Deka Immobilien Monitor

Ertragsperspektiven von Büromärkten: Europa profitiert von lange anhaltendem Zinstief

Gunnar Meyke

Vor dem Hintergrund stabilisierter Konjunkturdaten und des aufgehellten Ausblicks sollte sich in Europa der Boom an den Investmentmärkten für Büroimmobilien fortsetzen. Dafür sprechen extrem niedrige Zinsen, günstige Finanzierungsbedingungen, die hohe Liquiditätsausstattung sowie der Mangel an hoch rentierlichen Alternativanlagen. Die großen deutschen Standorte rangieren dabei überwiegend im Mittelfeld. Weit hinten im Ranking liegen die beiden Londoner Teilmärkte, die nach den hohen Erträgen der vergangenen Jahre, künftig deutliche Einbrüche bei der Performance erleben sollten. Red.

Nachdem das Jahr 2014 insbesondere in Europa durch große Unsicherheit bei Unternehmen und an den Finanzmärkten geprägt war, haben sich die Konjunkturdaten zum Jahresende wieder stabilisiert. Damit hat sich der Ausblick wieder etwas aufgehellt. Doch auch wenn sich die Erholung fortsetzt und leicht an Dynamik gewinnt, werden die Wachstumsraten voraussichtlich schwächer bleiben, als man es nach der vorangegangenen konjunkturellen Schwächephase erwarten könnte. Weiterhin beeinträchtigt der Schuldenabbau bei Staat, Unternehmen und Haushalten das wirtschaftliche Wachstum.

2015 und 2016 dürfte das Bruttoinlandsprodukt im Euroraum um 1,2 beziehungsweise 1,7 Prozent steigen. Damit wird sowohl die Beschäftigungs- als auch die Inflationsschwelle nur langsam erreicht. Weiterhin bestehen deutliche Unterschiede beim Wachstum zwischen den Ländern des gemeinsamen Währungsraums: Während die Erholung in einigen Ländern der Peripherie, insbesondere in Spanien, an Dynamik gewinnt, sollte das Wachstum in Frankreich und vor allem in Italien merklich unterhalb des Durchschnitts des Euroraums liegen. In Deutschland dürften sich die Wachstumsraten in den kommenden beiden Jahren leicht über den Vergleichswerten des Euroraums bewegen.

Weiterhin unter Druck dürfte die Inflation in Europa bleiben. Aber selbst wenn die Inflationsrate aufgrund der stark rückläufigen Rohstoffpreise kurzzeitig in den negativen Bereich rutschen sollte, ist dies noch keine Deflation. Die EZB wird sich weiter in das Feld der unkonventionellen Geldpolitik begeben, um die langfristigen Inflationserwartungen anzuheben und die Kreditvergabe anzukurbeln. Die erste Leitzinserhöhung dürfte die EZB nicht vor Herbst 2018 vornehmen.

In diesem Umfeld sollte sich der Boom an den Investmentmärkten europäischer Büroimmobilien fortsetzen. Angesichts extrem niedriger Zinsen, günstiger Finanzierungsbedingungen, hoher Liquiditätsausstattung sowie einem Mangel an hoch rentierlichen Alternativanlagen dürfte die Nachfrage an den Gewerbeimmobilienmärkten weiter steigen. Europaweit sollten die Spitzenrenditen weiter unter Abwärtsdruck bleiben. 2015 und 2016 dürfte dies zu einer weiteren moderaten Renditekompression führen, auch wenn die Anfangsrenditen derzeit vielerorts schon nahe oder sogar unterhalb ihrer Tiefststände vor Ausbruch der Finanzkrise liegen.

Stärker dürften die Rückgänge an den Topstandorten auf der Iberischen Halbinsel ausfallen, wo die Spitzenrenditen bereits 2014 kräftig nachgaben. Gegen Ende des fünfjährigen Prognosezeitraums sollten dann wieder höhere Zinsen für moderate Anstiege der Spitzenrenditen sorgen. Vorreiter dürften dabei London und mit einigem Abstand Stockholm sein, da für die zugehörigen Währungsräume deutlich früher mit Leitzinsanhebungen gerechnet wird. An den meisten europäischen Büromärkten dürften die Anfangsrenditen in fünf Jahren nahe ihren aktuellen Niveaus liegen.

Bezogen auf die Entwicklung an den Mietmärkten stellen insbesondere die spanischen Standorte eine Ausnahme dar, denn dort sollten auf den Boom an den Investmentmärkten deutliche Mietanstiege folgen, dies vor allem angesichts der starken Korrekturen in den Vorjahren und der erwarteten konjunkturellen Erholung. Auf kontinentaler Ebene dürfte sich aber die Entkopplung von europäischen Investment- und Mietmärkten weiter fortsetzen. Denn die konjunktursensitiven Mietmärkte sollten nicht dieselbe Dynamik entwickeln können wie die Investmentmärkte.

