Immobilien im öffentlichen Interesse

Value for Money - Mehrwert durch ÖPP

Diskussionen über die Realisierung von Leistungen der öffentlichen Hand durch die Privatwirtschaft sind nicht neu. Das verleitet zu der Annahme, dass sich Öf-fentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) in Deutschland längst in effizienten Modellen durchgesetzt und etabliert haben müssten. Zudem sollte das ÖPP-Beschleunigungsgesetz seit vier Jahren für Rückenwind bei der wirtschaftlicheren Erfüllung öffentlicher Aufgaben gesorgt haben. Dem ist jedoch nicht so.

Das hat seine Ursache zum einen darin, dass es aufgrund der Langfristigkeit dieser Kooperationsform über teils mehrere Jahrzehnte praktisch keine Erfahrungswerte über die gesamte Laufzeit eines ÖPP-Vertrages gibt. Die Erkenntnisse und Erfahrungen mit entsprechenden Modellen stützen sich in Deutschland nur auf wenige Projekte und beschränken sich auf die Verhandlungs- und Errichtungsphase und die ersten Jahre der Nutzung. Zudem fehlt es bislang an Managementansätzen für ein Vergütungssystem, welches den privaten Partnern ausreichend Anreize gibt, das beste Ergebnis zu erreichen.

Setzen der richtigen Anreize

Hier setzt die Dissertation "Public Private Partnership (PPP) im öffentlichen Hochbau: Entwicklung eines ganzheitlichen, anreizorientierten Vergütungssystems" an der International Real Estate Business School IREBS an. Anhand eines ganzheitlichen, anreizorientierten Vergütungssystems wird gezeigt, wie eine effiziente Steuerung über die gesamte Länge eines Projektes gelingen kann. Das mehrdimensional aufgebaute System berücksichtigt dabei den Lebenszyklus der Immobilie, die Risikotragfähigkeit der Struktur sowie einen partnerschaftlichen Ansatz während der gesamten Vertragslaufzeit. Die Grundsätze des Vergütungssystems verfolgen so den an sich ganzheitlichen Charakter der ÖPP-Idee.

Durch die Partnerschaften sollen Wirtschaftlichkeitsreserven bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben genutzt werden. Der gesamte Lebenszyklus eines Projekts wird bereits bei der Konzeption berücksichtigt. Die ÖPP-Projekte werden "aus einer Hand" realisiert und die Aufteilung auf verschiedene Projektphasen mit unterschiedlichen Akteuren und Interessen entfällt. Zwischen öffentlicher Hand und privater Projektgesellschaft entsteht eine langfristige Vertragsbeziehung, die effizient gesteuert werden muss, um für beide Parteien den größten Nutzen zu generieren. Dazu gehört, die Lebenszykluskosten unter privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu optimieren.

Denn: Diese Beschaffungsvariante für Leistungen der öffentlichen Hand steht im Wettbewerb zur konventionellen, öffentlichen Immobilienbereitstellung in Eigenbau beziehungsweise in Eigenbetrieb. Für den untersuchten Sektor von Hochbauprojekten in ÖPP ergaben sich zum Zeitpunkt der Vergabe durchschnittliche Effizienzvorteile von 16 Prozent. Die Notwendigkeit einer partnerschaftlichen, langfristigen und ganzheitlichen Zusammenarbeit ist zwar generell gegeben, jedoch fehlten bislang strategische Managementinstrumente, um das Organisationsproblem, welches sich aus dem Netzwerk von Verträgen eines ÖPP-Projekts ergibt, zu lösen.

Handlungsgrundsätze für die Zusammenarbeit

Das in der Dissertation erarbeitete Vergütungssystem eröffnet die Möglichkeit, insbesondere für unvorhersehbare Veränderungen Handlungsgrundsätze für die Zusammenarbeit abzuleiten. Dafür ist es notwendig, Vertrauen sowie gegenseitige Abhängigkeitsverhältnisse zu schaffen und die Interessen beider Partner anzugleichen. Als Leitidee über dem gesamten Wertschöpfungsprozess steht der "Value for Money", der durch das Vergütungsystem gesteuert und kontrolliert werden soll. Dieser beschreibt das Verhältnis, welches sich aus dem Preis und der zu erbringenden Leistung ergibt. Über die Höhe des "Value for Money" kann die konventionelle und privatwirtschaftliche Beschaffung in ihrer Effektivität verglichen werden. Er kann maximiert werden, wenn es gelingt, das System aus Lebenszykluskosten und der vom Nutzer geforderten Qualität des Gutes in der vereinbarten Zeit zu optimieren.

Einer Maximierung des "Value for Money", der dem öffentlichen Partner zugute kommt, muss die Akzeptanz der Gewinnerzielungsabsicht des privaten Partners gegenüberstehen und es müssen dafür entsprechende Anreize geschaffen werden. Die Risiken sollen nach dem Prinzip der Kontrollfähigkeit verteilt werden. Es müssen ausreichend liquide Mittel zur Verfügung stehen, dass die private Projektgesellschaft laufende Kosten und den Kapitaldienst der hohen Anfangsinvestitionen abdecken kann. Die Refinanzierung spezifischer Investitionen, die Effizienzvorteile generieren, muss beispielsweise an die Vergütung geknüpft sein.

