IMMOBILIEN UND STEUERN

STEUERLICHE (HILFS-)MASSNAHMEN FÜR DIE IMMOBILIENBRANCHE ZUR LINDERUNG DER CORONA-KRISE

Torsten Labetzki, Foto: ZIA

Die Immobilienbranche ist ein wichtiger Pfeiler der deutschen Wirtschaft; dies gilt gerade in Krisenzeiten. Dabei besteht jedoch eine hohe Abhängigkeit der Branche von einer funktionierenden und wettbewerbsfähigen Realwirtschaft, denn diese schafft den Flächenbedarf, den die Immobilienwirtschaft bedient. Nach Einschätzung der Autoren müssen die steuerlichen Maßnahmen der Politik und der Verwaltung zur Bewältigung der Corona-Krise auch vor dem Hintergrund dieser engen Verflechtung betrachtet werden. Es müssten ferner - neben der akuten Unterstützung durch Hilfsmaßnahmen - bereits jetzt die zukünftigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit der Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt aus der Krise hervorgehen kann. Red.

Zu Beginn der Corona-Krise hatten Politik und Finanzverwaltung mit einer beachtlichen Geschwindigkeit reagiert, um die negativen wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die Unternehmen in Deutschland einzudämmen. Bereits am 19. März 2020 hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) nach Abstimmung mit den obersten Landesfinanzbehörden durch ein BMF-Schreiben steuerliche Hilfsmaßnahmen als kurzfristige Liquiditätsstütze verkündet.

Schnelle und wirksame Hilfe

In diesem ersten Schritt erfolgten die Gewährung erleichterter Steuerstundungen, die vereinfachte Anpassung der Steuervorauszahlungen sowie das Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen und der Verzicht auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen bis zum Ende des Jahres 2020. Mit dem BMF-Schreiben vom 24. April 2020 wurde darüber hinaus die vereinfachte Abwicklung von Anträgen auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019 auf der Grundlage eines pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus dem Jahr 2020 verkündet.

Aus Sicht der Immobilienbranche waren diese Maßnahmen aus zweierlei Hinsicht positiv zu bewerten. Zum einen stellten sie eine Entlastung für die Unternehmen der Immobilienbranche selbst dar. Darüber hinaus waren sie wichtig für den perspektivischen Fortbestand vieler Unternehmen der Realwirtschaft. Sie hatten insbesondere eine hohe Bedeutung für die Branchen Handel, Hotel und Gastronomie mit denen die Immobilienwirtschaft als ihren Nutzern eng verbunden ist.

Entlastungen bei der Umsatzsteuer

Vor diesem Hintergrund waren auch die flankierenden Maßnahmen im Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) zu begrüßen, welches am 30. Juni 2020 in Kraft getreten ist. Für die Gastronomie wurde hierdurch die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes hinsichtlich der nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Juli 2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen - mit Ausnahme der Abgabe von Getränken - beschlossen.

Zudem wurde im ersten Corona-Steuerhilfegesetz mit der Ermächtigung des Bundesfinanzministeriums zur Regelung einer Fristverlängerung bei der Mitteilungspflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen im Wege eines BMF-Schreibens der Grundstein für eine administrative Entlastung der krisengebeutelten Unternehmen geschaffen - auf den jedoch nicht weiter aufgebaut werden sollte; hierzu später mehr.

Ebenfalls war es als positives Signal zu bewerten, dass durch Artikel 3 des am 1. Juli 2020 in Kraft getretenen zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes die Absenkung des allgemeinen Umsatzsteuersatzes von 19 Prozent auf 16 Prozent sowie des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 Prozent auf 5 Prozent vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 beschlossen wurde. Mit dieser Maßnahme soll nach dem Willen des Gesetzgebers die aufgrund der Corona-Pandemie geschwächte Kaufkraft gestärkt und hierdurch die wirtschaftliche Erholung der Unternehmen gefördert werden.

Steuerliche Detailfragen, wie beispielsweise Fragen zu Dauermietrechnungen, zu An-, Abschlags- und Vorauszahlungen sowie zu Teilleistungen bei Bauleistungen, konnten durch die vom Bundesfinanzministerium am 30. Juni 2020 sowie am 4. November 2020 veröffentlichten Anwendungsschreiben leider noch nicht abschließend geklärt werden.

