PERSPEKTIVEN 2021

GEWERBLICHE IMMOBILIEN BLEIBEN ATTRAKTIV

Christof Winkelmann, Foto: Aareal Bank

Knapp ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie lichtet sich der Nebel langsam aber sicher ein wenig. Mit Blick auf die gewerblichen Immobilienmärkte wird dabei eines immer deutlicher: Corona wirkt in den einzelnen Assetklassen wie ein Katalysator, der sich bereits zuvor abzeichnende Entwicklungen und Trends verstärkt. Der Autor des folgenden Beitrags erörtert die Implikationen dieses beschleunigten Wandels für Finanzierer, Investoren und Nutzer. Red.

Keine Frage: Die Corona-Pandemie hat auch den Immobilienmarkt kräftig beeinflusst und zu vielen Unsicherheiten beigetragen. Der Gesamtmarkt dürfte sich aber nach Eindämmen der Pandemie schnell erholen und dann wieder ähnliche Transaktionsvolumina wie in den Jahren vor der Corona-Krise erzielen. Denn der Bedarf an Immobilien bleibt ungebrochen und die Risiko-Ertrags-Profile sind für die Investoren weiterhin attraktiv.

Die Aareal Bank geht grundsätzlich von einer "swoosh"-förmigen Konjunkturentwicklung aus, einem starken Einbruch folgt eine langsame Erholung. Zwar bremst die aktuell noch nicht überwundene Krise allzu optimistische Erwartungen, doch rechnen auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute weiterhin mit einer positiven - wenn auch verlangsamten - Entwicklung des wirtschaftlichen Wachstums. Daher gehen auch wir von einer nach und nach erfolgenden Normalisierung des gewerblichen Immobilienmarktes aus.

Treiber und Trends in der Logistik Quelle: Aareal Bank

Allerdings wird es zu Verschiebungen in der Attraktivität der verschiedenen Assetklassen kommen. Diese sind nur zum Teil Folge der Corona-Krise; zum größeren Teil schlagen sich in ihnen Trends nieder, die schon länger zu beobachten sind und durch die Corona-Krise lediglich an Dynamik hinzugewonnen haben. Daher werden sich die Märkte für Logistik-, Hotel-, Einzelhandel- und Büroimmobilien in den kommenden Jahren unterschiedlich entwickeln. Logistik ist ein fundamentaler Wachstumsmarkt. Denn in den vergangenen Jahrzehnten hat sich diese Branche von reinen Transport- und Lagerprozessen zu einem globalen Netzwerk aus Distributions- und Fertigungszentren entwickelt. Getrieben vom boomenden Onlinehandel, aber auch geprägt von zunehmendem Wettbewerb und neuen Technologien werden entlang der Lieferkette permanent neue Konzepte und Optimierungsmaßnahmen umgesetzt. Ein zentrales Element dieser Entwicklung sind darauf zugeschnittene Logistikimmobilien.

Wachstumsmarkt Logistik

Der Anteil von Logistikimmobilien am gesamten Investmentvolumen hat sich daher - national wie international - in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht. Die Flächennachfrage und Bautätigkeit in diesem Segment bewegte sich 2019 auf Rekordniveau, und auch in den ersten drei Quartalen des "Corona-Jahres 2020" verzeichnete der Markt in Deutschland mit einem Investmentvolumen von 2,32 Milliarden Euro eines seiner besten Ergebnisse.

Die Covid-19-Pandemie hat die Nachfrage nach Logistikdienstleistungen sogar noch erhöht - ein Trend, der auch nach der Pandemie voraussichtlich anhalten wird. Denn die Folgen der Krise haben die Zerbrechlichkeit von Lieferketten aufgezeigt, die auf Justin-time-Prozesse ausgerichtet sind. Die Alternative wird sein, die Wege zu den Produktionsstandorten oder zum Endabnehmer zu "verkürzen" - vor allem durch die Schaffung zusätzlicher Lagerkapazitäten, um externe Schocks in Lieferketten besser abfedern zu können: Just-in-case ist das neue Just-in-time. Die Restrukturierung der Supply Chains wird daher zu einer erhöhten Nachfrage nach neuen Flächen führen und lässt eine Wertsteigerung bei Logistikimmobilien speziell in Ballungsräumen erwarten.

