Wohnungspolitische Handlungsstrategien des Bundes für bezahlbares Wohnen

Gunther Adler

Der Staat hat die Aufgabe, eine Mindestversorgung mit Wohnraum zu sichern, wenn der Einzelne dazu nicht in der Lage ist. Die Wohnungspolitik hat deshalb vorrangig das Verteilungs- und das Zugangsproblem zu lösen. Das heißt, die Mietbelastung muss auch für Haushalte mit geringem Einkommen tragbar sein. Das ist keineswegs mehr überall gegeben, der Handlungsdruck daher groß. Die Deckelung der Mieten im Rahmen der Mietpreisbremse zählt ebenso zu den jüngsten Maßnahmen, wie die Förderung des nachhaltigen, energieeffizienten oder barrierearmen Umbaus durch die bundeseigene Förderbank KfW oder die Bereitstellung kostengünstigen Baulands durch die öffentliche Hand. Denn solange die Nachfrage das Angebot übersteigt, wird nicht wirklich Besserung eintreten. Red.

Vor allem in Ballungsräumen, Groß- und Universitätsstädten ist in den letzten Jahren die Nachfrage nach Wohnraum weit stärker gewachsen als das Angebot. Bezahlbarer Wohnraum wird in diesen Städten knapp und die Mieten steigen.

So lagen in Düsseldorf im Jahr 2013 die Angebotsmieten um 5,4 Prozent höher als im Vorjahr, in Köln um 6,4 Prozent. In Berlin stiegen die Mietpreise bei Neuvermietungen allein im Jahr 2013 um 8 Prozent, in München um knapp 7 Prozent und in Wolfsburg sogar um 17 Prozent. Die steigenden Wohnkosten stellen vor allem für einkommensschwächere Haushalte eine große Belastung dar.

Besonders in den wirtschaftsstarken Regionen Deutschlands sind die Menschen von dieser Entwicklung betroffen. In diesen Regionen muss daher der Anstieg der Mieten gebremst und es müssen mehr neue Wohnungen gebaut werden. In den letzten Jahren ist die Wohnungsbautätigkeit - nach einem Tiefpunkt 2009 - wieder angestiegen. Im Jahr 2013 wurden in Deutschland 215 000 neue Wohnungen fertiggestellt, das sind sieben Prozent mehr als im Jahr 2012. Diese positive Entwicklung setzt sich auch in diesem Jahr fort, im ersten Halbjahr 2014 stiegen die Baugenehmigungszahlen um knapp zehn Prozent.

Prognosen des Bundesinstituts für Bauwesen und Raumordnung gehen für die kommenden Jahre von einem Bedarf von jährlich 250 000 Wohnungen aus. Diese Zahl wurde 2013 noch nicht erreicht. Wir brauchen also mehr Neubau und mehr Investitionen im Wohnungsbestand, vor allem im bezahlbaren Mietsegment. Die Herausforderung ist, dabei demografische und energetische Anforderungen an den Wohnungsneubau zu berücksichtigen.

"Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen"

Im Zentrum der Anstrengungen des Bundes steht das in den Koalitionsvereinbarungen der Regierungsparteien vereinbarte "Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen". Dieses Bündnis hat Bundesbauministerin Barbara Hendricks am 10. Juli 2014 ins Leben gerufen.

Im Bündnis vertreten sind Bund, Länder und Kommunen, die Wohnungs- und Bauwirtschaft, Mieterbund, Gewerkschaften und weitere Verbände und Institutionen, die zur Verbesserung der Wohnungsversorgung beitragen können.

Das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen widmet sich in fachöffentlichen Arbeitsgruppen, Projekten und Veranstaltungen folgenden Handlungsfeldern:

- Stärkung des Wohnungsbaus und Belebung des sozialen Wohnungsbaus;

- bezahlbare Mieten und soziale Sicherung des Wohnens;

- Energieeffizienz und Klimaschutz im Gebäudebestand;

- demografische Entwicklung und Wohnen im Alter;

- nachhaltiges und kostenbewusstes Planen und Bauen.

Bauland ist in den Ballungsräumen und Universitätsstädten knapp und teuer. Die Kommunen müssen daher bedarfsgerecht Flächenpotenziale aktivieren und neue Bauflächen ausweisen. Auch der Bund wird - dort wo es möglich ist - Bauland bereitstellen. Der Koalitionsvertrag sieht vor, Konversionsliegenschaften, die im öffentlichen Eigentum stehen, für Neubauvorhaben verbilligt abzugeben. Hierfür ist ein Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro, begrenzt auf vier Jahre, vorgesehen. Das wurde bereits im Haushaltsentwurf 2015 verankert.

Im sozialen Wohnungsbau sind die Länder aufgefordert, die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel gezielt für bedarfsgerechten und kostengünstigen Wohnraum einzusetzen. Die Zuständigkeit für die Wohnraumförderung liegt seit der Föderalismusreform bei den Ländern, die Länder erhalten jedoch als Ausgleich für den Wegfall der früheren Bundesfinanzhilfen für die soziale Wohnraumförderung Kompensationsmittel in Höhe von jährlich 518 Millionen Euro - und das bis zum Jahr 2019. Wir wollen uns daher mit den Ländern verständigen, dass alle Länder in den sozialen Wohnungsbau investieren und detailliert über ihre Fördermaßnahmen informieren.

