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GLOBALE BÜROMÄRKTE: WORAUF IMMOBILIENAKTIENINVESTOREN ACHTEN SOLLTEN

Claudia Reich Floyd, Foto: Hazelview

Die globalen Märkte für Büroimmobilien differenzieren sich immer mehr aus - nicht nur wegen der unterschiedlichen Bürobelegung aufgrund von Covid-19 und Lockdowns. Kenntnis und Berücksichtigung regionaler, branchenspezifischer und kultureller Unterschiede entscheiden über Erfolg oder Misserfolg eines globalen Portfolios. Für institutionelle Anleger kann es nach Einschätzung der Autoren daher sinnvoll sein, mehr Geld in Fonds börsennotierter Immobilienaktien (Real Estate Investment Trusts, REITs) zu investieren, anstatt direkt in Büros in Märkten, mit denen sie nicht ausreichend vertraut sind. Red.

Obwohl seit der massenhaften Verbreitung von Covid-19 fast zwei Jahre vergangen sind, wissen viele Unternehmen noch nicht genau, wie ihre langfristige Strategie im Hinblick auf die Arbeit im Büro und zu Hause aussehen wird. Höchstwahrscheinlich werden wir erst im kommenden Jahr eine weit verbreitete Rückkehr ins Büro erleben, bevor die Unternehmen ihren überarbeiteten, langfristigen Raumbedarf wirklich einschätzen können. In der Zwischenzeit könnte die negative Stimmung für Büros anhalten, da die Investoren nicht bereit sind, Kapital in einen Sektor zu investieren, in dem die langfristige potenzielle Zerstörung der Nachfrage noch nicht genau quantifizierbar ist.

Verbesserte Belegungsdaten sind mit Vorsicht zu genießen

Es gibt allerdings Hoffnung: Jeffries Global Property hat anhand von Google-Mobilitätsdaten Bürotrends und Auslastung untersucht. Diesen Daten zufolge ist die Büronutzung im Oktober 2021 in New York auf 50 Prozent, in London auf 63, Paris 68, Mumbai 72, Tokio 93 und in Hongkong sogar auf 116 Prozent im Vergleich zum historischen Durchschnitt gestiegen. Die Büronutzung verbessert sich weiterhin in allen Regionen, mit Ausnahme von Sydney (34 Prozent), wo der jüngste Lockdown erst im Oktober endete, und in Singapur (17 Prozent), wo er zu Herbstbeginn 2021 wieder eingeführt wurde.

Diese verbesserten Belegungsdaten sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Rolle des Büros als reiner Arbeitsraum dramatisch verändert hat. In der Vergangenheit nutzten Arbeitgeber Büros als Unterscheidungsmerkmal, wobei Spitzenunternehmen Millionen ausgaben, um ihren Beschäftigten die bestmögliche Arbeitsumgebung zu bieten. Heute scheinen immer mehr die Arbeit von zu Hause aus oder hybride Arbeitsmodelle zu bevorzugen.

In den USA und Kanada ist eine Rückkehr in die Büros nicht vor dem ersten Quartal 2022 zu erwarten. Viele Menschen in den Vereinigten Staaten haben erkannt, wie effizient sie von zu Hause aus arbeiten können, und bevorzugen ein hybrides Arbeitsumfeld, insbesondere wenn sie viel pendeln müssen. Dies gilt vor allem für New York und Washington. In den sogenannten Sun-Belt-Staaten im Südwesten und Südosten der USA hingegen kehren wieder mehr Menschen ins Büro zurück, während Beschäftigte in den Technologieunternehmen an der Westküste weiterhin gerne von zu Hause aus arbeiten.

Im Laufe des Jahres 2020 und Anfang 2021 trockneten die Kapitalmärkte für die meisten wertsteigernden beziehungsweise opportunistischen Büroinvestitionen aufgrund der unterschiedlichen Erwartungen von Verkäufern und Käufern aus. Core-Anlagen mit langfristigen Mietverträgen von kreditwürdigen Mietern waren die Hauptkategorie von Vermögenswerten, die in dieser Zeit gehandelt wurden. Die Preise für diese Art von Vermögenswerten blieben stabil oder stiegen sogar im Vergleich zur Zeit vor Covid, da sie anleiheähnlichen Charakter haben und von jeglichem mittelfristigen Gegenwind im Bürosektor abgeschirmt sind. Hinzu kamen die weit verbreitete Verfügbarkeit und die niedrigen Kosten von Krediten.

