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DER TSCHECHISCHE PFANDBRIEF WIRD DANK NOVELLIERUNG SICHERER

Dr. Ernst Giese, Foto: Giese & Partner

Seit dem 4. Januar 2019 gibt es endlich eine Neuregelung des Rahmenwerks zu den tschechischen Pfandbriefen. Das alte Regelwerk offenbarte an mehreren Schlüsselstellen Unzulänglichkeiten, darauf deutet nicht zuletzt die immer lauter werdende Kritik wichtiger Marktakteure hin. Was genau sich durch die Novellierung geändert hat und welche Folgen diese Änderungen für die Zukunft der Immobilienfinanzierung hat, zeigen die Autoren im folgenden Beitrag auf. Alles in allem ziehen sie dabei ein positives Fazit. Das tschechische Schuldverschreibungsrecht stehe nunmehr im Einklang mit den Pendants anderer europäischer Staaten und erhöhe darüber hinaus den Anreiz für Anleger, in tschechische Hypothekenpfandbriefe zu investieren. Red.

Die Novellierung der Pfandbriefvorschriften in der Tschechischen Republik ist eingebettet in eine umfassende Neuregelung des tschechischen Schuldverschreibungsgesetzes (Gesetz Nr. 190/2004 Slg.). Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Neuerungen für den Pfandbrief und auf die Einführung des Instituts des sogenannten Security Agents, der für die Finanzierung im Rahmen von Unternehmensanleihen eine Rolle spielt.

Kritik wurde immer lauter

Hierzu hat sich der tschechische Gesetzgeber durchgerungen, nachdem die Stimmen, insbesondere von Ratingagenturen, Banken und Anlegern (Erwerbern von Pfandbriefen wie Versicherungen und Pensionskassen) nach Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Pfandbriefe immer lauter wurden.

Unter die gesetzlichen Rahmenbedingungen fallen nicht nur eine Vielzahl an Regelungen im tschechischen Schuldverschreibungsgesetz, sondern auch Vorschriften im Insolvenzgesetz (Gesetz Nr. 182/2006 Slg.), im Gesetz zur Erholung und Abwicklung am Finanzmarkt (Act. No. 374/2015) sowie viele weitere Gesetzen. Der Großteil der Änderung betrifft jedoch den besonderen Teil des Schuldverschreibungsgesetzes, der die "gedeckten Schuldverschreibungen", also Covered Bonds oder Pfandbriefe, regelt.

Während im allgemeinen Teil des Schuldverschreibungsgesetzes nur einzelne Vorschriften ergänzt wurden, wurden im besonderen Teil das Kapitel "gedeckte Schuldverschreibungen" (Pfandbriefe) umgeschrieben und ergänzt, sodass man genau genommen von einer Neugestaltung der rechtlichen Voraussetzungen sprechen darf.

Eine der weitestgehenden Änderungen in diesem Zusammenhang, war die Einführung eines "Pfandbrief-Klassensystems". Es gibt nunmehr drei Arten von Pfandbriefen. Neben den bereits zuvor bekannten Hypothekenpfandbriefen wurden zusätzlich der öffentliche Pfandbrief und der gemischte Pfandbrief geschaffen. Welche Pfandbriefart vorliegt, hängt davon ab, welcher Art der Refinanzierung des Aktivgeschäfts der jeweilige emittierte Pfandbrief (sogenannte Deckungswerte) dient.

Nicht geändert wurden dagegen die Anforderungen an das Ausstellungsverfahren. Emittent eines Pfandbriefes kann weiterhin nur eine ordnungsgemäß lizenzierte Bank mit Sitz in der Tschechischen Republik sein, welche den Vorgaben des tschechischen Bankengesetzes (Gesetz Nr. 21/1992 Slg.) entspricht, wobei die Pfandbriefe auch nach ausländischem Recht ausgestellt werden können.

Änderungen in der Terminologie

Ein weiterer Kritikpunkt bei der alten Rechtsfassung bestand darin, dass die Begriffe nicht den europäischen Standards entsprachen und somit, besonders bei Investoren, mehr sprachliche Verwirrung stifteten, als diese tatsächlich zu der im Finanzrecht doch so notwendigen Klarheit der Begrifflichkeiten führten. Eingeführt wurden daher Begriffe wie "cover assets" (Deckungswerte), "cover asset register" (Deckungsregister), "cover pool" (Deckungspool), ,,cover block" (Deckungsblock) und "covered block monitor" (Deckungsblock-Überwacher).

