Im Blickfeld

W&W: Nicht zu verhindern

Wenn ein Vorstandsvorsitzender das Ergebnis des eigenen Hauses mit den Worten "Das war nicht zu verhindern" kommentiert, dann weiß der interessierte Beobachter, dass sich in diesem Abschluss wesentlich mehr verbirgt, als es die nackten Zahlen auf den ersten Blick zeigen. 188,2 Millionen Euro weist die W&W AG nach IFRS für 2010 aus und damit weniger als im vergangenen Jahr (222,1 Millionen Euro), aber deutlich mehr als die geplanten 140 Millionen Euro. Das ist zunächst erfreulich. Doch der Blick in die Gewinn- und Verlustrechnung bringt die Vermutung, dass dieses Plus vor allem aus einer deutlich geringeren Risikovorsorge (49,7 nach 125,8 Millionen Euro) und einem spürbar niedrigerem Steueraufwand (38,3 nach 70,3 Millionen Euro) resultierte.

Doch es hätte noch weit mehr dargestellt werden können, wenn die Verantwortlichen nicht ganz im Sinne kluger Kaufmänner großen Wert darauf gelegt hätten, alle Spielräume auszunutzen, um Reserven anzusammeln. "Unser Ergebnis ist organisch stark unterlegt und wir haben eine beherzte Reservepolitik betrieben, um die Substanz zu stärken, " so Vorstandschef Alexander Erdland. Rund 200 Millionen Euro wurden den Rücklagen zugeführt. Damit liegen die Stuttgarter im Plan, denn in spätestens fünf Jahren soll das Eigenkapital um eine Milliarde Euro erhöht werden - allein aus eigener Kraft, allein aus thesaurierten Gewinnen. Anders geht es nicht, denn in Sachen Kapitalerhöhungen darf die W&W AG von der sie beherrschenden Stiftung nicht all zu viel erwarten.

Also versucht man zu wachsen und ordentliche Gewinne zu erzielen. Die Akquisitionen Victoria Vereinsbank Bauspar AG (2009) und Allianz Dresdner Bauspar AG (2010) sind im Zahlenwerk weitestgehend verarbeitet und haben entscheidend zum Neugeschäftserfolg beigetragen. Das Bruttoneugeschäft stieg um 33,5 Prozent auf den Rekordwert von 14,7 Milliarden Euro. Davon stammen allerdings 2,7 Milliarden aus dem Kauf der Allianz Dresdner Bauspar (ADB).

Ohne diesen Effekt beträgt der Zuwachs gerade mal eine Milliarde Euro oder gut neun Prozent und liegt damit unter dem Branchendurchschnitt von 10,9 Prozent.

Seit dem Start des Restrukturierungsprogramms 2006 konnte das Bruttoneugeschäft einschließlich ADB allerdings nahezu verdoppelt werden und Wüstenrot hat mit einem Marktanteil von 13,9 Prozent den zweiten Platz hinter dem Marktführer Schwäbisch Hall gefestigt - sofern man die LBS als einzelne Institute und nicht als Gruppe betrachtet. Auch im eingelösten Neugeschäft zahlt sich die ADB aus: Vom Plus von drei Milliarden Euro auf 11,4 Milliarden Euro stammen 2,3 Milliarden von der neuen Tochter. Vom Bausparneugeschäft entfallen neben der ADB 9,3 Milliarden Euro auf den Wüstenrot-Vertrieb, 0,9 Milliarden Euro auf den Ausschließlichkeitsvertrieb der Württembergischen und 1,4 Milliarden Euro auf den Vertriebsarm HVB/Ergo.

Die Baufinanzierungen legten um 12,2 Prozent auf 4,15 Milliarden Euro zu, wovon das Gros mit 3,67 (im Vorjahr 3,05) Milliarden Euro auf neu abgeschlossenes Kreditgeschäft entfiel. Prolongationen verzeichneten mit 483,2 Millionen Euro einen drastischen Rückgang gegenüber 2009. Einschließlich der Hypothekendarlehen der Württembergischen Lebensversicherung AG (330,8 nach 353,7 Millionen Euro) und der Auszahlungen aus Bauspardarlehen summiert sich das gesamte inländische Kreditneugeschäft auf 5,6 nach 5,1 Milliarden Euro im Jahr zuvor.

Der gesamte Bereich Bauspar/Bank steuerte 118,6 Millionen Euro zum Gesamtergebnis bei. Gut die Hälfte der Bilanzsumme von 76 Milliarden Euro entfällt auf die Pfandbriefbank und die Bausparkasse. Die Pfandbriefbank ist mittlerweile das einzige derartige Institut in Baden-Württemberg. Alle anderen ehemaligen Hypothekenbanken sind geschlossen, umgebaut oder verschmolzen worden. Beunruhigen tut das die Verantwortlichen bei W&W aber nicht. Im Gegenteil: "Wir schätzen dieses Haus. Es ist nicht nur für die Refinanzierung da, sondern auch ein gutes Mittel zur Kundenbindung durch das Angebot von Tages- und Termingeldern", so Erdland. Um diesen Effekt nachhaltig zu sichern und zu stärken soll die Pfandbriefbank noch stärker als Onlinebank positioniert werden.

Auch das Versicherungsgeschäft entwickelte sich positiv. Die gebuchten Bruttobeiträge stiegen um 1,5 Prozent auf 1,32 Milliarden Euro. Das Neugeschäft gemessen am Bestand erhöhte sich von 184,1 Millionen Euro auf 195,5 Millionen Euro. Das Ergebnis des Segments wurde von höheren Schadensleistungen von 597,9 (509,5) Millionen Euro belastet. Sorge bereitet dagegen die Zukunft der Sparte Lebensversicherung. Nicht etwa aufgrund des wirtschaftlichen Erfolgs: W&W erzielte einen Zuwachs von 4,6 Prozent auf den gebuchten Bruttobeitrag von 2,55 Milliarden Euro. Ähnlich wie in der gesamten Branche profitierten auch die Stuttgarter von einem kräftigen Anstieg der Einmalbeiträge von 526,4 Millionen Euro auf 671,4 Millionen Euro. Der Segmentüberschuss hat sich vor allem aufgrund eines deutlich besseren Finanzanlageergebnisses auf 39,6 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Doch schmerzt die Regulierung. Die Bestrebungen der Aufseher in Sachen Solvency II werden künftig zu einem Umdenken auf der Produktseite führen - weg von der klassischen Lebensversicherung hin zu fondsgebunden Angeboten. Hintergrund sind die geforderten Garantiezusagen, die so vermieden werden können.

Nichtsdestotrotz: Der Start ins Jahr verlief für den gesamten W&W-Konzern ausgesprochen erfreulich und die Verantwortlichen sind zuversichtlich, ein Ergebnis auf dem Niveau des Jahres 2010 darstellen zu können - mit ähnlich hoher Reservebildung. 2012 schließlich sollen 250 Millionen nach Steuern ausgewiesen werden. Damit wäre das Ziel von "W&W 2012" erfüllt. Und nach den bisherigen Erfahrungen kann man davon ausgehen, dass geliefert wird.

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