ASSET MANAGEMENT

BESTANDSENTWICKLUNG - RENDITE MIT SICHERHEIT KOMBINIEREN

Igor Christian Bugarski Quelle: Noratis AG

Die Potenziale der Bestandsentwicklung von Wohnimmobilien beleuchtet der Autor des folgenden Beitrags. Wer dabei an Luxussanierungen und das derzeit so kontrovers diskutierte Thema "Herausmodernisieren" von Mietern denkt, liegt jedoch falsch. Das hier beschriebene Nischengeschäftsmodell skizziert Ansätze, wie mithilfe maßvoller Sanierungen und proaktiver Kommunikation eine Art "Win-win-win-Situation" für Immobilienunternehmen, Mieter und sonstige Stakeholder geschaffen werden kann. Die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der konsequenten Berücksichtigung von Mieterinteressen ist dabei laut Autor im Hinblick auf ein geringeres Leerstandpotenzial nachvollziehbar und quantitativ einfach nachweisbar. Red.

Als Bestandsentwicklung bezeichnen wir den Ankauf von in die Jahre gekommenen Wohnungsportfolios mit Modernisierungsbedarf, die anschließende Durchführung zielgerichteter, vom Asset Management definierter Maßnahmen hinsichtlich der Immobilien und der Mietverträge bis hin zum möglichen Verkauf. Der Fokus liegt dabei darauf, über angemessene, wirtschaftlich effiziente Modernisierungsmaßnahmen bezahlbaren Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten zu schaffen.

Nach der Durchführung der Bestandsentwicklungsmaßnahmen können Miet- und Kaufinteressenten daher Preise angeboten werden, die deutlich unterhalb derer von neu erbauten Wohnungen liegen. An Sekundärstandorten ist es besonders wichtig, zielgruppengerechte Preise anzubieten, denn an diesen Standorten können die negativen Folgen einer eventuellen Mieterfluktuation in der Regel nicht so schnell beseitigt werden wie zum Beispiel in Frankfurt am Main, wo Leerstandszeiten aufgrund der hohen Wohnungsnachfrage in der Regel sehr kurz sind.

Sekundärstandort Trier

Trier wird als solcher Sekundärstandort angesehen. Dies sind typischerweise kleine, regional fokussierte Städte mit zentralen Funktionen für ihr direktes Umland. Die Arbeitslosenquote von Trier lag im August 2018 bei niedrigen 3,1 Prozent. Als kreisfreie Stadt ist Trier Oberzentrum der Region und stellt eine zentrale öffentliche Infrastruktur und ein Dienstleistungsangebot für zirka 500 000 weitere Menschen aus der Region zur Verfügung.

Die Einwohnerzahl der Stadt Trier ist seit 1986 bis heute kontinuierlich um insgesamt rund 18 Prozent auf rund 110 000 Einwohner gestiegen. Nach einem Wohnungsmarktbericht von Engel & Völkers ist die Nachfrage nach Wohnraum in Trier beständig hoch mit einem Preiswachstum in allen Wohnlagen. Im Durchschnitt haben sich pro Jahr die Nettokaltmieten zwischen 2013 und 2017 um rund zwei Prozent und die Preise für Eigentumswohnungen um rund drei Prozent erhöht.

Energetische Sanierungen schaffen bezahlbaren Mehrwert

Die Region Trier ist indes in ein regionales Förderprogramm der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz eingeschlossen. Denn auch im Stadtgebiet von Trier gibt es Bezirke, in denen es Bedarf für Quartiersentwicklungsmaßnahmen im Bestand gibt. Diese Stadtgebiete werden von klassischen Immobilieninvestoren eher gemieden, da doch meist ein erhöhter Investitions- und Verwaltungsaufwand bei den dort vorhandenen Objekten notwendig ist.

Doch damit bieten sich für spezialisierte Investoren oftmals gute Kaufopportunitäten, wenn die Expertise für das Handling und für die nachhaltige Entwicklung dieser Standorte vorhanden ist. Die Noratis AG etwa hat an diesen Mikrostandorten in den vergangenen Jahren rund 100 Wohneinheiten erworben. Kern ist dabei eine maßvolle Sanierung der Immobilien. Was bringt den Mietern wirklich Mehrwert, der auch bezahlbar ist? Dies bedeutet beispielsweise energetische Sanierungen, die zwar nicht technologisch das Möglichste herausholen, aber sich ökonomisch durch sinkende Nebenkosten rechnen.

