PRIVATE WOHNUNGSBAUFINANZIERUNG

EIGENKAPITALAUFBAU UND ZINSABSICHERUNG - HEUTE SO WICHTIG WIE GESTERN

Bernd Hertweck Foto: VdPB

Fast einhundert Jahre ist das Bausparen in Deutschland mittlerweile alt und Ermüdungserscheinungen sind nicht auszumachen. Millionen Bundesbürgern hat das Konzept auf dem Weg in die eigenen vier Wände geholfen und auch in der Gegenwart übt es eine ungebrochen hohe Anziehungskraft aus. Davon zeugen die anhaltend hohen Volumina im Neugeschäft der Bausparkassen. Dennoch sind die Rahmenbedingungen keineswegs einfach. Das anhaltende Niedrigzinsumfeld lastet auf den Erträgen, hochverzinste Altverträge werden kaum noch abgerufen. Doch die Institute kommen dank großer Sparanstrengungen, neuer Tarifstrategien und der Gesetzesnovellierung mittlerweile deutlich besser damit zurecht. Das ist auch ein Verdienst der Lobbyisten, die sich gegenüber Aufsicht und Gesetzgeber längst als gefragte Gesprächspartner etabliert haben. Red.

Das Umfeld, in dem der Verband der Privaten Bausparkassen im Jahre 1948 gegründet wurde, könnte verglichen mit dem heutigen unterschiedlicher kaum sein: In vielen Städten waren die Wohnungsbestände weitgehend zerstört. Die Zahl der Menschen auf der Suche nach Wohnraum erhöhte sich nochmals durch den Zustrom vertriebener und geflüchteter Familien. Der Begriff "angespannte Wohnungsmärkte" kann die damalige Situation noch nicht einmal im Ansatz beschreiben.

Beitrag zur Überwindung der Wohnungsnot

Deutschland lag in Schutt und Asche und die Wirtschaft am Boden. Gleichwohl wurde mit der Währungsreform im selben Jahr der Grundstein dafür gelegt, dass sich Finanzwesen und Kapitalmärkte wieder etablieren konnten. Die Bausparkassen hatten sich der Reaktivierung des Spargedankens verschrieben und wollten einen Beitrag leisten, die Wohnungsnot zu beseitigen. Sie knüpften damit an ihre Entstehung in den Zwanzigerjahren an. Damals hatte der Zusammenbruch des Realkreditsystems infolge des Ersten Weltkriegs und der Hyperinflation einen Handlungsspielraum für neue Finanzierungsmodelle eröffnet - in diesem Fall für ein Modell der Immobilienfinanzierung, das unabhängig vom allgemeinen Kapitalmarkt arbeiten sollte. Der Kollektivgedanke in der Eigenheimfinanzierung entstand.

Viel ist in den Jahren ab 1948 geschehen. Seither haben die deutschen Bausparkassen mehr als 1 000 Milliarden Euro für die Wohnungsfinanzierung zur Verfügung gestellt und waren damit am Erwerb von 13 Millionen Wohnungen beteiligt, darunter 9 Millionen Neubauten. Die deutschen Bausparkassen gehören mit Baugeldauszahlungen von jährlich zum Teil weit über 30 Milliarden Euro zu den größten Finanzierungsgruppen privaten Wohneigentums. Sie haben sich in einem harten Wettbewerb als gewichtiger Partner ihrer Kunden behauptet, weil sie stets in der Lage waren, neue Herausforderungen zu meistern und sich ein Stück weit neu zu erfinden.

Dennoch: Die Kerngedanken, von denen sich die "Gründerväter" damals leiten ließen, haben bis heute Bestand. Wichtigstes Motiv ist es, Menschen zu helfen, sich einen ihrer größten Träume zu erfüllen - den des Erwerbs eigener vier Wände. Dahinter steht der Wunsch, einen bleibenden Wert zu schaffen, etwas Eigenes zu besitzen, sich von staatlicher Fürsorge unabhängig zu machen, fürs Alter vorzusorgen und später etwas vererben zu können. Zukunftsvorsorge gepaart mit Generationenvorsorge.

Aus Sicht der Bausparkassen sollte und soll dabei das eigene Heim nicht das Privileg besser verdienender Haushalte sein. Es ging und geht darum, diszipliniertes Sparen anzuregen, um eine breite Vermögensbildung zu ermöglichen. Der Bauspargedanke verbindet das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe mit der Erkenntnis, dass Menschen, die sich in einer Bauspargemeinschaft zusammenschließen, schneller ans Ziel kommen. Oder in den Worten des damaligen Geschäftsführers des Verbandes der Privaten Bausparkassen, Werner Lehmann, ausgedrückt: "Den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der privaten Bausparkassen bildet jedoch im ganzen nach wie vor die Kapitalansammlung zur Finanzierung des Eigenheimbaues im Wege solidarischer Selbsthilfe kleiner Einkommensbezieher."

