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BÜROIMMOBILIEN: DAS PLÄDOYER FÜR DIE B-LAGE

Rolf Mensing, Foto: CLS Holding plc

Büroimmobilien in den Toplagen der deutschen Metropolen gelten gemeinhin als Gewinner der Krise. Während die Nachfrage nach guten Produkten in A-Lagen zwar auch weiterhin hoch bleiben wird, haben infrastrukturell gut angebundene B-Lagen deutlich aufgeholt - und werden damit nach Einschätzung des Autors für immer mehr Nutzer zu einer echten Alternative. Demnach lassen sich hier innovative, modern gestaltete und nachhaltige Arbeitsumgebungen kostenseitig am besten umsetzen. Ein Faktor also, der gerade im Kontext der Corona-Pandemie noch einmal enorm an Bedeutung gewonnen hat. Red.

Für viele Investoren symbolisieren Core-Immobilien in den A-Lagen der deutschen Metropolen Sicherheit und Stabilität. Kein Wunder also, dass in den vergangenen Monaten die Nachfrage nach Büroimmobilien in Toplagen deutlich zugelegt und zu einer nochmals verschärften Wettbewerbssituation geführt hat. Die Folge dieses Booms: Eine massive Nachfrage trifft auf ein knappes Angebot und treibt damit die Preise, die Spitzenrenditen sinken weiter.

Gewinner der disruptiven Prozesse

Im Schatten der 1A-Lagen haben unterdessen Büroimmobilien in gut angebundenen B-Lagen an Bedeutung gewonnen. Denn die Krise zeigt: B-Lagen sind ein Gewinner der derzeitigen disruptiven Prozesse. Zwar werden Core-Produkte in den Toplagen auch in Zukunft nicht an Wert verlieren und auf Mieterseite vor allem für prestigeorientierte Unternehmen weiterhin attraktiv bleiben.

Infrastrukturell gut angebundene B-Lagen haben jedoch deutlich aufgeholt und werden für immer mehr Nutzer und Investoren zu einer echten Alternative. Während für viele Corporates diese Standorte aufgrund der in der Regel geringeren Miet- und Nebenkosten und der Nähe zu den Wohnorten ihrer Mitarbeiter interessant sind, können Investoren und Eigentümer aufgrund höherer Anfangsrenditen hier innovative, modern gestaltete und nachhaltige Arbeitsumgebungen kostenseitig am besten umsetzen - und so zukunftsfähige und attraktive Bürowelten schaffen.

Denn das "Wellbeing" der Mitarbeiter, Kunden und Dienstleister und damit die Aufenthaltsqualität der Büros sowie die Nachhaltigkeit der Flächen insgesamt werden immer wichtiger und zu einem echten Standortfaktor bei der Flächensuche. Insbesondere jüngere Arbeitnehmergenerationen fordern das ein. Büroimmobilien in den B-Lagen sind aufgrund ihrer Flächenkonfiguration, technischen Ausstattung und Lage dafür gut aufgestellt. Sie sind zukunftsfähig, da sie im Gegensatz zu Objekten in A-Lagen weniger dicht und noch flexibler angelegt werden können, mit einem vergleichsweise höheren Anteil an informellen und inspirierenden Flächen, die die Kreativität und Innovationskraft fördern. Der Trend zum Homeoffice wird diese Entwicklung eher verstärken denn ausbremsen.

Klar ist: Hybride Arbeitsmodelle werden über die Pandemie hinaus fester Bestandteil der neuen Arbeitswelten bleiben, insbesondere in wissensintensiven Branchen. Der Branchenverband Bitkom geht davon aus, dass auch nach dem Ende der Pandemie weiterhin fast jeder Dritte Berufstätige seinen Arbeitsort ganz oder teilweise flexibel wählen können wird. Bereits vor der Pandemie wurden zum Teil Backoffice-Tätigkeiten, die keinen teambezogenen Austausch erforderten, aus dem Homeoffice erledigt. Für viele Arbeitgeber bedeutet das, dass für die Gewinnung neuer Arbeitskräfte und im "war for talents" flexible Arbeitskonzepte und Homeoffice-Tage damit eine wesentliche Trumpfkarte sein werden.

Unterstützt wird die Etablierung hybrider Arbeitsmodelle durch den Einzug der neuen Technologien und die wachsende Bedeutung von Wissensarbeit in der deutschen Wirtschaft, die im Wesentlichen auf Selbstorganisation, Kreativität und Projektarbeiten im Team basiert. Während die Bedeutung von Routinearbeiten, die traditionell den Mittelpunkt der konventionellen Büroarbeit ausmachten, abnimmt, hat in vielen Jobprofilen der Anteil des kreativen, gemeinschaftlichen Projektarbeitens stetig zugenommen - auch schon vor 2020.