DAC 6: Fristverlängerung bleibt ungenutzt

Bei allem Lob für die bisherigen Maßnahmen muss allerdings angebracht werden, dass es auch Entscheidungen gab, die nicht überzeugen konnten. So ist es beispielsweise nur schwer nachvollziehbar, warum die bereits erwähnte Ermächtigung des Bundesfinanzministeriums zur Umsetzung der auf europäischer Ebene geplanten Fristverlängerung hinsichtlich der erstmaligen Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen ("DAC 6") ungenutzt geblieben ist.

Auf einer Pressekonferenz am 6. Juli 2020 wurde von einer Sprecherin des Bundesfinanzministeriums - entgegen aller Erwartungen - verkündet, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) keinen Gebrauch von der Möglichkeit zur Verschiebung der Mitteilungspflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen machen wird. Und dies, obwohl der ECOFIN-Rat am 19. Juni 2020 die Möglichkeit der Verschiebung der Mitteilungspflicht vom 1. Juli 2020 um sechs Monate auf den 1. Januar 2021 auch unter Mitwirkung Deutschlands auf europäischer Ebene beschlossen hatte.

Erhebliche Rechtsunsicherheiten in der Praxis

Die Kurzfristigkeit dieser Annoncierung war in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung für die Meldepflichtigen. Zum einen wurde durch den geschilderten Verfahrensgang auf internationaler und nationaler Ebene ein faktisches Vertrauen auf die Fristverlängerung geschaffen. Im Rahmen der Ressourcenplanung haben sich die Unternehmen infolgedessen darauf verlassen, ihre Kapazitäten zunächst zur Bewältigung der unvorhersehbaren Belastungen der Corona-Krise einsetzen zu können. Zudem stehen im Zusammenhang mit der Einführung einer gänzlich neuen Meldeverpflichtung noch fundamentale unbeantwortete Fragen im Raum, die eine Anwendung der Regelungen massiv erschweren.

Für die Praxis bestehen somit erhebliche Rechtsunsicherheiten. Auch liegt das finale BMF-Schreiben mit den detaillierten Anwendungsvorschriften zu der grenzüberschreitenden Mitteilungspflicht noch nicht vor. Die Entscheidung, die Fristverlängerung nicht zu nutzen, ist besonders mit Blick auf den Beschluss des Koalitionsausschusses am 22. April 2020 schwerlich nachzuvollziehen, wurde doch hier ein Belastungsmoratorium vereinbart.

Belastungen für Beschäftigte und Unternehmen durch Gesetze und andere Regelungen sollten danach möglichst vermieden werden. Die Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft sollen nach damaliger Beschlussfassung nicht durch neue Belastungen konterkariert werden dürfen.

Mehr Mut beim Verlustabzug

Ferner gab es weitere steuerliche Ansätze, um die Liquidität der Unternehmen zu erhöhen, die jedoch leider nicht aufgegriffen wurden. Dabei sind steuerliche Maßnahmen ein effizienter Weg, Finanzmittel verfügbar zu machen, da sie zielgenau eingesetzt werden können. Insbesondere könnte bevorzugt auf Maßnahmen zurückgegriffen werden, bei denen in erster Linie lediglich durch eine Periodenverschiebung zusätzliche Liquidität geschaffen werden soll.

Es würde also eine Verschiebung der Zahllasten in die Zukunft herbeigeführt werden, ohne dass die staatlichen Einnahmen dauerhaft gesenkt werden müssten. Hierbei müssten kurzfristige Mindereinnahmen gegen den Erhalt einer leistungsfähigen und auf lange Sicht Steuern zahlenden Wirtschaft angemessen abgewogen werden.

Prominentes Beispiel für die Nichtausnutzung steuerlicher Maßnahmen ist die diskutierte Ausweitung des steuerlichen Verlustabzuges. Hier könnte eine spürbare Ausweitung sowohl in zeitlicher als auch in betragsmäßiger Hinsicht dazu führen, dass die Unternehmen die dringend benötigte Liquidität erhalten könnten - und dies letztendlich durch die Geltendmachung eines dem Leistungsfähigkeitsprinzips entsprechenden Anspruchs.

