Asset Management

Vermarktungsstrategien und -prozesse bei Immobilienverkäufen

Das Investmentmanagement stellt eine integrale Disziplin innerhalb eines umfassenden Asset-Management-Mandats dar. Nur Dienstleister, die neben den Mietmärkten auch den Investmentmarkt aus eigener und aktueller Transaktionserfahrung kennen, sind in der Lage, bei Fragen des strategischen Asset Management (Hold, Sell, Refurbish) den Kunden vollumfänglich und zielgerichtet zu beraten. Dem Asset Manager obliegen dabei typischerweise Leistungen im Zusammenhang mit dem strukturierten Verkauf von Objekten und/oder Portfolios aus dem ihm anvertrauten Bestand in Abstimmung mit dem Eigentümer.

Aufbauend auf einer Abstimmung mit dem Eigentümer zu Exit-Strategien und Transaktionszeitpunkt übernimmt der Asset Manager die Transaktionsvorbereitung, -begleitung und -steuerung des angestrebten Verkaufsprozesses in Abhängigkeit der gewählten Vermarktungsstrategie. Wesentlicher Teil der Verkaufsvorbereitung ist dabei, alle wertbildenden Faktoren soweit als möglich im Vorfeld des Verkaufszeitpunkts zu realisieren. Hierzu gehören insbesondere Vermietungserfolge, Optimierung von Mietvertragslaufzeiten und Revitalisierungsmaßnahmen am Objekt aber auch die Nutzung und Schaffung von Baurecht. Neben der Beauftragung und Koordination weiterer Dienstleister wie Makler, (steuer) rechtliche und technische Berater, führt der Asset Manager die Verhandlungen und unterstützt den Closing- und Übergabeprozess.

Die Planung und Durchführung von Immobilientransaktionen, insbesondere von Verkäufen, erfordert die Identifikation der optimalen Vermarktungs- und Verhandlungsstrategie um die jeweils relevante strategische Ausgangslage möglichst optimal zu reflektieren. Dabei sind die Anforderungen an Zeitplan, Sicherheit in der Transaktionsumsetzung, individuelle Verkäuferinteressen, Corporate Governance Aspekte sowie spezifische gesetzliche Rahmenbedingungen in enger Abstimmung mit dem Verkäufer zu gewichten. Zusätzlich sind Implikationen der vorherrschenden Marktsituation zu berücksichtigen, wobei unter anderem folgende Fragestellungen zu adressieren sind: Handelt es sich um einen Käuferoder Verkäufermarkt? Wie ist die Marktgängigkeit des relevanten Investmentproduktes zu beurteilen? Gibt es für dieses Produkt einen liquiden und attraktiven Fremdfinanzierungsmarkt? Welche Einschätzungen zu Marktzyklen bestehen beim Kunden und im Markt? Welche Preisentwicklungschancen oder -risiken sind hieraus abzuleiten? All dies sind entscheidende Kriterien für eine optimale Preiserzielung und mit ausschlaggebend für die Wahl des anzuwendenden Verkaufsprozesses. Es lassen sich grundsätzlich vier Prozessalternativen differenzieren.

"One-to-one"-Verhandlung

Auch als verhandelter Verkauf bezeichnet, kommt die "One-to-one"-Verhandlung regelmäßig dann zur Anwendung, wenn im Vorfeld einer Transaktion ersichtlich ist, dass nur mit einem, meist strategisch besonders positioniertem Interessenten konkret verhandelt werden soll. Dies ist oftmals im klassischen M&A im Bereich von Management-Buyouts respektive Unternehmensnachfolgeregelungen der Fall.

Bei Immobilientransaktionen wird die direkte Verhandlung oftmals dann eingesetzt, wenn besonders hohe Vertraulichkeitsanforderungen unabdingbar sind (zum Beispiel politisches oder öffentliches Interesse bei großen Privatverkäufen) und bereits konkrete Geschäftsbeziehungen zwischen den Transaktionspartnern bestehen. Beispiele hierfür sind Owner-Occupier Developments oder Developments in Joint-Venture-Strukturen mit einer Veräußerung an einen vordefinierten Endinvestor.

