MIPIM Special

Gewerbeimmobilien an der Börse - was der Kapitalmarkt erwartet

Peter Finkbeiner

Die Sterne für einen Börsengang der TLG Immobilien AG standen denkbar schlecht. Nicht nur dass das Kapitalmarktumfeld sich im Herbst 2014 von seiner herausfordernden Seite zeigte, vielmehr musste das Unternehmen, das 1991 als Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft gegründet wurde, um im Auftrag des Bundes Immobilien aus dem Besitz der "Volkseigenen Betriebe" der ehemaligen DDR zu veräußern, eine überzeugendere Equity Story entwickeln. Bei einer absehbaren Reduktion des Portfoliobestandes sowie dessen rein historisch bedingter Zusammensetzung hätte wohl kaum ein Investor angebissen. Wichtige Schritte für diese neue strategische, wachstumsorientierte Ausrichtung waren mit der Einführung eines aktiven Portfolio Managements im Jahr 2000, der Fokussierung auf Gewerbeimmobilien im Jahr 2012 sowie mit der Stärkung der Marktposition in den Wachstumsregionen der neuen Bundesländer und Berlin getan. Red.

Der erfolgreiche Börsengang der TLG Immobilien AG rund 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer zeigt, dass Gewerbeimmobilien in den Wachstumsregionen Ostdeutschlands aus Investorensicht attraktiv sind. Dass aus dem ehemaligen staatlichen Verwerter von DDR-Liegenschaften innerhalb von nur 22 Monaten nach der Privatisierung ein börsenreifes Immobilienunternehmen wurde, ist das Ergebnis eines komplexen Transformations- und Repositionierungsprozesses und einer klaren strategischen Fokussierung.

Neue Phase der Unternehmensentwicklung

Die Erstnotiz der TLG-Immobilien-Aktie im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse markierte am 24. Oktober 2014 den erfolgreichen Abschluss des IPO-Prozesses in einem seinerzeit durchaus herausfordernden Kapitalmarktumfeld. Zugleich bedeutete dieser Schritt für den gesamten Konzern den Eintritt in eine neue Phase der Unternehmensentwicklung. Als börsennotierte Aktiengesellschaft hat das Unternehmen seither vollen Zugang zum Kapitalmarkt und kann darüber finanzielle Mittel für das künftig geplante Wachstum generieren. Voraussetzung dafür ist - wie bereits beim IPO -, dass die Unternehmensstrategie und deren Umsetzung nationale und internationale Aktieninvestoren nachhaltig überzeugen.

Essenziell dabei ist die Rolle, die Immobilienaktien von vielen institutionellen, aber auch privaten Investoren im Rahmen ihrer Anlagestrategie zugemessen wird. Sie erwerben Anteile an Immobiliengesellschaften häufig mit dem Ziel, die solide Assetklasse "Immobilien" innerhalb eines größeren Portfolios als sicheres Element abzubilden. Dies gilt insbesondere für Investoren beispielsweise aus Großbritannien, den USA oder den Niederlanden. Börsennotierte Immobilienunternehmen und -fonds haben in diesen Ländern traditionell eine größere Marktbedeutung als das bis vor einigen Jahren hierzulande noch der Fall war.

Insbesondere die immobilientypischen Merkmale, wie eine relativ genaue Prognostizierbarkeit von Cashflows und die im Vergleich zu anderen Assetklassen oft stabilere Wertentwicklung, sind Hauptentscheidungskriterien der angelsächsischen Investoren für Immobilieninvestments. Auch wenn sich die stabile Wertentwicklung bei einer indirekten Immobilienanlage über Aktien aufgrund der Volatilität der Wertpapiermärkte nur begrenzt realisieren lässt, prägt diese Sicht auf die Immobilie in hohem Maße die Erwartungen an das Geschäftsmodell und an die Aktivitäten einer Immobilien AG. Je klarer das Geschäftsmodell im Hinblick auf die Wertschöpfungskette, auf Regionen und auf Segmente des Immobilienmarktes definiert ist, umso leichter fällt es Investoren, sich ein Urteil über die Aktie des betreffenden Unternehmens zu bilden. Dazu kommen als weitere wichtige Auswahlkriterien eine ausreichende Marktkapitalisierung und die Liquidität der Aktie.

