JUBILÄUMSAUSGABE IMMOBILIEN & FINANZIERUNG - DER LANGFRISTIGE KREDIT

GESCHICHTE UND PERSPEKTIVEN DES IMMOBILIENGESCHÄFTS DER BAYERN-LB

Dr. Edgar Zoller, Foto: Bayern-LB

"Bewährtes im Fortschritt bewahren". Auch in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts ist es Antrieb und Verpflichtung für die Bayern-LB, ihre teilweise jahrzehntelang bewährten persönlichen und vertrauensvollen Kundenbeziehungen gerade in Zeiten des weiter voranschreitenden - oft anonymeren - digitalen Fortschritts zu bewahren. Denn vor allem im Immobiliengeschäft, so die Überzeugung des Autors, geht es ohne diesen direkten Umgang nicht. Genau so wenig wie ohne die entsprechende Marktkenntnis, die durch eine starke Präsenz vor Ort auch in Zukunft bewahrt werden soll. Das Immobiliengeschäft wird entsprechend auch in der neuen Strategie, die Umsetzung ist gerade erst angelaufen, eine zentrale Rolle einnehmen. Während man sich im Kapitalmarktgeschäft stark fokussieren wird, soll das gewerbliche und private Immobilienfinanzierungsgeschäft ausgeweitet werden. Dabei helfen alle Konzerntöchter mit und schaffen so ein breites Spektrum vieler weiterer Produkte entlang des gesamten Wertschöpfungszyklus. Nicht zu vergessen ist die Einbindung in die Sparkassen-Finanzgruppe mit den Sparkassen als Partner. "360° Immobilienkompetenz", heißt das dann. (Red.)

Die Corona-Krise hat die gesamte Welt erfasst. Auch wenn sich das Infektionsgeschehen in Europa und in den USA in den vergangenen Wochen stabilisierte und weitreichende Lockerungen der eingeführten Kontaktbeschränkungen sukzessive möglich werden, ist dennoch ein - seit dem Zweiten Weltkrieg beispielloser - wirtschaftlicher Einbruch die Folge. Auch der Bankensektor kann sich dieser Entwicklung, welche mit einer höheren Arbeitslosigkeit, Rückstellung von Investitionsentscheidungen und schließlich einer tendenziell steigenden Anzahl an Unternehmensinsolvenzen einhergeht, nicht entziehen. Zwar helfen die umfangreichen staatlichen Maßnahmen und die noch expansivere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank dabei, die negativen Folgen der Krise zu begrenzen und die wirtschaftliche Erholung der europäischen Volkswirtschaften zu unterstützen.

Auf der anderen Seite stellt das dadurch auf weitere Jahre zementierte Niedrigzinsniveau die Bankenbranche vor zusätzliche große Herausforderungen. Insgesamt verschärft sich durch die Corona-Krise das schon seit geraumer Zeit schwierige Marktumfeld für Banken mit den Problemstellungen wie Niedrigzins, Überliquidität und Druck zur Digitalisierung. Obwohl es der Bayern-LB in den letzten Jahren in diesem Umfeld gelungen ist solide Ergebnisse zu erzielen, hat sie ihre Strategie überarbeitet und setzt noch klarer auf eine Fokussierung auf zukunftsträchtige Bereiche. Einer dieser Schwerpunkte, neben einer stärkeren Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und Zukunftsbranchen in der Unternehmensfinanzierung, ist die gewerbliche Immobilienfinanzierung.

Eine bewegte Geschichte

Herausfordernde Zeiten, wie wir sie heute erleben, hat die Bayern-LB auch in der Vergangenheit mehrfach durchschritten. Dabei reichen die Anfänge der Bank bereits über 136 Jahre zurück. Am 21. April 1884 rief König Ludwig II die Landeskultur-Rentenanstalt per Gesetz ins Leben. Die Hauptaufgabe der Bank bestand damals in der Finanzierung größerer landwirtschaftlicher Investitionsprojekte, um die Erträge auf den Feldern zu steigern und die Lebensbedingungen der bayerischen Bevölkerung zu verbessern. Auch wenn die Nachhaltigkeit einer Investition damals nicht die Triebfeder der Entwicklung war, so war sie doch die Folge eines humanistischen Gründungsgedankens und führte zu einer langfristigen Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen in Bayern.

Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte sich das Institut, nun als Bayerische Landesbodenkreditanstalt, überwiegend im bayerischen Wohnungsbau. Dadurch wurde ein wichtiger Beitrag zum Abbau des damaligen großen Mangels an Wohnraum in Folge der Kriegsverwüstungen geleistet.

International engagiert, in Bayern verwurzelt

Anfang der siebziger Jahre waren Konzentrationsbestrebungen zur Hebung von Größeneffekten der Ausgangspunkt für eine Reihe großer Fusionen unter den Landesbanken. So entstanden 1969 die West-LB, 1970 die Nord-LB und 1972 folgte die Fusion der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt mit der Bayerischen Gemeindebank, welche 1914 von mehreren Sparkassen als Spitzeninstitut (Girozentrale) gegründet wurde, zur Bayerischen Landesbank. Passend zum damaligen Zeitgeist, entwickelten sich die Landesbanken in der Folge zu Universalbanken, welche eine Fülle an Finanzprodukten für breite Kundenschichten anbieten.

Die Bayern-LB versteht sich trotz ihres internationalen Engagements weiterhin als eine in Bayern verwurzelte Bank, welche die gesamte bayerische und deutsche Wirtschaft mit Bankprodukten versorgt und damit zur Stärkung der heimischen Wirtschaft beiträgt. Gerade als öffentlich-rechtliches Institut leiten - neben dem Blick auf die Rendite - auch gesellschaftlich und makroökonomisch sinnstiftende Engagements die Geschäftsausrichtung. Dies beinhaltet unter anderem die Kommunalfinanzierung zur Errichtung von Schulen, Kliniken und weiteren öffentlichen Gebäuden sowie die Finanzierung von Seniorenresidenzen und die Wohnbauförderung. Hier werden auch gerne die Sparkassen bei Finanzierungen als Partner unterstützt.

Das Geschäftsmodell ist zudem charakterisiert durch eine konsequente Kundenorientierung. Die Begleitung starker und expandierender deutscher Unternehmen ins Ausland gehört daher im Rahmen dieser Ausrichtung auch für das Immobiliengeschäft zum Geschäftsmodell. Dabei spielt besonders die starke lokale Verankerung durch Vor-Ort-Präsenzen im In- und Ausland eine wichtige Rolle.

Neben der Konzernzentrale in München, bestehen weitere Dependancen in Berlin, Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf. Zusätzlich ist die Bank mit ihrer Tochter DKB flächendeckend in Deutschland aktiv. Hinzu kommen im Ausland vier Niederlassungen in New York, London, Paris und Mailand. Da die Bank in ausgewählten Auslandsmärkten wie den USA, Großbritannien und Westeuropa seit Jahren engagiert ist, stehen in diesen Ländern eine hohe Expertise und ein dichtes Netzwerk zu Kunden und Investoren zur Verfügung.

Im Immobilienbereich bietet der Bayern-LB-Konzern eine hohe Kompetenz in allen Assetklassen. Die Marktbearbeitung für den deutschen Immobilienfinanzierungsmarkt erfolgt komplementär und in enger Abstimmung mit der DKB. Im Ausland werden die Kunden, gerade durch die tiefe Marktkenntnis vor Ort dank der Auslandsniederlassungen, fundiert beim Marktzugang unterstützt. Der Fokus in der Immobilienfinanzierung liegt dabei auf der Begleitung deutscher und internationaler Kunden bei der Finanzierung von Core-Objekten mit stabilem Cashflow im In- und Ausland. Dabei liegt der Schwerpunkt im Auslandsgeschäft auf den Assetklassen Büro, Einzelhandel und Logistik.