Anleger werden somit von einem attraktiven Vermögenswert mit nachhaltig hoher Auslastung und stabilem Cashflow profitieren. Denn die steigende Nachfrage trifft auf ein geringes Angebot, was zu niedrigen Leerstandsquoten und einer stabilen Mietentwicklung in zentralen Logistikregionen führt. Durch die Investition in Logistikimmobilien sind Investoren außerdem nicht an eine bestimmte Branche gebunden, was das Risiko weiter verringert. Nicht zuletzt verfügt dieses Segment durch kurze Planungs- und Bauzyklen über eine hohe Reaktionsfähigkeit: Bauprojekte von Logistikimmobilien können in kurzer Zeit realisiert, gestoppt oder angepasst werden. Dies trägt zur Stabilisierung des Marktes bei.

Hotels bieten Chancen

Hotelimmobilien sind von der Corona-Pandemie in besonderer Weise betroffen. Die Umsätze, die die Hoteliers 2020 erzielt haben, sind dramatisch eingebrochen. Auch das laufende Jahr startete denkbar schlecht - mit einem Lockdown, der den Tourismus in der Wintersaison vielerorts zum Erliegen gebracht hat. Noch ist nicht absehbar, wie sich die Lage im Hotelsektor im weiteren Jahresverlauf entwickeln wird. Derzeit finden daher nur wenige Transaktionen statt. Der Markt ist von hohen Unsicherheiten und Zurückhaltung geprägt.

Dennoch ist nicht davon auszugehen, dass es sich bei den aktuellen Verwerfungen im Hotelsektor um eine strukturelle Krise handelt. Denn es gibt keinen Grund zur Annahme, dass Menschen privat oder dienstlich nach der Krise nicht mehr reisen und keine Hotels mehr brauchen werden. Sobald die Pandemie überwunden ist, dürften Hotels sogar mit am schnellsten profitieren, auch wenn es sicherlich erhebliche regionale und segmentspezifische Unterschiede geben wird, was das Tempo der Erholung anbelangt.

Insbesondere für Anleger mit langfristiger Ausrichtung sind Hotels daher weiterhin eine attraktive Objektart. Sie bieten, gerade weil sie von der Corona-Pandemie stark betroffen sind, sogar viele Chancen für Investoren. Wichtig ist allerdings, beim Investment auf ein gutes Rendite-Risiko-Profil zu achten. Dazu gehört nicht zuletzt, auch bei der Finanzierung das Risiko gering zu halten und die Chancen einer möglichst konservativen Kreditvergabe zu nutzen, die ausreichenden Puffer für etwaige zwischenzeitliche Wertrückgänge bietet.

Einzelhandel leidet unter E-Commerce

Die Situation am Markt für Einzelhandelsimmobilien unterscheidet sich vom Hotelimmobilien-Markt deutlich: Schon länger nimmt der Onlinehandel dem stationären Einzelhandel Marktanteile ab. In den vergangenen Jahren haben die Umsätze im E-Commerce zweistellig zugelegt, 2019 allein um 16,7 Prozent. Die Pandemie hat diese Entwicklung im vergangenen Jahr deutlich verstärkt: Im vierten Quartal lagen die Onlineumsätze in Deutschland um fast 24 Prozent über dem Vorjahresniveau. Damit hat sich die Wachstumsrate im Vergleich zum Weihnachtsquartal 2019 mehr als verdoppelt.

Viele stationäre Einzelhändler leiden daher massiv unter der Corona-Krise. Besonders hart traf es im vergangenen Jahr den Modehandel: Nach einer aktuellen Branchenumfrage des Fachblatts "Textilwirtschaft" verloren die Modehandelsunternehmen in den Einkaufsstraßen und Shoppingcentern in Deutschland 2020 knapp ein Drittel ihrer Erlöse. Derartige Einbußen werden nicht ohne Folgen für die Eigentümer von Einzelhandelsflächen bleiben - früher oder später kommen solche Schwankungen über eine veränderte Immobiliennachfrage auch bei den Anbietern von stationären Verkaufsflächen an.

Da es in unseren Städten aber auch künftig Geschäfte mit hoher Passantenfrequenz geben wird, gibt es keinen Grund, Einzelhandelsimmobilien als Assetklasse grundsätzlich infrage zu stellen. Anleger sind jedoch gut beraten, sich auf Prime-Objekte mit Erlebnischarakter in sehr guten Lagen zu fokussieren, die eine hohe Auslastung auch in der Zukunft versprechen und professionell gemanagt werden.