Die typischerweise zügige und vertraulich gehaltene Durchführung einer solchen Transaktion im Rahmen von "Oneto-one"-Verhandlungen sind wesentliche Vorteile. Auch erweist sich ein allfälliger Abbruch einer entsprechend aufgesetzten Transaktion als relativ unproblematisch, da eine breitere Marktstreuung der Gründe für einen Transaktionsabbruch meist vermieden werden kann. Kritisch ist demgegenüber, dass die Verhandlungsposition des Verkäufers und die Preistransparenz mangels Konkurrenz und Vergleichsangeboten eingeschränkt bleiben. Sicher ist es möglich, durch die Einbeziehung von Fachberatern und Bewertern "One-toone"-Verhandlungsergebnisse durch eine Marktwerteinschätzung zu unterlegen. Eine solche Marktmeinung hat typischerweise nicht die gleiche Preistransparenz, wie sie in einem breiten Marktprozess erreicht werden kann.

"One-to-one"-Verhandlungen eignen sich somit insbesondere für jene Gruppen, die "in eigener Sache" entscheiden können (zum Beispiel Privatinvestor). Im Gegenzug dürfte diese Verhandlungsform für regulierte Fondsmanager, die im eigenen Ermessen Drittgelder verwalten ("Discretionary Funds") nur in seltenen Ausnahmefällen eine Option sein. Wählt ein Fondsmanager dennoch den "One-to-one"-Prozess, müssten objektiv belegbare Gründe vorliegen, bei denen die Risiken eines breiten Marktprozesses deutlich überwiegen. In diesem Fall sind die Anforderungen an eine saubere Dokumentation aller Transaktionsschritte und die Einhaltung strikter "Conflict of Interest"-Regelungen elementar für die Glaubwürdigkeit eines "One-to-one"-Prozesses.

Vor dem Hintergrund der oftmals reichlich vorhandenen potenziellen Käuferschaft für marktkonforme Immobilien und/oder Immobilienportfolios (insbesondere im Core-Segment) findet die One-toone-Verhandlung nur in Ausnahmefällen Anwendung. Demzufolge sind sie in folgenden Fällen eine Option:

- Spezielle Immobiliennutzungen (zum Beispiel besondere Betreiberimmobilien mit eingeschränkter Drittverwendungsfähigkeit),

- Spezial-Know-how ist elementar für die Transaktionsdurchführung und der Anbieter hat in diesem Segment ein Alleinstellungsmerkmal,

- Nachfolgeregelung bei Immobiliengesellschaften, - komplizierte steuerliche und rechtliche Strukturen, die einem breiten Marktprozess nicht zugänglich sind, und

- besondere Preisrisiken aus der Marktstreuung von Informationen (Sonderregelungen mit Großmietern, Prozessrisiken aus dem öffentlichen oder politischen Umfeld).

Als Mindeststandard sollte die Wertermittlung regelmäßig auf Basis unabhängiger Gutachten anhand der etablierten Bewertungsstandards unterlegt werden.

Bilaterale Verhandlung

Bilaterale Verhandlungen werden vorzugsweise dann in Erwägung gezogen, wenn ein erhöhter Schutzbedarf vor Vertraulichkeitsbruch sowie eine negative Beeinträchtigung der operativen Geschäftstätigkeit besteht, man aber nicht nur auf einen Anbieter setzen will. Dabei steht regelmäßig schon fest, dass als potenzielle Käufer nur wenige Kandidaten - typischerweise zwei bis vier Parteien ("Short List") - in die Auswahl einbezogen werden können oder sollen. Das Verfahren kann entweder parallel mit den entsprechenden Kandidaten oder aber auch seriell durchgeführt werden, wobei hier jeweils die Transaktionsgeschwindigkeit, in welcher der Verkauf vollzogen werden soll, ausschlaggebend ist.

