Schwerpunkt Genossenschaften

Wohnen bei einer Genossenschaft - bewährt und modern

Ein genauerer Blick auf die Genossenschaftsidee gibt schnell über die Besonderheiten des genossenschaftlichen Wohnens Aufschluss. Mit den eingezahlten Geschäftsanteilen erwerben die Mitglieder sowohl Miteigentum am genossenschaftlichen Vermögen als auch das Recht, lebenslang eine Genossenschaftswohnung zu nutzen. Das mit dem Einzug erworbene Dauernutzungsrecht schließt Kündigungen wegen Eigenbedarfs aus. Wohnungsgenossenschaften haben sich einem bestimmten "Förderzweck" verschrieben. Das bedeutet: Die Versorgung mit Wohnraum und speziellen Dienstleistungen durch eine Genossenschaft ist immer auf ihre Mitglieder gerichtet, denn deren Wohl steht im Vordergrund. Dadurch heben sie sich von anderen Organisationsformen ab.

Wohnungsgenossenschaften verfolgen nicht vorrangig das Ziel, Gewinne zu erwirtschaften. Riskante Anlagen auf den internationalen Immobilienmärkten sind mit dem Fördergedanken nicht vereinbar. Die Genossenschaften setzen ihre Überschüsse für Instandhaltung und Neubau, Dienstleistungen oder die Verbesserung des Wohnumfeldes ein. Die Mitglieder selbst haben die Möglichkeit, direkt mit den Vorständen in Kontakt zu kommen. Als Miteigentümer können sie Einfluss auf die Entwicklung der Genossenschaft und die Gestaltung der Bestände nehmen und das Leben in den Quartieren mitgestalten. Das Geschäftsmodell der Wohnungsgenossenschaften ist damit nachhaltig und generationenübergreifend. Mit ihren vielfältigen Aktivitäten übernehmen die Genossenschaften zudem Verantwortung für wichtige gesellschaftliche Fragen.

Wohnen - mehr als nur ein Dach über dem Kopf

Die Genossenschaftsidee ist keinesfalls neu. Sie ist historisch gewachsen und wurde Mitte des 19. Jahrhunderts belebt. Im Jahr 1889 beschloss der Reichstag ein Genossenschaftsgesetz. Seine zentrale Aussage: In Genossenschaften soll es eine unbeschränkte Haftung, wie bis dahin üblich, nicht geben. Das hieß, die Mitglieder hafteten nicht mehr mit ihrer gesamten Existenz, sondern nur noch mit der Höhe ihres Genossenschaftsanteils. Das derart begrenzte Risiko brachte die ersten Baugenossenschaften richtig in Schwung. Die Arbeiter und Handwerker, die ihr Erspartes zusammentaten, damit daraus Häuser und Wohnungen gebaut würden, durften sich sicherer fühlen, einmal Miteigentümer zu sein. Aus solchen Anfängen entwickelte sich ein gemeinnütziges Bauen, das in den zwanziger Jahren und noch einmal nach dem zweiten Weltkrieg Millionen Menschen ein Heim beschaffte.

Zu den ältesten Wohnungsgenossenschaften zählt die "Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer Genossenschaft" in Hamburg, die 1875 entstanden ist. Viele der Wohnungsgenossenschaften sind über 100 Jahre alt, ohne verstaubt zu sein. Mit ihrem nachhaltigen Geschäftsmodell, das Tradition und Innovation verbindet, beweisen sie, dass Wohnen mehr ist als nur ein Dach über dem Kopf. Genossenschaftliches Wohnen heißt heute: ein gutes Wohnumfeld, funktionierende Nachbarschaften und sozialer Zusammenhalt der Mitglieder.

Wohnungsgenossenschaften sind nicht nur eine spezielle Rechtsform, die traditionsgemäß mit den Prinzipien Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung verbunden ist. Sie sind eine Wohnform, die für junge Menschen und Familien, aber auch für Ältere ein zukunftsorientiertes Wohnen, verbunden mit einer Vielzahl von Dienstleistungs- und Serviceangeboten, bietet. Heute leben in Deutschland rund fünf Millionen Menschen in rund 2,2 Millionen Genossenschaftswohnungen bundesweit. Rund 2,8 Millionen Menschen in Deutschland sind Mitglied einer Genossenschaft. Sie haben rund 3,3 Milliarden Euro Genossenschaftsanteile gezeichnet. Darüber hinaus gibt es 48 Wohnungsgenossenschaften mit einer eigenen Spareinrichtung, die zusammen über Spareinlagen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro verfügen.