Der Deckungswert wird durch die Eintragung des Vermögenswertes in das Deckungsregister gebildet. Dabei sind unter Deckungswerten diejenigen Vermögenswerte zu verstehen, die zu maximal 85 Prozent (als Beleihungsobergrenze) beliehen werden und der Refinanzierung des Aktivgeschäfts dienen. Eine vollständige Liste aller infrage kommenden geeigneten Vermögenswerte ist in § 31 des Schuldverschreibungsgesetzes normiert.

Vollständig separierter und abgeschlossener Deckungspool

Der Deckungspool ist ein vollständig separierter und abgeschlossener Pool an Vermögenswerten, die im Deckungsregister eingetragen sind und vom Emittenten als Deckung für bestimmte gedeckte Schuldverschreibungen und bestimmte andere Schulden dieses Emittenten ausgewiesen und als solche bezeichnet werden, ebenso wie andere Vermögenswerte, die von Gesetzes wegen diesem Deckungspool unterfallen. Der Emittent kann nach seinem alleinigen Ermessen einen oder mehrere Deckungspools anlegen, die zur Deckung seiner Obligationen aus einzelnen oder mehreren Emissionen gedeckter Schuldverschreibungen dienen.

Mit der Schaffung eines oder mehrerer Deckungspools erstellt der Emittent gleichzeitig auch einen sogenannten Deckungsblock. Ein Deckungsblock besteht aus dem Deckungspool und den Schulden, die er deckt. Des Weiteren müssen nach neuer Regelung Vorkehrungen darüber getroffen werden, dass Deckungswerte und Deckungspool dem Gesetz entsprechen. Für diesen Zweck bedarf es einer kontinuierlichen Überwachung der Deckungsblöcke durch einen Deckungsblock-Überwacher.

Beleihungshöchstgrenze und Übersicherungsgrenze

Neben den terminologischen Unterschieden wurden zur Steigerung der Attraktivität des Pfandbriefs für Banken und Anleger weitere zusätzliche Anforderungen an die Deckungswerte eingeführt. Dies ist neben der Beleihungshöchstgrenze von 85 Prozent des Wertes des Vermögensgegenstandes auch das Übersicherungslevel von 2 Prozent ("Over-Cross-Collateralization"). Das heißt, dass die Deckungswerte im Deckungspool mindestens 102 Prozent des Gesamtwertes aller durch den Deckungspool abgesicherten Verbindlichkeiten ausmachen müssen.

Der Wert eines jeden Vermögenswertes wird bei den Cover-Tests in seinem Nominalwert angegeben, während der Wert eines Derivats in seinem durchschnittlichen Marktpreis angegeben wird.

Beim Hypothekenpfandbrief gelten neben der oben beschriebenen Beleihungshöchstgrenze und Übersicherungsgrenze zusätzliche Kriterien. Es muss sich zum einen um eine hypothekenbesicherte Immobilie in der Tschechischen Republik oder in einem anderen EWR-Land handeln. Zum anderen darf der Nominalwert der Forderung aus dem Hypothekenkredit im Deckungspool 100 Prozent des Beleihungswertes der hypothekarisch belegten Immobilie nicht übersteigen (100 Prozent LTV-Grenze).

Ferner darf keine andere Hypothek oder ein ähnliches Recht zugunsten Dritter, das im Rang der zur Deckung verwendeten Rechte steht, die Immobilie belasten. Außerdem reduziert sich bei einem sogenannten Schuldnerausfall gemäß Artikel 178 der Kapitaladäquanzverordnung der Nominalwert der Forderung aus dem Hypothekenkredit im Deckungspool um 100 Prozent.

Zwangsverwalter der gedeckten Blöcke

Ebenfalls eine Neuerung der Gesetzesänderung ist die Figur des Zwangsverwalters der gedeckten Blöcke. Im Fall der Insolvenz des Emittenten besteht nämlich das Risiko, dass der Emittent nicht mehr in der Lage sein wird, die gedeckten Blöcke ordnungsgemäß zu verwalten. Deshalb bestellt die Tschechische Nationalbank für diesen Fall unverzüglich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Emittenten einen Zwangsverwalter. Dies gilt auch in anderen ähnlichen Fällen, wenn die ordentliche Verwaltung der gedeckten Blöcke gefährdet ist (zum Beispiel beim Entzug der Banklizenz oder Zahlungsunfähigkeit des Emittenten).

