Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft

Immobilienfinanzierung 2025 - mit oder ohne Banken?

Altfried M. Lütkenhaus

Fintechs in der Immobilienfinanzierung - kann das funktionieren? Als "entweder ineffizient oder Bauernfängerei" bezeichnet Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung, die bisherigen Ansätze des Crowdfunding. Auch der Autor ist skeptisch. Ihm zufolge bleibe menschliche Erfahrung für gewissenhafte Prüf- und Beratungsprozesse auch in Zukunft unverzichtbar. Trotzdem müssen Banken ihre Rolle vor dem Hintergrund veränderter Ansprüche an die Immobilie im Zeitalter der Digitalisierung überdenken. Am Ende könnten Fintechs und Banken zur Einsicht gelangen, dass Kooperationen von Vorteil sind. Red.

Immobilienfinanzierung ohne Banken ist wie ein Zug ohne Räder. Es geht - aber um welchen Preis? Oder anders gefragt: Was ist das - eine Bank? Die Frage, ob Immobilienfinanzierungen in zehn Jahren ohne Banken möglich sind, impliziert stillschweigend zwei Grundannahmen: Erstens, eine Bank ist auch in zehn Jahren noch das, was wir uns heute darunter vorstellen, was wir also bestens zu kennen glauben - und was wir inzidenter für ziemlich veränderungsträge halten. Und zweitens, neue Angebote am Markt, vor allem durch Fintechs erfunden, stellen die Rolle der "klassischen" Banken grundsätzlich infrage.

Beide Annahmen sind nicht berechtigt. Der Begriff von einer Bank ist heute anders "aufgeladen" als noch vor 25 Jahren. Seinerzeit traten die Direktbanken ihre Erfolgsgeschichte an, die nur durch die fortschreitende Technisierung der Kommunikation ermöglicht wurde. Erste "Direktbanken" waren zwar schon früher entstanden, aber solange weder die Kommunikationsnetze ausreichend kapazitiv, technisch leistungsfähig und die Vertraulichkeit schützend ausgebaut waren, noch ein ausreichend breites Produktangebot der Banken quasi im Selbstbedienungsweg abwicklungsfähig war, waren Direktbanken eine verborgene Blüte unter den Finanzdienstleistern - mit Potenzial zwar, aber ohne Marktakzeptanz. Wie die Magnetschwebebahn!

Solidität als Anker des Vertrauens

Seit die Direktbanken erfolgreich sind, hat die Wettbewerbsintensität zweifellos zugenommen und es würde uns als Kunden unbestritten etwas fehlen, gäbe es dieses Angebot nicht. Aber hat das Modell Direktbank das Modell Filialbank/ Bank mit persönlicher Beratung überflüssig gemacht? Offensichtlich nicht. Hat die Entwicklung des Modells Direktbank wenigstens unser Bild von einer soliden, unverrückbar dastehenden (aber auch wenig innovativen) Bank verändert, also unser Bild davon, was eine Bank ist oder sein sollte? Das ist nicht eindeutig zu beantworten. Es kommt auch nicht darauf an, denn anscheinend ist auch das "neue" Bankmodell in unseren Begriffsschatz als ein ebenso unveränderliches Modell eingegangen. Bank ist Bank; in ihrer unverrückbaren Solidität unterscheiden sich alle Banken nicht. So jedenfalls unsere Wunschvorstellung.

Das ist der Kern: Damit wir einer Bank Geld anvertrauen oder sie als Geschäftspartner in "Gelddingen" akzeptieren, hat sie felsenfest zu sein. Diese Unveränderlichkeit im besten Sinne der Solidität ist der Anker für unser Vertrauen. Nur wenn wir an diesen Aspekt gerade einmal nicht denken, steht "Bank" für träge, verschlafen, von gestern und wenig innovativ. Und Banken mit traditionell und wohlbegründet eher behutsamer Veränderungskultur machen solche Assoziationen nicht gerade weniger verführerisch!

Zur zweiten Grundannahme lässt sich feststellen, dass die quicklebendigen, agilen und innovativen Fintechs, die den Banken das Wasser abgraben werden, natürlich auch in der Immobilienfinanzierung relevant sind. Es ist richtig, dass in der Regel junge Entrepreneure mit hervorragender Ausbildung zumeist technisch induzierte Finanzdienstleistungsinnovationen auf den Markt bringen. Die Ideen dazu entstehen nicht innerhalb von Organisationen - wie den Banken -, die streng regelbasiert arbeiten (müssen) und staatlich beaufsichtigt werden. Das prägt den Menschen.