Die im Rahmen des zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes eingeführte Anhebung des Höchstbetrages beim Verlustrücktrag nach § 10 d Einkommensteuergesetz (EStG) für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 von einer auf 5 Millionen Euro beziehungsweise 2 und 10 Millionen Euro (bei Zusammenveranlagung) war ein Schritt in die richtige Richtung. Jedoch sollte das rücktragbare Verlustvolumen noch wesentlich weiter erhöht und der Rücktragzeitraum ausgedehnt werden.

Auch nicht nachvollziehbar war es, warum sich bei der Verabschiedung des zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes die Einführung der degressiven Abschreibung lediglich auf bewegliche Wirtschaftsgüter und nicht auch auf Gebäude erstreckte. Darüber hinaus gäbe es noch weitere Maßnahmen, um die Liquidität von Unternehmen über steuerliche Maßnahmen zu fördern.

So hätten beispielsweise Steuerpflichtige, die Grundstücke pachten, regelmäßig steuerlich entlastet werden können, wenn im Rahmen der Gewerbesteuer die Hinzurechnung der "Miet- und Pachtzinsen" gestrichen würde. Warum der Gesetzgeber einige Instrumente ungenutzt ließ, ist unklar - klar jedoch ist, dass auch die Immobilienbranche - mitunter nur mit einem gewissen Zeitversatz - genauso hart von den Krisenfolgen getroffen wird wie der Rest der Wirtschaft in Deutschland.

Konjunkturelle Anreize mit Klimazielen verknüpfen

Umso wichtiger ist es, dass für die Zeit nach Corona konjunkturelle Anreize gesetzt werden. Bereits jetzt sollten die Weichen dafür gestellt werden, dass Aufholeffekte in der Immobilienbranche erzielt werden und die Wirtschaftsaktivität in den kommenden Jahren zum Wachstumstrend zurückkehren kann. Es sollten daher bereits jetzt steuerliche Anreize gesetzt werden, damit die Unternehmen nach Überwindung der wirtschaftlichen Talsohle zu alter Stärke zurückfinden, wobei man dies auch gleichzeitig mit der Erreichung der klimapolitischen Ziele verknüpfen sollte.

Insbesondere könnten durch die Verbesserung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von energetischen Sanierungsaufwendungen oder durch zeitgemäße Anpassungen im Gewerbe- und Investmentsteuerrecht investitionsfördernde Anreize gesetzt werden. Hinsichtlich der energetischen Sanierung wird die Investitionsbereitschaft dadurch gebremst, dass Betriebsausgaben für die Modernisierungsmaßnahmen in einer Vielzahl von Fällen nicht als sofort abziehbarer Aufwand und somit zum Investitionszeitpunkt nicht steuermindernd berücksichtigt werden können.

Vollumfängliche und degressive Abschreibungsmöglichkeiten

Vielmehr sind solche Aufwendungen regelmäßig im Wege der Abschreibung über die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes und folglich über einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren gestreckt steuerlich geltend zu machen. Hierunter leidet die Liquidität der investierenden Unternehmen. Folglich sinkt die Attraktivität von energetischen Modernisierungsmaßnahmen. Eine investitionsnahe vollumfängliche Abschreibungsmöglichkeit könnte hier Abhilfe schaffen. Gleichzeitig könnte die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für Gebäude nachgeholt werden.

Eine weitere steuerliche Fördermöglichkeit besteht mit Blick auf die Abgabe von selbst erzeugtem Strom aus regenerativen Energien - beispielsweise durch den Betrieb von Photovoltaikanlagen auf Gebäuden - oder bei der Bereitstellung von Ladeinfrastruktur zur Förderung der E-Mobilität. Durch die Ausübung dieser aktuell als steuerschädlich einzuordnenden Tätigkeiten besteht im Gewerbesteuerrecht die Gefahr, dass Vermietungsunternehmen die Möglichkeit der erweiterten Grundbesitzkürzung gemäß § 9 Nummer 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) verwehrt bleibt.