Kostengünstigere Transformation

B-Lagen profitieren von dem dadurch ausgelösten Wandel der Nutzeranforderungen und Transformation der Büroimmobilie: Zeitgemäße und zukunftsfähige Arbeitswelten, die sowohl für die flexible Arbeitskultur nach der Pandemie als auch künftige Nachhaltigkeitsanforderungen gerüstet sind, lassen sich aus Eigentümer- und Mietersicht dort kostengünstiger realisieren und betreiben. Bürowelten müssen künftig nicht mehr nur als ein reiner Ort der Wertschöpfung, sondern vielmehr als Ideenschmiede und Orte des Austauschs fungieren. Sie sollen inspirieren und die Kreativität der Büronutzer fördern, zu Innovationen anregen und dabei das Wellbeing der Angestellten sicherstellen.

Denn gerade das Thema Mitarbeiterfürsorge ist infolge der Pandemie in den Vordergrund gerückt. Die Bedeutung der sozialen Verantwortung von Unternehmen, Vermietern und Investoren für die Besucher und Nutzer ihrer Büroflächen ist noch wichtiger geworden. Das bedeutet, dass die Büroräumlichkeiten nicht nur kreativ, sondern auch den Gesundheits- und Arbeitsschutz gewährleisten müssen und für ein angenehmes Raumklima und Aufenthaltsqualität sorgen sollten.

Die Klimatisierung der Büros, Tageslicht und die Luftqualität werden wichtige Stellschrauben sein, sichern sie doch die Leistungsfähigkeit und Motivation der Wissensarbeiter. Unternehmen werden in Zukunft noch stärker darum werben müssen, diese von den Vorzügen ihrer Büroflächen zu überzeugen. Das erfordert eine inspirierende Ausstattung, einen höheren Anteil gemeinschaftlich genutzter, multifunktionaler und offener (Kommunikations-)Flächen sowie die technische Aufrüstung dieser Flächen für vernetztes, flexibles Arbeiten. Für die Anforderungen von New Work braucht es etwa einen Anteil der informellen Flächen an der Gesamtbürofläche zwischen 30 und 50 Prozent.

Konventionelle (Schreibtisch-)Flächen weichen dann Gemeinschafts- und Begegnungsflächen, um etwa Besprechungsräume, informelle Café- und Lounge-Bereiche sowie ansprechend gestaltete Aufenthaltsbereiche im Außen- und Eingangsbereich der Büroimmobilie zu ergänzen. Räumlichkeiten für konzentriertes Arbeiten oder Einzeltelefonate, wie etwa Telefonzellen oder Think Tanks, komplettieren diese Flächenausstattung. Hinzu kommt, dass auch für viele Mitarbeiter und Besucher Standorte in B-Lagen attraktiv sind, da sie oftmals näher an ihren Wohnorten liegen als die Topstandorte in den Innenstädten. City-nahe B-Lagen, wie die Hamburger City-Süd, bieten dabei das Beste aus beiden Welten: Gute Erreichbarkeit bei geringen Pendelzeiten für viele Mitarbeiter, ein attraktives Nahversorgungsangebot und gleichzeitig eine hervorragende Anbindung an die Innenstadt mit ihrem Kulturangebot.

In einem Szenario, in dem bis zu einem Drittel der Mitarbeiter regelmäßig und rollierend im Homeoffice arbeitet, kommt eine Büroanmietung in einer sekundären, gut angebundenen Lage Mitarbeitern somit oftmals entgegen und entspricht dem Bedürfnis vieler Menschen nach einer bestmöglichen Integration von Wohnen und Arbeiten in ihrer nahen Umgebung. Zumal auch das Argument der öden Bürostadt längst nicht mehr so gilt, da in den vergangenen Jahren auch hier eine Durchmischung stattgefunden hat und vor allem etablierte B-Lagen eine Aufwertung durch attraktive Wohnquartiersentwicklungen erlebt haben.

Veränderungsdruck erfordert enorme Investitionsmittel

Gerade bei einer dauerhaft geringeren Belegung macht es für Unternehmen daher Sinn, auf gut angebundene Büroimmobilien in B-Lagen auszuweichen. Das trifft vor allem auf Corporates zu, die nicht aus Prestigegründen auf eine Toplage angewiesen sind oder die unter Kostendruck stehen. Neben den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erfordert auch die angestoßene Sprung-Digitalisierung für zusätzliche Investitionskosten: Unternehmen stehen unter massivem Veränderungsdruck, ihre Prozesse und das Geschäftsmodell zu digitalisieren. Das erfordert jedoch enorme Investitionsmittel.