Hinzu kommen verbesserte Außenbeleuchtungen, die den Zugang zum Objekt verbessern oder auch aufgewertete Außenanlagen und Fassaden. Der Wohnwert und das Wohngefühl sollen steigen, ohne dass die Mieten für viele unbezahlbar werden. Wichtig ist dabei, vorhandene Mieter zu halten und neue zu gewinnen. Hierdurch kann Leerstand abgebaut und es können Mieteinnahmen gesteigert werden. Ein Vorteil für Mieter und Vermieter.

Risiko zwischen Bestandshaltung und Projektentwicklung angesiedelt

Das Geschäftsmodell der Bestandsentwicklung kombiniert Vorteile der Projektentwicklung mit denen des Bestandsgeschäfts. Wohnungsbestandshalter profitieren von stabilen Mietzahlungsströmen; Wohnungsprojektentwickler dagegen davon, neuerbaute Objekte zu einem Preis zu veräußern, der eine für sie attraktive Entwicklerrendite liefert.

Die Kombination führt zu einem für den Kapitalmarkt attraktiven Rendite-Risiko-Profil der Bestandsentwicklung. Anzusiedeln ist das Risiko der Bestandsentwicklung je nach Objektzustand und Lage zwischen den Risiken der Bestandshaltung (Vermietungs- und Kostenrisiken) und der Projektentwicklung (Projekt-, Finanzierungs- und Kapitaleinsatzrisiken); siehe Abbildung.

Beginn am besten bereits in der Due Diligence

Bestandsentwicklung sollte nicht erst nach dem Eigentumsübergang und der Integration erworbener Immobilien in das bestehende Portfolio beginnen, sondern in einem wesentlich früheren Akquisitionsstadium - und zwar in der Due Diligence der einschlägigen Makro- und Mikrostandorte, der Immobilien sowie der Mietverträge.

Auf dieser Basis werden dann Ertragswertkalkulationen, Cashflow-Prognosen und von einer möglichen Entwicklung abhängige Renditeschätzungen für das Ankaufstarget und im Falle des Zukaufs für den vergrößerten Gesamtbestand erstellt.

Dies ist in Immobilienunternehmen ein typischer Aufgabenbereich des Asset Managements. Nachdem die Wertschöpfung bei Immobilien in der Steigerung der Erträge und der Senkung der Bewirtschaftungskosten liegt, kann das Asset Management auch als Wertschöpfungsmanagement bezeichnet werden. Die erbrachte Entwicklungsleistung ist indes direkte Wertschöpfung und trägt zur Erhöhung der operativen Vermietungsperformance bei. Anders als in der klassischen Projektentwicklung wird Wertschöpfung in der Bestandsentwicklung also nicht primär abverkauft.

Behutsamer Umgang mit Mietern ist vorteilhaft

Eine erfolgversprechende Strategie der Bestandsentwicklung sieht vor, dass bei jedem Leerstand zwischen den notwendigen Modernisierungsmaßnahmen und den zu erzielenden Zielmieten abzuwägen ist. Bereits vermietete Wohnungen hingegen werden nur auf expliziten Wunsch des Mieters hin angefasst. Dies ist ein wichtiger Baustein des Geschäftsmodells Bestandsentwicklung, das auf Langfristigkeit und Behutsamkeit im Umgang mit den Mietern ausgelegt ist.

Die Mieter können also in der Regel frei entscheiden, ob sie in eine bereits entwickelte Wohnung umziehen oder in ihrer Wohnung verbleiben möchten. Druck auf die Mieter sollte dabei keinesfalls ausgeübt werden, denn erst durch dauerhaft mit der Wohnsituation zufriedene Mieter und deren laufende Mietzahlungen wird eine Wohnimmobilie zu einem dauerhaft erfolgreichen Renditeobjekt.