Obgleich das Verfahren in den meisten Fällen nur eine begrenzte Konkurrenz auf Seiten der interessierten Bieterschaft zulässt, ist eine erhöhte Transaktionssicherheit und Preistransparenz sowie auch Preisstabilität zu erwarten. Dieses Verfahren eignet sich insbesondere für Transaktionen, bei denen Spezial-Know-how notwendig ist, das aber von mehreren Anbietern geleistet werden kann. Ein typisches Beispiel sind Grundstücksverkäufe, bei denen die Wertschöpfung mit einem umfangreichen Developmentansatz verbunden ist. Durch die bilateralen Verhandlungen können die Erwartungshaltung des Käufers und die Leistungsfähigkeit des Anbieters im Detail abgestimmt werden. So lässt sich gerade bei komplexeren Sachverhalten der Individualisierungsgrad der Transaktion vergleichsweise zügig erreichen.

Kontrollierte Auktion/ Bieterprozesse

Die kontrollierte Auktion gewann in den vergangenen Jahren in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Signifikanter Vorteil gegenüber sowohl der One-toone- als auch der bilateralen Verhandlung ist, dass im Auktionsprozess ein potenzieller Investor mit einer größeren Anzahl von Mitbewerbern ("Long List") im direkten Marktvergleich steht. Dies setzt voraus, dass es sich um ein insgesamt marktgängiges Investmentprodukt handelt, bei dem nur wenige oder markttypische Einschränkungen für wichtige Preisbildungsmerkmale vorliegen. So kann ein "Proof of Market" im Zuge einer Preisbildungsphase hergestellt werden, das heißt, der Verkäufer erhält zu einem spezifischen Stichtag eine fundierte Angebotspreisbandbreite, welche einerseits eine Preisoptimierung, andererseits eine objektivierte Beurteilungs- und Entscheidungsgrundlage ermöglicht. Vorausgesetzt, der Transaktionsgegenstand trifft auf breitere Marktresonanz, kann neben dem erhöhten Wettbewerbsdruck auch das Risiko eines Transaktionsabbruchs reduziert werden, soweit mehrere Bieter solang als möglich auf dem gleichen Umsetzungsstatus gehalten werden.

Die Praxis zeigt, dass eine Vielzahl potenzieller Investoren für die Akquisition großer Immobilienportfolios existieren und aufgrund des Einbezugs mehrerer Kandidaten in aller Regel Kaufpreise auf Marktniveau, wenn nicht sogar höhere Preise zu erzielen sind. Die Wahl des kontrollierten Auktionsverfahrens bietet sich damit an beziehungsweise ist geboten, wenn für den zu veräußernden Vermögenswert mit einem breiten Investorenuniversum und hinreichender Investorennachfrage gerechnet werden darf. Eine kontrollierte Auktion geht allerdings mit erheblichem personellem, finanziellem und zeitlichem Aufwand einher. Vor allem im Vorfeld des eigentlichen Auktionsprozesses sind hier generell einige relevante Vorarbeiten zu leisten:

Die Aufbereitung eines vollständigen und aktuellen elektronischen Datenraumes gilt inzwischen als Marktstandard. Als sinnvoll hat sich auch die Durchführung einer Verkäufer-Due-Diligence erwiesen, gerade bei etwas älteren Immobilien. Hierbei werden durch externe Gutachter maßgebliche Wertbildungsfaktoren der Immobilie (zum Beispiel Nachinvestitionsbedarf in die Technik, rechtliche Risiken, Umweltrisiken) vorab bewertet.

Auch wenn viele dieser Punkte schon vorher bekannt sein sollten, ermöglicht dieser zusätzliche Check beiden Parteien die kommenden Verkaufsgespräche vorzubereiten und sicherzustellen, dass Preiseinschätzungen und vertragliche Zusagen (zum Beispiel im Rahmen des Gewährleistungskataloges im Kaufvertrag) bereits frühzeitig zutreffend reflektiert sind. Im Einzelfall kann durch die Stellung oder Arrangierung einer attraktiven Fremdfinanzierung als Bestandteil eines Verkaufspaketes gegebenenfalls noch ein Preisvorteil erreicht werden. Dies mag zum Beispiel dann gelten, wenn der Verkaufsgegenstand zwar im Investorenmarkt gängig ist, der Abschluss von Fremdfinanzierungen (zum Beispiel aufgrund der Portfoliokomplexität) aber lange dauern würde.