Dies hat wiederum zur Folge, dass nicht nur die gewerblichen Einnahmen aus den oben genannten Tätigkeiten, sondern auch die gesamten - originär nicht gewerblichen - Mieteinnahmen mit Gewerbesteuer belastet werden. So führen die aktuellen steuerlichen Rahmenbedingungen in der Praxis mitunter sogar zu der grotesken Situation, dass eine Ladeinfrastruktur zwar errichtet, aber zur Vermeidung der negativen steuerlichen Konsequenzen nicht an den Nutzer bereitgestellt wird.

Ähnliche Probleme für Gewerbebetriebe und Fonds

Eine vergleichbare Problematik besteht ebenfalls im Investmentsteuerrecht. Regulierte Immobilien-Investmentfonds werden nach dem Investmentsteuergesetz (InvStG) besteuert. Vermögensverwaltende Immobilien-Investmentfonds sind gemäß § 15 Absatz 2 InvStG von der Gewerbesteuer befreit, wenn die Vermögensgegenstände des Fonds nicht im wesentlichen Umfang aktiv unternehmerisch bewirtschaftet werden.

Die Energieerzeugung sowie die Bereitstellung der Ladeinfrastruktur können jedoch eine solche aktive unternehmerische Bewirtschaftung begründen und somit zu negativen Folgen für den Fonds führen, weshalb energiepolitisch gewollte Maßnahmen aus steuerlichen Gründen unterlassen werden.

Durch eine zeitgemäße Anpassung der Abschreibungsmodalitäten bei energetischen Sanierungen sowie der gewerbesteuerlichen und investmentsteuerlichen Normen könnte der Gesetzgeber wünschenswerte Konjunkturanreize setzen und die Immobilienbranche in der Corona-Krise unterstützen.

Stundung, nicht Ausfall

Dabei würde die gesetzliche Anpassung der Abschreibung für den Fiskus in der Regel auch keinen Steuerausfall, sondern allenfalls eine Steuerstundung darstellen, da das Abschreibungsvolumen des Steuerpflichtigen durch die Vorverlagerung der Abzugsfähigkeit in Summe nicht erhöht wird. Die vom Steuerpflichtigen zeitnah nach der Investition in Anspruch genommenen Abschreibungen vermindern seine zukünftigen Abschreibungen und erhöhen gleichzeitig das zukünftige Steueraufkommen des Fiskus.

Darüber hinaus werden durch die steuerliche Förderung auch Investitionen ausgelöst, die um ein Vielfaches höher liegen als die Förderung selbst und die ihrerseits zu zusätzlichen Steuereinnahmen und Sozialversicherungsabgaben führen. Es gibt Modellrechnungen, in denen steuerliche Fördermaßnahmen für energetische Gebäudesanierungen sogar zu einer Entlastung des Staatshaushalts führen können.

Auch im Sinne des Staatshaushalts

Nach unserer Auffassung wäre die Anpassungen bei der Gewerbesteuer und der Investmentbesteuerung im Rahmen der Energieerzeugung dazu geeignet, das Gewerbesteueraufkommen zu erhöhen. Aktuell werden diese gewerbesteuerlich relevanten Tätigkeiten, wie beispielsweise der Betrieb einer Anlage zur Erzeugung elektrischen Stroms aus regenerativen Energien oder die Ermöglichung von Ladestationen für E-Mobilität, aufgrund der überschießenden Wirkung schlichtweg unterlassen; gewerbesteuerliche Einnahmen bleiben folglich aus.

Im Ergebnis könnte durch die Anpassung der steuerlichen Vorschriften die wirtschaftliche Aktivität der Unternehmen in einem politisch und gesellschaftlich gewünschten Tätigkeitsbereich gesteigert und damit das Wirtschaftswachstum und die Steuereinnahmen gefördert werden.

DER AUTOR TORSTEN LABETZKI Abteilungsleiter Steuern, ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V., Berlin
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DER AUTOR DR. MARTIN LANGE Referent Steuerrecht, ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V., Berlin
Torsten Labetzki , Abteilungsleiter , ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V., Berlin
Dr. Martin Lange , Referent Steuerrecht , ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V., Berlin

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