Die Value-Add- und opportunistischen Märkte haben in den vergangenen Quartalen begonnen, sich zu öffnen. Dabei ist eine zunehmende Anzahl von Geschäften entweder bereits unter Vertrag oder wird noch abgeschlossen, weil sich die Käufer wieder mit der Übernahme von Mieten, Mietwachstum und Annahmen zur Wiedervermietung wohler fühlen. Mehrere öffentliche Büro-REITs haben in den vergangenen ein bis zwei Quartalen wertsteigernde Investitionen getätigt.

USA: Büro-REITs mit hohen NAV-Abschlägen

Seit der globalen Finanzkrise werden Büro-REITs in den USA in der Regel mit großen Abschlägen zum Nettoinventarwert (NAV) gehandelt, die sich im Laufe der Zeit noch vergrößert haben und in der Zeit nach der unmittelbaren Covid-Krise erheblich gestiegen sind. Dies ist auf das schlechtere Renditeprofil von Büroimmobilien als Anlageklasse zum NAV zurückzuführen, da die hohen Instandhaltungsinvestitionen und Leasingkosten die Rendite schmälern.

Angesichts des schlechteren Renditeprofils zum Nettoinventarwert haben die öffentlichen Märkte in den USA die Anlageklasse diskontiert, sodass die impliziten Multiplikatoren deutlich unter den von der Verkaufsseite angewandten Kapitalisierungsraten für den NAV liegen. Die große Diskrepanz zwischen den öffentlichen und privaten Marktpreisen für Büroimmobilien in den USA ist auf die schwachen oder unsicheren langfristigen Wachstumsaussichten zurückzuführen. Dies ist für einen Investor im öffentlichen REIT-Sektor von größerer Bedeutung als für einen privaten Investor mit einer Haltefrist von drei bis fünf Jahren und einem spezifischen Investitionsplan. Viele Städte in den USA gingen mit vielen Gebäuden, die sich noch im Bau befanden, in die Krise sowie mit einem Leerstand, der im Vergleich zur Vergangenheit bereits hoch war.

Hinzu kam ein Rekordvolumen von Flächen, die aufgrund von Covid auf den Untervermietungsmarkt geworfen wurden, weil Unternehmen versuchten, ihre festen Verpflichtungen für nicht mehr benötigte Flächen loszuwerden. Dieses Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Büroflächen führte in vielen großen Metropolen zu den höchsten Leerstandsraten aller Zeiten. Und obwohl sich das Angebot nach Untermietflächen in den vergangenen Monaten allmählich verringert hat, ist es nach wie vor sehr hoch. Es wird einige Zeit dauern, bis es sich normalisiert haben wird, und währenddessen wird dieses Angebot als Überhang auf dem Markt bleiben und wahrscheinlich die Preisgestaltungsmacht der Vermieter dämpfen.

Der Blick über die Grenze nach Norden offenbart, dass Calgary, die drittgrößte Stadt Kanadas, einer der schlechtesten Büromärkte Nordamerikas ist. Die Stadt ist vom Öl- und Gassektor abhängig, der seit dem Preisverfall 2014/15 leidet. Die Leerstände liegen bei über 30 Prozent. Obwohl der Ölpreis wieder steigt, wird es wohl noch lange dauern, bis der Büromarkt von Calgary wieder ins Gleichgewicht kommt. Toronto, Montreal und Vancouver gingen mit wesentlich besseren Angebots-/Nachfrage-Fundamentaldaten in die Krise und obwohl sich der Markt auch dort verschlechterte, war dies nicht annähernd so schlimm wie in einigen großen Städten in den USA.

Im asiatisch-pazifischen Raum ist das Bild sehr gemischt: Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels waren China und Hongkong vollständig geschlossen, Neuseeland ebenfalls (wieder) und Singapur hatte sich zum Herbstbeginn 2021 international geöffnet, zahlte aber den Preis mit Beschränkungen im öffentlichen Leben.