Der Zwangsverwalter kann nur eine Bank oder eine ausländische Bank mit Sitz in einem anderen EWR-Land sein, die auch den Pfandbriefen vergleichbare Sicherheiten hält oder Vermögenswerte vergleichbar zu Deckungswerten verwaltet und keinen Interessenskonflikt in Bezug auf die gedeckten Blöcke aufweist. Mit Zustimmung der Tschechischen Nationalbank ist der Zwangsverwalter berechtigt, entweder den betreffenden Deckungsblock/Blöcke auf eine andere zulässige juristische Person zu übertragen oder, wenn der Gesamtwert der Deckungswerte im Deckungsportfolio niedriger als der Gesamtwert der betroffenen Pfandbriefe ist, die Schulden aus den Pfandbriefen proportional zu reduzieren ("pari passu haircut") und anschließend das Deckungsportfolio zu veräußern und die Pfandbriefe vorzeitig zurückzuzahlen.

Die damit zusammenhängenden Aufgaben muss er professionell, in einer qualifizierten, ehrlichen und fairen Art und Weise und im besten Interesse für die Inhaber der Pfandbriefe erledigen. Beendet ist seine Verwaltungstätigkeit erst, wenn alle Deckungsblöcke in der Hand einer dritten Partei vereint sind oder Deckungsblock beziehungsweise Blöcke nach den Vorgaben des Schuldverschreibungsgesetzes nicht länger existieren.

Verbesserter Investorenschutz und Absicherung gegen Insolvenz

Mit der Novellierung der Pfandbriefe führte der Gesetzgeber zwei bahnbrechende Neuerungen hinsichtlich der Insolvenz des Emittenten ein, die für die Investoren einen besseren Insolvenzschutz bieten. Zum einen wurde der Deckungsblock vollständig abgeschottet und alle darin enthaltenen Vermögenswerte von der Insolvenzmasse ausgenommen. Im Fall der Insolvenz des Emittenten ist es nunmehr nicht mehr so, dass Vermögenswerte im Deckungspool zur Insolvenzmasse zählen. Vielmehr wird der Deckungsblock "eingezäunt" und von der Insolvenz des Emittenten und den damit verbundenen Konsequenzen separiert.

Der Deckungspool bleibt so wie er ist und wird an oben genannten Zwangsverwalter ,,übergeben", welcher wiederum dessen weitere Verwaltung zu den gewohnten Konditionen übernimmt. Der Insolvenzverwalter darf nicht in die Verwaltung des Deckungsblocks eingreifen und ist sogar verpflichtet, den Zwangsverwalter zu unterstützen.

Die zweite wichtige Änderung ist, dass die im Deckungspool vorhandenen Verbindlichkeiten des Emittenten aus den Pfandbriefen nicht mehr sofort fällig gestellt werden, wie dies normalerweise im Insolvenzverfahren der Fall wäre. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Emittenten hat keinen Einfluss auf den Deckungsblock, insbesondere auf die Erfüllung und Fälligkeit der Schulden, die zu dem Deckungsblock gehören.

Doppelter Rückgriff für Investoren

Eine solche Regelung gab es zuvor nicht, die Inhaber der Pfandbriefe waren früher wie alle anderen Gläubiger gezwungen, ihre Forderungen beim Insolvenzgericht anzumelden und wenn möglich Befriedigung aus der Insolvenzmasse zu suchen. Nunmehr haben sie einen doppelten Rückgriff ("dual recourse"): einerseits einen bevorzugten Anspruch aus dem Deckungspool und andererseits einen ungesicherten Anspruch gegenüber dem Emittenten. Falls der Deckungsblock überschuldet ist, sind die Inhaber der Pfandbriefe somit berechtigt, ihre Forderungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens des Emittenten anzumelden, allerdings nur im Umfang, in dem sie nicht durch den Deckungspool abgedeckt sind.

Der Zwangsverwalter spielt dabei eine wichtige Rolle. Er quantifiziert nämlich die Verbindlichkeiten, die nicht durch die Deckungswerte besichert sind, und übermittelt diese innerhalb der Anmeldefrist zum Insolvenzgericht. Mit dieser Übermittlung gelten die Forderungen der Pfandbriefinhaber als angemeldet. Der Inhaber der Pfandbriefe kann sich also zurücklehnen, da nunmehr sein Anspruch durch den Zwangsverwalter beim Insolvenzgericht zur Anmeldung gestellt wird. Darüber hinausgehende oder andere Ansprüche muss der Pfandbriefinhaber jedoch weiterhin selbst ordnungsgemäß anmelden.