Im Rahmen des strategischen Ansatzes unter dem Titel: "360° Immobilienkompetenz", bietet die Bayern-LB ihren Kunden ein umfassendes Angebot aus einer Hand. Gemeinsam mit den Konzerntöchtern DKB, Real I.S., LB Immo-Wert, Bayern-FM, Bayern-Grund und Bayern-Immo werden den Immobilienkunden diverse weitere Produkte entlang des gesamten Wertschöpfungszyklus angeboten. Der große Vorteil dieses Ansatzes liegt in der Möglichkeit, Produkte und Leistungen auf einander abgestimmt, ohne Schnittstellenverluste und mit kurzen Reaktionszeiten den Kunden zu präsentieren und innerhalb einer konzernweiten Vertriebsstruktur individuelle Gesamtpakete zu erstellen. Zusätzlich besteht in der Wohnraumfinanzierung eine enge Zusammenarbeit mit dem Förderinstitut Bayern-Labo.

Neue Wettbewerber

Gerade der auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittene Ansatz hilft der Bayern-LB sich im traditionell hart umkämpften Immobiliengeschäft zu behaupten. Neben den häufigen Überschneidungen der Geschäftsmodelle im Bankensektor durch die weiterhin in der Branche dominierende Universalbank-Strategie, spielen Versicherungen und Pensionskassen in der aktuellen Niedrigzinsphase eine immer größere Rolle im Immobiliengeschäft. Beispielsweise decken Projektentwickler heute einen Teil ihres Finanzierungsbedarfs bei größeren Projekten durch Forward-Deals. In einer möglichen Variante wird dabei der Finanzierungsbedarf reduziert, indem Käufer wie Pensionskassen, Family Offices und Versicherungen den Kaufpreis vorab per Abschlagszahlung nach Baufortschritt bezahlen (Forward Funding).

Damit wird die Finanzierung durch die Geschäftsbank reduziert, wodurch sich der Wettbewerb der Banken um die verbleibenden Projekte intensiviert und die Margen weiter unter Druck geraten. Gleiches gilt in der langfristigen Bestandsfinanzierung. So benötigen beispielsweise große Immobilienunternehmen seltener Bankkredite und refinanzieren sich verstärkt direkt am Kapitalmarkt.

Trotz dieses sehr herausfordernden Marktumfeldes wuchsen die Bruttoerträge im Bereich der Immobilienfinanzierung in den letzten Jahren stetig. Diese Entwicklung, die sehr guten Kundenzufriedenheitsbefragungen und die positiven Ratingagentur-Einschätzungen können als Bestärkung der strategischen Ausrichtung gewertet werden. Nachfolgend soll dieser ganzheitliche Konzernansatz anhand von drei Praxis-Beispielen aus dem Bayern-LB-Konzern vertieft dargestellt werden.

Bayern-Labo: Heute wie damals fühlt sich die Bayern-LB besonders der Förderung von Wohnraum in Bayern verbunden. Auch wenn der heutige Mangel an Wohnraum nicht mit der Not der Menschen in der Nachkriegszeit vergleichbar ist. So stellt fehlender Wohnraum und die damit verbundenen hohen Mieten und Kaufpreise dennoch für viele Menschen - besonders in der Metropolregion München - eine starke Belastung dar. Die Basis für eine lebendige und funktionierende Metropole ist die Bereitstellung von ausreichendem und damit bezahlbarem Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten.

Dieses Ziel ist nur durch die Steigerung des Wohnungsangebots zu erreichen. Auch wenn in Bayern im letzten Jahr bereits rund doppelt so viele Wohnungen fertiggestellt wurden, wie noch vor zehn Jahren, bleiben Wohnungen weiterhin ein knappes und damit teures Gut. Daher ist die Arbeit der Bayern-Labo besonders wichtig, welche auch 2019 wieder den Bau beziehungsweise Erwerb von 14 635 Wohnungen und Wohnplätzen in Bayern mit staatlichen Förderungen im Umfang von 1,7 Milliarden Euro realisieren konnte. Zusätzlich sind bis 2020 für die Eigenheimzulage und das Bayerische Baukindergeld Plus weitere 375 Millionen Euro an Förderungssummen geplant.