Abbildung 1: Entwicklung der Leerstandquoten im Bürosektor (in Prozent)* Quelle: JLL, Oktober 2021

Gemischtes Bild für Asien-Pazifik

In Japan, das mit 11 Prozent die zweitgrößte Gewichtung im FTSE EPRA NAREIT Global Real Estate Developed Index aufweist, endete der letzte Lockdown erst am 30. September 2021. Das Angebotswachstum in der Region wird in den nächsten zwei Jahren unter dem langfristigen Durchschnitt bleiben. Wir sehen ein anhaltend starkes Interesse an japanischen Büroimmobilien auf dem privaten Markt, wobei die Multiplikatoren über das 28-Fache steigen. Im Bemühen, die Verfügbarkeit von Flächen von hoher Qualität zu erhöhen, werden sogar alte Bürogebäude umgenutzt, um sie erdbebensicherer zu machen.

Während die physische Büropräsenz in Australien laut einer Analyse von CBRE Anfang Oktober 2021 unter zehn Prozent lag und sich in erster Linie auf die zentralen Geschäftsbereiche ("Central Business Districts", CBD) von Sydney und Melbourne bezog, lag die Nachfrage nach Büroflächen in Sydney auf dem höchsten Stand der vergangenen vier Jahre. Die Verfügbarkeit von Untermietflächen ist gegenüber dem Vorquartal um mehr als ein Fünftel gesunken.

In China und den meisten asiatischen Ländern ist der drohende Zusammenbruch des Immobilienkonzerns Evergrande immer noch ein tägliches Thema, das sich auf den asiatischen Büroimmobilienmarkt auswirkt. Im Oktober scheiterte der Verkauf von 50,1 Prozent der Evergrande Property Services an den Konkurrenten Hopson Development ebenso wie der Verkauf der Zentrale in Hongkong. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die chinesische Regierung bereit ist zu intervenieren.

Dies alles passiert in einer Zeit, in der die China Greater Bay Area, welche die großen Städte auf dem südlichen chinesischen Festland mit Hongkong und Macau verbindet, mit anderen Weltklasse-Städteclustern wie der San Francisco und New York Bay Area um globale Geschäfte, Vermögenswerte, Infrastruktur und Talente konkurriert. Während die Weltpolitik dabei mehr (Handelsspannungen zwischen den USA und China) oder weniger (Brexit und die Finanzindustrie) eine Rolle spielt, gibt es auch eine Rivalität unter den Zentren der China Greater Bay Area, insbesondere zwischen Hongkong und Singapur.

Allerdings könnte insbesondere Hongkong - mit seinem drängenden Wohnungsmangel, dem wachsenden Druck der Kommunistischen Partei Chinas und den zunehmenden sozialen und wirtschaftlichen Problemen - von einem anderen großen Akteur in der Region in den Schatten gestellt werden: Singapur. Dort gibt es eine Fülle von Grundstücken (insbesondere rund um die Marina Bay) für künftige Bürostandorte, eine niedrige Einkommenssteuer (17 Prozent) und das Interesse einer wachsenden Zahl von Finanzinstituten, Büros zu eröffnen und Mitarbeiter dorthin zu verlagern.

Abbildung 2: Entwicklung der Büromieten (Stand Q3/21, zum Vorjahr in Prozent)* Quelle: JLL, Oktober 2021

Höheres Mietniveau in europäischen Büros

Die Auslastung der Büros in Europa ist, mit Ausnahme von London, durchweg höher als in den USA. Dennoch ist der europäische Büromarkt bei den Kapitalmärkten nach wie vor unbeliebt und die Preisunterschiede zwischen dem börsennotierten und dem nicht-börsennotierten Markt, die sich in Transaktionen niederschlagen, sind erheblich.

In Irland beispielsweise bestätigte Hibernia im Oktober den Verkauf von One und Two Dockland Central für 152,3 Millionen Euro (1 032 Euro pro Quadratfuß, rund 96 Euro pro Quadratmeter). Die Veräußerung erfolgte "geringfügig über" dem Buchwert, wobei Hibernia zu diesem Zeitpunkt mit einem Abschlag von 30 Prozent auf den Nettoinventarwert (NAV) gehandelt wurde. Auch das Anfang November bekannt gegebene Übernahmeangebot von Brookfield an die Anteilseigner von Alstria, das 17 Prozent über dem Aktienkurs des Vortages und 6,8 Prozent über dem zuletzt berichteten NAV lag, verdeutlicht die Arbitrage zwischen direktem Kapital und den Preisen der gelisteten REITs. In Spanien, Frankreich, den Benelux-Ländern und dem Vereinigten Königreich liegen die Abschläge auf die Vermögenspreise auf einem ähnlichen Niveau (20 bis 30 Prozent).