Der "Spießer"

Irgendwann war das Klischee vom "spießigen" Bausparer geboren. Aber damit konnte die Branche gut leben - und die Kunden offensichtlich auch. Von einem Teil der Branche wurde es in der Werbung auch bewusst aufgegriffen: "Du Papa, wenn ich groß bin, will ich auch mal Spießer werden." Heute setzen Bausparkassen auf Aussagen wie "Wir schaffen Heimat", "Deine Bude, deine Freiheit - mit Wohnsparen" oder "Gemeinsam für Ihr Zuhause". Wie viele der über 25 Millionen Bausparkunden tatsächlich in weißen Socken und kurzen Hosen samstags den Rasen mähen, ist nicht bekannt. Sicher treffen auf die Bausparer folgende Beschreibungen zu: "wünscht sich Verlässlichkeit und Planungssicherheit", "ist eher risikoscheu" und "weiß, dass man sich Schulden erst einmal leisten können muss".

Der Bausparvertrag verband und verbindet in einzigartiger Weise zweckgerichtetes Sparen und Darlehensanspruch mit Zinssicherheit zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung. Wer erst in fünf, acht oder zehn Jahren bauen oder kaufen will, findet kein anderes Finanzprodukt, das ihm dies bietet. Das mag dem einen oder anderen langweilig erscheinen. Aber viele Menschen, die ihre Aktienerfahrungen in den Zeiten der Telekom-Volksaktie oder der "New Economy" gesammelt haben, hätten auf diesen "Kick" rückblickend vermutlich gern verzichtet.

Dem Bausparer von 1948 und dem von 2018 geht es bei seiner Entscheidung für einen Bausparvertrag weniger um das bessere Investment in der Nachkommastelle. Ihm geht es, bildlich wie wortwörtlich, um einen Baustein für sein Eigenheim. Die Motivation dafür setzt hohe Sparanstrengungen in Gang. Bausparer sparen deutlich mehr als Nichtbausparer derselben Einkommens- und Altersgruppe. Auf einem Konto, das den Zweck des Sparens gleich im Namen führt und erfahrungsgemäß bei Konsumwünschen in aller Regel auch nicht angetastet wird.

Sie wissen: Vorsparen heißt Eigenkapitalbildung - und Eigenkapital vermindert die Verschuldung und damit die monatlichen Zins- und Tilgungslasten. Die Aussicht, zum Renteneintritt schuldenfrei in den eigenen vier Wänden wohnen zu können, wird so auch für Normalverdiener realistisch.

Antiquierte Zinsabsicherung?

Vor dem Hintergrund der nun seit Jahren andauernden Niedrigzinsphase mag der Bausparvertrag als Zinsabsicherungsinstrument auf den ersten Blick antiquiert wirken. Junge Menschen kennen Darlehenszinsen von über 8 oder 9 Prozent, wenn überhaupt, nur aus Geschichtsbüchern. Nur: Wo steht geschrieben, dass das für alle Zeit so bleiben muss? Und was passiert, wenn es anders kommt und die Zinsbindungsfrist abgelaufen ist? Platzt dann die Finanzierung, weil man in die Zinsfalle gelaufen ist?

Prognosen sind äußerst schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen, soll schon Mark Twain gesagt haben. Für den Bereich Bauen und Wohnen gilt das allemal. Wer hat in den 90er Jahren, als Deutschland angeblich "fertig gebaut" war, daran gedacht, dass keine 20 Jahre später die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum zu einer neuen sozialen Frage wird? Wer hat damals daran gedacht, dass es angesichts ökologischer Sanierungsanforderungen an den Gebäudebestand zu einem großen Bedarf auch kleinerer Kredite kommen wird, die Bausparkassen, und fast nur sie, zu gleichen Konditionen anbieten wie größere Kredite? Wer hat den Trend in "Schwarmstädte" vorhergesehen? Wer das Neuaufkommen der Idee von Werkswohnungen? Und wer hat damals die Renaissance des genossenschaftlichen Wohngedankens vorausgesagt, wie wir sie gerade in Innenstadtlagen als Abhilfe gegen explodierende Immobilienpreise erleben, und in der sich ebenfalls die Idee der Hilfe zur Selbsthilfe widerspiegelt?

Export einer guten Idee

Oder nehmen wir das Beispiel "Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs". Darauf gehofft hatten sicher viele. Aber auch erwartet? Für die Bausparkassen stellte sich 1989 zunächst die Aufgabe, das Bausparen in der damaligen DDR einzuführen. Das geschah am 1. Juli 1990 mit der sogenannten Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion. Heute haben wir im Osten unseres Landes zum Teil schon höhere Bausparsummen pro Kopf als im Westen - und höhere Wohneigentumsquoten.

