Schwerpunkt Genossenschaften in der Immobilienwirtschaft

Wohntrends 2030: Wohnwünsche in Zukunft vielfältiger

Welches Wohnangebot wird auch in Zukunft den Herausforderungen des sich ständig wandelnden Marktes gerecht? Und wie sehen die Wohnwünsche der Menschen im nächsten Jahrzehnt aus? Um die Zukunftstrends beim Thema Wohnen frühzeitig zu erkennen und die Branche darauf vorzubereiten, hat der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen die Wohnzukunftsstudie "Wohntrends 2030" veröffentlicht. Fünf Jahre nach der ersten Zukunftsstudie "Wohntrends 2020" haben die wissenschaftlichen Institute Inwis Forschung und Beratung sowie Analyse & Konzepte eine Neubewertung der sich abzeichnenden Rahmenbedingungen vorgenommen. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen: Vielfalt ist auch bei Wohnwünschen das Gebot der Stunde.

Am Wohnungsmarkt, aber auch am Arbeitsmarkt werden insbesondere die demografischen Veränderungen deutlich spürbar. In diesem Zusammenhang wird die Zuwanderung nach Deutschland und damit verbunden die Bedeutung von Haushalten mit Migrationshintergrund weiter zunehmen. Überraschend ist an den Ergebnissen, wie deutlich sich beispielsweise die Folgen des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt auswirken und wie aktuell die Frage einer klugen Zuwanderungspolitik ist, weil Deutschland bis 2030 bis zu fünf Millionen Arbeitsplätze fehlen.

Zuwanderer - eine wichtiger werdende Zielgruppe

Das ist auch für die Wohnungswirtschaft von Bedeutung: Nicht nur, weil Menschen mit einem internationalen Hintergrund eine zunehmend wichtiger werdende Zielgruppe sind, sondern auch, weil gutes Wohnen wichtig ist, damit sich Zuwanderer hierzulande wohlfühlen. Deutschland braucht eine Willkommenskultur, die bis zum Wohnquartier reichen muss.

Die Studie zeigt zudem, dass insbesondere Fragen der Nachhaltigkeit und damit verbundene ökologische Themen an Bedeutung gewinnen werden. Vor dem Hintergrund dieser übergeordneten Entwicklungen gibt es sieben zentrale Trendrichtungen, die die Welt des Wohnens bis zum Jahr 2030 verändern werden:

- Technik - zwischen Machbarem und Gewünschtem: Basis für eine vernetzte Gesellschaft.

- 25-Stunden-Gesellschaft: "Ständig in Bewegung sein."

- Mein, dein, sein ... unser: Die Shareness-Bewegung - Warum kaufen, wenn man gemeinsam nutzen kann?

- Fit in die Zukunft: Eine Gesellschaft hält sich fit und jung.

- Stadt der Quartiere 2030: Die Handlungsebene der Zukunft - Mein Quartier - "Dafür stehe ich, dafür setze ich mich ein".

- Goldenes Alter oder arme Senioren? Unterschiede beim Lebensabend.

- Unternehmen als Wohnpartner: "Mehr als nur gewohnt ..." - eine verantwortungsvolle Rolle für die Wohnungswirtschaft.

Für die Untersuchung der zukünftigen Wohntrends wurde analysiert, welche Wohnwünsche die Menschen in Deutschland haben und wie viel sie dafür ausgeben wollen und können. Auf der Basis einer bundesweiten Befragung, die auch die Nachfrage jenseits der Ballungszentren berücksichtigt hat, wurden bei den Haushalten insgesamt sechs übergeordnete Wohnkonzepte - das bedeutet Vorstellungen vom Wohnen - ermittelt. Am bedeutendsten in Deutschland ist heute das "anspruchsvolle" Wohnkonzept. Ihm sind knapp 26 Prozent der Haushalte zuzurechnen, die überwiegend nach Werten wie Individualismus, Selbstverwirklichung und Leistungsbereitschaft streben.

Mieter werden anspruchsvoller

Knapp 23 Prozent der Haushalte sind dem "häuslichen" Wohnkonzept zuzuordnen. Diese Haushalte sind stark innenorientiert. Freunde, Familie und gute Nachbarschaften sind hier ebenso wichtig wie Sicherheit und Nachhaltigkeit. Während das häusliche und das anspruchsvolle Wohnkonzept in den kommenden Jahren zunehmen werden, wird gleichzeitig erwartet, dass die Anzahl der Haushalte mit "kommunikativem" und "konventionellem" Wohnkonzept abnimmt. Der Anteil von Haushalten mit "bescheidenem" und "funktionalem" Wohnkonzept liegt derzeit bei 14,3 beziehungsweise 4,7 Prozent. Beide Wohnkonzepte werden in den kommenden Jahren aber wieder häufiger auftreten.

Ganz bewusst wurden die Nachfragergruppen in der Studie nicht auf Basis sozio-demografischer Merkmale, sondern aufgrund gemeinsamer Wohnwünsche gebildet. Es gibt in diesem Sinne beispielsweise keine altershomogenen Nachfragerwünsche beim Wohnen. Viel bedeutender sind der Lebensstil und das gesellschaftliche Umfeld für die Wohnwünsche von Menschen. Dies zeigt sich sehr gut daran, dass eine bodengleiche Dusche oder ein geräumiges Bad von sehr vielen Altersgruppen gewünscht werden.