Doch die Meinung der Kapitalmärkte wird hauptsächlich von angelsächsischen Zentren wie New York und London bestimmt, wo die meisten einflussreichen Manager von Finanzinstituten immer noch gerne von zu Hause aus arbeiten. Auch die Research-Häuser sind im börsennotierten Sektor eher auf die große Gewichtung der Londoner und Pariser Büroportfolios fokussiert. Um ein Beispiel zu nennen: Im börsennotierten kontinentaleuropäischen Bürouniversum des renommierten Research-Anbieters Greenstreet Advisors ist Deutschland nur mit einem Prozent vertreten, während kleinere Länder wie Irland und Benelux überhaupt nicht vorkommen. Wir glauben, dass die Sicht der Kapitalmarktinvestoren durch diese einseitige Darstellung der Märkte sowie die Verallgemeinerung von Büroimmobilien auf ein Wachstums- und Risikoprofil verzerrt wird.

Die Differenzierung der Standorte und Vermögenswerte ist vielfältig. In Städten mit kürzeren Pendlerzeiten wie Mailand gehen die Mitarbeiter gerne wieder ins Büro, um ihre Kollegen zu treffen, was insgesamt auch für Menschen in Kulturen mit einer ausgewogeneren Work-Life-Balance zutrifft. Innerhalb Europas beträgt die durchschnittliche Pendlerzeit 25 Minuten, wobei London mit 30 Minuten den höchsten Wert aufweist, was jedoch noch deutlich unter den nordamerikanischen Vergleichen liegt. Paris ist sechsmal dichter besiedelt als London, was darauf hindeutet, dass es weniger Möglichkeiten gibt, Wohnräume in Homeoffices umzuwandeln.

In Deutschland, wo die Wirtschaft vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen getragen wird, ist es schwieriger, die Kultur der Arbeit in einem Büro zu ändern. Viele der Geschäftszweige sind auf einen persönlichen Austausch angewiesen. In Amsterdam wird der Anteil der Heimarbeit, des "Working from Home" (WFH), wahrscheinlich auf 33 Prozent steigen - allerdings lag dieser Anteil schon 2019 bei 25 Prozent. In Verbindung mit einem prognostizierten Arbeitsplatzwachstum von 2,8 Prozent pro Jahr bis 2024 machen wir uns daher keine Sorgen über den Einfluss von WFH auf diesen Markt. Ein ähnliches Ausmaß an Fernarbeit wird auch in Skandinavien schon seit Langem praktiziert und sollte damit wenig Veränderung der aktuellen Lage mit sich bringen.

Abbildung 3: Aktuelle Leerstände und Development-Pipeline im Bürosektor (in Prozent des Gesamtbestands) Quelle: JLL, Oktober 2021

Polarisierung des Bestandes wird weiter erhöht

Abgesehen davon, dass bestimmte Städte aufgrund unterschiedlicher Mieterstrukturen oder kultureller Einflüsse eine andere Dynamik aufweisen, können die Parameter der Vermögenswerte aber auch mehr oder weniger homogen sein - je nach der Qualität des Bürobestands an einem Standort insgesamt. So macht in Madrid die Klasse A nur etwa ein Drittel des CBD-Bestands aus und der Leerstand lag Mitte 2021 bei 3,2 Prozent. In Paris beträgt der Anteil der Klasse A sogar nur sechs Prozent des CBD mit einem Leerstand von 0,4 Prozent. Eine ganz bedeutende Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch die weltweiten Ziele der Emissionsreduzierung; deren Komplexität würde einen weiteren Artikel zu diesem Thema füllen. Aber so viel ist klar: Die Ansprüche an und die Parameter von Immobilien werden die Polarisierung des Immobilienbestandes noch weiter erhöhen.

Unter dem Strich sehen wir selektiv sehr attraktive Einstiegspunkte für Investitionen in europäische Büro-REITs mit zweistelligen Abschlägen, Leerstandsquoten von unter 5 Prozent und einem Mietwachstumspotenzial im hohen einstelligen Bereich im Vergleich zu den aktuellen Mieten vor Ort.

Claudia Reich Floyd , Portfoliomanagerin und Leiterin des Deutschland-Büros , Hazelview Investments, Hamburg
Dr. Daniel Feldmann , Director , Hazelview Investments, Hongkong
Kyle Yancan , Associate , Hazelview Investments, Toronto

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