Immobilienmarkt Spanien

Die umgekehrte Hypothek in Spanien

Durch das Gesetz 41/2007 vom 7. Dezember 20071) (veröffentlicht im spanischen Staatsanzeiger vom 8. Dezember, in Kraft seit dem 9. Dezember 2007), hat der spanische Gesetzgeber im Rahmen eines umfangreichen Reformpakets zur Modernisierung des spanischen Hypothekenmarktes die sogenannte Hipoteca Inversa (umgekehrte Hypothek) geregelt, ein Rechtsinstitut, welches auf dem Markt bereits bekannt war, allerdings mit zum Teil sehr unterschiedlichen Konditionen. Hierbei hat das Gesetz Schutzvorschriften zugunsten von Verbrauchern, bestimmte steuerrechtliche Vorteile (zum Beispiel den Wegfall der Stempelsteuer) und Reduzierungen der Nebenkosten (Notar- und Registerkosten) sowie der Kosten der vorzeitigen Tilgung vorgesehen, allesamt Maßnahmen, welche die Akzeptanz dieses Produkts erhöhen sollten.

87 Prozent der spanischen Senioren sind Immobilieneigentümer

Das im Dezember 2007 verabschiedete Gesetz ist mit der Regelung der umgekehrten Hypothek dem steigenden Interesse, welches dieses Finanzierungsprodukt in der Gesellschaft hervorgerufen hat, entgegengekommen. Die umgekehrte Hypothek stellt ein hochinteressantes Finanzierungsprodukt mit sehr großem Kundenpotenzial dar. Personen, die über 65 Jahre alt oder pflegebedürftig sind, können hiernach einen Kredit aufnehmen, den sie mit ihrem Eigenheim absichern. Älteren beziehungsweise pflegebedürftigen Personen wird hiermit eine Möglichkeit eröffnet, ihre Immobilie in Einkommen umzuwandeln, ohne sie verkaufen zu müssen. In Spanien sind 87 Prozent der über 65-Jährigen (zurzeit über 7,5 Millionen) Eigentümer einer Immobilie. Hieran wird der große Nutzen dieses nun gesetzlich geregelten Produktes leicht erkennbar.

Die umgekehrte oder auch "Rückwärtshypothek" stellt einen Kredit mit dinglicher Sicherung dar. Das Eigenheim kann weiter genutzt und zugleich eine zusätzliche Rente bezogen werden. Die Höhe der Rentenzahlungen ist hierbei von verschiedenen Bedingungen abhängig: Wert der Immobilie, Alter der Begünstigten und Laufzeit des Kredits (auf Lebenszeit oder für einen bestimmten Zeitraum vereinbart).

Das Besondere an diesem Finanzierungsprodukt ist, dass der Kreditnehmer sein Eigenheim uneingeschränkt weiternutzen kann, da der Kredit erst mit seinem Ableben beziehungsweise mit dem Ableben des letzten Begünstigten fällig wird. Die Fälligkeit dieser Art von Krediten wurde schon bislang in der Praxis von den meisten spanischen Kreditanstalten, die dieses Produkt angeboten haben, auf den Zeitpunkt des Ablebens des Kreditnehmers vorgesehen. Durch das Gesetz 41/2007 vom 7. Dezember 2007 wird nun jedoch eine frühere Fälligkeit ausgeschlossen. Es handelt sich somit um ein Produkt, das älteren Menschen dient, die sich im Laufe ihres Lebens ein Eigenheim angeschafft haben und sich nun gegen Risiken des Alters schützen oder ihre in Spanien chronisch zu niedrige Rente aufstocken wollen.

Die gesetzliche Regelung besagt, dass das Eigentum nicht nur dem Kreditnehmer oder dem letzten Begünstigten bis zu seinem Ableben erhalten bleibt, sondern ebenfalls auf die Erben übergeht. Diese können frei entscheiden, ob sie entweder das Eigentum an der Immobilie behalten und die kumulierte Schuld begleichen oder die Immobilie verkaufen und die Schuld aus dem Verkaufserlös begleichen wollen. Des Weiteren haben die Erben die Möglichkeit die Immobilie selbst mit einer Hypothek zu belasten oder die Verwertung durch den Kreditgeber zuzulassen und die Auszahlung des die Schuld übersteigenden Betrages herauszuverlangen. Es handelt sich hierbei um ein entscheidendes Merkmal, das nicht nur für Rechtssicherheit sorgt, sondern auch die Entscheidung der Grundeigentümer, ihre Immobilie, die an die Hinterbliebenen vererbt werden soll, mit einer Hypothek zu belasten, sicher erleichtern kann.