"360° Immobilienkompetenz"

Real I.S.: Neben der Wohnraumförderung ist auch der Zugang zu attraktiven Immobilieninvestitionen für institutionelle und private Investoren ein wichtiger Bestandteil zur Etablierung eines liquiden und finanzstarken Immobilienmarktes. So hat beispielsweise die Real I.S. im vergangenen Jahr ein Immobilien-Transaktionsvolumen von 1,8 Milliarden Euro erreicht. Das verwaltete Vermögen stieg infolgedessen auf 9,2 Milliarden Euro. Das starke Wachstum soll in Zukunft auch durch den Wiedereinstieg ins Privatkundengeschäft beibehalten werden. Während aktuell noch ein Großteil des investierten Kapitals von institutionellen Investoren stammt, soll der Anteil privater Investoren sukzessive gesteigert werden. Der Grundstock wurde durch die Auflegung des offenen "Realis-Invest-Europa"-Immobilienfonds gemeinsam mit rund 35 Sparkassen bereits gelegt.

Sparkassen-Finanzgruppe: Eine tragende Säule für die Bayern-LB und auch für die übrigen Landesbanken stellt die enge und langjährige Verflechtung und Zusammenarbeit mit den Sparkassen dar. Besonders in der Immobilienfinanzierung haben sich viele Leuchtturmprojekte gemeinsam mit der Sparkassen-Finanzgruppe gebildet. Neben größeren individuellen Konsortialfinanzierungen, stehen dabei diverse standardisierte und seit Jahren erfolgreich praktizierte Plattformen und Programme für die gemeinsame Zusammenarbeit bereit wie S-Connect, S-Plafond und S-Konsortial, mit zum Teil bundesweiter Sparkassenakzeptanz.

Die exemplarische Darstellung ließe sich noch mit zahlreichen weiteren Beispielen der gemeinsamen Zusammenarbeit im Bereich der Immobilienfinanzierung mit weiteren Konzerntöchtern fortführen. Insgesamt verfügt die Bayerische Landesbank in der Infrastruktur- und Immobilienfinanzierung über eine über 136-jährige Geschichte. Daher ist die Fokussierung auf die gewerbliche Immobilienfinanzierung weniger ein Aufbruch zu neuen Ufern, sondern viel mehr eine Hinwendung zu Bewährtem.

Digitalisierung stärkt bewährte Erfolgsformeln

Für die zukünftige Aufstellung des Instituts spielt auch die Digitalisierung eine zentrale Rolle. So dient die Verankerung der Digitalisierung in der strategischen Agenda der Bank der Sicherung des Geschäftsmodells und des zukünftigen Erfolgs auch im Immobilienbereich. Dabei spielt die Zusammenarbeit mit der DKB als innovative TechBank eine entscheidende Rolle.

Die Zeitschrift "Immobilien & Finanzierung" verstand ihr Tun seit Gründung im Jahr 1950 stets unter dem Credo der "Langfristkultur". Im Leitartikel von Klaus-Friedrich Otto zum 60. Jubiläum im Jahr 2010 wurde daher passend folgender Spruch aufgegriffen: "Bewährtes im Fortschritt bewahren".

Auch 10 Jahre später im Jahr 2020 ist dieses Motto Antrieb und Verpflichtung für die Landesbank aus der bayerischen Hauptstadt, ihre teilweise jahrzehntelang bewährten persönlichen und vertrauensvollen Kundenbeziehungen auch in den Zeiten des immer weiter voranschreitenden - oft anonymeren - digitalen Fortschritts zu bewahren.

DER AUTOR DR. EDGAR ZOLLER Stellvertretender Vorstandsvorsitzender, Bayerische Landesbank AG, München
Edgar Zoller , Stellvertretender Vorstandsvorsitzender, Bayerische Landesbank AG, München
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