IMMOBILIENKONJUNKTUR

BRANCHENAUSBLICK 2019 - SO WIRD DAS JAHR AUS SICHT DER EXPERTEN

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Kein Zweifel: 2018 war einmal mehr ein gutes Immobilienjahr. Am Investmentmarkt hielt die Rallye an, Immobilien waren mangels rentabler Alternativen überaus begehrt, wie insbesondere das in Deutschland erneut sehr hohe Transaktionsvolumen eindrucksvoll belegt. Auch die Vermietungsmärkte entwickelten sich dank ungebrochen hoher Nachfrage zumeist überaus erfreulich. Doch wie lange hält die gute Immobilienkonjunktur noch an? Zahlreiche konjunkturelle Frühindikatoren haben sich in den vergangenen Wochen spürbar eingetrübt und auch politische Großbaustellen wie der Brexit und Handelsstreit bergen Risiken. Die I & F-Redaktion hat 7 Immobilienexperten um ihre differenzierte Einschätzung für das Immobilienjahr 2019 gebeten. Grundsätzlich werden die Aussichten weiter als positiv erachtet, an der ein oder anderen Stelle sind jedoch auch Molltöne zu vernehmen. Red.

Der Winter naht noch nicht, aber bitte ziehen Sie sich etwas Wärmeres an

In Deutschland waren 2018 im Durchschnitt nur 2,3 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Das waren weniger als halb so viele wie im Jahr 2005, und das obwohl die Zahl der Einwohner in Deutschland seit der Finanzkrise um über zwei Millionen gewachsen ist. Die Löhne und Gehälter kletterten seit 2010 jedes Jahr stärker als die allgemeine Teuerung. Deutschland erlebt einen langanhaltenden Aufschwung, und davon profitieren bis zuletzt alle Segmente der Immobilienwirtschaft.

Zweifel an der Zinswende

Doch Vorsicht! Arbeitsmarktdaten sind nach laufende Indikatoren. Viele Frühindikatoren sowohl für die Gesamtwirtschaft als auch für die Immobilienwirtschaft haben sich bereits abgeschwächt. Sie spiegeln die wachsenden konjunkturellen und politischen Herausforderungen auf beiden Seiten des Atlantiks sowie die sich allmählich aufbauenden wirtschaftlichen Verwerfungen zwischen den USA und China. Ein Handelskrieg ist eben teuer.

Gleichzeitig wird Europa mit dem Brexit zu einem Multimilliardenexperiment gezwungen und Frankreich trudelt in bewährter Manier von notwendigen Sozialreformen fort. All dies sollte immerhin bedeuten, dass die Zinswende in Europa wieder einmal vertagt wird oder zu reiner Symbolpolitik verkommt. Selbst für die USA wird neuerdings die Wende zur Zinswende diskutiert - und das nicht nur von Donald Trump. Ganz klar, der gesamtwirtschaftliche Hochsommer hat seinen Zenit durchschritten, und dies wird auch die heimische Immobilienwirtschaft spüren.

Gleichzeitig hat sich die Bautätigkeit belebt und Vertreter aller Gebietskörperschaften gerieren sich als Wohnungsmarktretter und verbreiten Aktionismus. Beides ist ebenfalls ein nachlaufender Indikator, dürfte aber in Summe dazu führen, dass der Nachfrageüberhang allmählich abgebaut wird - im Gewerbesegment etwas schneller, wenn die gesamtwirtschaftliche Beruhigung tatsächlich im Laufe des Jahres einsetzt, im Wohnungssegment etwas langsamer.

Bodenbildung bei Finanzierungsmargen

Diese Entwicklungen werden 2019 von den Banken sehr genau analysiert werden. Weiteres Nachgeben bei den Margen ist daher in diesem Jahr trotz anhaltend hohem Wettbewerbsdruck der Institute unwahrscheinlich. Wenn Zinsen also nicht mehr sinken, die Margen stagnieren und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage bestenfalls stabil bleibt, dann sollte die Preisspirale nach oben enden, auch hier zunächst im Gewerbesegment, dann auch im Wohnungssegment.

