INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

FRAGE AN PAUL H. MUNO: WELCHE CHANCEN UND RISIKEN BIETEN GESUNDHEITSIMMOBILIEN IN DER AKTUELLEN MARKTPHASE?

Paul H. Muno, Foto: privat

Der Gesundheitsimmobilienmarkt entwickelt sich seit etwa zehn Jahren dynamisch und rückt zunehmend in den Fokus institutioneller Investoren. Im ersten Quartal dieses Jahres wurden laut CBRE in Deutschland rund 790 Millionen Euro in diese Assetklasse investiert.

Da kann man kaum noch von einer Nische sprechen. Im Gegenteil: Was den Investment-Charakter angeht, sind Gesundheitsimmobilien im Mainstream angekommen. Gleichzeitig heben sich die Produkte stark von anderen Assetklassen ab: Spezialwissen im Gesundheitssektor ist eine zwingende Voraussetzung und Trumpf zugleich, wenn es darum geht, nachhaltige Investmententscheidungen zu treffen.

Während der Corona-Pandemie und der mit ihr einhergehenden Belastung unseres Gesundheitssystems hat die Assetklasse ihre Resilienz unterstrichen. Selbst auf dem Höhepunkt der Pandemie waren Healthcare-Immobilien eine stabile Anlage. Als vorteilhaft zeigt sich die Kombination aus einer anhaltend hohen Nachfrage für medizinische und pflegerische Dienstleistungen sowie langfristigen Mietverträgen.

Megatrend Demografie bestimmt die Nachfrage

Wir sind davon überzeugt, dass der Sektor auch nach der Corona-Krise einen anhaltend hohen Zustrom an Kapital verzeichnen wird. Haupttreiber dieser Entwicklung ist die demografische Situation in weiten Teilen Westeuropas. Deren Dimension und Reichweite ist den wenigsten Anlegern vollständig bewusst.

Allein in Deutschland fehlen in den nächsten Jahren nach vorsichtigen Schätzungen circa 300 000 vollstationäre Pflegeplätze. Mit Blick auf alternative Wohnkonzepte wie das betreute Wohnen bietet der Markt noch viel mehr Potenzial.

Manche Experten reden bereits von einer Silver Economy, in der immer neue Angebote rund um das Leben im Alter entstehen. Der Staat wird allein nicht in der Lage sein, ausreichend Angebote für Senioren zu schaffen.

Komplexes Marktumfeld und zunehmende Regulatorik

Institutionelle Investoren verfügen über die notwendigen Mittel und können mit ihren Investments gleichzeitig einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mehrwert leisten. Gesundheitsimmobilien erhalten damit quasi einen infrastrukturellen Charakter. Diese Entwicklung verdeutlicht auch den ESG-Charakter von Healthcare-Investments.

Trotz der guten Fundamentaldaten - ein Investment in Gesundheitsimmobilien ist kein Selbstläufer. Die Fallhöhe ist aufgrund der gesetzlichen Anforderungen und der Komplexität der Anlageklasse hoch. Für Erfolg im Healthcare-Segment braucht es drei Dinge: Erfahrung im Immobilien-Investmentmanagement, eine genaue Kenntnis des Healthcare-Bereichs und einen guten Marktzugang.

Gerade bei Pflegeimmobilien ist es wichtig, sich mit den Bedürfnissen der Anleger- und Betreiberseite intensiv auseinanderzusetzen. Denn wenn eine Pflegeimmobilie den langfristigen Anforderungen der Betreiber nicht genügt, bedeutet das, dass Menschen dort viele Jahre in einem wenig förderlichen Umfeld leben und arbeiten. Für den Investor ist das mit Blick auf einen möglichen Leerstand und einer sich anschließenden Wiedervermietung kein gutes Szenario.

Gesundheit und Immobilien sind zwei Anlagekomplexe, die sich einer immer stärkeren Regulierung ausgesetzt sehen. Gerade bei einem langfristigen Anlagehorizont ist es deshalb wichtig, dynamisch auf etwaige Veränderungen in der Rechtslage reagieren zu können. Neben der Sektorexpertise ist hierfür vor allem ein engmaschiges Monitoring des Portfolios mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit einzelner Assets notwendig.

Schließlich hat die zunehmende Nachfrage bei Gesundheitsimmobilien zu Effekten geführt, die auch in anderen Immobilien-Assetklassen zum Tragen kommen: Produktknappheit und damit einhergehend sinkende Renditen. Aktuell sind Ausschüttungsrenditen zwischen 4,25 und 4,5 Prozent für Core-Immobilienfonds realistisch.

Die Zukunft liegt in Quartierslösungen

Durch die Produktknappheit gelangen Assets zunehmend im Rahmen von Portfoliotransaktionen auf den Markt. Mehr als bei jeder anderen Assetklasse gilt es hier, einen Blick auf die schwächeren Objekte zu werfen. Selbst mit dem richtigen Knowhow lässt sich das Potenzial solcher Immobilien häufig nur schwerlich heben.

Neben einer hohen Management-Kompetenz sollten Investoren künftig vor allem die Entwicklung neuer Produkte im Auge behalten. Die Nachfrage bei verschiedenen altersgerechten Wohnformen und der stationären Pflege wandelt sich zurzeit massiv. Gefragt sind zunehmend Quartierslösungen, die mehrere Angebote miteinander kombinieren. Die stationäre Pflege ist dabei nur ein Baustein.

Zudem fehlt in nahezu allen deutschen Städten ein ausreichendes Angebot an altersgerechten beziehungsweise barrierefreien Wohnungen. Eine alternde Gesellschaft wird diese Wohnformen aber vermehrt nachfragen. Auch hier liegen in Zukunft Investmentchancen für institutionelle Anleger.

Paul H. Muno , Managing Partner, KINGSTONE Living & Care GmbH, München
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