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KONSORTIALGESCHÄFT: DAS ERSTE HAUS AM PLATZ ALS GÜTESIEGEL

Stephan Heindl Quelle: Berliner Sparkasse

Mit vereinten Kräften gehen bekanntlich viele Dinge im Leben leichter von der Hand. Und auch in der gewerblichen Immobilienfinanzierung erfährt dieser Ansatz in Form von Konsortialfinanzierungen eine steigende Bedeutung. Über die Vorzüge dieses Geschäfts weiß der Autor basierend auf Erfahrungen innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe zu berichten. Gerade bei großvolumigen Immobilienprojekten sei es durchaus sinnvoll, die Finanzierung nicht vollständig selbst zu übernehmen, sondern sie mit regional oder überregional aufgestellten Partnern gemeinsam zu stemmen. Als effizient hätten sich in der Praxis Konsortien mit drei und höchstens fünf Partnern erwiesen, da andernfalls die Komplexität zu hoch und die Abstimmungswege zu lang würden. Red.

Was haben der Potsdamer Platz, das Westlight in der City West und der Mercedes-Platz an der East Side Gallery direkt an der Spree gemeinsam - abgesehen davon, dass sie sich alle in Berlin befinden? Hinter den beiden großen Projektentwicklungen sowie einer der umfangreichsten gewerblichen Immobilientransaktionen der vergangenen Jahre stehen namhafte Investoren aus Nordamerika. Auf der Finanzierungsseite hingegen finden sich in allen drei Fällen Konsortien vornehmlich deutscher Kreditinstitute - immer unter Beteiligung der Berliner Sparkasse.

Vermeidung von Klumpenrisiken

Die drei Beispiele stehen stellvertretend für Entwicklungen in der gewerblichen Immobilienfinanzierung, die sich insbesondere in Berlin beobachten lassen: Das Konsortialgeschäft wird für immobilienfinanzierende Banken wichtiger. Innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe beispielsweise schließen sich Sparkassen, Landesbanken und/oder Pfandbriefbanken immer öfter zusammen, um besonders großvolumige Finanzierungen gemeinsam zu übernehmen. Angesichts des dynamischen Marktgeschehens in den vergangenen Jahren wächst die Zahl solcher großvolumigen Finanzierungen, die sich nicht selten in dreistelliger Millionenhöhe bewegen. Gleichzeitig wollen und müssen die Institute allzu große Klumpenrisiken vermeiden. Deshalb bietet sich die Aufteilung solcher Finanzierungen auf mehrere Schultern mit jeweils kleineren Losgrößen an. Das gilt umso mehr für vergleichsweise kleine Institute mit überwiegend regional fokussiertem Geschäftsmodell.

Ein weiterer Trend, der sich in den drei Beispielen widerspiegelt, ist das starke Engagement internationaler Investoren auf dem deutschen Immobilienmarkt. Knapp die Hälfte des Transaktionsvolumens am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt stammte im ersten Halbjahr 2018 - ähnlich wie in den Vorjahren - von internationalen Investoren, und davon floss ein Großteil in die sieben A-Städte. Das betrifft jedoch nicht mehr allein die Spitzenlagen der großen Städte; inzwischen ist auch an B-Lagen sowie in manchen kleineren Städten internationales Interesse zu beobachten.

Internationale Investoren vertrauen auf lokale Kreditinstitute

Kein Wunder: Die Ankaufsrenditen, beispielsweise für Core-Büroobjekte in den A-Städten, sind großflächig auf unter vier Prozent gesunken. Anleger auf der Suche nach höheren Rendite- oder Wertsteigerungspotenzialen müssen sehr viel genauer und geduldiger nach einem passenden Immobilieninvestment suchen. Internationalen Investoren fehlt dazu jedoch oftmals das lokale und regionale Know-how. Nationale, allen voran lokale Partner auf der Finanzierungsseite, können helfen, diese Lücken in der Marktkenntnis zu schließen.

Hinzu kommen die Besonderheiten des deutschen Immobilienmarkts im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Während der französische und der britische Immobilienmarkt vom Geschehen in der Hauptstadt dominiert werden, hat Berlin nicht dieselbe Stellung wie Paris oder London. Internationale Investoren haben die Potenziale der deutschen Hauptstadt zwar in den vergangenen Jahren zunehmend kennen und schätzen gelernt. So souverän wie an der Seine oder an der Themse sind die Investoren an der Spree aber meist noch nicht unterwegs - zumal sich Berlin die Aufmerksamkeit der Kapitalanleger mit Hamburg, München oder Frankfurt teilen muss. Auch deshalb ist genaue Marktkenntnis durch lokale Partner in Berlin schwieriger zu ersetzen als in vielen anderen Hauptstädten und internationalen Metropolen.

