EXPO REAL-SPECIAL

DIE VERSCHMELZUNG VON ASSET MANAGEMENT UND PROJEKTENTWICKLUNG

Dr. Gerd Niklas Köster, Foto: privat

Die starke Renditekompression am Immobilienmarkt stellt den klassischen Immobilieninvestor, der mit dem Ziel der mittel- bis langfristigen Bestandshaltung Anlageopportunitäten sucht, vor ein echtes Dilemma. Vielerorts werden vor diesem Hintergrund längst Überlegungen angestellt, wo bislang noch unerschlossene Renditequellen in der Immobilienwertschöpfungskette liegen könnten. Besondere Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang sicher die Projektentwicklung im Bestand, die nicht zuletzt aufgrund der Corona-Krise weiter an Bedeutung gewinnen dürfte. Dass dieses an der Schnittstelle zwischen Asset Management und Projektentwicklung befindliche Geschäftsmodell grundsätzlich aber kein Selbstläufer ist, verdeutlichen die Ausführungen des folgenden Beitrags. Red.

Da es sich bei Real Estate Asset Managern um Vermögensverwalter im weiteren Sinne handelt, ist die aktive Projektentwicklung meist nicht Teil ihres Geschäftsmodells. Im Kontext der Immobilienwirtschaft agiert der Asset Manager als direkter Vertreter des Eigentümers und handelt nach dessen genauen Ziel- und Renditevorgaben. Seine Kernaufgabe ist es das Wertsteigerungspotenzial der Immobilie zu erkennen und dieses für den Investor zu heben.

Heute reicht das reine Management der Immobilien zur optimalen Wertmaximierung jedoch nicht mehr aus. Aus diesem Grund wird zunehmend auf Projektentwicklungsaktivitäten gesetzt. So werden zum Beispiel freie Grundstücksteile mit zusätzlichen Immobilien bebaut oder Bestandsobjekte einer Umstrukturierung unterzogen.

Vom Sachwert zum ständig überwachten Finanzwert

Investitionen in Immobilien erfreuen sich bei Investoren aufgrund des Niedrigzinsniveaus zunehmend an Beliebtheit. So hat sich die Immobilie vom reinen Sachwert zum ständig überwachten Finanzwert weiterentwickelt. Dieser muss jedoch kontinuierlich an die Anforderungen seiner Nutzer angepasst werden, um als "Asset" eine optimale Performance liefern zu können.

Infolge des hohen Renditedrucks der Investoren ist bei Asset Managern mittlerweile ein deutlicher Trend zum Outsourcen von projektentwicklungsbezogenen Aufgaben zu verzeichnen. Ein Grund hierfür ist die steigende Komplexität von Projektentwicklungsprozessen. Da insbesondere für die Projektentwicklung ein umfangreiches Spezialwissen verlangt wird, über welches die meisten Asset Manager jedoch nicht verfügen, werden viele Aufgaben extern vergeben.

Aktives Risikomanagement ist entscheidend

Es ist dann Aufgabe des externen Partners die genauen Anforderungen der Investoren auf den Bestand zu übertragen. Der Asset Manager hingegen erhofft sich durch das Outsourcing der Projektentwicklung vor allem eine Minimierung der Zeit- und Kostenrisiken. Gleichzeitig kann der Projektentwickler als externer Partner die Wertschöpfungspotenziale im Portfolio auf zeigen. Mithilfe von Projektentwicklung kann der Asset Manager also wichtige Werte für seine Investoren heben. Befinden sich beispielsweise Gebäude oder Grundstücke im Portfolio, deren Werte unterhalb ihrer Möglichkeiten liegen, kann durch die Projektentwicklung eine enorme Wertmaximierung für das gesamte Portfolio erzielt werden.

Projektentwicklungsleistungen im Bestand sind allgemein mit einem hohen Personalbedarf verbunden. Demgegenüber stehen jedoch die enormen Wertschöpfungspotenziale, die hierdurch freigesetzt werden können. Somit wird das aktive Portfoliomanagement zunehmend zu einer gemeinsamen Aufgabe von Asset Managern und Projektentwicklern. Schließlich verschmelzen die beiden Tätigkeitsbereiche in der Asset Management- und Projektentwicklungsebene miteinander.