Geprägt von Veränderungen ist auch die Assetklasse Büroimmobilien. Bei vielen Objekten ist schon jetzt der Trend zu beobachten, dass die Grenzen zwischen "Leben", "Wohnen" und "Arbeiten" verschwimmen. Das Schlagwort heißt "Mixed Use" oder: "Oben wohnen, in der Mitte arbeiten und unten einkaufen." Das zieht neue Anforderungen an die Bauart und Beschaffenheit solcher Immobilien nach sich - wo Modernisierungen nicht möglich sind, wird die Planung und Umsetzung neuer Immobilienprojekte erforderlich sein. Nicht zuletzt müssen dabei Nachhaltigkeitsvorgaben beispielsweise hinsichtlich Energieeffizienz beachtet werden, nicht selten gibt auch das EU-Recht hier die Linie vor. Aber auch das Arbeitsleben selbst unterliegt einem Wandel, der sich auf die Zukunft von Büroimmobilien mittel- und langfristig auswirken wird: Immer mehr Menschen verlegen ihren Arbeitsplatz ins Homeoffice oder arbeiten von unterwegs. Die Pandemie hat diesen Trend verstärkt: Zum einen konnten unter anderem über neue Kommunikationstools konkrete Hürden abgebaut werden, zum anderen brachte die gelebte Praxis gute Ergebnisse.

Das Büro als Ort für Ideen

Dennoch ist nicht davon auszugehen, dass das Homeoffice zum "New Normal" wird. Dagegen spricht erstens die Beobachtung, dass mit der schrittweisen Aufhebung der Social-Distancing-Maßnahmen im Sommer 2020 ein Großteil der Beschäftigten in die Büros zurückgekehrt ist. Hinzu kommt zweitens, dass das Büro als Ort für Ideen, Wissen, Informationsaustausch und den persönlichen sozialen Kontakt eine zu große Rolle spielt. Dieser Ort ist maßgeblich für Produktivitätsgewinne und Innovationskraft. Plausibel erscheint daher eine Mischform aus traditionellem Büro und Homeoffice, bei denen die Mitarbeiter sowohl den häuslichen Schreibtisch als auch die kommunikative Plattform Büro mit erweiterten Nutzungs- und Begegnungsmöglichkeiten nutzen werden.

Schwierig zu prognostizieren ist, wie sich der auch durch die Pandemie beförderte Trend zum "Teilzeit-Homeoffice" auf den Immobilienmarkt konkret auswirken wird. Während manche Branchenbeobachter davon ausgehen, dass es bei der Büronachfrage mittelfristig zu einem Rückgang von bis zu minus 30 Prozent kommen könne, sind andere Schätzungen weitaus optimistischer. Legt man für den Blick in die Glaskugel die Entwicklung der fünf deutschen Topmärkte im zurückliegenden "Corona-Jahr" zugrunde, ergibt sich ein relativ stabiles Bild: Zwar verfehlte die Entwicklung im Gesamtjahr 2020 deutlich das Vorjahresergebnis, aber sie bewegte sich noch immer auf dem Niveau des zehnjährigen Durchschnitts. Angesichts der Krise und dem damit einhergehenden vorsichtigen Verhalten vieler Immobilienmieter ist das ein durchaus respektables Ergebnis. Festzuhalten bleibt zudem, dass gerade hochmoderne Flächen weiterhin stark nachgefragt sind.

Über alle Assetklassen hinweg stellt sich im gewerblichen Immobilienmarkt somit eine Situation dar, die pandemiebedingt zwar mit vielen Unsicherheiten und Veränderungen behaftet ist, jedoch insgesamt als zukunftsfest bezeichnet werden kann. Gewerbliche Immobilienfinanzierer sind in der jetzigen Situation gut beraten, wenn sie ihr Kreditbuch robust gestalten, einem konservativen Risikoprofil entsprechen und das Immobilienportfolio über alle Assetklassen hinweg breit diversifizieren. Im Vorteil werden 2021/2022 insbesondere diejenigen Anbieter sein, die auf erstklassige Assets und solvente Kunden setzen.

Für die Stabilität des eigenen Kreditbuches hat es sich für gewerbliche Immobilienfinanzierer wie die Aareal Bank als vorteilhaft erwiesen, frühzeitig auf die Kunden zuzugehen und den kontinuierlichen Austausch zu suchen. So können mögliche Risiken in einem frühen Stadium ermittelt und größere finanzielle Unterstützungen vermieden werden. Darüber hinaus trägt der enge Austausch dazu bei, das Vertrauen zwischen den Akteuren zu erhalten, möglicherweise sogar auszubauen - ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Bewältigung dieser Krise und der Grundstein für zukünftigen Erfolg.

DER AUTOR CHRISTOF WINKELMANN Mitglied des Vorstands, Aareal Bank AG, Wiesbaden
Christof Winkelmann , Mitglied des Vorstands , Aareal Bank AG, Wiesbaden

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X