Fragmentierter deutscher Bankenmarkt von Vorteil

In den meisten europäischen Ländern sind die Zentralen der wichtigsten national agierenden Finanzinstitute in der Hauptstadt angesiedelt. In der gewerblichen Immobilienfinanzierung bedeutet eine Finanzierung in der Hauptstadt mithin ein Heimspiel für sie. Das ist in Deutschland anders - wobei sich die großen Geschäftsbanken sowie zahlreiche Landesbanken durchaus Niederlassungen an der Spree leisten. Dennoch: Der ortsansässige Platzhirsch ist in Berlin - anders als in London oder Paris - kein national agierender Player, sondern die örtliche Sparkasse.

Zugleich unterscheidet sich auch der deutsche Bankenmarkt signifikant von denen anderer europäischer Länder. Während sich in Frankreich, Großbritannien, Spanien oder den Niederlanden ein Großteil des Marktes auf wenige Institute konzentriert, ist Deutschland geprägt von einer stark fragmentierten Bankenlandschaft, der Hunderte regional ausgerichtete Sparkassen und Genossenschaftsbanken ihren Stempel aufdrücken. Diese dezentrale Aufstellung gehört zu den großen Stärken des hiesigen Finanzierungsmarktes: Es findet sich praktisch in jeder Stadt, in jedem Landkreis und in jeder Region ein lokaler Kompetenzträger als Finanzierungspartner, der den Immobilienmarkt vor Ort genau kennt.

Gerade bei größeren Projekten ist es durchaus sinnvoll, großvolumige Finanzierungen nicht vollständig selbst zu übernehmen, sondern sie mit regional oder überregional aufgestellten Konsortialpartnern - zum Beispiel aus derselben Finanzgruppe - gemeinsam zu stemmen. Als effizient haben sich Konsortien mit idealerweise drei und höchstens fünf Partnern erwiesen, da andernfalls die Komplexität zu hoch und die Abstimmungswege zu lang werden.

Nicht nur die überregionalen Kreditgeber, sondern auch die internationalen Investoren wissen die lokale Kompetenz eines ortsansässigen Instituts mehr und mehr zu schätzen und legen Wert auf eine Einbindung als Konsortialpartner. Dabei kommt es weniger darauf an, wie groß das Engagement der örtlichen Sparkasse oder auch Genossenschaftsbank ausfällt, sondern allein darauf, dass sie sich beteiligt. Denn schon ein kleiner Anteil an der Finanzierung wird von ortsfremden Investoren beziehungsweise Finanzierungspartnern als eine Art Gütesiegel verstanden. Gerade in einer heterogenen, aus internationaler Sicht durchaus etwas unübersichtlichen Stadt wie Berlin, in der noch viele Chancen und Potenziale zu entdecken sind, stellen gute Ortskenntnis und eine große Nähe zu Objekten und Akteuren einen Wettbewerbsvorteil dar. Die Mitarbeiter kennen ihre Stadt und ihre Kieze bis in eine Detailtiefe, die keine Studie und kein Marktbericht je erreichen werden. So kann es für Einzelhandelsimmobilien wichtig sein, welche Straßenseite Passanten in der entsprechenden Straße bevorzugen. Wer selbst vor Ort wohnt und arbeitet, weiß das - oder kann hinfahren und es sich anschauen.

Wettbewerb belebt Konsortialgeschäft

Auch am Berliner Markt für gewerbliche Immobilienfinanzierungen ist der Wettbewerb in den vergangenen Jahren stärker geworden. Deutsche und internationale Banken sowie alternative Fremdkapitalgeber wollen sich ihren Anteil am über alle Assetklassen hinweg boomenden Immobilienmarkt in der Hauptstadt sichern. Für das Konsortialgeschäft ist ein lebendiger Finanzierungsmarkt durchaus erfreulich: Je mehr Finanzinstitute sich an der Spree tummeln, desto größer ist die Auswahl potenzieller Konsortialpartner.

Fazit: Die Immobilienfinanzierung über Konsortialkredite wird in den kommenden Jahren an Gewicht gewinnen - gerade in Berlin. Selbst nach starken Anstiegen von Preisen und Mieten bietet Berlin noch immer mehr Potenzial und Chancen als andere deutsche Großstädte oder europäische Metropolen. Inzwischen steht eine Vielzahl an Kreditinstituten als Finanzierungspartner für Transaktionen oder Projekte in Berlin zur Verfügung, die sehr große Finanzierungssummen zunehmend gemeinsam darstellen. Dabei setzen immer mehr nationale und internationale Investoren auf die Kompetenz lokaler Kreditinstitute als Konsortialpartner.

DER AUTOR STEPHAN HEINDL, Abteilungsleiter Gewerbliche Immobilienfinanzierung, Berliner Sparkasse
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