In Euroland bleiben die Zinsen extrem niedrig

Realkredite: Konditionen Mitte Dezember 2015 Quelle: Dr. Klein & Co. AG

Es ist endlich passiert. Nach wochenlangem Vorgeplänkel sahen sich die US-Notenbankchefin Janet Yellen und ihre Mitstreiter im Dezember 2015 wieder "gezwungen", an der Zinsschraube zu drehen - elf Jahre nach dem Start der letzten Zinserhöhungsrunde durch die US-Notenbank. Anders als die Europäische Zentralbank hat die amerikanische Zentralbank sich um zwei Kernaufgaben zu kümmern: um die Preisstabilität und um die Beschäftigung. Gerade die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt in den Vereinigten Staaten gaben klare Warnzeichen, die auf eine mögliche konjunkturelle Überhitzung hindeuten. So wurden im Servicebereich innerhalb von eineinhalb Jahren 3,5 Millionen neue Jobs geschaffen und die Arbeitslosenquote lag zum Ende des dritten Quartals bei 5,2 Prozent. Die Volkswirte der Deutschen Bank rechnen für 2016 und 2017 mit einem weiteren Rückgang auf 4,8 und 4,4 Prozent. Alles in allem - wenn die Arbeitslosenstatistik die relevante Referenzgröße ist - verlangt die Wirtschaftssituation in den USA nach weiteren Zinserhöhungen.

Der erste und letzte Schritt im Jahre 2015 ist mit einer Anhebung der Fed-Funds um 0,25 Prozent getan, für 2016 erwarten zahlreiche Marktbeobachter weitere Erhöhungen um insgesamt bis zu 100 Basispunkte, was auch der Rhetorik der Verantwortlichen der amerikanischen Notenbank entspricht. Das geht an den US-amerikanischen Staatsanleihen nicht vorbei, die im kommenden Jahr tendenziell steigende Zinsen aufweisen dürften. Allerdings ist in den USA nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Die Wirtschaft wächst zwar trotz des hohen Dollars, aber der amerikanische Energiesektor befindet sich aufgrund der niedrigen Ölpreise in der Rezession und die Märkte für Unternehmensanleihen - vor allem das Segment der High-Yield-Titel, in die renditehungrige Anleger riesige Summen gesteckt haben - zeigt massive Krisensymptome.

Während auf der anderen Seite des Atlantiks sanft gegen mögliche Überhitzungen gekämpft wird, ist Euroland noch stramm auf geldpolitischem Expansionskurs. Mario Draghi hat zwar vor wenigen Wochen die Hoffnungen der Marktteilnehmer auf noch weitergehende Maßnahmen nicht erfüllt und wurde dafür massiv gescholten. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Die europäischen Bondmärkte reagierten jedenfalls auf den US-Zinsschritt mit fallenden Renditen. Vor dem Hintergrund der schwächer als in den USA laufenden Wirtschaft und den Deflationssorgen der EZB sollten die langfristigen Zinsen in Europa im Jahre 2016 tendenziell weiter niedrig bleiben. Allerdings ist mit zunehmender Volatilität zu rechnen, da der Zinsauftrieb in den USA seine Spuren mittelfristig auch in Europa hinterlassen wird.

Für die Finanzierung des deutschen Immobilienmarktes sind trotz positiver Zinslandschaft spürbare Risiken auf der Mikro-Ebene erkennbar. Das betrifft zum einen die deutschen Pfandbriefe, sie finden bei den niedrigen - am kurzen bis zum mittleren Ende sogar negativen - Zinsen nicht mehr genügend Abnehmer. In die Bresche springt Notenbanker Mario Draghi, der häufig 40 bis 50 Prozent von Neuemissionen kauft. Ebenfalls auf Käuferseite sind Bank-Treasurer aktiv, die die bei Pfandbriefen erhältliche Rendite mit den Negativzinsen in Höhe von 0,3 Prozent vergleichen, die sie für bei der EZB geparkte Liquidität zu zahlen haben. Das war es aber schon, die traditionellen Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen, widmen sich anderen Assetklassen mit höheren Verzinsungen. Sobald die EZB ihr Kaufprogramm beendet, muss es fast zu steigenden Pfandbriefrenditen kommen, damit die früheren Investoren wieder angelockt werden.

Das zweite Risiko geht von der massiv einbrechenden Investorennachfrage nach ungedeckten Bankschuldverschreibungen aus. Seitdem der deutsche Gesetzgeber diese im Bail-in-Falle schlechter gestellt hat als Einlagen, gehen Investoren auf Distanz und kaufen nur noch, wenn die Renditen überdurchschnittlich sind. Aufgrund des harten Wettbewerbs um neue Finanzierungen oder Prolongationen dürfte die Verteuerung bei der unbesicherten Refinanzierung an der Nettomarge zerren, da eine Weitergabe an die Kreditnehmer wenig wahrscheinlich erscheint. Trotz einiger Widrigkeiten, die Zinsen bleiben niedrig - zur Freude der Kreditnehmer. ber

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