Das Bausparen kennt man inzwischen auch in Tschechien, der Slowakei, in Ungarn, Slowenien, Rumänien und Kroatien. Zusammen mit Deutschland und Österreich weisen diese Länder über 40 Millionen Verträge aus - mit einer Bausparsumme von über einer Billion Euro. Innerhalb der Europäischen Union kämpft der Verband deshalb europaweit für solide Formen der Baufinanzierung und eine risikoadjustierte Reglementierung. Vergleichsweise risikoarmes Geschäft muss durch Politik und Aufsicht anders behandelt werden als risikoreiches. "One size fits all" - das passt hier nicht.

Sparkultur als Teil einer Stabilitätskultur

Bei allen Herausforderungen und Krisen, denen auch die Bausparkassen ausgesetzt waren und die mitunter schmerzhafte Reaktionen nach sich gezogen haben, hat sich die Bausparidee bewährt. Für die Mehrheit der Deutschen war und ist Bausparen der erste Schritt in die eigenen vier Wände. Bausparen ist unverzichtbarer Teil einer soliden Finanzierungskultur, die sich insgesamt durch gezielten Aufbau von Eigenkapital, Festzinsen und strenge Beleihungsstandards auszeichnet. Dem deutschen Immobilienmarkt hat dies gutgetan. Er ist von Krisen, die aus dem Platzen einer Finanzierungsblase heraus entstanden sind, bisher verschont geblieben.

In den sieben Topregionen, wo wir preisliche Übertreibungen sehen, gelten aber offen sichtlich andere Finanzierungsmaßstäbe, in denen (oft ausländische) Kapitalanleger auf der "Flucht in Sachwerte" auf immer weiter steigende Preise setzen. Mal sehen, wie lange das gutgeht. Der Normalverdiener ist hier längst außen vor. Sein Einkommen hinkt der dortigen Preisentwicklung weit hinterher.

Normalverdienern Wohneigentum ermöglichen - für diesen sozialen Auftrag waren das Wohnungsbauprämiengesetz von 1952 und das Vermögensbildungsgesetz von 1961 wichtige Meilensteine. Der Verband hat daran intensiv mitgearbeitet. Daraus wurde über sieben Jahrzehnte eine Geschichte des Aufbaus, der Solidität und des Vertrauens.

Sozialer Auftrag der Politik

Nach dem Wegfall der Eigenheimzulage, die ein Ersatz für die frühere steuerliche Förderung nach § 7b beziehungsweise des Einkommensteuergesetzes war, ist mit dem Eigenheimrentengesetz von 2008 die Eigenheimrente der Geldrente gleichgestellt worden. Diese Instrumente weisen auch den Weg für die Zukunft. Mehr denn je ist Eigeninitiative gefragt - und Anreize, hier entsprechend zu investieren.

Über die Hälfte der Mieter im Alter von 25 bis 40 Jahren möchte heute in den eigenen vier Wänden leben. Das größte Hemmnis: mangelndes Eigenkapital. Bundesweit beträgt der Eigenmittelbedarf im Schnitt mindestens 50 000 Euro. Aber nur jeder zehnte jüngere Mieter verfügt über so viel Geld. Die von der Politik angekündigte verbesserte Ansparförderung könnte hier - sozial treffsicher - für neue Impulse sorgen. Sie sollte schnellstmöglich kommen und das zeitlich befristete Baukindergeld ergänzen.

In den 70 Jahren seines Bestehens war der Verband stets den gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder und deren Kunden verpflichtet. Seinem Selbstverständnis nach hatte er jedoch immer auch einen gestalterischen Anspruch in sozialpolitischen Fragen. Wohnen ist nun einmal ein menschliches Grundbedürfnis und Wohneigentum eine spezielle Ausprägung.

Es geht um ein Stück gelebte Freiheit, die zugleich als soziale Verpflichtung verstanden wird. Denn Wohneigentum verwurzelt. Eigentümer entwickeln einen ganz besonderen Bezug zur Nachbarschaft und zur Stadt und Gemeinde. Ihr überproportional hohes ehrenamtliches Engagement in lokalen Vereinen und Gruppen ist dafür ein Beleg.

Für die Bausparidee mit all diesen Facetten arbeiten zu dürfen, ist Auftrag und Ansporn. Die 70-jährige Leistungsbilanz des Verbandes kann sich sehen lassen. Und für die Zukunft sind wir zuversichtlich.

Die Herausforderungen sind gewaltig: Digitalisierung, Reglementierung, Demografie und neue Kundenbedürfnisse - Sie alle kennen die Schlagworte. Chancen, sie zu meistern, gibt es aber genügend. Denn das Produkt ist trotz seines unveränderlichen Kerns wandlungs- und damit zukunftsfähig. Es verdient Vertrauen.

DER AUTOR BERND HERTWECK, Vorsitzender des Vorstands, Verband der Privaten Bausparkassen e.V., Berlin
Bernd Hertweck , Vorstandsvorsitzender, Wüstenrot Bausparkasse, Kornwestheim, und Vorstandsvorsitzender, Verband der Privaten Bausparkassen e.V., Berlin
Noch keine Bewertungen vorhanden


X