Wohnimmobilieninvestments: Defensiv, solange der Standort stimmt

Thomas Meyer, Vorsitzender des Vorstands, WERTGRUND Immobilien AG, München
Quelle: WERTGRUND

Zahlreiche institutionelle Investoren haben in den vergangenen Monaten einen Teil ihres Immobilienbestandes gewinnbringend veräußert. Dennoch planen einer aktuellen Umfrage zufolge weltweit drei von vier Institutionellen, in diesem Jahr noch mehr Kapital in Immobilien anzulegen. Vor allem in Deutschland bieten Wohnimmobilien für viele Akteure dabei eine relevante Alternative zum Gewerbeimmobiliensegment: Wegen des chronischen Nachfrageüberhangs an Wohnraum in den Metropol- und Wachstumsregionen ist die Vermietung von modernen Wohneinheiten, die den Flächenbedürfnissen von Single- und Zweipersonenhaushalten entsprechen, in den kommenden Jahren äußerst wahrscheinlich. Das große Anlegerinteresse spiegelt sich auch in den aktuellen Umsatzzahlen wider: CBRE zufolge betrug das Transaktionsvolumen auf den professionellen Wohnimmobilienmärkten im ersten Quartal 2018 hierzulande rund 6,8 Milliarden Euro. Dies ist das zweithöchste jemals registrierte Ergebnis. Allerdings wird die Standortfrage immer wichtiger - auch im Hinblick auf das Thema Investmentsicherheit.

Renditekompression lässt wenig Spielräume

Inzwischen ist die Ausgangslage auf den deutschen Wohnimmobilienmärkten äußerst angespannt. Daten von CBRE zufolge sind die durchschnittlichen Quadratmeterpreise für professionelle Portfoliotransaktionen ab 50 Wohneinheiten im vergangenen Jahr von 1 490 Euro auf 1 980 Euro gestiegen - ein Zuwachs von 33 Prozent. Die durchschnittliche Spitzenrendite lag zuletzt bei 3,5 Prozent - und das nicht nur in den Topstädten, sondern standortübergreifend. Auch an den klassischen B-Standorten erleben wir die Bildung von Preisplateaus. Eine solch niedrige Anfangsrendite lässt nur wenig Raum für Performanceeinbußen, seien sie durch Leerstand und Einnahmeausfälle oder durch Modernisierungs- oder Instandhaltungskosten verursacht. Aktuell weichen daher einige Investoren auf neues Terrain aus. Immer beliebter werden zum Beispiel Investments im Ruhrgebiet, wie mehrere Immobiliendienstleister unabhängig voneinander festgestellt haben. JLL zufolge lag dort das Transaktionsvolumen 2017 ganze 21 Prozent über dem Vorjahreswert. Die Fachpresse begleitet diese Entwicklung kritisch. Denn obwohl es sich beim Ruhrgebiet um den größten Ballungsraum Deutschlands handelt, sind die demografischen Entwicklungen dort nicht gerade ideal. Es drohen Leerstände.

Das Problem bei einer solchen Ausweichbewegung in immer kleinere Regionalzentren zeigt sich bereits daran, dass keine einheitliche Definition existiert: Die Top-7-Städte aufzuzählen, ist das Erste, was jeder Neuling in der Immobilienwelt lernt. Bei den B-Standorten fallen jedem Branchenkenner einige Städtenamen wie Dresden, Nürnberg oder Hannover ebenfalls sofort ein. Aber bereits für Bochum wird eine Definition schwierig. B-, C- oder gar D-Stadt? Ist nicht womöglich die gesamte Kategorisierung problematisch? Allein diese Betrachtung zeigt, dass die Immobilienmärkte in kleineren und mittelgroßen deutschen Städten bei Weitem nicht so tief durchdrungen sind wie die der Top- und Schwarmstädte. Genauso die Daten- und Research-Lage: Während Quadratmeterpreise, Transaktionsvolumina oder Renditeprognosen für Metropolen wie Berlin und München auf Kiezebene veröffentlicht werden, fallen die Erhebungen in den kleineren Großstädten in der Regel nicht so detailliert aus. Eine belastbare Einschätzung von Mikrolagen ist nur mit ausreichender Vor-Ort-Präsenz und Standorterfahrung möglich.

Warnung vor zu viel Risiko im Portfolio

Zugunsten attraktiver Renditen werden sicherlich noch mehr Investoren in die kleineren Städte ausweichen. Das bedeutet jedoch nicht per se, dass sie eine bessere Standortdiversifikation betreiben. Ein Investment in ausgewählte kleinere Städte mit positiver demografischer Entwicklung und Wachstumspotenzialen kann zwar durchaus sinnvoll sein. Wenn ein Investor jedoch auf zu vielen Hochzeiten tanzt und wahllos in kleineren Städten investiert, erhöht er sein Risiko sogar.

Es besteht die Gefahr, dass ein allgemeiner Kaufpreisrückgang - und seien es nur zehn Prozent - dafür sorgt, dass der Investor keinen Exit ohne empfindlichen Wertverlust mehr realisiert und in seinem Investment gefangen ist. Schließlich würde bei einem Abschwung die Nachfragesituation zuerst an diesen Standorten ein brechen - falls sich doch ein Interessent findet, liegt die Verhandlungsmacht klar auf dessen Seite.

Fondsprodukte als Alternative zum Direktinvestment

Somit werden alternative - indirekte - Anlagestrategien an bewährten Standorten immer wichtiger. Vor allem Fondsmanager sind verstärkt dazu übergegangen, Forward Deals anzukaufen und sie den Portfolios ihrer Spezial-AIF beizumischen. Dadurch kann der Investor Renditen erhalten, die deutlich über dem aktuellen Marktdurchschnitt liegen. Wichtig hierbei ist, dass die Objekte moderne Energiestandards und damit die Förderungskriterien der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erfüllen. Eine mutigere Alternative ist der Ankauf und die Modernisierung von Value-Add-Objekten, zum Beispiel Wohnkomplexen mit Teilleerstand. Dort kann die passende Strategie dafür sorgen, dass ein hoher Ankaufsfaktor nicht allzu stark ins Gewicht fällt.

Genauso praktikabel ist jedoch der Schritt in die andere Richtung: die Beimischung von sozial geförderten oder preisgedämpften Wohnungen. Dies stellt vor allem für äußerst defensiv agierende Investoren eine Alternative dar: Der geringeren Rendite von zwei bis 2,5 Prozent steht ein besonders stabiler Cashflow gegenüber, der einen langfristigen Werterhalt ermöglicht. Schließlich garantiert die Mietpreisbindung unterhalb des Marktniveaus, dass diese Objekte so gut wie immer vollvermietet sind. Wenn die Bindung nach 15 bis 35 Jahren allerdings ausläuft, sorgt die Anpassung der Miete für eine deutliche Erhöhung der laufenden Rendite. Ansätze wie diese ermöglichen es Fondsmanagern, ihre Produktpalette an Spezial-AIF deutlich zu erweitern. Die entsprechenden Portfolios können stärker nach Performance- oder Sicherheitsaspekten gewichtet werden - ohne, dass eine Beimischung von Gewerbeobjekten oder schwächeren Standorten dafür nötig wäre. Mithilfe solcher Fondslösungen können institutionelle Investoren ein Direktinvestment vermeiden, Nutzungsart und Risiko-Rendite-Profil aber trotzdem exakt aus suchen.

Der Autor: Thomas Meyer, Vorsitzender des Vorstands, WERTGRUND Immobilien AG, München

Thomas Meyer , Vorsitzender des Vorstands, WERTGRUND Immobilien AG, München
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