Kreditinstituten Darlehensverträge abgeschlossen. Bei Dritten aufgenommene Darlehen trugen in diesen Fällen zu 38 Prozent zum Fremdmittelaufkommen bei. In Bezug auf die gesamte Stichprobe lag der Anteil der bei weiteren Immobilienfinanzierern aufgenommenen Darlehen am gesamten Darlehensvolumen bei 15 Prozent.

Risikominderung in der Kreditvergabe

Die Ergebnisse der jüngsten vdp-Erhebung zeigen keine Anzeichen für eine zunehmende Risikoneigung in der Eigenheimfinanzierung. Vielmehr legen wichtige Kennziffern das Gegenteil nahe. Obwohl die Finanzierungsbedingungen sehr viel günstiger als 2009 sind, hat dies nicht zu einem Rückgang, sondern zu einem Anstieg des von den Erwerbern in die Finanzierung eingebrachten Eigenmittelanteils geführt. Die Kreditbelastungsquote ist zurückgegangen und hat den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebungen erreicht. Zudem ist eine klare Tendenz zu noch längeren Zinsbindungsfristen erkennbar, wodurch sich die Darlehensnehmer in einem noch stärkeren Maß als bisher gegen Zinsänderungsrisiken absichern. Trotz des verbreiteten Anstiegs der Immobilienpreise hat sich das Verhältnis von Hauspreisen zu Haushaltseinkommen im Vergleich zur Vorgängererhebung 2009 nur geringfügig erhöht (vergleiche Abbildung).

Die Untersuchung liefert im Hinblick auf den Eigenheimbereich als dem mit Abstand wichtigsten Segment des selbstgenutzten Wohneigentums keine Anhaltspunkte für die These, dass es derzeit angesichts des außerordentlich niedrigen Zinsniveaus zu einer spekulativen Immobilienpreisblase kommt, die mit einer zunehmenden Verschuldung und damit Belastung der Erwerber einhergeht. Im Gegenteil liegt der Schluss nahe, dass die in Deutschland übliche Finanzierungspraxis, bei der die sorgfältige Prüfung der Bonität der Kunden und die vorsichtige Bewertung der als Sicherheit dienenden Immobilie wesentliche Bestandteile des Kreditvergabeprozesses sind, eine stabilisierende Wirkung hat.

Eine ähnliche Sichtweise vertritt die Deutsche Bundesbank in ihrem Finanzstabilitätsbericht 2012, in dem sie explizit darauf hinweist, dass die Schuldendienstfähigkeit der Privathaushalte robust ist und die in Deutschland übliche konservative Finanzierungspraxis (langfristige Zinsfestschreibung, im internationalen Vergleich hoher Eigenkapitaleinsatz) risikomindernd wirkt (Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht 2012, S. 61 f.).

*) Zum Erhebungsverfahren vergleiche den ausführlichen Bericht "Strukturen der Eigenheimfinanzierung 2012", der auf der Homepage des vdp zum Abruf bereit steht.

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