Aufgrund der fehlenden Grundstücksverfügbarkeit gewinnen Bestandsimmobilien bei Investoren zunehmend an Beliebtheit. Die hiermit verbundenen Erlöserwartungen führen zur Verschmelzung von Asset Management- und Projektentwicklungsleistungen. Schließlich muss es mithilfe von zeitoptimierten Projektentwicklungsprozessen möglich sein, eine Bestandsimmobilie schnell marktfähig zu entwickeln. Angesichts der hohen Risiken, die der Gebäudebestand mit sich bringt, ist hierbei insbesondere ein aktives Risikomanagement erfolgsentscheidend. Große Asset Manager integrieren die Projektentwicklung daher als Geschäftsmodell in ihrer eigenen Organisation.

Durch die hohe Nachfrage wird auch die Projektentwicklung als Dienstleistung weiter an Bedeutung gewinnen. So kann schließlich eine bedeutsame Wertschöpfung auf Objektebene erzielt werden. Die Geschwindigkeit der Umsetzung von Projektentwicklungen im eigenen Portfolio ist dabei der erfolgsentscheidende Faktor. Aktive Projektentwicklungen bieten sich insbesondere für Objekte ab einem Verkehrswert von zehn Millionen Euro an.

Grundstücksreserven von Altlasten befreien

Um das Ausfallrisiko von Problemimmobilien zu begrenzen, können Flächen bestandsübergreifend neu eingeteilt und mit Mietern über eine Abgabe von nicht benötigten Flächen verhandelt werden. Anschließend kann im Zuge einer Projektentwicklung der Gesamtwert der Immobilie erhöht werden. Insbesondere beim Ankauf eines Immobilienportfolios ist das vorhandene Projektentwicklungspotenzial genau zu prüfen. Oft sind Baureserven in Form von Grundstücken wie zum Beispiel Parkplätze vorhanden, auf denen sich eine Projektentwicklung platzieren lässt. Hierbei kann bereits durch die reine Baurechtsschaffung für die Baureserven eine enorme Wertschöpfung erzielt werden.

Bei der Entwicklung der Grundstücksreserven nehmen vor allem die Altlasten eine wichtige Rolle ein. Es muss gelingen, die Grundstücke möglichst kostenneutral von ihren Kontaminationen zu befreien und schnell wieder bebaubar zu machen. Im Projektentwicklungsprozess übernimmt der Asset Manager hierbei weiterhin die prozessübergreifende Koordination und berichtet direkt an seinen Investor.

Klare Aufgabenverteilung

Der Projektentwickler hingegen ist der Spezialist, der durch sein Spezialwissen die Wertschöpfung der Immobilie weit über deren eigentlichen Möglichkeiten hinaus realisiert. Dafür muss die Aufgabenverteilung klar definiert werden. Mögliche Erweiterungsmaßnahmen können beispielsweise durch den Projektentwickler planerisch geprüft und kostenmäßig bewertet werden.

Weiter sollte der Projektentwickler vor allem die Kommunikation gegenüber politischen Akteuren während der Genehmigungsprozesse verantworten. Gleichzeitig sollte er die Verantwortung über Kosten, Termine und Qualitäten für die gesamte Realisierung erhalten und diese transparent an den Asset Manager kommunizieren.

Während der Projektrealisierung können also vor allem Steuerungsaufgaben an die Projektentwicklung übergeben werden. Seine Hauptaufgabe liegt jedoch im Aufzeigen des Projektentwicklungspotenzials im Gesamtportfolio sowie der Baurechtsschaffung von Baureserven. Die Akquisition der späteren Mieter unterliegt hingegen weiterhin dem Asset Management.

Ideale Zeitpunkte für Verkauf und Entwicklung identifizieren

Ist nach der Projektentwicklung der Verkauf der Immobilie gewünscht, so kann der Projektentwickler durchaus den Transaktionsprozess begleiten. Dies hat den Vorteil, dass eine Projektentwicklung im Bestand genau auf die Anforderungen möglicher Investoren zugeschnitten werden kann. Gleichzeitig kann das gute Netzwerk des Projektentwicklers für einen erfolgreichen Immobilienverkauf genutzt werden.

