INTERNATIONALES IMMOBILIENGESCHÄFT

FRANKREICH: IMPLIKATIONEN DES ELAN-GESETZES

Marcus Lubnow
Quelle: Epp & Kühl

Das Gesetz vom 23. November 2018 betreffend die Entwicklung von Wohnen, Entwicklung und digitaler Technologie ("loi sur l'Évolution du logement, de l'aménagement et du numérique - ELAN") versieht den französischen Immobiliensektor mit zahlreichen Neuregelungen in verschiedenen Bereichen. Der Autor des folgenden Beitrags erörtert die veränderten Spielregeln im Detail. Red.

Erklärte Zielsetzung des ELAN-Gesetzes besteht darin, "mehr, besser und billiger zu bauen". Es birgt verschiedenste Instrumente und Regelungen im Bereich der Entwicklungsplanung und des Baurechts sowie diverse Maßnahmen zur gewerblichen Stadtplanung (insbesondere spezifische Maßnahmen im Rahmen der gewerblichen Wiederbelebung, aber auch Bestimmungen zur Genehmigung von Gewerbeimmobilienvorhaben), die der flexibleren Bewirtschaftung bestehender und der Belebung von Gewerbeflächen beziehungsweise der Qualitätssteigerung dienen sollen. Hiervon betroffen ist ebenso die Gestaltung von Immobilienverträgen betreffend Kauf und Miete, da das ELAN-Gesetz diese bisweilen neuen Anforderungen unterstellt.

Belebung der Stadtzentren

Unter Mitwirkung von privaten Partnern können lokale Verwaltungsträger Vereinbarungen zur Umsetzung eines Vorhabens zur Belebung der Stadtzentren "ORT" schließen, mit dem Ziel, "ein umfassendes lokales Vorhaben zur Anpassung und Modernisierung des Wohnungsbestands, der Handels- und Handwerksräume sowie des städtischen Gefüges dieses Gebiets zur Verbesserung seiner Attraktivität durchzuführen". Projekte zu Gewerbeimmobilien, die in einem Interventionsbereich eines "ORT" durchgeführt werden, können in diesem Fall unter bestimmten Voraussetzungen von der Anforderung einer gewerblichen Betriebsgenehmigung ("Autorisation d'exploitation commerciale") des Vorhabens ausgenommen werden. Diese Maßnahmen können die Entwicklung von Gewerbeflächen auch größeren Umfangs in den ausgewiesenen Planbereichen begünstigen und dürften die Attraktivität der Stadtzentren für Gewerbeimmobilien steigern.

Neben geplanten Erleichterungen des Genehmigungsprozesses können je nach Fallgestaltung jedoch auch ergänzende Planungs- und Projektentwicklungsanforderungen für Träger gewerblicher Immobilienvorhaben hinzutreten: So wird beispielsweise im Rahmen der Beantragung einer Genehmigung eine Verträglichkeitsstudie ("analyse d'impact") von einer unabhängigen, durch die Präfektur akkreditierte Stelle durchzuführen sein, um die Verträglichkeit des Vorhabens betreffend die wirtschaftliche Entwicklung des Stadtzentrums, die Beschäftigung, die Leerstandquote und das Angebot an bereits vorhandenen Gewerbeflächen zu bewerten.

Änderungen im Bereich Gewerbemiete und energetische Sanierung

Im Bereich der Gewerbemiete schafft das ELAN-Gesetz einen neuen Rechtanspruch des Vermieters, gewerblich genutzte Räume aus Gründen der Nutzungsänderung zu kündigen. So tritt für den Vermieter nunmehr das gesetzlich vorgesehene Recht, dem gewerblichen Mieter nach Ablauf von drei Jahren die Kündigung auszusprechen, sofern der Vermieter die bestehenden Räumlichkeiten durch Umbau, Renovierung oder Sanierung einer Wohnnutzung zuführen möchte. Eine weitere Neuerung betrifft die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des ELAN-Gesetzes vorhandene Bestandsgebäude, Bestandsgebäudeteile oder Bestandsgebäudegruppen tertiärer Nutzung sind demnach Maßnahmen zur Verringerung des Endenergieverbrauchs zu unterziehen, um eine stufenweise Verringerung des Endenergieverbrauchs für alle Gebäude bis um 60 Prozent im Jahr 2050 zu erreichen.

Die ursprünglich unter Artikel 66 des ELAN-Gesetzes beinhaltete Regelung zu der französischen zehnjährigen Baugewährleistung ("garantie décennale") wurde hingegen (aus formalen Gesichtspunkten) durch das französische Verfassungsgericht im Wege einer Entscheidung vom 15. November 2018 (Az. 2018-772 DC) aufgehoben. Diese Bestimmung sah vor, dass die zehnjährige Gewährleistungsverpflichtung grundsätzlich keine Arbeiten an Ausstattungsbestandteilen beziehungsweise hierdurch verursachte Schäden am Gebäudebestand (das heißt solchen Gebäudebestandteilen, die vor der Eröffnung der Baustelle vorhanden waren) garantiert, es sei denn, die betreffenden Ausstattungsbestandteile wurden vollständig in das neue Bauwerk integriert und zu einem technisch unteilbaren Bestandteil dessen.

Zielerreichung bleibt abzuwarten

Ziel dieser Regelung war es, einer jüngeren Rechtsprechungsentwicklung des französischen Kassationsgerichts entgegenzutreten, die die zehnjährige Baugewährleistung bei Arbeiten an Bestandsgebäuden auf auftretende Fehler an Ausstattungsbestandteilen (unabhängig davon, ob sie trennbar oder in bestehende bauliche Anlagen eingebaut worden sind) erstreckt, sofern diese das gesamte Gebäude in seiner Zweckbestimmung dem Grunde nach beeinträchtigen.

Es wird abzuwarten sein, ob diese durch den Gesetzgeber intendierte Beschränkung der Anwendung der zehnjährigen Baugewährleistung und der hiermit in Frankreich eng verknüpften Gewährleistungsversicherungspflicht im Gesetzgebungsprozess wieder aufgenommen wird. So hatte die vorstehend genannte Kassationsgerichtentscheidung zu Unbehagen und zusätzlichen Versicherungsverpflichtungen bauausführender Unternehmen in Frankreich geführt. Die Konkretisierung der Vorschriften aus der ELAN-Gesetzgebung steht in Form der erforderlichen Ausführungserlasse noch aus. Der Eintritt hieraus erwarteter dynamisierender Effekte wird davon abhängen, inwieweit sich die Gebietskörperschaften und lokalen Städteplanungsgesellschaften die neuen Instrumentarien zu eigen machen werden, da die französische Zentralregierung selbst den Einsatz zusätzlicher Mittel hierfür bislang nicht vorgesehen hat.

DER AUTOR MARCUS LUBNOW Rechtsanwalt, Epp & Kühl, Strasbourg, Frankreich
Marcus Lubnow , Rechtsanwalt, Epp & Kühl
Noch keine Bewertungen vorhanden


X