Geschichte - Abgrenzung zur Leibrente

In Japan ist diese Variante der Altersversorgung schon seit längerem bekannt. Ältere Personen verkaufen Teile ihrer Wohnstätte an Finanzdienstleister und erhalten dafür monatliche Ratenzahlungen, wodurch das Geld, das in Immobilien gebunden ist, wieder dem wirtschaftlichen Kreislauf zugefügt wird. In den USA und in Großbritannien wird die Rückwärtshypothek (Reverse Mortgage) zwar schon seit mehr als zwei Jahrzehnten angeboten, sie erfreut sich jedoch erst seit etwa fünf Jahren einer immer größeren Beliebtheit. In den USA und in Großbritannien kann der Eigentümer einer lastenfreien Liegenschaft ab seinem 62. Lebensjahr einen Kredit aufnehmen, der durch eine Hypothek auf sein Wohnhaus gesichert ist. Das Department of Housing and Urban Development (HUD) der US-Regierung gibt wiederum zum Schutz der Kreditnehmer eine Garantie ab, sodass diese vor wirtschaftlichen Krisen ihrer Kreditgeber geschützt sind.

Auch die Leibrente beziehungsweise Immobilienverrentung dient zur Altersversorgung für Personen, die ein Haus besitzen. Im Gegensatz zur umgekehrten Hypothek wird hierbei die Liegenschaft nicht bloß pfandrechtlich belastet, sondern das Eigentum an jemand anderen verkauft. Als Gegenleistung lässt sich der Verkäufer bei der direkten Verrentung ein Wohnungs- oder Nießbrauchrecht an der Immobilie einräumen und bekommt vom Käufer eine monatliche Leibrentenzahlung. Bei der indirekten Verrentung investiert der Verkäufer den Erlös, den ihm die Liegenschaft einbringt, in eine private Rentenversicherung und erhöht somit seine Einkommen.

Zustandekommen des Gesetzes 41/2007 vom 7. Dezember

Die spanische Regierung hat aufgrund des Voranschreitens dieses neuen Finanzierungsproduktes die Notwendigkeit erkannt, die erforderliche Rechtssicherheit und Transparenz für die inverse Hypothek für Kreditnehmer sowie Kreditgeber zu schaffen. In der Gesetzeseinführung (Preámbulo VIII) weist der Gesetzesgeber ausdrücklich darauf hin, dass die Entwicklung des Marktes der umgekehrten Hypothek älteren Menschen die Möglichkeit eröffnen soll, ihr Grundeigentum zur Verbesserung ihre Einkünfte zu nutzen, was große wirtschaftliche und soziale Vorteile mit sich bringe.

Im ersten Bericht des Ministerrats vom 27. Oktober 2006 setzt sich die Regierung zum Ziel, eine Hypothek zu regeln, welche über 65-Jährige auf ihre Wohnstätte aufnehmen können, um so ihre Altersbezüge zu verbessern. Am 2. März 2007 wurde im Ministerrat der Gesetzesentwurf erarbeitet, welcher zehn Punkte enthielt. Die Diskussion des Entwurfs im Kongress und im Senat hat schließlich am 22. November 2007 ihren Abschluss gefunden.

Das letztlich am 7. Dezember 2007 verabschiedete Gesetz enthält verschiedene Abweichungen gegenüber dem Gesetzesentwurf. Beispielsweise ist die Bestellung der Hipoteca Inversa entgegen des ersten Entwurfes ebenfalls hinsichtlich des Zweitwohnsitzes grundsätzlich möglich, allerdings mit gewissen Besonderheiten. Der Gesetzesentwurf sah ferner die Abschaffung der generellen Stempelsteuer (Impuesto de Actos Jurídicos Documentados - AJD) für die Bestellung von Hypotheken jeglicher Art vor. Das verabschiedete Gesetz hat nun jedoch die Befreiung von dieser Steuer nur für die Hipoteca Inversa vorgesehen.