Für Unternehmen, die Kosten senken möchten, aber nicht auf moderne Büroflächen verzichten können, stellen daher gut erreichbare B-Lagen eine interessante Alternative dar. Die Miet- und Nebenkosten pro Mitarbeiter und Quadratmeter sind in den Toplagen deutlich höher, auch da bei vielen Immobilien in diesen Lagen die (technische) Ausstattung höherwertiger als in B- oder C-Lagen ist. In Hamburg etwa beträgt der Spread zwischen Mieten in Toplagen und Mieten für solide Büroimmobilien in guten B-Lagen rund 30 bis 50 Prozent. Eine geringere Belegung der angemieteten Flächen macht sich in Toplagen dann schnell schmerzhaft in den Gewinn- und Verlustrechnungen bemerkbar.

Nicht zuletzt führt die höherwertige Gebäudeausstattung in Core-Lagen zu höheren Betriebs- und Nebenkosten und altert auch schneller als in vergleichbaren Immobilien mit guter, aber weniger hochwertiger Technik und Ausstattungsqualität in B-Lagen. Das führt zudem bei Leerstand in Toplagen zu höheren Kosten.

Während sich prinzipiell sowohl Gebäude in den A- als auch B-Lagen entsprechend nachrüsten lassen, punkten B-Lagen aufgrund der geringeren Kosten sowie der häufig einfacheren Umsetzung der Maßnahmen. Sowohl die technische Gebäudeausrüstung als auch die Ausstattungsqualität sind im Vergleich zu Objekten in B-Lagen im Durchschnitt höherwertiger - ein Austausch oder Nachrüstung ist damit aber auch kostenintensiver. Das gilt beispielsweise für Aspekte wie den Schallschutz, Brandschutz oder die Klimatisierung der Gebäude. Deren Modernisierung ist in einem 15-geschossigen Hochhaus in der Toplage deutlich aufwendiger als bei Büroimmobilien in B-Lagen, die zum Großteil eine weniger dichte Gebäudestruktur und Flächenkonfiguration aufweisen.

Die in der Regel größeren Außenanlagen bei Objekten in B-Lagen eröffnen zudem Eigentümern einen größeren Gestaltungsspielraum, um die Aufenthaltsqualität der Mikrolage bereits mit kleineren Maßnahmen schnell zu verbessern. Etwa durch die Schaffung einer attraktiven Begrünung, von Sitzmöglichkeiten oder Fahrradständern. Auch in puncto Nachhaltigkeit ergeben sich bei B-Lagen-Objekten Kostenvorteile. Bei älteren Bestandsimmobilien gleichen Baualters sind die Investitionskosten für energetische Modernisierungen und die Erfüllung aktueller gesetzlicher Nachhaltigkeitsstandards durchweg niedriger als in A-Lagen.

Denn die im Regelfall einfacheren technischen Standards in B-Lagen begünstigen die energetische Nachrüstung und Ertüchtigung der technischen Gebäudeausstattung. Da die Nachhaltigkeit eines Gebäudes und seine ökologische Bilanz in den kommenden Jahren neben Lage und Mietpreis zu einem entscheidenden Standortfaktor bei der Mieternachfrage werden wird, sind hier B-Lagen begünstigt. Darüber hinaus können Immobilien in B-Lagen am Ende ihres Lebenszyklus aufgrund ihres einfacheren Standards besser in andere Nutzungsformen - zum Beispiel Wohnen oder urbane Logistik - umgewandelt werden. Das ist dann im besten Sinne nachhaltig.

Profiteure der Koordinatenverschiebung im Büromarkt

Die Corona-Pandemie hat die Koordinaten im Büroimmobilienmarkt noch einmal deutlich verschoben - und B-Lagen der Top-7-Städte verbuchen damit einen relativen Bedeutungsgewinn. Während Eigentümer und Investoren nachhaltig attraktive Renditen in einem weniger kompetitiven Umfeld erzielen können - das nötigte Know-how und Netzwerk vorausgesetzt -, eröffnen sich Mietern Kostenvorteile für ihre Büros. Dabei müssen sie indes nicht auf Annehmlichkeiten oder eine zeitgemäße, zukunftsfähige Ausstattung verzichten - ganz im Gegenteil.

Rolf Mensing , Geschäftsführer, CLS Germany GmbH, Hamburg
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