Einführung eines Security Agents

Ferner fand neben den Neuregelungen hinsichtlich der Pfandbriefe eine weitere herausragende Veränderung bezüglich Absicherung der Schuldverschreibungen statt. Es wurde nämlich die in der Praxis zwar benutzte, aber gesetzlich nicht geregelte Figur des Security Agents in den Rechtsverkehr explizit eingeführt und gesetzlich im allgemeinen Teil des Schuldverschreibungsgesetzes verankert. Im tschechischen Recht ist die Bestellung von Sicherheiten nur streng akzessorisch zur Forderung möglich. Das bedeutet, dass jeder Inhaber der Schuldverschreibung sich eine eigene Sicherheit bestellen lassen sollte, aber nur bis zur Höhe seiner entsprechenden Forderung.

Im Regelfall gibt es im Rahmen einer Emission nebeneinander mehrere Inhaber von Schuldverschreibungen. Das heißt, jeder von ihnen hatte eine entsprechende Sicherheit in bestimmter Höhe bestellen müssen. Um dies zu vermeiden, hat sich in der Praxis eine alternative Lösung durchgesetzt, nach der einer von den Inhabern zum Gesamtgläubiger aller gemacht wurde. Er war somit befugt für alle Inhaber den Anspruch aus allen Schuldverschreibungen geltend zu machen beziehungsweise im Falle des Eintritts des Sicherungsfalles Befriedigung für alle Inhaber zu betreiben.

Durchbrechung der Akzessorietät

Die obige Hilfskonstellation wird nicht mehr nötig sein. Nunmehr geht man mit dem Security Agent einen Schritt weiter und durchbricht im Prinzip die Akzessorietät. Die Sicherheit ist nun zwar noch an die Forderung gebunden, wird jedoch nicht mehr zugunsten des Gläubigers (Inhabers der Schuldverschreibungen) bestellt, sondern zugunsten eines Security Agents, der zur Bestellung und Verwaltung der entsprechenden Sicherheiten von dem Emittenten bestimmt ist. Dieser muss nicht Inhaber der Schuldverschreibungen sein. Ganz im Gegenteil ist er eine unabhängige dritte Person, die von dem Emittenten bereits vorab bestimmt wird. Er hält die bestellten Sicherheiten für alle Inhaber.

Der Security Agent handelt im eigenen Namen zugunsten der Inhaber der Schuldverschreibungen und ist berechtigt, die Rechte eines Pfandgläubigers auch gegenüber Dritten auszuüben. Wichtig ist, dass diese Befugnis auch im Rahmen des Insolvenzoder Vollstreckungsverfahrens des Sicherungsgebers (Emittenten) gilt.

Eine begrüßenswerte Novellierung

Obwohl die Regelung über den Security Agent primär auf die Schulden aus den Schuldverschreibungen zielt, wird nach der neuen Regelung zugelassen, dass der Security Agent auch für die Sicherung von anderen Schulden herangezogen werden kann, die nicht mit der Emission der Schuldverschreibungen zusammenhängen, zum Beispiel bei der Immobilienfinanzierung im Rahmen einer Syndizierungsfinanzierung. In dieser Hinsicht kann die Novellierung somit revolutionär sein. Es bleibt jedoch offen, in wie weit sich der Security Agent außerhalb des Bereichs von Schuldverschreibungen durchsetzt.

Alles in allem ist die Novellierung sehr zu begrüßen. Nicht nur, dass das tschechische Schuldverschreibungsrecht nunmehr im Einklang mit dem Schuldverschreibungsrecht anderer europäischer Staaten steht, sondern auch, dass Anleger einen größeren Anreiz haben, in tschechische Hypothekenpfandbriefe zu investieren. Wie sich die Figur des Security Agents etablieren wird, bleibt abzuwarten. Dennoch eröffnet der Weg abseits der strengen Akzessorietät in der Finanzbranche neue Möglichkeiten, die es jetzt von der Praxis bestmöglich umzusetzen gilt.

DER AUTOR DR. ERNST GIESE Rechtsanwalt und Partner, Giese & Partner, s.r.o., Prag
DIE AUTORIN JITKA SYTAROVÁ LL.M., Partnerin, Giese & Partner, s.r.o., Prag
Dr. Ernst Giese , Rechtsanwalt und Partner, Giese & Partner
Jitka Sytarová , Partnerin, Giese & Partner

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