Ursprung als Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft

Im Falle der TLG Immobilien war ein erfolgreicher Börsengang ein Szenario, das in Bezug auf den originären Geschäftszweck zunächst nicht zu erwarten war. Die Gesellschaft wurde zwar bereits zum Zeitpunkt ihrer Gründung mit einem sehr umfangreichen Immobilienportfolio ausgestattet, mit dem von vornherein das Erreichen einer attraktiven Portfoliogröße für Investoren sowie dem damit zumindest auch indirekt zusammenhängenden Umfang der Marktkapitalisierung wohl kein Problem gewesen wäre. Doch die ursprüngliche Aufgabe des 1991 als Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft gegründeten Unternehmens bestand zunächst darin, im Auftrag des Bundes Immobilien aus dem Besitz der "Volkseigenen Betriebe" der ehemaligen DDR zu veräußern. Es war also abzusehen, dass sich das Portfoliovolumen sukzessive reduzieren würde, auch wenn die Verwertung der Objekte einige Jahre Zeit erforderte.

Hinzu kam, dass die Zusammensetzung des Portfolios im Wesentlichen durch die historische Herkunft der Objekte bestimmt wurde, aber nicht Ergebnis eines systematischen Portfolioaufbaus zum Zweck der langfristigen Bewirtschaftung war. Eine klare Fokussierung auf bestimmte Standorte oder Immobiliennutzungsarten gab es nicht. Vielmehr umfasste der geografisch innerhalb der neuen Bundesländer weit gestreute Bestand häufig nicht betriebsnotwendige Immobilien und Grundstücke, aber auch Bürogebäude und Einzelhandelsobjekte sowie zahlreiche Wohnungen. Eine tragfähige Equity Story für einen Börsengang hätte sich unter diesen Umstände nicht entwickeln lassen.

Von der Verwertung zum aktiven Portfoliomanagement

Bereits im Jahr 2000 ist die strategische Ausrichtung des Unternehmens dahingehend geändert worden, dass man sich nicht mehr nur auf die Verwertung der vorhandenen Liegenschaften fokussierte, sondern ein aktives Portfolio Management einführte. Im Rahmen dessen war mit dem systematischen Aufbau eines zur langfristigen Bewirtschaftung bestimmten Immobilienkernportfolios begonnen worden, das seinerzeit neben Büro- und Einzelhandelsobjekten auch Wohnungen beziehungsweise Pflegeimmobilien umfasste. Die neue Strategie wurde insbesondere auf die bereits historisch wirtschaftlich prosperierenden Standorte ausgerichtet, an denen das Unternehmen bereits über entsprechende regionale Kompetenzen verfügte. Als Konsequenz dieser strategischen Neuausrichtung folgte darüber hinaus der Aufbau eines eigenen Property Managements im Unternehmen. Über eine Milliarde Euro wurden seitdem in die Entwicklung des Kernbestandes der Gesellschaft und in Akquisitionen investiert.

In den Jahren 2007 und 2008 bestand im Rahmen eines ersten Versuches zur Privatisierung der Gesellschaft eine zentrale Herausforderung darin, ein nachhaltig tragfähiges und auf Wachstum ausgerichtetes Geschäftsmodell zu entwickeln und dieses zu implementieren. Vor dem Hintergrund der damaligen internationalen Finanzkrise wurde dieser Privatisierungsanlauf jedoch vom damaligen Eigentümer abgebrochen, das neue Geschäftsmodell wurde allerdings beibehalten und weiter geschärft.

Privatisierung als reine Gewerbeimmobiliengesellschaft

Eine Privatisierung blieb dennoch weiter auf der Agenda des staatlichen Eigentümers. Die Abspaltung der TLG Wohnen Anfang des Jahres 2012 war dabei ein weiterer wesentlicher Schritt zur Fokussierung des Geschäftsmodells. Zum Jahresende 2012 wurde diese dann durch den Verkauf an den Finanzinvestor Lone Star erfolgreich als reine Gewerbeimmobiliengesellschaft privatisiert. Dass das Unternehmen bereits 22 Monate nach der Privatisierung einen erfolgreichen Börsengang realisieren konnte, ist das Resultat eines komplexen, umfassenden Transformations- und Repositionierungsprozesses, der nahezu alle Unternehmensbereiche betraf.

Es galt, eine ehemals im Bundeseigentum befindliche Immobiliengesellschaft mit Verwertungsfokus in einen marktführenden, aktiven Investor und Bestandshalter für gewerbliche Immobilien in Ostdeutschland zu transformieren. Dieses Ziel machte es erforderlich, die Gesellschaft funktional und organisatorisch neu aufzustellen. Es sollte die operative Leistungsfähigkeit einer vollintegrierten Immobilienplattform bei gleichzeitig wettbewerbsfähiger - und damit kapitalmarktgerechter - Kostenstruktur abgebildet werden.