Aktuelle Herausforderungen

Angesichts zunehmender Mobilitätsanforderungen in der Gesellschaft und einem gleichzeitig steigenden Bedürfnis nach Sicherheit sind die Genossenschaften gut für die Zukunft aufgestellt. Aktuell liegt das durchschnittliche Alter der Mitglieder von Genossenschaften leicht über dem Bevölkerungsdurchschnitt. Die Unternehmen reagieren darauf und stellen sich auf die unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer Mitglieder ein. Die Angebote umfassen zahlreiche Dienstleistungen rund um die Immobilie - betreutes Wohnen für ältere und behinderte Bewohner, Nachbarschaftstreffs, Einkaufshilfen, Mitgliederfeste und auch besondere Wohnungsangebote für junge Mitglieder und Familien. Es gibt beispielsweise spezielle Angebote für junge Familien, die bis zum genossenschaftlichen Kindergarten reichen. Mehrgenerationenwohnen ist ein Wohnmodell, bei dem gemeinschaftliches Wohnen für Jung und Alt gleichermaßen attraktiv ist und Vorteile bringt.

Für ein möglichst lebenslanges Wohnen in Genossenschaften ist es eine Voraussetzung, dass man sich die Wohnungen und angebotenen Dienstleistungen im Alter noch leisten kann. Angesichts der sinkenden Alterseinkünfte und der parallel tendenziell steigenden Wohnkosten unterbreiten Wohnungsgenossenschaften ihren Mitgliedern auch verstärkt Angebote zur Reduzierung der Wohnkosten im Alter. Neben Inhaberschuldverschreibungen und der Vergabe von Dauerwohnrechten können die Mitglieder auch weitere Geschäftsanteile zur Wohnkostenminderung erwerben. Letzteres wird durch den sogenannten "Wohn-Riester" gefördert. Jedoch sind die Anforderungen an dieses Altersvorsorgeprodukt sehr hoch, sodass die Zahl der Unternehmen, die dieses anbieten, noch sehr gering ist. Der GdW setzt sich dafür ein, dass das geförderte Sparen in weiteren Geschäftsanteilen zur Reduzierung der Wohnkosten im Alter flexibler gestaltet und vor allem von bürokratischen Hürden befreit wird.

Auch das Thema Klimaschutz und energetische Sanierung der Wohnungsbestände ist eine große aktuelle Herausforderung für die Wohnungsgenossenschaften. Um ihre Mitglieder langfristig sicher versorgen zu können und den Heizkostenanstieg zu bremsen, spielen Investitionen in die Steigerung der Energieeffizienz eine große Rolle. Seit 1990 sind bereits über 35 Prozent der Genossenschaftswohnungen energetisch vollmodernisiert worden (Wärmedämmung, Fenster, Heizungsanlage). Weitere 30 Prozent wurden teilmodernisiert.

Ebenso engagiert sind Wohnungsgenossenschaften als kompetente Partner der Kommunen bei der Quartiers- und Stadtentwicklung. So haben die Wohnungsgenossenschaften in Ostdeutschland, wo es nach wie vor flächendeckende Leerstände gibt, bislang insgesamt rund 100 000 Wohnungen seit dem Jahr 2000 abgerissen und so einen erheblichen Beitrag zur Marktbereinigung geleistet. Gleichzeitig tragen sie in den alten wie in den neuen Ländern durch ihre Investitionen nicht nur zur Aufwertung der Bestände, sondern durch ihr spezielles Engagement auch zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Quartiere und zur sozialräumlichen Integration in die bestehenden Nachbarschaften bei.

Wohnungsgenossenschaften sind Zukunft

Die Wohnungsgenossenschaften haben sich in ihrer langen Geschichte immer wieder besonderen Herausforderungen erfolgreich gestellt. Welche Leistungspotenziale auch heute in ihnen stecken, hatte bereits die Expertenkommission "Wohnungsgenossenschaften" in ihrem 2004 vorgelegten Bericht aufgezeigt. Ihre Empfehlungen wurden im Rahmen des experimentellen Wohnungs- und Städtebaus (ExWoSt) in verschiedenen Modellvorhaben untersucht und haben in der Folge starke Verbreitung unter den Genossenschaften, den Verbänden und der Politik gefunden. Die Vorschläge waren und sind wichtige Themen auf der Agenda der genossenschaftlichen Arbeit. Mit ihrer Leistungsvielfalt bereichern Wohnungsgenossenschaften die Nachbarschaften und das Wohnen in den Städten erheblich.

Den starken Zulauf, den Wohnungsgenossenschaften erleben, erkennt man auch daran, dass ein verstärktes Interesse an Informationen zur Neugründung von Wohnungsgenossenschaften besteht. Neben der Internetseite wohn-eg.de, auf der es Informationen und Wohnungsangebote von Wohnungsgenossenschaften gibt, hat der GdW dazu das Portal wohnungsgenossenschaften-gruenden.de geschaltet.

Axel Gedaschko , Präsident , GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Berlin
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