Die Ideen entstehen in freien, kreativen Atmosphären unter dem Impuls, etwas auszuprobieren, in Toleranz-"Räumen" für das Scheitern (wo das Scheitern noch nicht viel kostet; dafür darf der berühmte business case kürzer sein). Scheitern in Banken hingegen "geht gar nicht", und damit stehen Banken nicht alleine da. Nun ist die Idee da und das Fintech ist gegründet. Und dann? Es gibt viele, scheinbar überzeugende technische Innovationen, die ihren Markt nicht gefunden haben.

Vorteile der Zusammenarbeit

Die Herausforderung für Fintechs ist, schnell einen relevanten, erfolgskritischen Markt zu erreichen, übrigens auch, um ähnlichen guten Ideen mit vergleichbarer Funktionalität anderer Kreativer voraus zu sein. Dafür ist die Zusammenarbeit mit einer Bank eine vorteilhafte Strategie. Die Bank profitiert von der Innovation als einer Bereicherung ihres Geschäftsmodells, das Fintech vom Marktzugang als notwendiger Bedingung für den Beweis der Werthaltigkeit der Idee.

Es fällt ein bisschen schwer zuzugeben, dass eine Bank auch von den sogenannten disruptiven Ideen profitieren kann, die klassische Bankprodukte ersetzen oder Prozesse beziehungsweise Wertschöpfungsketten so revolutionieren, dass bisher dafür vorgehaltene Ressourcen überflüssig werden. Crowdfunding ist eine solche Idee. Abgesehen davon, dass eine Internet-Geld-Vermittlungsplattform nicht mehr der kreative Durchbruch ist, steht allerdings infrage, welche Qualität an Objekt- und Rentabilitätsprüfung der Investitionsentscheidung vorausgeht. Qualität durch Granularität zu ersetzen, ist keine gute Strategie. Das erste Scheitern steht noch aus. Oder es sind weitere Ideen gefragt, wie "handwerklich" solide Prüfung - mit innovativer technischer Unterstützung - den Investitionsprozess begleiten kann.

Neupositionierung der Banken

Hier könnten sich die Immobilienfachleute aus Banken positionieren, nur nicht mehr für einen Zins, aber für eine Provision. Jedenfalls bedeutet eine frühe Adaption eine rechtzeitige Restrukturierung der Organisation, damit die Bank auch morgen noch die Bank ist, felsenfest und vertrauenswürdig - eben so, wie wir sie seit Jahrzehnten kennen und schätzen. Fintechs können unangenehme Mit- oder Gegenspieler sein. Grundsätzlich überwiegt aber die Sicht auf ein fruchtbares Nebeneinander von Fintech und Bank. Diese Sicht dürfte für beide Seiten gelten.

Daraus folgt: Die Bank wird 2025 anders aussehen. Aber wir werden sie noch haben. Denn unabhängig von dem Begriff, den wir uns von "Bank" machen, braucht es weiterhin ihre Funktionalität. In erster Linie liegt diese in ihrem Buch begründet. Sie führt - um es auf diesen einzelnen Aspekt zu fokussieren - die Immobilienfinanzierung auf ihrer Bilanz. Fintechs können auch viel Geld sammeln. Aus Sicht der Bank ist das Geld vieler Teilnehmer der Crowd aber Eigenkapital.

Da sollte - wirtschaftlich rational - ein anderer, höherer Renditeanspruch bestehen als beim Kredit. Hier liegt der Vorteil bei den Banken. Fintechs sind entweder Vermittler oder (noch) zu klein, sodass ihre bilanzielle Leistungsfähigkeit für die erforderlichen Kreditvolumina nicht ausreicht. Außerdem ist es nicht ihr "Geschäftsmodell". Wenn aber doch, warum sind sie dann nicht Bank? Geradezu folgerichtig strebt so manches Fintech derzeit eine Banklizenz an - wenn auch nicht für die Immobilienfinanzierung. Es soll nur beispielhaft stehen für eine natürliche Migration der Fintechs in Richtung Bank.

Analyse- und Beratungsfunktion

Zu beobachten ist aber ein wachsendes Interesse von institutionellen Investoren wie Versicherungen oder Fonds, unter anderem in die Immobilienfinanzierung zu gehen. Die Suche nach der Rendite zur Befriedigung von Ansprüchen aus anderen Geschäftsmodellen als dem der Banken treibt das Interesse.

Muss, was heute in verschiedene Geschäftsmodelle getrennt ist, getrennt bleiben oder können die genannten Finanzierer Banken tatsächlich überflüssig machen? Die Antwort lautet klar und eindeutig: Sie müssen getrennt bleiben, und zwar zum Schutz beider beziehungsweise aller Geschäftsmodelle.

