IMMOBILIEN UND STEUERN

AUFKOMMENSNEUTRAL, NACHVOLLZIEHBAR, EINFACH - DIE NEUE GRUNDSTEUER FÜR HAMBURG

Dr. Andreas Dressel, Foto: Daniel Reinhardt, Senatskanzlei Hamburg

Anfang September 2020 hat der Hamburger Senat erste Eckpunkte für eine reformierte Grundsteuer vorgestellt. Anders als das künftige Bundesrecht, das stark auf den Bodenwert abstellt, plant Hamburg ein Wohnlagemodell. Es ist ein Ansatz, der gerade in der Immobilienwirtschaft viele Befürworter hat, zum Beispiel in Person von Sabine Barthauer, Sprecherin der ZIA-Region Nord: "Hamburg geht hier den richtigen und vernünftigen Weg. Das Flächen-Lage-Modell ist ein einfaches und unbürokratisches Modell, der Verwaltungsaufwand ist geringer und die Berechnung ist wesentlich transparenter als beim Bundesmodell." Der federführende Finanzsenator Andreas Dressel erörtert im vorliegenden Beitrag die Kernelemente des Hamburger Wohnlagemodells im Detail. Darüber hinaus macht er deutlich, dass im Zuge der Grundsteuerreform auch das Thema Spekulation in Angriff genommen werden soll. Red.

Mit seiner Entscheidung und dem damit verbundenen Auftrag zur Reform der Grundsteuer hatte das Bundesverfassungsgericht im April 2018 Bund und Ländern eine komplizierte Denksportaufgabe gestellt. Die Grundsteuer ist nicht irgendeine Steuer - für die Kommunen sind die daraus erzielten Einnahmen überlebenswichtig. Allein in Hamburg liegen wir bei rund 470 Millionen Euro jährlich. Das sind Mittel, auf die wir nicht verzichten können.

Besondere Relevanz in den angespannten Metropolregionen

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist zweifellos, dass die Grundsteuer einen ganz erheblichen Effekt auf die Entwicklung des Immobilien- und Grundstücksmarktes haben kann beziehungsweise hat - vor allem in den Metropolregionen, in denen wir es mit einer angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt zu tun haben.

Von daher waren und sind bei der Diskussion und Entscheidung über eine reformierte Grundsteuer für uns von Anfang an zentral entscheidend: Die Neuregelung der Grundsteuer soll insgesamt aufkommensneutral sein, auch wenn es natürlich im Einzelfall zu Verschiebungen nach oben oder unten kommen wird. Aber das Wichtigste ist: Die Grundsteuer darf kein weiterer Kostentreiber bei den Wohnnebenkosten sein! Deshalb haben wir uns von Hamburg aus auch sehr aktiv in den Reformprozess auf Bundesebene eingeschaltet.

Öffnungsklausel: Möglichkeit für alternative Berechnungsverfahren

Damit die Grundsteuer in den nächsten Jahren überhaupt weiter erhoben werden kann, war es wichtig, dass wir mit den entsprechenden Beschlüssen im Bundesrat und Bundestag Ende 2019 gesetzgeberische Klarheit geschaffen haben - und zwar - ganz entscheidend - inklusive Öffnungsklausel. Damit hatten wir die notwendige Grundlage, um für Hamburg über ein etwaiges eigenes Grundsteuermodell weiter sorgfältig beraten und entscheiden zu können.

Für uns war es dabei wichtig, auch möglichst frühzeitig Klarheit darüber zu bekommen, welche Auswirkungen die unterschiedlichen Modelle konkret haben könnten. Im Zuge der anstehenden Entscheidung in Sachen Grundsteuerreform wurden deshalb für die unterschiedlichen Modelle entlang von insgesamt über 900 Objekten (Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser, Eigentumswohnungen) für Hamburg Berechnungen vorgenommen.

Wohnlagemodell mit homogenerer Belastungswirkung

Neben dem neu geltenden Bundesrecht wurden das mögliche niedersächsische Lagemodell sowie ein einfaches Flächenmodell analysiert. Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsentativ, aber ein wichtiger Indikator. Im Rahmen der Verprobungen hat sich die grobe Tendenz gezeigt, dass das Wohnlagemodell im Bereich "Wohnen" zu einer weniger heterogenen Belastungstendenz als das Bundesrecht kommt und die Belastungswirkungen im Metropolbereich eher dämpft. Auch im Bereich "Nicht-Wohnen" haben sich, bei Berücksichtigung des Ziels des gleichbleibenden bisherigen Grundsteueraufkommens der verprobten Objekte, positive Tendenzen gezeigt, da die Heterogenität der Belastungsausschläge auch hier geringer ist, als im künftigen Bundesrecht.

Wie gesagt, eine neue Grundsteuer muss mehrere Kriterien erfüllen: einfach zu administrieren, klare und folgerichtige Belastungsentscheidungen, aufkommensneutral und für alle nachvollziehbar. Wir wollen Verwerfungen am Hamburger Wohnungsmarkt vermeiden, der Segregation in unserer Stadt entgegenwirken und erhebliche Mehrbelastungen für Steuerpflichtige vermeiden.

Schwankende Bemessungsgrundlage vermeiden

Die Grundsteuer sollte auch künftig keinen schwankenden Bemessungsgrundlagen unterliegen, sondern ein in der Höhe verlässlich einzuplanender Haushaltsbestandteil für Stadt und Steuerpflichtige sein. Entlang dieser Vorgaben hat sich gezeigt, dass ein Wohnlagemodell für Hamburg sinnvoll ist. Der Einfluss der deutlichen Bodenwertsteigerungen in Hamburg auf die Grundsteuer wird begrenzt, die Wohnlagen über einen Rabatt bei normalen Wohnlagen mit abgebildet.