Der Gesetzgeber definiert die umgekehrte Hypothek in der Einleitung (Preámbulo VIII) als ein "Hypothekendarlehen" oder als einen "Hypothekenkredit", der dem Haus- oder Wohnungseigentümer üblicherweise periodisch ausgezahlt wird. Es kann jedoch auch die Auszahlung eines einzigen Einmalbetrages vereinbart werden. Die Auszahlung erfolgt jedoch in jedem Fall nur bis zum Erreichen eines Höchstbetrags, der durch einen bestimmten Prozentsatz des Wertes der Immobilie (Valor de Tasación) zum Zeitpunkt der Gewährung des Kredits bestimmt wird.

Wenn der Höchstbetrag erreicht worden ist, erfolgen keine weiteren Auszahlungen mehr, jedoch können weiterhin Zinsen anfallen. Die Rückzahlung des Darlehens und der Zinsen an das Kreditinstitut oder die Versicherungsanstalt erfolgt üblicherweise nach Ablauf einer vereinbarten Frist beginnend mit dem Ableben des Eigentümers durch Tilgung durch die Erben oder durch Vollstreckung der Hypothek durch das Kreditinstitut oder die Versicherungsanstalt.

Definition der Hipoteca Inversa

Die Regelung der umgekehrten Hypothek erfolgt in den Abschlussbestimmungen Disposición Adicional Primera (Erste Zusätzliche Bestimmung). Zunächst wird dieses Rechtsinstitut als solches definiert (Nummer eins) und dessen Voraussetzungen festgelegt. Danach kann die umgekehrte Hypothek ein Kredit oder Darlehen sein, das durch eine Hypothek an einer Immobilie gesichert wird, welche vom Vertragspartner als Hauptwohnsitz genutzt wird und folgende weitere Voraussetzungen erfüllen muss:

Der Vertragspartner und sämtliche Begünstigte müssen älter als 65 Jahre oder schwer beziehungsweise schwerst pflegebedürftig sein (dependencia severa o gran dependencia2)). Außerdem müssen sie über die Summe des Darlehens sofort oder in Raten verfügen können, wobei die Schuld erst zum Zeitpunkt des Ablebens des Begünstigten oder - falls dies so vereinbart wurde - des letzten Begünstigten, fällig wird. Die zu belastende Liegenschaft muss jedenfalls ordnungsgemäß3) bewertet und gegen Schäden versichert werden.

Weitere Regelung der umgekehrten Hypothek gemäß Gesetz 41/2007 vom 7. Dezember sind:

- Vergabe der Kredite mit umgekehrten Hypothek: Die oben definierten umgekehrten Hypotheken dürfen hiernach lediglich von Kredit- und Versicherungsanstalten, die über die entsprechende Zulassung zur Geschäftstätigkeit in Spanien verfügen, angeboten werden. Um die vom Gesetzgeber beabsichtigte Transparenz der Vergabe von umgekehrten Hypotheken zu erreichen wird festgelegt, dass die Anstalten, die solche Produkte anbieten, dazu verpflichtet sind, unabhängige Beratungsstellen einzurichten, an die sich Kunden wenden können.

Dabei ist besonders auf die finanzielle Situation, in der sich der potenzielle Kunde befindet, und die wirtschaftlichen Risiken, die sich durch das Eingehen einer solchen Vertragsbeziehung ergeben können, zu achten. Die Voraussetzungen und Bedingungen dieser unabhängigen Beratung sollen noch vom Wirtschaftsministerium, welches den Rahmen für die Transparenz und Vergabe der umgekehrten Hypotheken schaffen soll, festgelegt werden. Seitens von Verbraucherschutzverbänden ist das Fehlen einer diesbezüglichen Regelung im Gesetz kritisiert worden.

- Eigentum, Beendigung des Darlehens und Verwertung: Wie bereits dargestellt bleibt die Eigentümerstellung des Kreditnehmers beziehungsweise der Erben grundsätzlich erhalten. Beim Ableben des Schuldners oder des letzten Begünstigten können die Erben die Darlehensschuld tilgen, indem sie innerhalb der vereinbarten Frist die gesamte Summe samt Zinsen bezahlen. Der Gläubiger kann dabei keine weitere Entschädigung für die Tilgung verlangen.

Sollten die Erben beschließen, die Schuld nicht zu tilgen, haften sie nur mit der Immobilie und dem vorhandenen Nachlassvermögen. Die Haftung für die Schuld wird somit gesetzlich auf die belastete Immobilie und auf das Nachlassvermögen beschränkt.

