Vorsicht ist die Mutter ...

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Handels- und geopolitische Unsicherheiten gewinnen täglich an Intensität - die Immobilienmärkte zeigen sich davon weiterhin ziemlich unbeeindruckt und scheinen in diesem schwierigen Umfeld sogar noch weiter aufzublühen: Laut JLL belief sich das globale Investmentvolumen von Gewerbeimmobilien in den ersten sechs Monaten 2018 auf 341 Milliarden US-Dollar. Dies ist ein Zuwachs von 13 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres und entspricht somit der stärksten Performance in einem ersten Halbjahr seit 2007. Auch in Deutschland geht die Rally mit hoher Dynamik weiter. Gut 26,1 Milliarden Euro flossen laut BNP Paribas Real Estate im ersten Halbjahr 2018 bundesweit in Gewerbeimmobilien und somit nochmals leicht mehr als im Vorjahr.

Alles bestens also? Nicht ganz. Inmitten dieser immer neuen Rekorde sind gerade von den deutschen Branchenakteuren mittlerweile doch unüberhörbare Molltöne zu vernehmen. Das von der Deutschen Hypo veröffentlichte Immobilienklima etwa fiel im August um 4,4 Prozent, es war bereits der vierte Rückgang in Folge. Deutsche-Hypo-Vorständin Sabine Barthauer sprach gar von einem "leichten Sommerbeben". Eine ähnlich eingetrübte Gemütslage herrscht bei den Immobilienfinanzierern vor, obwohl deren Geschäft doch stark mit den regen Aktivitäten am Investmentmarkt korreliert. Das aktuelle Quartalsbarometer der BF.direkt AG liegt mit minus 0,92 Punkten nur knapp über dem Allzeittief aus dem Vorquartal. Neben den weiter dahinschmelzenden Margen erweist sich demnach zunehmend auch das Neugeschäft als Herausforderung. Nur noch rund ein Drittel (minus 6,5 Prozentpunkte) der Befragten geben ein ansteigendes Neugeschäft an. Gleichzeitig bleibt der Anteil derjenigen, die diese Entwicklung als abnehmend einstufen, mit 25,8 Prozent vergleichsweise hoch.

In den Zahlenwerken der meisten Branchenvertreter spiegeln sich all diese Sorgen bislang jedenfalls nur teilweise wider. Die Aareal Bank setzte ihren Wachstumskurs im zweiten Quartal 2018 weitgehend fort. Im Neugeschäft konnte ein substanzieller Zuwachs auf 2,7 (Q2/2017: 2,0) Milliarden Euro verzeichnet werden. Damit lag das Neugeschäftsvolumen zur Jahresmitte bei insgesamt 4,2 Milliarden Euro nach 3,8 Milliarden Euro im Vorjahreshalbjahr. Aufgrund eines geringeren Anteils des USA-Geschäfts im zweiten Quartal sank die durchschnittliche Bruttoneugeschäftsmarge dabei aber um satte 49 auf 171 Basispunkte. Das dürfte sich früher oder später auch negativ im Zinsüberschuss bemerkbar machen. Im zweiten Quartal hat dieser allerdings erstmals nach einer längeren Durststrecke wieder leicht zugelegt.

Gut unterwegs ist auch die Deutsche Pfandbriefbank. Zwar sank anders als bei der Aareal das Neugeschäftsvolumen gegenüber dem ersten Halbjahr 2017 (planmäßig) um 1,2 auf 3,8 Milliarden Euro mit einer durchschnittlichen Bruttoneugeschäftsmarge von 160 (1. Halbjahr 2017: 165) Basispunkten. Die operative Performance überfüllte sogar die Erwartungen: So steht nach den ersten sechs Monaten 2018 vor allem dank des infolge niedrigerer Zinsaufwendungen deutlich verbesserten Zinsergebnisses (plus 12,2 Prozent auf 220 Millionen Euro) ein um 18 Prozent höheres Vorsteuerergebnis in Höhe von 122 Millionen Euro zu Buche. Die Guidance für das Gesamtjahr war deshalb bereits kurz vor der Präsentation der Halbjahreszahlen von ursprünglich 150 bis 170 Millionen Euro auf nunmehr 175 bis 195 Millionen Euro angehoben worden. pbb-Chef Andreas Arndt gab sich dennoch bedeckt: "Mit Blick auf die erwartete Entwicklung der gewerblichen Immobilienfinanzierungsmärkte bleiben wir vorsichtig."

Da sind sie wieder, die Molltöne. Dass die Immobilienfinanzierer manch einem Beobachter dieser Tage fast übervorsichtig erscheinen, sollte ihnen nicht zum Vorwurf gemacht werden, im Gegenteil: Die zuletzt schwächeren Konjunkturaussichten vieler Länder mögen bislang noch nicht negativ auf die Gewerbeimmobilienmärkte abfärben, doch an eine Abschaffung des scheinbar endlosen Zyklus zu glauben, wäre vermessen. Insofern ist es auch beruhigend festzustellen, dass die durchschnittlichen Beleihungsausläufe (Loan to Value, LTV) hiesiger Institute laut der Irebs-Studie "German Debt Project" im vergangenen Jahr von 64,6 auf 60,9 Prozent gesunken sind und auch 2018 mit 61,3 Prozent nur unwesentlich steigen dürften. Vorsicht ist eine Tugend - gerade in der Immobilienfinanzierung und gerade in einem spätzyklischen Marktumfeld. ph

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