Auf den Immobilienkonferenzen 2019 dürfte mein Lieblingswort des Jahres 2018 "Plateaubildung" noch eine Weile weiter bemüht werden und dann allmählich in ein breit getretenes Zitat aus Games of Thrones münden: "der Winter naht". Doch das mit dem nahenden Winter ist so eine Sache, beschreibt es ja (vor allem im englischen Original) nur eine Bewegung und keinen Zustand. In unseren gemäßigten Breiten folgt der Winter nicht direkt dem Hochsommer.

"Spätsommerlicher Abend"

In diesem Sinne ist 2019 wohl eher ein vorbereitendes Übergangsjahr und keinesfalls ein Rezessionsjahr, sind doch drei Dinge weiterhin richtig: Erstens wächst die Wirtschaft aktuell nur verlangsamt, sie schrumpft (noch) nicht. Sowohl die Büro- als auch die Wohnungsmieten stiegen bis zuletzt, der Bedarf auf den Flächenmärkten bietet für die Immobilienwirtschaft weiterhin ein stabiles Sicherheitsnetz. Zweitens bleibt der Anlagedruck institutioneller Anleger hoch. Drittens werden Aktienmärkte stärker im Abschwung leiden, und dadurch könnten erneute Portfolioumschichtungen auf Immobilienmärkten landen.

Auch wenn es weniger reißerisch klingt als der Spruch mit dem nahenden Winter ist meine zentrale Erwartung an 2019, dass wir in der Immobilienwirtschaft einen spätsommerlichen Abend genießen werden. Allerdings sollten sich die Marktakteure etwas wärmer anziehen, sprich nicht jeden Preis zahlen, ansonsten könnte der Winter früher nahen als gedacht.

Prof. Dr. Tobias Just, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter, IREBS Immobilienakademie, Eltville

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Auf der Schwelle in die Goldenen Zwanziger?

Gewerbliches Transaktionsvolumen im Jahresverlauf 2010 mit 19,1 Milliarden Euro 83 Prozent über dem Vorjahreswert. Diese Meldung mutet wie aus einer vergangenen Epoche an. Inzwischen werden beinahe dieselben Summen in manchem Quartal umgesetzt. Und obwohl die Kaufpreise stetig gestiegen sind, werden die Listen interessierter Investoren kaum kürzer. Ist es aktuell überhaupt sinnvoll, in den Markt einzusteigen? Skeptiker wähnen nicht zuletzt in den aktuellen Weichenstellungen der europäischen Geldpolitik mögliche Auslöser für einen Marktabschwung.

Die Mehrheit der Branche sieht indes nur wenig Grund zur Sorge. Die Prognosen der großen Immobilienresearcher fallen zwar tendenziell unterschiedlich aus, zeigen aber ein positives Bild: Die Prognosen für den gewerblichen Immobilienmarkt reichen von 50 bis knapp 60 Milliarden Euro. In den sieben größten deutschen Vermietungsmärkten kann es durch die Flächenverknappung zu einem Rückgang - etwa auf den aktuellen Zehnjahresdurchschnitt von zirka 3,2 Millionen Quadratmetern - kommen. Eine für Eigentümer positive Folge ist die Möglichkeit deutlicher Mietpreiszuwächse. Dieser Effekt ist besonders in Metropolen wie Berlin ausgeprägt, die sich Anfang der 2010er-Jahre auf einem viel niedrigeren Mietpreisniveau als heutzutage bewegten. Auslaufende Bestandsmietverträge können an die veränderte Marktrealität angepasst werden.

Das Szenario einer abrupten Zinswende der EZB erscheint äußerst unrealistisch - nicht zuletzt, weil ein drastischer Anstieg des Zinsniveaus eine Bürde für viele Staatshaushalte darstellen und zahlreiche Unternehmen sowie Banken in Italien oder Griechenland in den Ruin treiben würde. In Deutschland hingegen würden moderate Zinsschritte über einen längeren Zeitraum hinweg von den positiven Rahmenbedingungen an den Immobilienmärkten mehr als kompensiert.

Internationalität steigt

Ebenso wichtig ist, dass Deutschland seine Reputation als sicherer Anlagehafen aller Voraussicht nach stärken wird. Neben europäischen Investoren dürften Akteure aus den USA oder aus dem asiatisch-pazifischen Raum 2019 in Deutschland wieder aktiver werden.

