Pro und Kontra: Führt die Mietpreisbremse zu einer Abkehr der Investoren von den Ballungszentren?

Ulrich Jacke

Die Mietpreisbremse bewegt die Gemüter. Ist sie nun notwendig, um weiterhin bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen, oder ist es nur ein populistisches Signal einer Bundesregierung auf Kosten der freien Marktwirtschaft? Und was heißt das für das künftige Investitions- und Investorenverhalten? Der Trend hin zu B-Städten und B-Lagen wird sich weiterhin verstärken, da von der Mietpreisbremse vor allem die bei Mietern und damit auch Investoren besonders begehrten Viertel betroffen sein werden. Das jedenfalls meint Ulrich Jacke von Dr. Lübke und Kelber. Einar Skjerven dagegen glaubt auch weiterhin an ein großes Investoreninteresse an den Core-Lagen in den Top-Standorten. Denn am Ende sei doch die Marktgängigkeit der Wohnungen entscheidend. Und da seien Berlin, Frankfurt am Main oder München einfach sicherer.

PRO

B-Städte rücken in den Fokus

Deutsche Wohnimmobilien sind begehrt. Und der Markt ist groß: Anders als in vielen europäischen Ländern, in denen sich mehr oder weniger die komplette Wirtschaft auf die Hauptstadt konzentriert, hat Deutschland viele wirtschaftsstarke regionale Zentren. Und gerade wirtschaftsstarke Städte abseits der Top-Metropolen werden künftig durch die Mietpreisbremse für Investoren attraktiver.

Ohnehin ist das Investoreninteresse an B-Standorten zuletzt merklich gestiegen. Das liegt zum einen daran, dass sich in vielen B-Städten höhere Durchschnittsrenditen erzielen lassen als in den Top-7-Städten, obwohl das Standortrisiko häufig ähnlich beziehungsweise nicht selten sogar niedriger ist. Im Risiko-Rendite-Ranking 2014 von Dr. Lübke & Kelber, das für 50 deutsche Städte Risiko und erzielbare Rendite zueinander ins Verhältnis setzt, rangieren einige B-Städte wie Wolfsburg, Lüneburg und Mannheim deutlich vor München, Stuttgart und Hamburg.

Die geplante Mietpreisbremse dürfte das Investoreninteresse an B-Städten weiter verstärken. Hintergrund ist: Bei den Gebieten mit "angespannten Wohnungsmärkten", in denen die Mietpreisbremse eingeführt wird, handelt es sich in der Regel um die bei Mietern und Investoren besonders begehrten Stadtviertel in den Top-Metropolen. Viele B-Lagen der Top-Städte sowie die sogenannten B-Städte dürften von der Mietpreisbremse selbst dann unbehelligt bleiben, wenn es sich dabei um prosperierende Städte mit positiver oder zumindest stabiler Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung handelt.

Die Verlagerung des Interesses von A- auf B-Standorte erinnert an bekannte Entwicklungen am Aktienmarkt. Zu Beginn eines Booms am Kapitalmarkt sind dort zunächst umsatzstarke Aktien großer Unternehmen gefragt, die sogenannten Blue Chips. Durch die hohe Nachfrage sinken deren Renditen aber relativ schnell. Dann konzentriert sich die Nachfrage - der besseren Rendite wegen - auch auf attraktive Anlagen abseits dieser großen Unternehmen.

Ähnliches passiert aktuell im Immobilienbereich: Das Risiko-Rendite-Ranking 2014 zeigt, dass in den Metropolen die Anfangsrenditen häufig deshalb so niedrig sind, weil ein erheblicher Kapitaldruck auf ein sehr geringes Angebot stößt und zukünftige Wachstumschancen bereits vollends eingepreist sind. Die erzielbare Objektrendite liegt in vielen Fällen bereits unter 4,5 Prozent im Jahr. Insbesondere bei einem Anstieg der Kreditzinsen birgt dieser geringe Wert Risiken für den Investor.

Natürlich sind Immobilienmärkte in großen Städten in der Regel transparenter und liquider als in kleineren Städten, was für die gründliche Analyse eines Investmentvorhabens von Vorteil ist. Auch sind in den großen Märkten eher größere Investments zu realisieren, da viele großvolumige Transaktionen stattfinden und insgesamt größere Kapitalströme agieren.

Für große, häufig internationale Investoren ist dies meistens ein entscheidender Vorteil. Der Markt bietet die Chance mehrstelliger Millionen-Deals, sowohl im Ankaufs- als auch im späteren Exitfall. Und das Produkt - sofern es sich nicht um Streubesitz handelt - ist leichter zu managen. Die Alternative, ein großes Portfolio im Wege mehrerer "kleiner" Deals zu realisieren, ist anspruchsvoller und für Investoren, die nicht vor Ort sitzen, ohne externe Unterstützung nicht zu realisieren.

