Bausparen und Bausparkassen 2015

Energiewende: Der private Immobilienbesitzer kann es nicht allein richten

Bernd Hertweck

Zumindest vorläufig ist die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung gescheitert. Doch wie soll die angestrebte Energiewende ohne energetische Verbesserung des privaten Wohnungsbestandes gelingen? Zwar hat der Immobilieneigentümer mit steigenden Energiekosten auch ein gesteigertes Interesse an Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen und auch privates Kapital ist sowohl als Einlagenbestand als auch in Form von Bauspardarlehen bei den Bausparkassen vorhanden - nur zur Mobilisierung des privaten Kapitals fehlt die flankierende Unterstützung vonseiten des Staates, wie sie eine Anschubfinanzierung in Form von Steuerförderung darstellen würde. Der Ruf nach staatlichen Anreizen wird daher immer lauter; und gleichzeitig - gerade vor dem Hintergrund des steigenden Wohnkostenniveaus - nach höheren Fördervolumina. Red.

Die Bereiche Wohnungsbau, Wohnraumförderung und Wohnraumerneuerung werden seit vielen Jahren von der Bundespolitik eher stiefmütterlich und nicht mit dem ihnen zustehenden Gewicht behandelt. Diese wenig erfreuliche Erkenntnis lässt sich an vielen Beispielen belegen, angefangen bei der Abschaffung der Eigenheimzulage ab dem Jahr 2006 über die Überführung der Grunderwerbsteuer in das Ermessen der Bundesländer bis hin zu jetzt erfolgenden Eingriffen in den Wohnungsmarkt. So soll die Mietpreisbremse die Symptome kurieren, die die Politik etwa über die ständige Erhöhung der Grunderwerbsteuer, der Grundsteuer oder permanent verschärfter Energiesparvorgaben zu großen Teilen selbst bewirkt hat. Kurz gefasst: Die Verteuerung von Investitionskosten durch erhebliche Erhöhung von Steuern und Abgaben, die auf Neuvermietungsmieten und mittelbar auch auf die Bestandsmieten schlägt.

In diese Liste suboptimaler Entscheidungen reiht sich jetzt auch das zumindest vorläufige Scheitern der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung nahtlos ein. Für alle Marktteilnehmer doch recht überraschend, ist der eigentlich von der Bundesregierung schon sehr konkret ausgearbeitete Steuerbonus für die energetische Ertüchtigung erneut gestoppt worden.

Scheitern des Gebäudesanierungsbonus

Hausbesitzer sollten eigentlich rückwirkend ab Januar 10 bis 25 Prozent ihrer Sanierungskosten von der Steuerlast abziehen können. Für den neuen Gebäudesanierungsbonus waren eine Milliarde Euro pro Jahr veranschlagt, die aufkommensneutral durch eine Einschränkung des Handwerkerbonus gegenfinanziert werden sollten, womit auch der Fördereffekt bereits wieder eingeschränkt gewesen wäre. Selbst auf diesen Minimalkompromiss konnten sich Bund und Länder am Ende nicht verständigen.

Das ist umso unverständlicher, weil allen Beteiligten bewusst ist, dass ohne eine grundlegende energetische Verbesserung des heimischen Wohnungsbestandes die angestrebte und von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragene Energiewende nicht gelingen kann. Rund 30 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland entfallen nach wie vor auf Heizung, Warmwasserbereitung und Stromnutzung in den Haushalten. Und aus dieser Erkenntnis heraus leiteten sich die im Jahr 2012 für den Wohnungssektor formulierten ehrgeizigen Kernziele ja auch ab: So soll bis 2050 der Gebäudebestand nahezu klimaneutral sein und der Primärenergiebedarf um 80 Prozent reduziert werden. Hierfür ist es erforderlich, so wurde weiter abgeleitet, die jährliche Gebäudesanierung von unter einem auf mindestens zwei Prozent anzuheben.

Rahmenbedingungen müssen verbessert werden

Das jetzige erneute Scheitern macht deutlich, dass wir von einer konsequenten Energieeffizienzpolitik in Deutschland noch weit entfernt sind und die Sanierungstätigkeit im Schneckentempo vonstattengeht. So kann die Energiewende im Immobilienbereich sicher nicht gelingen. Sollte die steuerliche Förderung jetzt vollständig begraben werden, ist es zudem absehbar, dass das bereits angeschlagene Vertrauen der Bürger in die Politik, das für die Umsetzung der Energiewende dringend benötigt wird, nachhaltigen Schaden nimmt. Das bisherige Tauziehen um die steuerliche Förderung hat bereits zu Attentismus der Wohneigentümer geführt und es wurde erneut wertvolle Zeit für die Energiewende im Gebäudebestand verloren.

Hinzu kommt, dass das vorgesehene Fördervolumen bei Weitem noch nicht die eigentlich erforderliche Größenordnung erreicht hätte. Zwar gibt es bereits heute für energetische Modernisierungen an Haus und Wohnung Zuschüsse von Bund, Land, Gemeinde oder vom Energieversorger, bei manchen energetischen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen bis zu mehreren Tausend Euro. Leider, das hat die Praxis gezeigt, reichen die Fördermittel - die des Bundes belaufen sich auf insgesamt rund zwei Milliarden Euro jährlich - aber lange noch nicht aus. Um die zur Steigerung der Sanierungsquote erforderlichen Investitionen anzureizen, bedarf es nach Berechnungen von Experten einer Aufstockung des jährlichen Fördervolumens auf rund 5 Milliarden Euro.