Nachdem 2018 zahlreiche Investoren aus dem nichteuropäischen Ausland oft nach mehrjähriger Haltedauer die guten Konditionen für einen Verkauf genutzt haben, entscheiden sich viele dieser Akteure für einen Wiedereinstieg. Dieser Anreiz wird auch dadurch geschaffen, dass aufgrund der unterschiedlichen Zinsniveaus positive Währungseffekte möglich sind. Die Möglichkeit, durch Hedging weitere Wertzuwächse zu erzielen, bewirkt, dass diese Akteure selbst die aktuell hohen Kaufpreise nicht scheuen.

Die Branche darf sich jedoch nicht auf ihren Erfolgen ausruhen. In den vergangenen zehn Jahren hat nicht nur das Transaktionsvolumen deutlich zugenommen, sondern auch die Dynamik der Märkte: Immer mehr Akteure handeln die marktrelevanten Objekte in immer kürzeren Zeiträumen. Hinzu kommt, dass sich die Nutzungsanforderungen der Mieter immer schneller verändern.

Asset Managern kommt Schlüsselrolle zu

Diese Dynamik sorgt dafür, dass sich Investment- und Objektstrategien nicht von vorneherein für den gesamten Lebenszyklus formulieren lassen. Vielmehr müssen die Strategien immer wieder nachjustiert und manchmal sogar komplett neu konzipiert werden. Inwieweit Investoren also langfristig von einem jetzt getätigten Investment profitieren können und ob das Jahr 2019 den Weg für eine neue Dekade der "Goldenen Zwanziger" bereitet, ist stärker denn je vom Asset Management abhängig.

Markus Reinert, Vorsitzender des Vorstands, IC Immobilien Holding AG, Frankfurt am Main

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Gute Fundamentaldaten werden die Immobilienmärkte auch 2019 beflügeln

Auch wenn es in dieser Situation vielleicht etwas verwundert, zumindest bei Lesern der "Breaking News" und der "Neujustierung der Risikoparameter in den Anlagemodellen" - auch 2019 wird es keinen strukturellen Marktumbruch geben, ein optimistisches Szenario ist weiterhin angebracht. Und das ist sehr rational begründet, vor allem mit Blick auf und der Analyse der konjunkturellen Kennziffern: Es wird ein gutes Wirtschaftsjahr werden. Natürlich wird der Immobilienmarkt weiterhin von dem Nullzinsumfeld, also den unattraktiven Anleihemärkten profitieren, auch die Turbulenzen der vergangenen drei Quartale an den nationalen und internationalen Aktienmärkten sprechen eher pro Immobilie.

Verstärkter Fokus auf Value Add

Doch bei all dieser - zugegebenermaßen - nicht immer zielpunktgenau zu erstellenden Prognose, zeigt der Blick auf die Fundamentalfaktoren eine weiterhin positive Gemengelage an den Immobilienmärkten.

Mit Blick auf die Segmente ist mit folgenden Marktverhältnissen zu rechnen:

- Die Risikobereitschaft der Investoren reduziert sich aufgrund geringer Produktverfügbarkeit im Core-Segment und zu hoher Kapitalwerte. Parallel kommt es zu einem Riskshift bei Opportunitäten.

- In der Konsequenz führt dies zum Neujustieren der Risikoparameter in den Anlagemodellen, sprich Investoren werden ihren Fokus auf Value-Add-Immobilien setzen und vermehrt in Projektentwicklung als attraktive Alternativen investieren.

- Es ist von keinen weiteren signifikanten Renditekompressionen im Bürosegment auszugehen, für Logistikimmobilien und Fachmarktzentren sind jedoch stärkere Rückgänge möglich.

- Die Erweiterung der Logistikflächen wird sich fortsetzen und zunehmend auch in die Städte eindringen, da die "letzte Meile" ein ausschlaggebender Faktor wird. Aber: bisher existiert kein adaptierbarer "Letzte-Meile-Immobilientypus", also keine Standardproduktstruktur. Skaleneffekte lassen sich deshalb nicht realisieren.