Doch allein die Größe eines Deals bedeutet eben noch lange nicht die bestmögliche Rendite für ein geplantes Investment. Für eine zunehmende Anzahl von Wohnimmobilien-Investoren sind ausgewählte B-Städte daher aufgrund ihres ausgewogeneren Risiko-Rendite-Profils langfristig interessanter. Ein qualitativ hochwertiges Research, wie es heute auch für solche Lagen realisierbar ist, ermöglicht dabei umfassende und verlässliche Analysen. Es sind also alle Voraussetzungen dafür da, von den Chancen der B-Städte zu profitieren.

Der Autor Ulrich Jacke Geschäftsführender Gesellschafter, Dr. Lübke & Kelber GmbH, Frankfurt am Main

Kontra

Den Exit im Blick

Stabile Wirtschaft, wachsende Bevölkerung und hohe Nachfrage nach Wohnraum: Metropolen wie Berlin, Hamburg und München bieten Immobilieninvestoren zahlreiche Vorteile. In den vergangenen Jahren gehörten auch jährliche Mietsteigerungen von drei bis vier Prozent oder mehr dazu. Auf hohe Steigerungsraten zu setzen war ein gängiges Modell unter nationalen und internationalen Anlegern. Wird nun die geplante Mietpreisebremse - wenn auch in schwächerer Form als zunächst angenommen - demnächst in Gesetzesform gegossen, wird diese Strategie nicht mehr aufgehen.

Dennoch werden Kapitalanleger auch weiterhin in Betongold in den Top-5-Städten Deutschlands investieren. Denn auch mit einer Mietpreisbegrenzung lassen sich in diesen Städten attraktive Renditen erzielen. Dazu müssen Investoren jedoch ihre Strategie ändern. Statt wie bislang auf Mietsteigerungen werden sie künftig verstärkt auf die Privatisierung setzen. Sie ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Investment in Metropolen.

Sie bieten vor allem internationalen Anlegern ausgezeichnete Perspektiven, mit denen selbst prosperierende B- und C-Städte wie Freiburg oder Ingolstadt nicht mithalten können. Denn in den Regionalzentren sucht man Core-Immobilien oftmals vergebens - dabei sind das die Objekte, die im Fokus internationaler Investoren stehen. Daran wird auch die geplante Mietpreisbremse, die insbesondere in den Metropolen greifen wird, nichts ändern.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Faktor Sicherheit. Nationale wie internationale Anleger schätzen die Transparenz und die Liquidität von urbanen Immobilienmärkten. Hier stehen die Chancen, dass ein Objekt in Zukunft auch wieder verkauft werden kann, weit besser als in den Städten aus der zweiten Reihe. Ein weiterer Pluspunkt von Berlin, Hamburg und Co.: Institutionelle Investoren, die große Portfolio-Deals realisieren möchten, finden dort weitaus bessere Bedingungen vor als in kleineren Großstädten.

Investoren, die auf die Vorteile von Metropolen nicht verzichten möchten und sich für Privatisierung entscheiden, müssen jedoch teilweise andere Aspekte im Blick haben als bei einer Strategie, die auf Mietsteigerungen basiert. Denn bei einer Privatisierung wird der Schwerpunkt eines Deals bereits beim Abschluss auf den Exit gelegt. Der Investitionshorizont spielt - zeitlich gesehen - eine entscheidende Rolle. Es gilt also, vorausschauend zu handeln. Ein Beispiel: Ein Geschäftsmodell, welches auf den Exit durch Privatisierung ausgerichtet ist, hat einen Zeithorizont von drei Jahren. Es ist dann am Investor, für diese drei Jahre entsprechend Investitionen und Finanzierung zu planen.

Zudem ist die Privatisierung nicht per se ein Garant für hohe Renditen. Es gilt, genau hinzuschauen und zu prüfen, ob das für den Kauf vorgesehene Objekt wirklich Privatisierungspotenzial hat. Auch der Vertrieb der Wohnungen will strukturiert werden. Es hat sich in der Vergangenheit vielfach bewährt, dabei ein hohes Maß an Mieterprivatisierung anzustreben, sprich: zunächst die Mieter als potenzielle Käufer anzusprechen.

Mit diesen Aspekten im Blick können Investoren mit Wohnungsprivatisierung auch in Zeiten der Mietpreisbremse Investments in Metropolen erfolgreich abschließen. Hohe Renditen sind damit zwar nicht garantiert - das war jedoch auch schon vor der Mietpreisbremse die Realität. Es besteht also kein Grund für Investoren, sich von Berlin oder anderen Metropolen fernzuhalten.

Der Autor Einar Skjerven Geschäftsführer, Skjerven Group GmbH, Berlin

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