Starke Marktposition in Wachstumsregionen

Als entscheidende Grundlagen und Erfolgsfaktoren für diese Neupositionierung und den anschließenden Börsengang erwiesen sich dabei insbesondere die konsequente Weiterentwicklung der starken Marktposition in den Segmenten Büro, Einzelhandel und Hotel in Berlin und den ostdeutschen Wachstumsregionen Dresden, Leipzig und Rostock sowie die Umsetzung eines mehrjährigen Optimierungsprogramms. Dieses Programm beinhaltete eine umfassende Portfoliobereinigung und -fokussierung, Maßnahmen zur Refinanzierung und Neugestaltung der Finanzierungsstruktur bei gleichzeitiger substanzieller Optimierung der Finanzierungskosten sowie die funktionale Optimierung und Straffung der Mitarbeiter- und Organisationstruktur. Darüber hinaus war im Rahmen der konkreten Vorbereitung des Börsengangs ab Anfang des Jahres 2014 eine überzeugende Equity Story zu entwickeln und gegenüber dem Kapitalmarkt und der Öffentlichkeit zu kommunizieren.

Zu den wesentlichen Ergebnissen der genannten Restrukturierungsprozesse zählten beispielsweise die Reduzierung der durchschnittlichen Fremdkapitalkosten auf unter drei Prozent, die Verringerung der Plattformkosten, die im Jahr 2012 noch fast doppelt so hoch lagen wie 2014. Weiterhin konnte eine signifikante Verbesserung der Portfolioqualität durch konsequente Veräußerung von nicht zum Kernportfolio gehörenden Objekten bei gleichzeitiger Investition von rund 125 Millionen Euro in Neuakquisitionen erzielt werden. Nicht zuletzt erhöhte sich der Wert des Immobilienportfolios durch Steigerung der Mieterträge und die effektive Reduzierung von Leerständen.

Schlechtes Klima für Börsengänge

Die enorme Bedeutung dieser konsequenten Anstrengungen, das Unternehmen zur Börsenreife zu entwickeln, wurde während des Börsenganges besonders deutlich, als sich das Kapitalmarktumfeld binnen weniger Wochen spürbar eintrübte. Deutliche Kursverluste an den Börsen und eine starke Zunahme der Volatilität prägten die Marktentwicklung ab Ende September 2014 bis weit in den Oktober hinein. Dies führte dazu, dass sich das Klima für Börsengänge stark verschlechterte und vor diesem Hintergrund fünf andere Börsengänge kurzfristig abgesagt beziehungsweise verschoben wurden.

Dass das IPO der TLG Immobilien dennoch planmäßig erfolgen konnte, ist insbesondere dem starken Substanzwert der Gesellschaft sowie dem sicheren Cashflow aus der Bewirtschaftung der Immobilien zu verdanken, die für Investoren wesentliche Kriterien darstellen. Sowohl die Strategie als auch der Management-Trackrecord der Gesellschaft trafen bei potenziellen Investoren auf positive Resonanz, die sich dann im Rahmen des Angebots auch in entsprechenden Ordervolumina niederschlug. Die klare Positionierung als Gewerbeimmobilieninvestor mit regionalem Fokus auf Berlin und den Wachstumszentren Ostdeutschlands hatte sich damit auch in einem internationalen Kapitalmarktumfeld als überzeugend erwiesen.

Die Vorbereitung und Durchführung des Börsenganges der Gesellschaft sowie die Notierung im Prime Standard der Deutschen Börse im Oktober 2014 sind wesentliche Voraussetzungen für das weitere Wachstum des Unternehmens. Das Gelingen des beschrieben Transformationsprozesses und die künftige Ausrichtung des Konzerns auf Wachstum scheinen in Anbetracht der positiven Kursentwicklung seit dem IPO die relevanten Kapitalmarktzielgruppen überzeugt zu haben. Auch die Tatsache, dass die Aktie bereits wenige Tage nach der Erstnotiz per Schnellaufnahme ("Fast Entry") in mehrere EPRA Index-Serien aufgenommen wurde, ist ein Indiz für den erfolgreichen Start am Kapitalmarkt.

Der Autor

Peter Finkbeiner Mitglied des Vorstands, TLG Immobilien AG, Berlin

Peter Finkbeiner , CEO , Primonial REIM Germany AG, ­Frankfurt am Main
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