Außerdem ist das Wohnlagenmodell sehr unbürokratisch, es werden nur wenige und einfach ermittelbare Angaben der Steuerpflichtigen benötigt, was wiederum technisch wenig Aufwand und im Ergebnis geringere Kosten bedeutet. Grundlage dafür ist das bewährte Hamburger Wohnlageverzeichnis, in dem alle Wohngrundstücke nach entweder "normaler" oder "guter" Lage aufgeführt sind. Das Wohnlageverzeichnis wurde 2017 komplett aktualisiert und wird methodisch fortlaufend überprüft und fortgeschrieben.

Zeitnaher Start des Gesetzgebungsverfahrens

Die Bewertung soll künftig anhand von Äquivalenzzahlen multipliziert mit der Grundstücks- beziehungsweise Gebäudefläche erfolgen. Konkret heißt das: Unabhängig von ihrer Nutzung sollen Grundstücksflächen mit 0,02 Euro je Quadratmeter bewertet werden und Gebäudeflächen mit 0,40 Euro je Quadratmeter.

Für Gebäudeflächen, die zu Wohnzwecken genutzt werden, ist auf der Messbetragsebene eine Begünstigung von 50 Prozent gegenüber Gebäudeflächen, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, vorgesehen. Zudem sehen wir bei normalen Wohnlagen im Gegensatz zu guten Wohnlagen eine Ermäßigung von zusätzlich 25 Prozent vor.

Ein Wohnlagemodell wird den spezifischen Bedingungen einer Großstadt wie Hamburg mit einem dynamischen und angespannten Wohnungsmarkt am besten gerecht. Nicht nur mit den Kolleginnen und Kollegen mehrerer Länder, sondern auch mit hiesigen Akteuren aus dem Bündnis für das Wohnen und der Bürgerschaft sind wir im engen Austausch, um das konkrete Gesetzgebungsverfahren zeitnah starten zu können. In den kommenden Jahren werden dann die technischen Voraussetzungen soweit vorbereitet, damit, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, 2025 die reformierte Grundsteuer erstmalig Anwendung finden kann.

Grundsteuer C gegen die Spekulation mit Grundstücken

Im Zuge der Grundsteuerreform nimmt Hamburg außerdem auch noch das Thema Spekulation sehr genau in den Blick. Mit der sogenannten Grundsteuer C planen wir einen eigenen Steuerzuschlag für Eigentümer baureifer Grundstücke, die diese insbesondere aus spekulativen Gründen nicht bebauen. Wir wollen es steuerlich und damit wirtschaftlich möglichst unattraktiv machen, baureife Grundstücke als Spekulationsobjekt zu halten und gewinnbringend weiterzuverkaufen.

Deshalb mein Appell: Allen Grundstückseigentümern, die ihre Brache aus spekulativen Gründen liegen lassen wollen - das lohnt sich nicht. Ab 2025 kommt die Grundsteuer C, die Grundstücksspekulanten zur Kasse bitten wird. Lohnender ist, jetzt die Brachen gemeinsam mit der Stadt zu guten Orten für Wohnen oder Gewerbe zu entwickeln. Entsprechende Eigentümer haben dafür ab jetzt vier Jahre Zeit!

DER AUTOR DR. ANDREAS DRESSEL Senator und Präses der Finanzbehörde, Freie und Hansestadt Hamburg
 
Beispielrechnungen zum Hamburger Wohnlagemodell Einfamilienhaus in guter Wohnlage mit einer Grundstücksfläche von 1 000 Quadratmetern und einer Wohnfläche von 100 Quadratmetern, als Hebesatz wird beispielhaft 1 000 Prozent angesetzt.Dann berechnet sich das wie folgt:Grund und Boden: 1 000 qm x 0,02 Euro/qm = 20 EuroGebäude: 100 qm x 0,40 Euro/qm = 40 EuroGrundsteuerwert: 60 EuroMessbetragsebene:Messzahl (Wohnen): 0,5 x (Lageermäßigung 0 Prozent) 1 = 0,50,5 x 40 Euro = 20 EuroMesszahl (Grund und Boden): 1 x (Lageermäßigung 0 Prozent) 1 = 11 x 20 Euro = 20 EuroGrundsteuermessbetrag: 20 Euro + 20 Euro = 40 EuroGrundsteuer: Hebesatz 1 000 Prozent x 40 Euro Grundsteuermessbetrag = 400 EuroDasselbe Beispiel nur mit normaler Lage berechnet sich wie folgt:Bewertungsebene:Grund und Boden: 1 000 qm x 0,02 Euro/qm = 20 EuroGebäude: 100 qm x 0,40 Euro/qm = 40 EuroGrundsteuerwert: 60 EuroMessbetragsebene:Messzahl (Wohnen): 0,5 x (Lageermäßigung 25 Prozent) 0,75 = 0,3750,375 x 40 Euro = 15 EuroMesszahl (Grund und Boden): 1 x (Lageermäßigung 0 Prozent) 1 = 11 x 20 Euro = 20 EuroGrundsteuermessbetrag: 15 Euro + 20 Euro = 35 EuroGrundsteuer: Hebesatz 1 000 Prozent x 35 Euro Grundsteuermessbetrag = 350 EuroQuelle: Finanzbehörde Hamburg
Dr. Andreas Dressel , Senator und Präses der Finanzbehörde, Freie und Hansestadt Hamburg
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