Immobilien an der Börse

Die Bedeutung des Pfandbriefs für die Immobilienfinanzierung

Wohnimmobilienpreise im internationalen Vergleich Quelle: Bayern-LB

Der Pfandbrief und die Immobilienfinanzierungen gehören für den Autor untrennbar zusammen. Pfandbriefe sind das bewährte Instrument, mit dem sich Pfandbriefbanken Finanzierungsmittel für Langfristinvestitionen am Kapitalmarkt beschaffen. Um dies auch weiterhin sicherstellen zu können, sollte bei der Ausgestaltung der Bankenregulierung darauf geachtet werden, dass die Rahmenbedingungen auch im Finanzierungsgeschäft stimmen und bewährte, stabile Geschäftsmodelle nicht übermäßig belastet werden. Teile der Finanzmarktregulierung drohen die traditionelle Rolle der Pfandbriefbanken in der Langfristfinanzierung zu untergraben. Dem steht der Wunsch der EU-Kommission entgegen, mehr Langfristmittel zu mobilisieren, um zusätzliches Wachstum in der Europäischen Union zu finanzieren. Red.

Immobilienfinanzierungen sind wesentliche Bausteine der meisten Geschäftsmodelle von Pfandbriefbanken. Zu ihrer Refinanzierung emittieren immer mehr Kreditinstitute Hypothekenpfandbriefe. Einer der wichtigsten systemischen Vorzüge der Refinanzierung von Immobiliendarlehen mit Pfandbriefen ist - neben der Bereitstellung langfristiger Finanzierungsmittel zu günstigen Konditionen - die dämpfende Wirkung auf die Preisentwicklung.

Die Immobilienpreise in Deutschland sind in den vergangenen Jahren teils stark angestiegen. Im langjährigen Vergleich - insbesondere mit wichtigen ausländischen Märkten - ist der Preisauftrieb allerdings noch immer verhalten. Der Hypothekenpfandbrief und der weitverbreitete Festzinskredit sind wesentliche Anker dieser stetigen Preisentwicklung in Deutschland. Dabei spielt die spezielle Methodik der Beleihungswertermittlung, die für die Indeckungnahme von Finanzierungen und ihre Refinanzierung durch Hypothekenpfandbriefe verpflichtend vorgeschrieben ist, eine wichtige Rolle. Sie bremst spekulative Entwicklungen auf Immobilienmärkten beziehungsweise blendet sie aus. Die ausgeprägte Langfristorientierung der Anleger und die gedämpfte Preisentwicklung deutscher Immobilienmärkte verstetigen die Erwartungsbildung aller Marktteilnehmer und wirken dadurch gesamtwirtschaftlich stabilisierend.

Positive Auswirkungen auf Kreditstandards

Weitere wichtige Vorzüge des Pfandbriefsystems für die Immobilienfinanzierung werden in den Anreizeffekten der Indeckungnahme von Immobiliendarlehen und der wettbewerbsbasierten Mittelbereitstellung zu kapitalmarktnahen Konditionen gesehen. Die Tatsache, dass Deckungsgeschäft bis zur Fälligkeit auf der Bilanz gehalten wird, wirkt sich positiv auf die Kreditstandards und die Qualität des "Underwriting" im Immobilienfinanzierungsgeschäft aus. Die vorsichtige, an konservativen Maßstäben des Pfandbriefgesetzes ausgerichtete Überprüfung der Sicherheiten, vor allem die an nachhaltigen Objektmerkmalen orientierte Wertermittlung der Immobilien gemäß Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV), ist maßgeblich für die hohe Kreditqualität der Deckungsmassen und damit auch für die makellose Historie des Pfandbriefs. Welche fatalen Folgen unzureichende Standards im Kreditgeschäft haben können, hat sich in der Subprime-Krise in den USA und in der Folge in Märkten wie Spanien, Irland und auch dem Vereinigten Königreich gezeigt.

Pfandbriefemittenten bündeln viele kleine Kreditabschnitte, machen sie durch diese Losgrößentransformation kapitalmarktfähig und können so Langfristmittel zu kapitalmarktnahen Konditionen anbieten. Die fristenkongruente langfristige Mittelbereitstellung erfolgt wettbewerbsorientiert und ohne staatliche Garantien, wie sie zum Beispiel in den USA zu finden sind. Der Verzicht auf jegliche Garantien der öffentlichen Hand für die (Sicherheit der) Darlehen fördert die unverzerrte und risikogerechte Bepreisung ausgereichter Darlehen durch den Kapitalmarkt.

Bis zur Schaffung des Pfandbriefgesetzes als einheitliche gesetzliche Grundlage für die Emission von Pfandbriefen vor knapp zehn Jahren war das sogenannte Pfandbriefprivileg nur wenigen Spezialinstituten vorbehalten. Seine Feuertaufe bestand das Pfandbriefgesetz einige Jahre später nach dem Ausbruch der Finanzmarktkrise im Herbst 2008. Damals waren Pfandbriefe einmal mehr auch in stürmischen Zeiten die einzige langfristige Refinanzierungsform zu wettbewerbsfähigen Konditionen, weil die Anleger Pfandbriefen die Treue hielten. Auch deshalb ist es gelungen, Regulierer und Politik von der nachhaltigen Berechtigung einer regulatorischen Vorzugsbehandlung zu überzeugen und diese seit der Finanzkrise sogar noch zu festigen.

