Kann digitales Matching in der gewerblichen Immobilienfinanzierung funktionieren?

Kim Jana Hesse, Head of Capital Partners, FAP Finance GmbH

Neue Onlineplattformen werben aktuell mit cleveren Algorithmen, die den passenden Finanzierer für das eigene Projekt finden und dann automatisiert Kontakte anbahnen. Das klingt unkompliziert, effizient und ist eine gute Alternative für das Privatkundengeschäft und kleinere Standardfinanzierungen. Gleichzeitig ist der digitale Ansatz weder etwas Besonderes noch etwas Neues. Er wird nur gerade in der gewerblichen Immobilienfinanzierung als neue und "vereinfachte" Lösung verkauft.

Doch wem ist tatsächlich schon ein Finanzierungsfall untergekommen, der einzig und allein durch das simple Zusammenbringen von Kontakten entstanden ist? Die Finanzierungsbedürfnisse institutioneller Kreditnehmer oder bei großvolumigen Transaktionen jenseits der 20-Millionen-Euro-Marke sind in der Regel viel zu komplex für eine solch einfache Lösung. Oftmals laufen die Strukturen der Kreditnehmer über mehrere Jurisdiktionen. Damit erfordern sie beispielsweise spezifische Legitimationsprüfungen der Kunden (sogenannte Know-your-customer-Anforderungen). Auch der Business Plan für die einzelnen Projekte, auf denen das Finanzmodell beruht und die einzelnen Kapitaltranchen kalkuliert und gegebenenfalls angepasst werden müssen, lassen sich nicht standardisieren. Dazu sind die Transaktionen einfach zu individuell. Unserer Erfahrung nach reicht das bloße Kennen einer Adresse nicht, um Geschäft abwickeln zu können. Der Zugang zu den richtigen Personen ist hier entscheidend - und wie die Informationen präsentiert werden.

Dabei ist gegen das digitale Matching an sich überhaupt nichts auszusetzen. FAP nutzt es selbst seit Jahren - allerdings nur zur Beschleunigung der internen Prozesse und als ersten Schritt in der Kreditanbahnung. Unsere Datenbank enthält Finanzierungsparameter von über 350 Senior-, Mezzanine- und Whole-Loan-Finanzierern aus der ganzen Welt, welche Kapital für Assets in Deutschland und angrenzenden westeuropäischen Ländern bereitstellen. In der Datenbank sind alle relevanten Kennzahlen und Bedingungen erfasst - von den finanzierbaren Assetklassen, Lagen, Margenbandbreiten, LTV- oder LTC-Vorgaben, Laufzeiten, der Art der Finanzierung (Investment, Entwicklung, Landbanking oder Ähnliches) bis zu den aktuellen Kontaktdaten des Kapitalgebers. Sie ist über 16 Jahre gewachsen.

Wer sich für einen digitalen Match entscheidet, sollte sich darüber informieren, wie die Daten auf der Plattform der Wahl generiert und aktuell gehalten werden, also wie qualifiziert das Matching überhaupt sein kann. Welche Transaktionen wurden wirklich auf der Plattform abgewickelt? Welche Referenzen gibt es? Denn der Match ist am Ende nur so gut wie die dahinterliegende Datenbank und deren Aktualität.

Trotzdem ersetzt der digitale Match weder die weitere nötige Detailarbeit noch das menschliche Gespür dafür, "wer mit wem kann". Die genauen Konditionen stehen bei der Detailarbeit an vorderster Stelle, denn die einzelnen Transaktionen sind einfach zu verschieden. Beispiel deutschlandweites Wohnportfolio: Allein die Fülle an Standortfaktoren und Spezifika der Einzelassets macht einen automatisierten Abgleich mit Finanzierungspräferenzen schwierig. So könnte beispielsweise die Gewichtung in einer Stadt oder die individuelle Vermietungssituation, die eigentlich Ausschlusskriterium für einen speziellen Finanzierer ist, einen ansonsten starken Match ausschließen.

Und selbst wenn nach der Detailanalyse alles klar zu sein scheint, bleibt der Faktor Mensch der entscheidende. Als beratende Instanz weisen wir auch darauf hin, dass neben den Kreditbedingungen die unkomplizierte Zusammenarbeit aller relevanten Personen ein nicht zu unterschätzendes Kriterium in der Geschäftsanbahnung ist. Manchmal ist das Bauchgefühl - und genau das fehlt den Algorithmen und macht sie damit mitnichten zum besten Berater.

Kim Jana Hesse , Head of Capital Partners , FAP Finance GmbH
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