Eine detaillierte Vorbereitung schafft die maßgeblichen Grundlagen für die Transaktionssicherheit, die Zeitplanung und Preistransparenz. Die Dauer des Transaktionsprozesses hängt insbesondere von der Attraktivität des Portfolios respektive der zur Disposition stehenden Gesellschaft ab, aber auch in hohem Maße von der Qualität der Vorbereitung des Verkäufers, der Größe des/der Immobilienportfolios und dem potenziellen Erwerberkreis. Erfahrungswerte bei großvolumigen und komplexen Transaktionen liegen zwischen sechs und zwölf Monaten. Gleichwohl herrscht auch aufseiten involvierter Käuferparteien erheblicher Aufwand in der Analyse von Daten, der adäquaten Bewertung und der Abklärung spezifischer Aspekte aus dem Steuer- und Rechtsumfeld.

Bieterverfahren sind kostspielig und für die Bieter durchaus risikoreich. Nur einer kann die Transaktion final wirklich durchführen. Für jene, die nicht abschließen, entstehen hohe verlorene Kosten, was vor allem Käufer im Bereich regulierter Vehikel zu vermeiden suchen. Hierzu wurde in der Vergangenheit schon öfter diskutiert, ob solche Verfahren damit zu falschen Anreizen (speziell beim Erwerber) führen können, da der Erfolgsdruck und die Sorge um erhebliche Transaktionskosten zu (sich später negativ auswirkenden) Zugeständnissen führen.

Öffentliche Auktion

Im Rahmen einer öffentlichen Auktion werden die zur Disposition stehenden Immobilien beziehungsweise das Unternehmen öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn Mitarbeiter und Öffentlichkeit über die Absichten des Aktionariats/Managements ohnehin informiert sind oder zumindest sein dürfen. Geheimhaltung ist nicht notwendig oder fast nicht durchsetzbar. Primäres Ziel ist die Maximierung des Verkaufspreises durch die Erhöhung der Anzahl potenzieller Käufer. Bei öffentlich rechtlichen Verkäufern sind auch zwingende (teilweise EU-weite) Ausschreibungsregeln genau zu beachten, um Vertragssicherheit zu gewährleisten.

Wesentliches Kriterium ist, dass im Falle eines Unternehmensverkaufes die Geschäftstätigkeit nicht übermäßig eingeschränkt oder sogar verhindert wird. In Deutschland kann diese Form des Verkaufs nicht als gängige Praxis bezeichnet werden. So ist der große Aufwand im Rahmen der Due Diligence verglichen mit den - je nach Anzahl der bietenden Investoren - geringen Erfolgsaussichten als wenig attraktiv einzuschätzen. Für Verkäufer aus dem öffentlich-rechtlichen Sektor gibt es hier aber kein Entrinnen.

Unterschiedliche strategische Ausgangslagen, differenzierte Objekt- respektive Portfoliocharakteristika, verschiedenartig komplexe Investmentstrukturen sowie das vorherrschende Marktumfeld erfordern die Evaluation und Anwendung differenzierter Transaktions- und Verhandlungsalternativen. Divergierende Interessenlagen, Geschwindigkeit und Sicherheit in der Umsetzung und Anforderungen an die Vertraulichkeit sind neben dem Primat der Preismaximierung und Transparenz bestimmende Faktoren für die einer Transaktion zugrunde liegenden Verkaufsprozesse. Die Vorteile eines wohl strukturierten und zielorientierten Verhandlungsprozesses konnten in zahlreichen Transaktionen der vergangenen Jahre ausgeschöpft werden und unterlegen damit die besondere Bedeutung und Verantwortung des Asset Managements im Zuge von Immobilienverkäufen.

Dr. Artus Pourroy , Geschäftsführer , Head of Real Estate Germany, Schroder Real Estate, München
Dr. Thomas Wiegelmann , Geschäftsführer , Schroder Real Estate, München
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