In letzter Zeit behindert zusätzlich noch eine andere Entwicklung die wünschenswerte Beschleunigung des Sanierungstempos im vorhandenen Wohnungsbestand. Gemeint sind regionale Entwicklungen beim Wohnkostenniveau, das aufgrund lokal konzentrierter hoher Wohnungsnachfrage deutlich angezogen hat. In weiten Teilen Deutschlands ist vor allem das Wohnen zur Miete ohnehin schon eine teure Angelegenheit, insbesondere in den Ballungsgebieten, aber beispielsweise auch in den gefragten Universitätsstädten des Landes. Zusätzliche Kosten durch Sanierungen und Modernisierungen sind da alles andere als populär.

Energiesparen als Staatsziel

Angezeigt wäre es also, dass sich die staatliche Förderung in ihrem Umfang und in ihrer Stetigkeit den ambitionierten Zielen der Energiewende anpasst. Fördern und fordern gehören auch bei der energetischen Sanierung des Wohnungsbestandes eng zusammen. Der Ruf nach staatlichen Anreizen ist übrigens auch deswegen mehr als legitim, weil sich die Energiewende durchaus als ein gesamtstaatliches Ziel definieren lässt; ähnlich den Programmen zur Wohnraumversorgung nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Klassifizierung des Energiesparens als Staatsziel rechtfertigt daher sogar einen beherzten Griff in die Förderkassen des Bundes und der Länder.

Der Ruf geht dabei aber keineswegs in Richtung einer staatlichen Vollfinanzierung - dies überstiege die Möglichkeiten unserer Haushalte um ein Vielfaches -, sondern nach einer flankierenden Unterstützung. Denn bei allen Berechnungen, die zum nötigen Investitionsvolumen vorliegen, darf die Umsetzung aller notwendigen Modernisierungsmaßnahmen in Deutschland auch die privaten Hausund Wohnungseigentümer nicht überfordern. Die üppige und dabei nicht unumstrittene Solarstromförderung zeigt, was möglich ist, wenn der politische Wille da ist.

Hebelwirkung der Förderung nutzen

Es ist hinlänglich belegt, dass eine "Anschubfinanzierung", wie sie über die Steuerförderung dargestellt hätte werden können, letztlich ein Vielfaches an privatem Kapital mobilisiert. Der Wirkungshebel hätte sich nach Einschätzung der Experten aus Finanz- und Wirtschaftsministerium wohl auf den Faktor 12 bis 16 belaufen können. Oder anders formuliert: 5 000 Euro Fördersumme für eine Modernisierungsmaßnahme bewirken Gesamtinvestitionen von rund 60 000 Euro oder mehr. Und das private Kapital dafür ist zu großen Teilen auch schon angespart: Allein die Bausparkassen verfügen über einen Einlagenbestand von 40 Milliarden Euro und nochmals über die gleiche Summe als Bauspardarlehen, die von den Bausparern sofort abgerufen werden können. Die durchschnittliche Höhe eines Bausparvertrages liegt dabei bei 35 000 bis 40 000 Euro.

Umso mehr ist der Rückzieher bei der steuerlichen Förderung zu bedauern, denn diese Unterstützung träfe jetzt auf ein Umfeld, das für deutliche Fortschritte bei Energiesparmaßnahmen im Wohnbereich nahezu ideal ist und somit eine sehr große Energiesparwelle hätte auslösen können. Angesichts einer Rekordzahl von Beschäftigten, die mit entsprechend niedrigen Arbeitslosenzahlen einhergehen, verfügen breite Bevölkerungskreise über die notwendige wirtschaftliche Sicherheit für umfangreichere Investitionen.

Zugleich liegen die Zinsen für Wohnungsbaudarlehen oder heute vereinbarte Bauspardarlehen auf einem Rekordtiefststand, der sich mithilfe von Bausparverträgen im Übrigen über längere Zeiträume sichern lässt. Mit den Niedrigstzinsen im Darlehensbereich korrespondiert ein noch nie da gewesenes Tiefzinsniveau im Spar- und Anlagebereich, womit die Investition in rückläufige Energiekosten auch unter Finanzierungsgesichtspunkten ungewöhnlich interessant ist. Nicht nur, dass eine auch zu einem größeren Teil kreditfinanzierte Modernisierungs-/Renovierungsmaßnahme derzeit erschwinglich wie nie ist. Auch der Mangel an Sparalternativen, die die Inflationsrate einigermaßen übersteigen, spricht dafür, die eigene Immobilie mit Modernisierungsmaßnahmen zu einem "Energiesparschwein" aufzurüsten, das perspektivisch eine schöne Energiesparrendite abwirft.

Bausparkassen fördern die Energiewende

Der private Immobilieneigentümer hat also auch aus wohlverstandenem Eigennutz ein hohes Interesse an einem rückläufigen Energieverbrauch. Dieses Interesse steigt mit zunehmenden Energiepreisen und Fördermitteln. In der Regel realisiert der Eigentümer dieses Interesse, so lehrt die Erfahrung, durch eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital, wofür der Bausparvertrag geeignet ist. Ferner ist er in der Lage, sich den individuellen Bedürfnissen der Immobilienbesitzer anzupassen - egal, ob das Geld zur energetischen Modernisierung und Renovierung kurzfristig benötigt wird oder ob die Investitionen am Haus erst in ein paar Jahren anstehen.

Schon heute werden mit Bausparmitteln Milliarden Euro in die Verbesserung der Wohnungssubstanz gesteckt, während nur noch ein kleinerer Teil in den Neubau fließt. Bei der Wüstenrot Bausparkasse beispielsweise beträgt dieses Verhältnis mittlerweile ungefähr zwei zu eins.

Der Autor Bernd Hertweck Vorsitzender des Vorstands, Wüstenrot Bausparkasse AG, Ludwigsburg
Bernd Hertweck , Vorstandsvorsitzender, Wüstenrot Bausparkasse, Kornwestheim, und Vorstandsvorsitzender, Verband der Privaten Bausparkassen e.V., Berlin
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