- Das zyklische Nachhängen der Developments und die Reduktion klassischer, monofunktionaler Bürogebäude läutet eine Phase der Mixed-Use-Objekte in den CBD-Lagen ein. Hier liegen große Chancen, gerade auch deshalb, weil Städte im planerischen Prozess kaum noch Single-Use-Objekte zulassen.

- Weiterhin sind steigende Transaktionsvolumina im Wohnsegment außerhalb der Topstandorte zu erwarten - das Stichwort lautet hier Portfoliotransaktionen. Zudem gewinnen Spezialsegmente wie Mikroapartments und studentisches Wohnen mehr und mehr an Bedeutung.

- Zinserhöhungen lassen sich seriös erst ab Mitte 2019 diskutieren, wenngleich im Falle einer stärkeren Erhöhung Vorzieh effekte in Immobilien erwartet werden können. Von einem "Property Run" ist gleichwohl nicht auszugehen.

Fast am wichtigsten erscheint mir aber der oben skizzierte Blick auf die Fundamentalfaktoren: Wir haben im Jahr 2019 weiterhin eine gute konjunkturelle Gesamtsituation! Das BIP-Wachstum 2018 lag bei 1,5 Prozent, für 2019 kann im Korridor zwischen 1,0 und 1,25 Prozent gerechnet werden.

Immobilienquoten steigen weiter

Trotz aller fundamentalen Marktaussagen sollte grundsätzlich immer berücksichtigt werden, dass die beiden wichtigsten Motive, um im Jahr 2019 in Immobilien zu investieren, für Investoren weiterhin die Parameter sind: Die Diversifikation der Multi-Asset-Portfolios und die Fähigkeit, die Rendite zu steigern beziehungsweise eine risikoadjustierte Performance zu liefern.

Vor diesem Hintergrund ist 2019 mit einem weiteren Anstieg der Allokationsquoten in Immobilien zu rechnen - sowohl bei institutionellen Investoren als auch bei Family Offices.

Dr. Thomas Beyerle, Managing Director, Catella Property Valuation GmbH, Frankfurt am Main

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Ein weiterhin überdurchschnittliches Investmentgeschehen

Die soliden volkswirtschaftlichen Aussichten lassen für 2019 ein leicht abgeschwächtes, aber weiterhin sehr robustes Wachstum in Deutschland und Europa erwarten. Exogene Risiken wie ein harter Brexit, eine weitere Verschärfung des Handelskonflikts, Zölle sowie die Staatsverschuldung innerhalb der Eurozone sind jedoch weiterhin präsent und können die konjunkturellen Entwicklungen beeinflussen.

Dennoch werden die Unternehmensinvestitionen in Deutschland dank der stabilen Rahmenbedingungen und der guten Binnenkonjunktur hoch bleiben, weshalb Büroflächen auch dieses Jahr weiterhin stark nachgefragt sein werden. Die Herausforderung sich verknappender Flächenreserven hat auch im vergangenen Jahr angehalten und deutschlandweit zu neuen Tiefstwerten bei den Leerständen geführt. Diese Entwicklung wird sich trotz einer zunehmenden Angebotsausweitung auch dieses Jahr fortsetzen. Der Höhepunkt im Marktzyklus ist daher noch lange nicht überschritten.

Tiefstwerte bei Büroleerständen

Insgesamt lassen die Signale vom Markt auch für 2019 ein überdurchschnittliches Investmentgeschehen erwarten. So ist die Dealpipeline nach dem Transaktionsmarathon zum Ende des Jahres 2018 noch nicht abgearbeitet. Der Anlagedruck auf Immobilien bleibt unter dem Einfluss der Niedrigzinspolitik der EZB und fehlender An lagealternativen weiterhin bestehen.

Der Mangel an gesuchtem Core- beziehungsweise Core-Plus-Produkt im Bestand wird durch eine steigende Rate von Weiterverkäufen sowie zunehmende Gelegenheiten für Forward Deals zumindest in Teilen aus geglichen. Portfoliobereinigungen von Bestandshaltern treffen auf eine höhere Risikoneigung auf der Käuferseite. Renditen werden vor allem für gutes Produkt in Nebenlagen weiter nachgeben.

Zudem sondieren Investoren aus dem asiatisch-pazifischen Raum angesichts ihrer sehr hohen Risikoaversion den deutschen Markt intensiv, was in den kommenden Monaten auch zu weiteren Marktneueintritten führen dürfte.