Dafür werden auch Regulierung und Aufsicht Sorge tragen. Solange es ein Interesse von Anlegern gibt, Geld liquide zu halten und für welche (kurze) Frist auch immer zu parken, bevor es - vielleicht - verwendet wird, und dieses Interesse nach Zahl der Anleger und Volumen ausreichend groß ist, solange wird es ein Fristentransformations-Geschäftsmodell geben, das einer spezifischen, sinnvollen und zunehmend strengeren Regulierung unterworfen ist. Solange die Geldmenge wächst, möglichst im Takt realer Wertschöpfung, solange wird es diesen Bedarf geben.

Nun ist das nur die volkswirtschaftliche Seite der Funktionalität. Es gibt auch die betriebswirtschaftliche Seite, die sich im Wesentlichen in zwei Funktionen ausprägt: zum einen die Analyse-, zum anderen die Beratungsfunktion. Die Analyse ist der handwerkliche Teil. Die Bonität des Interessenten muss ebenso geprüft werden wie die Objektunterlagen. Am Ende steht das Urteil über die nachhaltige Risikotrag- und Kapitaldienstfähigkeit des Kunden. Im Prüfprozess gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte für gute neue Ideen: für eine Technisierung, die Verschlankung von Arbeitsschritten, einen vollelektronischen Workflow und Datenaustausch, zum Beispiel auch mit Genehmigungsbehörden, Grundbuchämtern, Notaren und Gutachtern.

All das ist in Banken mit dem Ziel der Prozesskostensenkung und eines Geschwindigkeitsgewinns höchst willkommen. Gleichwohl ist das nicht alles. Genauso gut gehört ein gerüttelt Maß an Erfahrung, ja oft genug auch Koordinierungsgeschick und Fingerspitzengefühl von Beratern dazu, die Interessen der typischerweise vielen verschiedenen Beteiligten konstruktiv zum Ziel zu führen. Das müssen keine Bankberater sein, das geht auch selbstständig. Nur ist das wieder eine Schnittstelle mehr. Deswegen arbeiten die meisten solcher Berater in Banken, und nicht nur zufällig!

Hier besteht für Banken ein Grund, selbst bewusst für sich in Anspruch zu nehmen, dass diese Marktfunktion nicht so leicht zu ersetzen ist. Das wissen auch die mehr oder weniger neuen Wettbewerber aus der Szene der Institutionellen. In der Regel halten sie, zumindest für das Massengeschäft, solche Kapazitäten nicht vor. Eher streben sie Kooperationen an.

Berater: wertvolle Erfahrung

Wir sind schon im intellektuellen Teil, der Beratung und haben bis jetzt die Erfahrungstradition reflektiert. Auch hier wird sich einiges ändern, was zugleich das Bild der Bank verändert. Durch die Digitalisierung unseres gesamten Lebens und Umfelds, durch die fortschreitende Verschränkung von Beruf und Freizeit, Wohnen und Arbeiten, durch sich wandelnde Kundenansprüche ist mit stärkeren Veränderungen von Nutzungskonzepten von Immobilien zu rechnen. Diese selbst müssen flexibler werden. Wie geht das?

Stellen wir uns vor, dass Immobilien demnächst erst einmal nichts weiter als eine funktionale Hülle sind. Die Hüllenfunktionen sind unter anderem die Raumschaffung, der Schutz vor äußeren Einflüssen sowie die Wärme- und Kälteisolierung.

Die Immobilie von morgen

Daneben tritt dann die flexible Inhaltsfunktion. In den Hüllenraum werden Module geschoben, wie zum Beispiel Wohnraum, Büro, Werkstatt, oder Ladengeschäft. Eben alles was man im Leben so braucht - aber wandelbar über die Zeit. Eines ist sicher: Wir reden dann nicht mehr über eine Immobilienfinanzierung, sondern über viele an einem Standort, die sich überdies im Zeitablauf überlappen, verändern, entwickeln, je nach den sich wandelnden Nutzungsansprüchen. Wir reden dann wahrscheinlich auch nicht nur über eine Bank, sondern über viele Finanzierer, wie beispielsweise Leasinggesellschaften, die Module finanzieren könnten (übrigens: Leasinggesellschaften werden häufig von Banken refinanziert).

Es muss aber jemanden geben, der auch das wieder koordiniert. Was liegt näher, als an einen Bankberater (neuen Typs) zu denken, der auf langem Erfahrungswissen aufbauen kann? Dieser ist der Finanz-Ingenieur Real Estate - und da die Banken ja offensichtlich um ihre Rolle kämpfen müssen - der "FIRE-Fighter" der Immobilienfinanzierung der Zukunft. Fazit: Die Immobilienfinanzierung im Jahr 2025 - so wie heute, also meistens mit Banken.

Der Autor Dr. Altfried M. Lütkenhaus Mitglied des Vorstands, Frankfurter Sparkasse, Frankfurt am Main
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