Bei der Projektentwicklung aus dem Portfolio heraus ist insbesondere das Timing des Objektverkaufs erfolgsentscheidend. So ist der beste Zeitpunkt zum Verkauf einer Projektentwicklung der Moment, in dem die Türen nach der Umstrukturierung zum ersten Mal öffnen und der neue Mietvertrag anfängt zu laufen. Nach dem Verkauf der Immobilie sollte der Asset Manager dann versuchen, das Objekt auch weiterhin im Management zu behalten.

Eine Immobilie kann im Laufe des Lebenszyklus mehrere Projektentwicklungsprozesse durchlaufen. Während dieser Prozesse ist das Verhältnis von Mieteinnahmen und Umnutzungskosten ins Verhältnis zu setzen. Wann genau eine Bestandsimmobilie entwickelt werden sollte, hängt vor allem von ihrer Bausubstanz und den möglichen Baureserven ab. Zusätzlich sind der Standort, die Vermietbarkeit und die gesamte Wirtschaftlichkeit der Immobilie von Bedeutung.

In sehr guten Innen stadtlagen kommt oft ein Ersatzneubau infrage, wenn die alten Flächen nicht mehr den Anforderungen der Mieter entsprechen und die Ausnutzung des Grundstücks zu gering ist. Dann kann durch einen kompletten Neubau ein wesentlicher Wert auf dem Grundstück gehoben werden. Die Bereitschaft zur aktiven Projektentwicklung durch Abriss richtet sich vor allem nach dem Risikoprofil der Investoren. So sind Pensionskassen heute noch zurückhaltender als zum Beispiel Family Offices.

Umnutzung versus Neubau

Die Notwendigkeit einer Verschmelzung zwischen Asset Management und Projektentwicklung ist insbesondere mit den Erlöserwartungen der Investoren durch die Wertsteigerung ihrer Immobilien zu begründen. Dabei spielen heute neben den ökonomischen auch die sozialen Faktoren für viele Investoren eine wichtige Rolle. Vor allem bei reinen Neubauentwicklungen kommt es oft zu Konfrontationen mit der Bevölkerung, wobei die Umnutzung von Bestandsimmobilien meistens reibungsloser verläuft.

Infolgedessen ist bei vielen Asset Managern heute ein Umdenken sichtbar. So wird offensiv und reaktionsschnell aus dem Bestand entwickelt und mögliche Wertschöpfungsmöglichkeiten werden mithilfe von "Redevelopments" gehoben. Das reine Verwalten der Assets ist aufgrund der schnellen Veränderung von Nutzeranforderungen nicht zukunftsfähig. Da Asset Manager meist eine langfristige Investmentperspektive verfolgen, Projektentwickler jedoch nach schnellen Erlösen suchen, wird ihre zukünftige Zusammenarbeit vor allem durch die positive Entwicklung der Investorennachfrage bestimmt. Insbesondere der Markt für Bestandsimmobilien mit Projektentwicklungspotenzial ist momentan attraktiv und öffnet sich durch den zunehmenden Strukturwandel.

Corona-Krise verstärkt den Trend

Zusätzlich wird der durch die Corona-Epidemie verursachte Einbruch im Einzelhandel zur Transformation großer Portfolios führen. Der Strukturwandel deutscher Innenstädte und Einkaufsstraßen beinhaltet allgemein viel Potenzial für die Verschmelzung von Asset Management- und Projektentwicklungsleistungen. Infolgedessen wird die Nachfrage nach Projektentwicklungsleistungen für den Gebäudebestand weiter steigen. Aufgrund der Verlagerung aus dem Neubau in den Bestand wird die Verschmelzung dieser beiden Tätigkeitsfelder weiter voranschreiten.

DER AUTOR DR. GERD NIKLAS KÖSTER Studiendekan Immobilienwirtschaft, Hochschule Fresenius, Hamburg
Dr. Gerd Niklas Köster , Studiendekan Immobilienwirtschaft, Hochschule Fresenius, Hamburg
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