Im Blickfeld

Vorsicht vor Ausweichreaktionen

Regulatorische Eingriffe des Staates in das Marktgeschehen führen oftmals zu Ergebnissen, die genau das Gegenteil des Intendierten bewirken. In der gegenwärtigen politischen Debatte über eine "Mietpreisbremse" und andere Eingriffe werden die unbeabsichtigten Wirkungen und auch die Ausweichreaktionen der Marktteilnehmer oftmals zu wenig beachtet. In einem kürzlich veröffentlichten Gutachten über die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft werden solche Ausweichreaktionen am Beispiel von Spanien, England und Österreich gezeigt.

In Spanien galt bis in die achtziger Jahre hinein in vielen Kommunen ein Mietpreisstopp. Zudem durften Mieter ihre Mietverträge an zwei Generationen weitervererben. Investitionen wurden immer unrentabler, die Investoren zogen sich seit den sechziger Jahren vom Markt zurück. Die Wohneigentumsquote stieg in Spanien auf über 80 Prozent - so hoch, wie in keinem anderen Land. Da es kaum noch einen funktionierenden Mietmarkt gab, waren Spanier darauf angewiesen, Eigentum zu erwerben. Begünstigt durch billige Hypothekenkredite folgte bekanntlich ein Boom im Bau von Eigentumswohnungen, der schließlich in einer Hauspreisblase endete, die wiederum einer der wesentlichen Gründe für die heute verheerende wirtschaftliche Situation in Spanien ist.

Auch in Großbritannien wurde der Wohnungsmarkt in den sechziger Jahren massiv reguliert. Die Preise wurden nicht mehr am Markt ausgehandelt, sondern von sogenannten "rent officers" festgelegt. Ein Ergebnis dieses Vorgehens war, dass die Mieten weitaus weniger stiegen als die Inflationsrate. Es gab zahlreiche Ausweichreaktionen. Da die Restriktionen nur für unmöblierte Wohnungen galten, wurde bald jeder zweite Mietvertrag für möblierte Wohnungen oder Ferienwohnungen abgeschlossen.

In der Zeit der Teilung gab es in West-Berlin einen stark von Subventionen und Regulierungen verzerrten Wohnungsmarkt. Wer eine neue Wohnung anmieten wollte, versuchte über den Vormieter zu einem Mietvertrag zu kommen. Auch hier war es gängige Praxis, dem Vormieter zum Beispiel einen alten Lampenschirm oder ein ausgedientes Sofa für mehrere tausend Mark abzu kaufen.

Andere unbeabsichtigte Konsequenzen einer Mietpreisbremse sind der Rückzug der Investoren aus dem Neubau oder das Unterlassen von Instandhaltungen. Gelingt es dem Vermieter, auch ohne Instandhaltungsmaßnahmen einen neuen Mieter zu gewinnen, weil sich der Markt zunehmend verknappt und weil durch eine Mietpreisbremse marktgerechte Anpassungen des Mietniveaus ausgeschlossen sind, dann werden solche Maßnahmen vielfach unterbleiben. Mittelund langfristig führt das natürlich zu einer erheblichen Verschlechterung des Wohnungsbestands und der Bausubstanz, was sicherlich nicht vom Gesetzgeber intendiert war.

Mario Caroli, Persönlich haftender Gesellschafter, Bankhaus Ellwanger & Geiger KG, Stuttgart

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