Nach der Anlageverordnung ist vor Solvency II

Viele Versicherungen und andere institutionelle Investoren, wie zum Beispiel Pensionsfonds, Pensionskassen oder Versorgungswerke, haben sich mit Blick auf indirekte Immobilieninvestments bis Anfang des Jahres eher zurückgehalten - und auf die neue Anlageverordnung gewartet.

Seit Februar ist sie nun da, seit März muss sie angewendet werden. Planungssicherheit bringt sie aber dennoch nicht für alle, sondern nur für einen Teil der Unternehmen: für die kleineren Versicherungen und die anderen institutionellen Investoren. Für die großen Versicherungen hat die neue Verordnung bloß bis Ende des Jahres Gültigkeit. Dann wird sie von dem Solvency II Regelwerk abgelöst, womit wohl eine neue Phase des Abwartens und Experimentierens einsetzen wird - mit guten Chancen, dass Anleihen mit Immobilienhintergrund aus Sicht der großen Versicherer als Gewinner hervorgehen.

Denn: Immobilien werden durch Solvency II für Versicherungen eine Eigenkapitalunterlegung erfordern. Das ist bekannt. Die Unterlegung soll das Risiko der entsprechenden Investments widerspiegeln. Sie wird insbesondere bei indirekten Immobilienanlagen schmerzhaft hoch sein.

Die Rede ist nicht von den üblichen 25 Prozent im Rahmen der Standardformel, die bei direkten Immobilieninvestments greifen. Vielmehr gibt es Fälle - beispielsweise solche, wenn Unternehmen Immobilien halten und sich außerhalb der Versicherungsgruppe fremdfinanzieren -, die nicht unter das sogenannte Immobilienrisiko, sondern unter das Aktienrisiko fallen.

In welchem Umfang eine Fremdfinanzierung hier in Anspruch genommen wird, ist unbeachtlich. Schon die geringste Fremdfinanzierungsquote führt zu einer entsprechenden Umqualifizierung. Hiervon können neben den üblicherweise fremdfinanzierten Objektgesellschaften auch Immobilienfonds betroffen sein. Und: Bei einer Einstufung im Aktienrisikomodul kann eine Unterlegung erforderlich werden, die deutlich höher ist und sich der 60-Prozent-Marke zu nähern droht. Eine immense Quote für eine langfristige Sachwertanlage, die doch eigentlich ein attraktives Rendite-Risiko-Profil aufweist.

Um dem zu entgehen, könnten Versicherer vermehrt Alternativen suchen. Statt direkter Beteiligungen an einem Immobilienfonds könnten Investitionen künftig mittels Fremdkapitalinstrumenten erfolgen, die ein entsprechendes Immobilieninvestment vermitteln. Denkbar: Eine indirekte Investition in Immobilienfonds über Anleihen. Sofern eine Einordnung als Anleihe für aufsichtsrechtliche Zwecke zulässig wäre, würde dies nach sich ziehen, dass die hier typischen Risiken (Spread, Zinsen, Währung und so weiter) zu berücksichtigen wären. Vor allem aber würde die Eigenkapitalunterlegung von der Bonität des Emittenten abhängen. Je nach Fall könnte die Investition für die Versicherer so zu geringeren Kapitalkosten führen.

Immobilienanleihen können bei Versicherern so einen Schub erfahren - allerdings nur, wenn dabei auch steuerliche Aspekte gewürdigt werden. Denn je nach Konstellation sind steuerliche Nachteile möglich, beispielsweise wenn per Doppelbesteuerungsabkommen eigentlich steuerfreie Immobilienerträge oder Dividenden in voll steuerpflichtige Erträge aus Fremdkapitalinstrumenten umqualifiziert werden. Sofern aber eine aufeinander abgestimmte aufsichts- und steuerrechtliche Strukturierung erfolgt, könnte die Anleihe ein gangbarer Weg unter Solvency II sein.

Jürgen Bauderer, Partner, und Patrick Faller, Senior Manager, beide Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München

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