Als Gewinner von Onlinehandel und Digitalisierung und damit als Assetklasse mit nachhaltigen Wertsteigerungschancen rücken Industrie- und Logistikimmobilien weiterhin in den Fokus auch manch konservativer Investoren. Deswegen werden sie auch 2019 zu den Top-3-Assetklassen auf dem gesamtgewerblichen Investmentmarkt gehören.

Industrie- und Logistikimmobilien rücken in den Fokus

Im Zuge dieser tiefen Strukturbrüche in der Einzelhandelslandschaft wird sich die selektive Ausrichtung von Investoren beim Kauf von Retailimmobilien auch 2019 fortsetzen. Das vom Lebensmitteleinzelhandel dominierte Fachmarktsegment bleibt hier der Treiber beim Transaktionsgeschehen. Insgesamt ist für dieses Jahr weiterhin von einem überdurchschnittlichen Investmentgeschehen und Wachstum auszugehen, das etwas moderater ausfallen wird als 2018, sodass wir ein Transaktionsvolumen von 58 Milliarden Euro erwarten, das dem letztjährigen Niveau nicht wesentlich nachsteht.

Matthias Leube, CEO, Colliers International Deutschland GmbH, Frankfurt am Main

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An Altersschwäche stirbt der Aufschwung nicht

Für den deutschen Immobilienmarkt im Jahr 2019 sind meine Erwartungen insgesamt positiv - wie übrigens auch die für den Aktienmarkt. Der Aufschwung am Immobilienmarkt geht damit bereits ins zehnte Jahr und befindet sich gemessen an historischen Erfahrungen in einer reifen Phase.

An Altersschwäche sterben Aufschwünge erfahrungsgemäß aber nicht. Dazu bedarf es Schocks, die in der Vergangenheit meist nicht vom Immobilienmarkt selbst ausgegangen sind. Dazu könnten kräftig steigende Zinsen oder eine gesamtwirtschaftliche Rezession gehören.

Renditevorsprung bleibt erhalten

Die Zinsen bleiben voraussichtlich auf einem sehr niedrigen Niveau. Der von uns erwartete leichte Zinsanstieg bis Jahresende 2019 hat nicht die Qualität, den Aufschwung am deutschen Immobilienmarkt abzuwürgen. Damit sind Immobilien insbesondere gegenüber festverzinslichen Anlagen weiterhin relativ attraktiv und die Finanzierungsbedingungen immer noch sehr günstig.

Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wird stark genug sein, um den meisten Segmenten des Immobilienmarktes Impulse zu geben. Denn wir gehen davon aus, dass die konjunkturelle Schwächephase im Jahresverlauf überwunden wird. Ein Wirtschaftswachstum um preisbereinigt 1,5 Prozent im Gesamtjahr sollte mit einem fortgesetzten Beschäftigungsanstieg und einem starken privaten Konsum einhergehen.

Angesichts nach wie vor knapper Anlagemöglichkeiten dürften Immobilienwerte in Deutschland und in vielen anderen europäischen Ländern weiter zulegen. Weniger günstig sieht die Lage in den USA aus, wo deutlich höhere Renditen am Rentenmarkt dem Investor bereits Anlagealter nativen bieten. Der britische Immobilienmarkt könnte je nach weiterer Entwicklung in der Brexit-Frage unter Druck geraten.

Am deutschen Büromarkt sorgt die weiter steigende Beschäftigung für eine hohe Flächennachfrage. Schwieriger ist dagegen die Vermietungssituation im Einzelhandel - vor allem in Teilmärkten, die stärker vom zunehmenden Onlinehandel betroffen sind.

Steigende Mieten und sinkende Leerstände

Bei moderater Bautätigkeit und guter Nachfrage werden auch im kommenden Jahr in vielen Segmenten des gewerblichen Immobilienmarktes die Mieten steigen und die Leerstände zurückgehen.

Auch am deutschen Wohnungsmarkt wird es 2019 weiter aufwärts gehen - trotz der vielfältigen wohnungspolitischen Aktivitäten.