Und ein ergebnisorientiertes Vergütungssystem verlangt outputoriente Bemessungsgrundlagen sowie Möglichkeiten outputschädigendes Verhalten zu bestrafen oder aber outputorientiertes Verhalten zu belohnen. Das Ziel ist es, über die Entlohnung die Vertragsbeziehung von öffentlicher Hand und privater Projektgesellschaft langfristig effizient zu steuern. Der "Value for Money" und seine Maximierung stellt dabei als Leitbild den Rahmen für alle Aktivitäten dar, ohne sämtliche zukünftige Eventualitäten eindeutig zu regeln.

Mehrstufige Vergütungsstruktur

Vor diesem Hintergrund wurde eine mehrstufige Vergütungsstruktur erarbeitet, die auf einem strategisch ausgerichteten Bonus-Malus System aufbaut. Sie kombiniert eine Basisvergütung mit einer variablen Komponente. Die Basisvergütung wird dann fällig, wenn der Nutzen des gemeinsamen Projekts den Vereinbarungen entspricht. Außerdem wird geprüft, ob für die öffentliche Hand durch den privaten Partner ein materieller Vermögenswert in der vorgesehenen Höhe geschaffen wurde. Auch der Werterhalt beispielsweise durch Instandhaltung ist Aufgabe des privaten Partners und Gegenstand der Prüfung.

Stellt sich nun aber der Nutzen oder der Vermögenswert besser als vereinbart dar, wird hier eine sogenannte Wertverbesserungsvergütung vorgeschlagen. Eine Überschreitung der vereinbarten Werte führt zu einem höheren "Value for Money" als im ÖPP-Projektvertrag vereinbart und damit zu einem Bonus bei der Vergütung. Innerhalb des Bonus-Malus-Systems können solche Überschreitungen auch zum Ausgleich von Minderleistungen dienen.

Ein weiterer Aspekt sind die laufenden Kosten. Werden hier über den Lebenszyklus betrachtet Einsparungen erzielt, können diese als sogenannte "Win-Win-Vergütung" auf öffentliche Hand und privaten Partner aufgeteilt werden und so einen zusätzlichen Anreiz für eine effiziente Bewirtschaftung schaffen. Zudem kommt hier besonders der partnerschaftliche Charakter zum Tragen, da beide Vertragspartner von der Zusammenarbeit bei der Kostensenkung gleichermaßen profitieren. Aufgrund der langen Betriebsphase kann während des Projektverlaufs auch ein gänzlich anderer, höherwertiger Nutzen entstehen, der in der Basiskalkulation nicht berücksichtigt wurde oder wegen der Unvorhersehbarkeit von Änderungen nicht kalkuliert werden konnte. Diese zusätzlichen Leistungen werden deshalb nicht der Basis- und der Wertverbesserungsvergütung angerechnet, sondern gelten als Zusatzvergütung.

Der zeitliche Verlauf der Auszahlungen berücksichtigt vor allem die Ganzheitlichkeit und die lange Projektlaufzeit. Grundsätzlich werden die Investitionen der Errichtungsphase auf die Betriebsphase umgelegt. Die Basisvergütung für die Leistungen bis zur privatrechtlichen Abnahme und Inbetriebnahme der Immobilie samt Anlagen wird ab Beginn und über die Laufzeit der Betriebsphase als Annuitäten gezahlt. Für den Werterhalt erhält die private Projektgesellschaft während des Betriebs eine Basisvergütung.

Eine Wertabnahme führt jedoch zu Maluspunkten. Wertverbesserungen durch spezifische Investitionen beeinflussen das Bonus-Malus-System hingegen positiv und werden unmittelbar während der Nutzungsphase durch zusätzliche Vergütungen honoriert. Damit kann die Refinanzierung der Investitionen über das Vergütungsmodell gesteuert werden. Ebenso kann die Auszahlung der "Win-Win-Vergütung" an beide Partner während der Nutzungsphase immer wieder zu neuen Einsparungsanreizen führen. Bei einer etwaigen Verwertung der Immobilie wird ein höherwertiger Endzustand als der vereinbarte vergütet.

Bestätigung des Ansatzes

Der Wert dieses Managementansatzes liegt in der hohen Praxisrelevanz. Zwar sind bereits jetzt Bonus-Malus-Regelungen Bestandteil vieler ÖPP-Verträge, jedoch werden diese individuell und nicht vor dem Hintergrund eines ganz-heitlich-strategischen Ansatzes vereinbart. Die Idee eines Leitbilds als vertraglicher Rahmen verleiht dem Prozess mehr Dynamik und Gestaltungsfreiheit für unvorhergesehene Änderungen.

Das System bietet einen Ansatz, wie die öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastrukturbereitstellung künftig neu strukturiert werden könnten und trägt zugleich zum Verständnis der Beteiligten für komplexe, vertragstheoretische Zusammenhänge und Gestaltungsmöglichkeiten bei. Daraus kann von Beginn eines Projekts an ein besseres Verständnis der Vertragspartner füreinander geschaffen werden, das für die langfristige Zusammenarbeit Vertrauen schafft. Die Relevanz der Erkenntnisse wird auch anhand einer Befragung offensichtlich: 50 Experten aus den Bereichen öffentliche Hand und private Projektgesellschaften wurden befragt. Sie haben die Ansätze und vorgeschlagenen Messgrößen als sinnvoll bestätigt.

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