Wenn die belastete Immobilie vom Kreditnehmer veräußert worden ist, kann der Kreditgeber nach dem Ableben des Kreditnehmers oder des letzten Begünstigten die vorzeitige Fälligstellung des Darlehens erklären, sofern die Hypothek an der veräußerten Immobilie nicht durch eine andere Sicherung ersetzt wird.

- Kostenreduzierung und Steuervorteile: Die notariellen Urkunden über die Bestellung sowie Änderung, Löschung und Übernahme einer umgekehrten Hypothek sind nun von der Stempelsteuer (Impuesto de Actos Jurídicos Documentados - AJD)4) befreit.

Die Notariats- und Registerkosten der Hypothekenbestellung werden für diesen Vorgang wesentlich gesenkt. Die Urkunden über die Bestellung sowie Änderung, Löschung und Übernahme einer umgekehrten Hypothek werden im Hinblick auf die Notargebühren als "Dokumente ohne Wertangabe" eingestuft. Hinsichtlich der Registerkosten ist von der Höhe der noch nicht getilgten Darlehensschuld abzüglich 90 Prozent auszugehen.

Diese Steuervorteile und Kostenermäßigungen sind im Falle der Bestellung einer umgekehrten Hypothek, die sich nicht auf den Hauptwohnsitz des Schuldners bezieht, nicht anwendbar. Somit können Zweitwohnungen entgegen dem ersten Gesetzesentwurf also als Sicherungsmittel dienen, genießen jedoch nicht die besonderen Kostenvorteile.

Die gesetzliche Regelung bestimmt außerdem, dass die durch den Abschluss eines solchen Kredits bezogenen Auszahlungen vom Kreditnehmer in eine private Rentenversicherung mit garantierter Rendite eingezahlt werden dürfen, wodurch diesem weitere einkommensrechtliche Vorteile entstehen können.

Finanzierungsprodukte auf dem spanischen Markt

In Spanien wird seit geraumer Zeit von verschiedenen Geldinstituten, vor allem von Sparkassen, die umgekehrte Hypothek angeboten. Da es bis zum 7. Dezember 2007 noch keine gesetzliche Regelung gab, waren die Produkte bislang sehr unterschiedlich ausgestaltet. So kann auf dem Markt zwischen verschiedenen Arten von umgekehrten Hypotheken gewählt werden: Vereinbarung von Festzinsen (üblicherweise zwischen 5,5 und 6,5 Prozent) oder variablen Zinsen (Euribor zuzüglich 1,5 oder 2,0 Prozentpunkten), Auszahlung über einen bestimmten Zeitraum oder Auszahlung bis zum Ableben des Kreditnehmers.

Beispielsweise bietet die spanische Sparkasse Caixa Terrassa eine Hypothek für Personen an, die mindestens 65 Jahre alt sind und über eine lastenfreie Liegenschaft verfügen. Das Besondere daran ist, dass der Kunde zwischen zwei Varianten auswählen kann. Entweder er bezieht die Kreditraten in einem bestimmten Zeitraum oder aber auf Lebenszeit. Allerdings kann in beiden Fällen nur bis zu 90 Prozent über den Wert der Liegenschaft verfügt werden. Die Höhe der monatlich ausbezahlten Raten richtet sich nach dem Alter der Berechtigten, dem Wert der Liegenschaft und der gewählten Variante. Sind mehrere Personen im Eigentumsregister eingetragen oder wohnen andere Personen mit dem Berechtigten zusammen, müssen auch diese den Vertrag mit dem Kreditgeber unterzeichnen.

Eine andere spanische Sparkasse, die Ibercaja, bietet die umgekehrte Hypothek für Personen über 75 Jahre an und zahlt höchstens 80 Prozent des aktuellen Wertes der Liegenschaft aus. Weiter kann man bei Interesse an einer solchen Hypothek zurzeit zwischen den Geldinstituten Caja Navarra, Caixa Sabadell, Caixa Galicia y Caja de Ahorros Inmaculada (CAI) und der Bank BBVA wählen - Tendenz steigend. Es bleibt abzuwarten, welche Akzeptanz die umgekehrte Hypothek nunmehr auch im Zusammenhang mit der Preiskonsolidierung am spanischen Wohnimmobilienmarkt finden wird.

Mónica Regaño Aguirre , Partner | Rechtsanwältin und Abogada , Monereo Meyer Abogados, Madrid
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