Dagegen zeigt sich der demografische Wandel eher noch bei den jüngeren Haushalten als eine Folge der notwendigen Zuwanderung. Menschen mit internationalem Hintergrund haben aber oft andere Wohnvorstellungen als gleichaltrige Deutsche. Insofern, und das ist eine weitere interessante Erkenntnis der Studie, wird bei den jungen Haushalten das familiäre Wohnkonzept wieder an Bedeutung gewinnen und das bei jungen deutschen Haushalten verbreitete kommunikative Wohnkonzept etwas zurückgehen.

Breitere Angebotsvielfalt im Wohnungsmarkt nötig

Planer, Investoren und Politiker müssen künftig noch stärker die Tatsache berücksichtigen, dass die verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Wohnkonzepte haben. Die Zeiten der einheitlichen Standardwohnung sind lange vorüber. Das Wohnen wird immer individueller.

Aus dem neu geschaffenen Analysemodell ergeben sich in Abhängigkeit von Altersgruppen, Haushaltsstruktur, Wohnkaufkraft und Wohnkonzept die 20 wichtigsten Wohntrends der Zukunft. Diese werden sich regional sehr unterschiedlich entwickeln - in Großstädten anders als in kleineren Kommunen, in angespannten Märkten anders als in entspannten. Die Trends werden von den verschiedenen Wohnkonzepten unterschiedlich stark getragen: Während beispielsweise Haushalte mit häuslichem Wohnkonzept nach einer guten vermieterseitigen Ausstattung und Gestaltung der Wohnung streben, sind kaufkraftschwächere Haushaltstypen mit bescheidenem oder funktionalem Wohnkonzept häufig im Alter an ambulanten Pflegeleistungen und gemeinschaftlichen Wohnformen interessiert und wünschen sich intelligente und platzsparende Raumkonzepte. In enger Verknüpfung mit den Wohnkonzepten werden daher unter anderem folgende wichtige Wohntrends das kommende Jahrzehnt kennzeichnen:

1) Migration bestimmt das Bevölkerungswachstum in Ballungsräumen und verändert so die Wohnungsnachfrage.

2) Gemeinschaftliches Pflege-Wohnen im Alter wird verstärkt nachgefragt.

3) Nachfrage nach ambulanter Pflege beziehungsweise Pflege im Quartier steigt.

4) Ökologie und Nachhaltigkeit als Lebensentwurf gewinnen an Bedeutung.

5) Urban Gardening und Farming werden fester Bestandteil der Stadtkultur und sind Ausdruck der Selbstentfaltung ihrer Bewohner.

6) Smartphone und Tablet als Hüter und Verwalter des Hauses werden zum Standard.

7) Nachfrage nach preiswerten Familienwohnungen in den Städten steigt weiter an.

8) Ansprüche an die vermieterseitige Ausstattung und Gestaltung der Wohnung nehmen zu.

9) Energieeinsparung bleibt weiterhin wichtige Voraussetzung, um Wohnkosten zu senken.

10) Gründung und Bereitstellen von virtuellen und realen Netzwerken durch Wohnungsunternehmen gewinnt an Bedeutung.

11) Die alte Hausordnung hat ausgedient. Das Leben in der Hausgemeinschaft wird individuell vereinbart und berücksichtigt unterschiedliche Wertvorstellungen.

12) Mit besserer Kenntnis der Zielgruppen werden Wohnungsunternehmen Nachbarschaften gezielt gestalten und fördern.

13) Neue CRM-Systeme ermöglichen die Kommunikation mit dem Vermieter rund um die Uhr.

14) Teilen statt Besitzen wird immer beliebter. Auch Wohnungsunternehmen werden zu Anbietern von Sharing-Modellen.

15) Eine schnellere Anpassung an neue Wohnraumbedarfe führt zu einer höheren Wohnmobilität.

16) Robotertechnik erleichtert den Haushalt.

17) Intelligente Raumkonzepte werden immer wichtiger (Platzoptimierung).

18) Die Wohnung wird wieder stärker zu einem Ort der Ruhe und Geborgenheit.

19) Das Badezimmer als multifunktionale Zone gewinnt immer mehr an Bedeutung und kann je nach Wohnkonzept als Wellness-Oase oder Gesundheitsraum genutzt werden.

20) Internet und Smartphone ersetzen den Hausbesuch des Arztes von morgen.

Wohnungswirtschaft braucht Politik und Vereine als Partner

Die Wohntrends 2030 geben den Wohnungsunternehmen ein spezielles Instrument an die Hand, mit dem sie auch auf regionaler Ebene ermitteln können, wie die Menschen wohnen möchten und wie das Wohnungsangebot entsprechend angepasst werden sollte. Für Wohnungswirtschaft und Stadtplanung wird es damit möglich, Wohnungsangebote zu schaffen, die sowohl die individuellen Anforderungen an das Wohnen als auch die Zahlungsbereitschaft und -möglichkeit berücksichtigen.

Ein wichtiger Grund, die Studie "Wohntrends 2030" in Auftrag zu geben, bestand darin, den Blick für die Anforderungen von Morgen zu öffnen. Das große Interesse, das aufseiten der Wohnungswirtschaft zu spüren ist, zeigt, dass viele Unternehmen sich mit den Themen auseinandersetzen und eigene Antworten auf die Herausforderungen von Morgen finden werden. Allerdings wird die Wohnungswirtschaft mehr als bisher auf die Zusammenarbeit vieler Partner angewiesen sein, zum Beispiel wenn es darum geht, eine Willkommenskultur in den Städten und den Wohnquartieren aufzubauen. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Städten, Wohnungsunternehmen und auch ehrenamtlichen Organisationen notwendig. Hier gibt es noch viel zu tun.

Axel Gedaschko , Präsident , GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Berlin
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