Bausparen und Bausparkassen

Aufbau und Besonderheiten des Bausparens in Österreich

Dr. Josef Schmidinger, Vorsitzender des Vorstands, Bausparkasse der österreichischen Sparkassen AG, Wien

Sozusagen als abrundende Ergänzung zu unserer Bausparausgabe Anfang April wird in dem vorliegenden Beitrag das Bausparen in unserem südöstlichen Nachbarland Österreich beleuchtet. Auch wenn die Idee die Gleiche ist, so gibt es doch Abweichungen bei der Umsetzung und Ausgestaltung. So werde beispielsweise die Bausparprämie seit 2005 zusätzlich für Bildungsvorhaben oder Pflegemaßnahmen gewährt. Darüber hinaus folgen sowohl die staatliche Prämie als auch die Bausparverzinsung durch Indikatorbindung dem allgemeinen Zinsniveau. Derzeit gilt allerdings ein Mindestsatz von 1,5 Prozent - ein Betrag, der sich weit über dem deutschen Zinsniveau bewegt. Eben diese Kopplung sorge auch dafür, dass die Kündigung von Altverträgen in Österreich keinen derart großen Stellenwert hat. Red.

Seit mittlerweile 91 Jahren gibt es Bausparen in Österreich und was als Hilfe zur Selbsthilfe und Reaktion auf eine erdrückende gesamtwirtschaftliche Lage und Wohnungsnot begann, entwickelte sich zu einer Erfolgsgeschichte: Den derzeit 8,8 Millionen Einwohnern in Österreich stehen 4,7 Millionen Bausparkonten gegenüber. Setzt man den Betrag der Bausparförderung in Relation zur ausgelösten Finanzierungsleistung, zeigt sich der hohe Multiplikatoreffekt des Bausparens. Die finanziellen Mittel, welche die Bausparkassen dem österreichischen Wohnbau zur Verfügung stellen, betragen mittlerweile mehr als das 50-fache der vom Staat eingesetzten Prämie. Damit zählt Bausparen eindeutig zu den effizientesten Formen der Wohnbauförderung.

Bausparen gehört in Österreich zu den gefragtesten Spar- und Anlageformen. In den regelmäßig durchgeführten Umfragen zum Spar- und Anlageverhalten der Österreicherinnen und Österreicher belegt das Bausparen - abhängig von der aktuellen Wirtschaftslage immer wieder die vorderen Plätze im Ranking. In der Jahresübersicht von 2016 liegt Bausparen hinter dem sogenannten "Betongold" auf dem zweiten Platz, weit vor dem Sparbuch. Seit 2013 liegt die Summe aller Bauspareinlagen in Österreich konstant bei mehr als 20 Milliarden Euro. Gründe für diese ungebrochene Popularität liegen in der Sicherheit, der langfristen Planbarkeit und Wertbeständigkeit dieser Anlage.

Leichter Rückgang im vergangenen Jahr

Bausparen war auch 2016 eine der beliebtesten Sparformen. Es gilt als sichere Form der privaten Vorsorge und wird von allen Altersgruppen sehr geschätzt. Der leicht rückläufige Trend im Neugeschäft mit 773 629 neu abgeschlossenen Bausparverträgen ist eine Folge der nach wie vor niedrigeren Sparquote, des historisch niedrigen Zinsniveaus und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen privater Haushalte. Trotz dieses herausfordernden Marktumfeldes erreichten die gesamten Bauspareinlagen mit 20 421 Millionen Euro das Vorjahresniveau.

Ein deutliches Plus konnte hingegen bei den Finanzierungsleistungen der österreichischen Bausparkassen mit 2 878 Millionen Euro gegenüber 2 677 Millionen im Jahr 2015 erzielt werden. Dieses klare Nachfrageplus trotz schwierigen Konditionenwettbewerbs beweist die ungebrochen hohe Attraktivität der Bausparfinanzierung im Rahmen der Wohnraumbeschaffung und Sanierung. Zum Stichtag 31. Dezember 2016 betrugen die Ausleihungen aller Bausparkassen 18,6 Milliarden Euro.

Die staatlichen Aufwendungen für die Bausparprämien aller vier Bausparkassen betrugen für das vergangene Jahr 51,4 Millionen Euro. In Folge der niedrigen Zinsenlandschaft liegt die staatliche Prämie an der unteren Grenze der Bandbreite von 1,5 bis vier Prozent.

Das österreichische Bausparsystem wird als geschlossenes System bezeichnet, weil der Geldkreislauf der Bausparkasse sich auf ihre Kunden beschränkt. Das Bausparsystem refinanziert sich vor allem aus der Sparleistung und Darlehenstilgungen - die Abhängigkeit vom Kapitalmarkt ist daher relativ gering. Die staatliche Unterstützung in Form der Bausparprämie dient der Schaffung und Erhaltung von Wohnraum - seit 2005 zusätzlich auch der Finanzierung von Bildungsvorhaben oder Pflegemaßnahmen - zweckgewidmet und gemäß dem Prinzip der Gegenseitigkeit vergeben. Nach Ablauf der gesetzlichen Bindungsfrist kann jedoch jede Kundin und jeder Kunde frei über den angesparten Betrag verfügen. Daher muss staatlich gefördertes Bausparen in Österreich nicht notwendigerweise zu einer Bautätigkeit führen.