Augenmaß bei weiterer Regulierung gefragt

In der jüngeren Vergangenheit wurden in Brüssel einige regulatorische Erfolge für den Pfandbrief erzielt, beispielsweise die weitgehende Zulassung gedeckter Schuldverschreibungen für die Liquidity Coverage Ratio (LCR). Solche Maßnahmen sind für den politisch erwünschten nachhaltigen Beitrag gedeckter Schuldverschreibungen zu mehr Wachstum in Europa zwar notwendig, hinreichend sind sie jedoch nicht. Um das Angebot an Langfristfinanzierung nicht ungewollt zu verknappen, ist bei der Gestaltung der regulatorischen Rahmenbedingungen insgesamt Augenmaß gefragt.

Noch sind einige regulatorische Vorhaben nicht abgeschlossen, sondern unterliegen vielfach einer vorhergehenden Auswirkungsanalyse durch die European Banking Authority (EBA). Zu nennen wäre beispielhaft die Net Stable Funding Ratio (NSFR). Diese adressiert das Refinanzierungsrisiko und zielt darauf ab, dass Institute ihre stabile mittel- und langfristige Refinanzierung stärken. Für Pfandbriefbanken grundsätzlich kein Problem; gleichwohl zeichnen sich regulatorische Anreize zugunsten einer Fristenverkürzung von Darlehen ab, da der regulatorische Refinanzierungsbedarf kurzlaufender Darlehen für Zwecke der NSFR unter demjenigen langlaufender Darlehen liegen soll.

Wichtige Themen auf der Agenda

Auch die Finalisierung der Leverage Ratio ist noch offen. Geprüft wird zurzeit, ob sie als Berichtskennziffer oder als verpflichtend einzuhaltende harte Kennzahl ausgestaltet werden soll. Sollte es auf eine verbindlich einzuhaltende Kennziffer hinauslaufen - und das ist dem Vernehmen nach wahrscheinlich - müssen spürbare Auswirkungen auf die langfristige Mittelvergabe und ein Anziehen der Kreditkonditionen einkalkuliert werden.

Noch ist Zeit, den Wunsch nach Finanzstabilität und das Ziel, die Wachstumskräfte in Europa zu stärken, miteinander in Einklang zu bringen. Damit die Pfandbriefbanken auch in Zukunft als bedeutender Anbieter von Langfristfinanzierungen auftreten und Wachstum finanzieren können, wäre es über das regulatorische Vorzugsregime für Pfandbriefe hinaus wünschenswert, auch die Rahmenbedingungen des Immobilienfinanzierungsgeschäfts verlässlich zu gestalten, sodass regulatorische Risiken der langfristigen Mittelbereitstellung nicht den Garaus machen.

Neben der Leverage Ratio und der Net Stable Funding Ratio stehen weitere wichtige Themen auf der Agenda. Dazu gehören beispielsweise die Arbeiten der EBA an einem einheitlichen Bewertungsstandard für Immobiliendarlehen. Die Veröffentlichung des EBA-Entwurfs wird im ersten Quartal 2015 erwartet. Wird darin eine Maximalharmonisierung angestrebt, geht es für die Pfandbriefbanken im anschließenden Konsultationsverfahrens darum, zentrale Charakteristika der deutschen Beleihungswertmethodik unter Berücksichtigung ihrer praktikablen Umsetzung in allen europäischen Immobilienmärkten im Entwurf des europäischen Bewertungsstandards zu verankern.

Die neue EU-Kommission treibt das Projekt einer Kapitalmarktunion (Capital Markes Union) mit großem Elan voran, um dadurch Mittel für zusätzliches Wachstum zu mobilisieren. Ein entsprechendes Grünbuch "Capital Markets Union" soll noch im Februar dieses Jahres vorgestellt werden. Im Kontext der Kapitalmarktunion steht auch die von Brüssel verfolgte Integration der europäischen Covered-Bonds-Märkte. Bei den Konsultationen zu einem im zweiten Quartal 2015 erwarteten Covered-Bonds-Grünbuch werden sich die Pfandbriefbanken für eine Mindestharmonisierung solcher Bausteine von Covered-Bonds-Gesetzen einsetzen, die eine Harmonisierung möglich und sinnvoll erscheinen lassen.

In den kommenden zwölf Monaten werden so weitere wichtige Weichenstellungen für den Pfandbrief und für die Zukunft der Immobilienfinanzierung in Deutschland vorgenommen. Die Pfandbriefbanken wirken daran mit in dem Bestreben, eine fast 250 Jahre junge Finanzierungstradition zukunftsfest zu machen.

Der Autor

Jens Tolckmitt Hauptgeschäftsführer, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e. V., Berlin

Jens Tolckmitt , Hauptgeschäftsführer , Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin

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