Dies gilt noch stärker bei Sekundärstandorten. Die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit einer konsequenten Berücksichtigung von Mieterinteressen ist im Hinblick auf ein geringeres Leerstandpotenzial nachvollziehbar und quantitativ einfach nachweisbar: Zum einen erhöhen Mieterauszüge den leerstandsbedingten Mietausfall und zum anderen führen sie zu Herrichtungsaufwand im Hinblick auf die Neuvermietung. Sollten auch kapitalmarktorientierte Immobilienunternehmen diesen sozialen Ansatz im Umgang mit Mietern wählen? Dies hängt sicher von Ausrichtung ab, kann aber oftmals mit "ja" beantwortet werden.

Die Berücksichtigung von Mieterpräferenzen ist, wie schon gesagt, wirtschaftlich vorteilhaft und dürfte sich vor allem langfristig auszahlen. Sie ist aber auch Ausdruck einer im operativen Geschäft gelebten sozialen Nachhaltigkeit. Viele, vor allem institutionelle Eigenkapitalinvestoren, stellen an Emittenten hinsichtlich nachhaltigen Verhaltens steigende Anforderungen und verzichten gegebenenfalls gar auf Investments.

Es gibt mittlerweile zudem zahlreiche Investmentfonds, die ausschließlich in nachweislich nach haltig agierende Unternehmen investieren. Auch ein angemessener Umgang mit Mietern kann sich also in steigenden Aktienkursen auswirken. Dass es sich hier um ein nicht immer einfach aufzulösendes Spannungsverhältnis zwischen Kapitalmarktanforderungen nach möglichst hohen Mietrenditen einerseits und den Interessen von Mietern andererseits handelt, ist unbestritten.

Neben der frühzeitig einsetzenden, kontinuierlichen Einbeziehung der Mieter sind vielfach auch die Präferenzen der Kommune und der Bevölkerung erfolgskritisch, und es ist daher unerlässlich, diese Stakeholdergruppen frühzeitig einzubeziehen. Beispielsweise kann eine proaktive Kommunikation mit der Genehmigungsbehörde den Ablauf bauplanungsrechtlicher Prozesse positiv beeinflussen. Eine enge Zusammenarbeit mit der Kommune im Bereich der Stadtentwicklung ist für das Immobilienunternehmen und die Kommune eine Win-win-Situation.

Proaktive Kommunikation mit weiteren Stakeholdern

Aus der guten Beziehung zur Stadt können sich für das Unternehmen zusätzliche Targets und damit Investitions- und Ertragsperspektiven sowie Kostensynergien durch das dann größere Portfolio ergeben. Gespräche mit Nachbarn, örtlichen Interessensgruppen und der Lokalpresse können etwaig bestehende Vorbehalte gegen geplante bauliche Veränderungen im Quartier aufzeigen.

Kommunikation ist also im Vorfeld der Entwicklung, aber auch nach Abschluss der Bestandsentwicklung, ein zentraler Punkt für die Schaffung und Aufrechterhaltung eines hohen Maßes an Mieterzufriedenheit. Für einen breiten Austausch zwischen Mietern bedarf es einladender Gemeinflächen und idealerweise ebenso attraktiver, angrenzender öffentlicher Flächen wie zum Beispiel Spielplätze.

Schaffung lebendiger Quartiere ist anzuraten

Straßenfeste lassen sich einfach organisieren und tragen zur Kommunikation zwischen den Mietern und zur Identifikation der Mieter mit ihrem Wohnquartier bei. Befinden sich Gewerbeeinheiten im Quartier, so bieten sich als Mieter Gastronomen an, da beispielsweise ein Café zu Lebhaftigkeit und Publikumsverkehr im Quartier führt. Das Gleiche gilt für Kitas.

Selbstverständlich ist die Entscheidung hinsichtlich des "Ob" und des "Wie" der Aufwertung von Gemeinflächen und öffentlichen Flächen stets davon abhängig, dass die betrachtete Immobilie beziehungsweise das Grundstück überhaupt Raum für Verbesserungen bietet. Auch muss einerseits die Höhe der Kosten für diese Art von Verbesserungen in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum späteren Ertrag aus der Immobilie stehen. Andererseits müssen Immobilieneigentümer derartige Maßnahmen gar nicht vollständig selbst finanzieren, eine aktive Unterstützung derartiger Initiativen wirkt jedoch positiv. Dies sollte dann kommunikativ auch mit begleitet werden.

DER AUTOR IGOR CHRISTIAN BUGARSKI Sprecher des Vorstandes, Noratis AG, Eschborn

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