Die Nachfrage nach Wohnraum bleibt vor allem in den Ballungsräumen hoch, während die stark ausgelasteten Kapazitäten in der Bauwirtschaft und die Knappheit an Bauland einer deutlich höheren Bautätigkeit im Wege stehen. Selbst wenn im Gesamtjahr etwas mehr Wohnungen fertiggestellt werden, ist dies immer noch zu wenig, um den Anstieg der Wohnimmobilienpreise spürbar zu verlangsamen.

Stehen wir also vor einem weiteren tollen Immobilienjahr? Grundsätzlich ja. Eines aber sollte nicht übersehen werden: Während Aktien nach den jüngsten Kursrückgängen wieder fair bewertet sind, nimmt die Überbewertung in vielen Segmenten des Immobilienmarktes im neuen Jahr weiter zu. Und wie bei Aktien gilt grundsätzlich auch für Immobilien: Umso höher die Bewertung, desto korrekturanfälliger wird der Markt.

Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin/ Bereichsleiterin Research, Landesbank Hessen-Thüringen, Frankfurt am Main

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Value Add und Core Plus werden 2019 beliebter

Nach unserer Einschätzung wird 2019 erneut ein positives Jahr für Immobilieninvestments. Zwar dürfte sich die Wachstumskurve im Vergleich zu den vergangenen Rekordjahren abschwächen - keine Party dauert ewig. Aber die Finanzierungskonditionen für private wie institutionelle Anleger bleiben, unabhängig von der Assetklasse, attraktiv, vor allem in Deutschland. Investitionskapital wird weiterhin im Überfluss vorhanden sein.

Die Immobilienallokation der Investoren ist jedoch immer auch im Kontext der Situation an den Kapitalmärkten zu sehen. Vereinfacht gesagt: Klettern die Zinsen, schlägt dies auf die Rentabilität von Assetklassen und Teilmärkten durch und beeinflusst Transaktionen und Anlagevolumen. Eventuell auftretende Lücken könnten aber durch weitere Investitionsmittel aus Ländern wie Japan, Singapur und Hong Kong gefüllt werden - hier rechne ich weiterhin mit einem moderaten Zufluss in europäische Immobilienmärkte.

Starke und schwache Segmente

Mit Blick auf die unterschiedlichen Teilmärkte gehen wir davon aus, dass Investoren gegenüber Retail eher reserviert bleiben dürften. Sinkende Kaufpreise und eventuell fallende Mieten verderben die Investitionslaune und belasten die Rendite. Möglicherweise kommt es punktuell sogar zu Überkorrekturen - hier wollen wir die Augen offenhalten und sich bietende günstige Gelegenheiten nutzen.

Logistikimmobilien werden ihren derzeitigen Status als beliebteste Assetklasse halten. Das Mietpreiswachstum dürfte sich fortsetzen. Allerdings geraten dadurch auch die Renditen weiter unter Druck. In diesem Teilmarkt spielt meiner Meinung nach die aktuell schwer in der Kritik stehende Automobilindustrie eine entscheidende Rolle - sie hat den stärksten Einfluss auf den klassischen Logistiksektor. Urbane Logistik wird mittel- bis langfristig am besten abschneiden. Im Bürosegment dürften die Mietpreise anziehen: Der Leerstand ist gering, die Entwicklungspipeline tröpfelt nur, gleichzeitig ist die Nachfrage weiter rege. Dadurch steigt der Bedarf an Objekten mit höherem Risikoprofil, also in Richtung Core Plus und Value Add. Eine Schwierigkeit sehe ich in weiter steigenden Baukosten, die nicht zuletzt das Underwriting risikobehafteter Assets zunehmend erschweren. Diese Herausforderung wird die gesamte Branche beschäftigen.

Höheres Risiko gefragt

Wenn die klassischen Teilmärkte renditeseitig schwächeln, entwickelt sich Nachfragedruck auf alternative Assetklassen, zuletzt insbesondere im Bereich "gewerbliches Residential". Student Housing, Cound Micro-Living sind begehrt. Allerdings gilt es auch hier, genau hinzusehen: Das gesteigerte Interesse und das im größeren Stil investierte Kapital könnte langfristig zur Überkorrektur bei den Renditen führen.