Rahmenbedingungen von österreichischen Bausparverträgen sind:

- Die überschaubare Laufzeit von sechs Jahren,

- die Flexibilität in der Einzahlung - diese kann in unterschiedlichen Höhen monatlich oder variabel erfolgen,

- die leistbare Summe von maximal 1 200 Euro pro Jahr, die prämienbegünstigt zur Seite gelegt werden kann,

- die staatliche Prämie von derzeit 1,5 Prozent pro Jahr auf die geleisteten Einzahlungen und

- die Zusicherung eines Bauspardarlehens nach Ende der Ansparperiode.

Zum Unterschied von Deutschland folgen sowohl die staatliche Prämie als auch die Bausparverzinsung durch Indikatorbindung dem allgemeinen Zinsniveau. Die Höhe der Bausparprämie wird jährlich neu festgelegt. Sie beträgt mindestens 1,5 Prozent und maximal vier Prozent. Infolge des anhaltenden Niedrigzinsniveaus liegt die staatliche Bausparprämie aktuell an der unteren Grenze der Bandbreite, bei 1,5 Prozent. Die Bausparprämie zählt zu den effektivsten Förderungen und generierte 2016 ein Finanzierungsvolumen von 2 878 Millionen Euro - das entspricht einer rund 56-fachen Hebelwirkung.

Je nach der Zinsenentwicklung werden einerseits die Zinsen bei variabel verzinsten Bausparverträgen ein bis zwei Mal jährlich nach Indikator angepasst, andererseits hängt auch die Prämienhöhe gemäß § 108 EStG von der umlaufgewichteten Durchschnittsrendite für Bundesanleihen (UDRB)) ab und wird für jedes Kalenderjahr vom Finanzminister im Voraus festgelegt. Das erlaubt dem österreichischen Bausparsystem mehr Flexibilität bei der Reaktion auf Marktgegebenheiten.

Bei vorzeitiger Kündigung entfällt die Prämie

Bei Kündigung des Bausparvertrages vor der vorgesehen Laufzeit von sechs Jahren muss die Prämie zurückgezahlt werden. Wenn das angesparte Guthaben nachweislich für bestimmte wohnwirtschaftliche Maßnahmen wie Hausbau oder Sanierung verwendet wird, bleibt die Bausparprämie erhalten. Eine Kündigung ist ebenfalls nötig, wenn ein Bausparvertrag nach Ende der Laufzeit nicht automatisch endet. Die Summe muss angefordert werden.

Maximale Laufzeit von 30 Jahren

Sobald ein Ansparvertrag die definierten Kriterien erfüllt, kann ein Bauspardarlehen zur Schaffung und Erhaltung von Wohnraum in Österreich von Deviseninländern in Anspruch genommen werden. Ein Bauspardarlehen bis maximal 180 000 Euro pro Person kann für folgende Zwecke aufgenommen werden: Grund-, Haus- und Wohnungskauf, Neu-, Zu- und Umbauten, Renovierungen, Sanierungen, Modernisierungen, Energiesparmaßnahmen, Wellnesseinrichtungen, Sicherheitseinrichtungen, Ablöse von Erbteilsforderungen und Umschuldungen.

Ab dem Jahr 2005 können ebenfalls Maßnahmen der Bildung und Pflege finanziert werden. Die maximale Gesamtlaufzeit eines Bauspardarlehens kann bis zu 30 Jahre betragen. Auch hinsichtlich der Rückzahlungsraten kann - ebenso wie bei einem Ansparvertrag - zwischen einer fixen- oder variablen Variante entschieden werden. Allen Varianten ist jedoch eine garantierte Zinssatzobergrenze von sechs Prozent bis zum Ablauf von 20 Jahren ab Zuteilung gemein. Dieses Argument mag zwar in der aktuellen Niedrigzinsphase nicht ausschlaggebend sein, bedeutet jedoch eine höchstmögliche Raten- und Zinssicherheit für Bausparkunden.

In Österreich gibt es vier Bausparkassen. Diese Spezialinstitute für Wohnbau in Österreich, machen durch ihre Geschäftstätigkeit Wohnraum leist- und finanzierbar. Die österreichischen Bausparkassen sind Ansprechpartner im Bereich Wohnbau und übernehmen darüber hinaus auch weitere Aufgaben: Unter anderem wickeln diese die staatlichen Förderaktionen "Handwerkerbonus" und "Sanierungsscheck" ab. Dabei können in allen Filialen und Zweigstellen der österreichischen Bausparkassen Förderanträge eingereicht werden. Diese Institute prüfen die Anträge auf Vollständigkeit und leiten sie dann an die auszahlende Stelle weiter.

Keine Diskussion um Altverträge

Hinsichtlich der Diskussion um Altverträge im Bereich des Bausparens ist die Situation in Österreich nicht mit jener in Deutschland zu vergleichen. Schon deswegen, weil die Zinssätze von dem Anspar- und dem Darlehensprodukt für die Kunden nicht von vornherein gekoppelt sind, sondern jeweils zum konkreten Abschlussdatum festgelegt werden. Eine letztgültige Entscheidung der zuständigen Instanzen steht noch aus. Falls Bausparkassen von dieser Thematik betroffen sind, wird anlass- und fallbezogen gehandelt.

Der Autor Dr. Josef Schmidinger Vorsitzender des Vorstands, Bausparkasse der österreichischen Sparkassen AG, Wien

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