Spanien an der Spitze

In der Gesamtertragsbetrachtung idealtypischer Investitionen auf Marktebene ergeben sich zunächst sehr hohe Erträge an den 25 analysierten europäischen Büromärkten. Dabei kommt der wichtigste Impuls durch Kapitalwertanstiege aufgrund weiter sinkender Anfangsrenditen. In der zweiten Hälfte des Prognosefensters dürfte dieser Trend erst enden und sich dann umkehren, sodass sich die Ertragsperspektiven deutlich eintrüben. Auf Fünfjahressicht ergeben sich auf Basis der Prognosen für Spitzenmieten und -renditen Erträge von durchschnittlich gut 3,5 Prozent pro Jahr (Medianwert). An der Spitze der Rangliste liegen dabei die drei analysierten iberischen Standorte mit prognostizierten Erträgen von etwa 5,5 bis knapp 8 Prozent.

Bereits 2014 ergaben sich rechnerisch Gesamterträge von jeweils rund 20 Prozent für diese Märkte. Ebenfalls überdurchschnittliche Erträge werden für Mailand, Budapest und die Benelux-Märkte prognostiziert. Die deutschen Big-7-Standorte rangieren überwiegend im Mittelfeld, wobei für Berlin die höchsten und für Stuttgart die niedrigsten Erträge erwartet werden.

Weit hinten im Ranking befinden sich die beiden Londoner Teilmärkte, die nach den hohen Erträgen der vergangenen Jahre, die 2015 noch einmal wiederholt werden dürften, in der Folgezeit deutliche Einbrüche bei der Performance erfahren sollten. Zunächst sehr niedrige Anfangsrenditen in einem Umfeld steigender Zinsen bei einem gleichzeitig vergleichsweise hohen Niveau der Spitzenmieten sollten dafür sorgen, dass die Erträge in London bereits ab 2016 stark zusammenschrumpfen und zeitweise sogar in den negativen Bereich rutschen können.

Sehr viel weiter als der Euroraum sind die Vereinigten Staaten bei der Überwindung struktureller Probleme. Nach einer Anpassungsphase kann die US-Wirtschaft für einen kurzen Zeitraum überdurchschnittlich kräftig expandieren. Bereits 2014 hat sich der Arbeitsmarkt überraschend gut entwickelt. Mittlerweile ist der Auslastungsgrad so hoch, dass bald Leitzinserhöhungen notwendig sein sollten. Dies sollte dazu führen, dass sich die wirtschaftliche Dynamik anschließend leicht abkühlt. Dennoch dürfte das Wirtschaftswachstum mit 3 respektive 2,7 Prozent 2015 und 2016 vergleichsweise hoch ausfallen.

An den elf untersuchten US-amerikanischen Büromärkten hat sich die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt 2014 in spürbar gesunkenen Leerstandsquoten und zumeist kräftigen Mietanstiegen widergespiegelt. In den kommenden Jahren dürfte die Nachfrage weiterhin hoch bleiben, allerdings hat sich die Bauaktivität belebt, an einigen Standorten sind größere Fertigstellungen zu erwarten. Marktübergreifend sollte daher die Leerstandsquote nahezu konstant bleiben und das Mietwachstum einen Gang herunterschalten.

Das Interesse in- und ausländischer Investoren an US-Büroimmobilien dürfte weiter hoch bleiben, sodass die Cap Rates für das Topsegment trotz der erwarteten geldpolitischen Wende 2015 zunächst weitgehend stabil auf den aktuellen, sehr tiefen Niveaus verharren sollten. In der Folge dürfte sich aber Aufwärtsdruck aufbauen, der bis Ende 2019 zu einem Anstieg der Cap Rates führen sollte. In der Gesamtertragsbetrachtung belastet der prognostizierte Anstieg die Erträge um durchschnittlich knapp 2,5 Prozentpunkte pro Jahr.

Auf Fünfjahressicht können die Mieteinkommen und das erwartete moderate Mietwachstum diese Belastung und die Kosten kaum mehr als ausgleichen, sodass sich rechnerisch Erträge von durchschnittlich nur rund 0,5 Prozent pro Jahr ergeben (Medianwert). Dabei sollten die Märkte, die zu Beginn des Prognosezeitraums die höchsten Cap Rates aufweisen, etwas höhere Erträge erzielen. Dies sind Dallas, Chicago, Miami und Houston. Ein Absinken der Erträge in die Verlustzone erwarten wir für beide New Yorker Teilmärkte sowie für Boston, Seattle und Washington D.C. Ganz am Ende der Rangliste steht mit San Francisco der Standort, der noch 2014 aufgrund des kräftigen Mietwachstums und eines starken Rückgangs der Cap Rate den höchsten Ertrag vorweisen konnte.

Der Autor

Gunnar Meyke Economist, Immobilienresearch, Deka-Bank Deutsche Girozentrale, Frankfurt am Main

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