Putin hat den Schlüssel in der Hand

Der Rubel ist im freien Fall, die Notenbank hat den Leitzins von 10,5 auf 17 Prozent erhöht, der russische Staat stützt einige seiner Banken mit Kapital, um sie vor dem möglichen Untergang zu bewahren - das ist das übliche Szenario, bei dem sich die Marktteilnehmer erhebliche Sorgen um die Kredit engagements von Banken machen.

Der Bundesverband deutscher Banken gibt allerdings für die deutschen Institute derzeit vorsichtig Entwarnung. Die Banken haben ihr Engagement gegenüber Russland im vergangenen Jahr auf 16,3 Milliarden Euro reduziert. Dies entspricht weniger als 1 Prozent der gesamten Auslandsforderungen des deutschen Bankensektors, so der Verband.

Anders - und damit deutlich düsterer - sieht es bei dem ein oder anderen europäischen Kreditinstitut aus. Die relativ größten Engagements, gemessen an den gesamten Ausleihungen, und damit auch mögliche Belastungen sind bei der österreichischen Raiffeisenbank International (RBI) und der ungarischen OTP zu verzeichnen.

Hier liegt der Anteil der Gelder, die nach Russland vergeben wurden, bei rund 13 beziehungsweise 12 Prozent. Spürbare Engagements gibt es beispielsweise auch bei der Société Générale (SG) und der Unicredit Gruppe. Bei diesen Bankengruppen kommt hinzu, dass sie über nennenswerte Beteiligungen in Russland verfügen.

Generell liegen die Risiken für die Banken bei der Kreditvergabe und den möglicherweise drohenden Abschreibungen (Impairments), der denkbaren Neubewertung ihrer russischen Beteiligungen und den Problemen, die sich aus den Engagements in Ländern und Branchen ergeben, die stark von Geschäften mit Russland abhängen. Die Analysten von J.P. Morgan Cazenove zeigen sich durchaus besorgt und haben einige der Institute genauer unter die Lupe genommen. Dabei haben sie bereits spürbare Kürzungen ihrer Gewinnschätzungen vorgenommen.

So haben sie die Prognosen für den Gewinn je Aktie für die Jahre 2015 und 2016 bei RBI um 35 und 17 Prozent, bei SG um 8 und 4 Prozent und bei Unicredit um 4 und 2 Prozent reduziert. Die Analysten rechnen mit einem deutlichen Anstieg der leistungsgestörten Kredite (Non Performing Loans), für Kredite an russische Unternehmen (Konzerne und Mittelstand) prognostizieren sie einen Anstieg der NPL-Quote auf bis zu 25 Prozent, bei Ausleihungen an russische Privatkunden gehen sie davon aus, dass die Banken die Quote auf 20 Prozent erhöhen müssen.

Davon sind die Häuser ein ganzes Stück entfernt. Den Schlüssel zu einer tragfähigen Lösung der Probleme oder zur Eskalation hat nur Präsident Wladimir Putin in der Hand. Die öffentlichen Finanzen seines Landes sind bisher noch in einem relativ stabilen Zustand, was ihm Handlungsspielräume eröffnet. Aber das kann sich schnell ändern und die Kassen sind leer.

Auch wenn der deutsche Bankensektor direkt relativ wenig betroffen ist, so wird die Rezession in Russland negative Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland haben. Beispiele für Belastungen deutscher Unternehmen gibt es viele. Probleme bei Firmen schlagen sich häufig in einer höheren Risikovorsorge bei den Banken nieder.

Generell hat der deutsche Bankensektor in den vergangenen Jahren von einer entspannten Situation auf der Risikoseite profitiert, bei vielen Häusern sorgten erst mögliche Auflösungen der Vorsorge für akzeptable Jahresergebnisse. Diese Schönwetterperiode könnte dem Ende zugehen. ber

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