Konsolidierung des Marktes

Insgesamt ist die Assetklasse Immobilien in den letzten Jahren erwachsener geworden und hat sich, vor allem beim Thema Transparenz, weiter professionalisiert. Zunehmend haben sich Standards herausgebildet, die der Branche guttun. Die kommenden Jahre erwarten wir eine weitere Konsolidierung des Marktes - auch auf operativer Ebene. Qualität wird sich durchsetzen.

Philip La Pierre, Head of Continental Europe, LaSalle Investment Management, München

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Superzyklus ohne Ende?

Seit rund zehn Jahren kennt die Immobilienbranche Deutschlands nur eine Richtung: aufwärts. Nachfrage, Preise und Umsätze steigen, Renditen und Leerstände sinken. Seit 2009 kauften institutionelle Investoren Wohn- und Gewerbeimmobilien für 500 Milliarden Euro. Ein Rekord folgte dem nächsten und der Aufschwung mündete in einen nie dagewesenen Boom. Dieser Boom geht nun zu Ende - der Aufschwung aber bleibt.

Die geldpolitischen Stimuli, die für den Boom gesorgt haben, werden schwächer. Diese geldpolitische Normalisierung wird dem Superzyklus viel von seiner Dynamik nehmen, ihn aber nicht beenden. Die eingeleitete Zinswende dürfte jedoch dazu führen, dass weniger Geld in die Immobilienmärkte fließt und dass es keine zinsinduzierte Renditekompression mehr geben wird.

Ausnahmsweise sinkende Anfangsrenditen

Die Anfangsrenditen werden somit voraussichtlich nur noch in Ausnahmefällen zurückgehen - nämlich nur dort, wo mit weiterem Mietwachstum zu rechnen ist. Auch wenn sich die konjunkturellen Aussichten zuletzt eingetrübt haben, dürfte die weiterhin expansive Konjunktur für eine steigende Büroflächennachfrage sorgen. Für die Top 7 rechnen wir daher damit, dass die Büromieten im Jahr 2019 ähnlich kräftig wachsen wie im Jahr zuvor und das Wachstumstempo dann nachlässt. Am Wohnungsmarkt könnte nur eine rigide Regulierung weiteres Mietwachstum verhindern, denn nach wie vor hinkt die Wohnungsbautätigkeit dem Bedarf hinterher. Auch in den kommenden Jahren werden die Wohnungsmieten somit voraussichtlich stärker steigen als die Inflationsrate.

Keine Anzeichen für einen Crash

In den Top-7-Metropolen gehen wir somit sowohl auf dem Wohn- als auch auf dem Büroimmobilienmarkt von weiter steigenden Quadratmeterpreisen aus. Neben der Aussicht auf Miet- und Kapitalwertwachstum dürfte Deutschlands unveränderter Status als sicherer Anlagehafen für eine hohe Aktivität am deutschen Investmentmarkt sorgen.

Während die Argumente für den Kauf deutscher Immobilien stark bleiben, liefert die auslaufende Renditekompression den Eigentümern gute Argumente, sich von Immobilien zu trennen. Insgesamt erwarten wir auch im kommenden Jahr ein Gewerbetransaktionsvolumen von etwa 50 Milliarden Euro und einen Umsatz von 15 Milliarden Euro am Wohninvestmentmarkt. Demnach dürfte die Branche auch 2019 von einer hohen Dynamik geprägt sein.

Auch wenn die Liste der tatsächlichen und potenziellen Belastungsfaktoren lang ist - man denke nur an den Handelskonflikt zwischen den USA und China - sind Anzeichen für einen Crash bislang nicht am Horizont auszumachen. In jedem Fall halten wir eine Konjunkturwende für das sehr viel größere Risiko als eine Zinswende. Doch noch ist der konjunkturelle Aufschwung intakt, wenn auch wackelig.

Um das Immobilienjahr 2019 somit in wenige Worte zu fassen: Auch wenn die Zeit der Rekorde wohl vorüber zu sein scheint, wird der deutsche Immobilienmarkt von einer hohen Nachfrage bei steigenden Preisen geprägt sein - damit stehen für die Marktteilnehmer momentan alle Ampeln auf Grün.

Marcus Lemli, CEO Germany, Savills Immobilien Beratungs-GmbH, Frankfurt am Main

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