Energieeffizienz und Klimaschutz im Gebäudebestand

Die Wohnungspolitik der nächsten Jahre wird auch von den gesellschaftspolitischen Herausforderungen des Klimaschutzes geprägt sein. Beim Thema Klimaschutz und Energieeffizienz muss der Immobilienbereich einen maßgeblichen Beitrag leisten. Denn 40 Prozent des Primärenergieverbrauchs und 15 Prozent der Treibhausgasemissionen entfallen auf Gebäude. Im Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 wird der Gebäudesektor daher eine wichtige Rolle spielen. Bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 sinken.

Um das Klimaziel zu erreichen, stehen wir in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Als Umwelt- und Bauministerium wollen wir dafür sorgen, dass die Wohnkosten trotz der anstehenden Investitionen bezahlbar bleiben, und gleichzeitig der erforderliche Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird.

Staatliche Förderprogramme wurden ausgebaut

Die im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogramms mit gut 1,8 Milliarden Euro ausgestatteten KfW-Programme zum energieeffizienten Bauen und Sanieren werden wir fortführen und ausbauen. Auch das KfW-Förderprogramm "Energetische Stadtsanierung" bleibt ein wichtiger Baustein. Mit diesem Programm werden im Quartier umfassende Maßnahmen in die Energieeffizienz der Gebäude und der Infrastruktur angestoßen.

Mit der gerade novellierten und am 1. Mai 2014 in Kraft getretenen Energieeinsparverordnung (EnEV) werden in der Zukunft Neubauanforderungen verschärft und Energieausweise gestärkt. Damit ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung des von der EU-Gebäuderichtlinie verlangten Niedrigstenergiegebäude-Standards für Neubauten getan. Jedoch bleiben das Wirtschaftlichkeitsgebot, die Technologieoffenheit und der Verzicht auf Zwangssanierungen feste Eckpunkte unserer Politik. Eine weitere Erhöhung der Anforderungen der EnEV wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr erfolgen.

Ein weiteres gesellschaftspolitisches Thema ist der demografische Wandel. Mit der Alterung der Bevölkerung wird der Bedarf an altersgerechten Wohnungen steigen. Schon bis zum Jahr 2030 brauchen wir nach einer aktuellen Studie der Prognos AG ungefähr 2,9 Millionen altersgerechte Wohnungen. Das entspricht einem Investitionsvolumen von zirka 50 Milliarden Euro!

Demografie und Wohnen im Alter

Mit dem KfW-Programm "Altersgerecht Umbauen" hat die Bundesrepublik 2009 einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan. Gut 134 000 Wohnungen wurden bisher altersgerecht umgebaut. Der Bedarf an Investitionen in den altersgerechten Umbau ist jedoch weiterhin hoch. Deshalb haben wir zu Beginn der Legislaturperiode die Zuschussvariante im KfW-Programm "Altersgerecht Umbauen" wieder eingeführt. Dafür stehen von 2014 bis 2018 Programmmittel in Höhe von 54 Millionen Euro zur Verfügung. Wir wollen ermöglichen, dass ältere und behinderte Menschen möglichst lange selbstbestimmt in ihrem gewohnten Umfeld wohnen können.

Die Bezahlbarkeit des Bauens spielt im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen eine wichtige Rolle. Denn tatsächlich sind nicht nur die Mieten, sondern auch die Baukosten in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Um günstige Mieten zu sichern, müssen wir daher Einsparmöglichkeiten beim Bauen analysieren. Gemeinsam mit den Bündnispartnern haben wir am 5. August 2014 eine Baukostensenkungskommission eingerichtet, in der nach Möglichkeiten zur Senkung der Baukosten im Neubau und bei der Modernisierung von Wohngebäuden gesucht wird. Unser Ziel ist es, mögliche Kostentreiber festzustellen und eine lebenszyklusorientierte Kosten-/Nutzen-Analyse durchzuführen.

Neben diesen zentralen Themen aus dem Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen haben wir auch die Stadt als Ganzes im Blick. Wir haben daher im Jahr 2014 die Bundesmittel für die Förderung des Städtebaus von 455 auf 700 Millionen Euro aufgestockt. Niemals zuvor hat die Bundesregierung die Städte und Gemeinden so umfangreich beim demografischen, sozialen und ökonomischen Wandel sowie beim Klimaschutz unterstützt wie heute.

Insbesondere das Programm "Soziale Stadt" wird mit 150 Millionen Euro deutlich besser und verlässlicher ausgestattet als in der Vergangenheit. Ziel des Programms "Soziale Stadt" ist es, in benachteiligten Stadtteilen Impulse für eine Verbesserung des baulichen Zustands und für die Lösung der sozialstrukturellen Probleme zu setzen. Dazu brauchen wir einen integrierten Ansatz, denn diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe muss auf mehrere Schultern verteilt werden. In diesem Sinne haben wir uns im Koalitionsvertrag auf die Entwicklung einer ressortübergreifenden Strategie "Soziale Stadt" verständigt, die wir unter Einbeziehung der Ressorts und von Partnern aus der Zivilgesellschaft erarbeiten wollen.

Nebeneinander von Schrumpfung und Wachstum

Neben der Wohnungsknappheit in wachsenden Ballungsregionen gibt es in vielen Regionen Deutschlands wegen des Bevölkerungsrückgangs Leerstände. Das Nebeneinander von Schrumpfung und Wachstum, als auch die unterschiedlichen Problemkonstellationen in Ost und West sind uns bewusst. Neben der notwendigen Neubautätigkeit wird es daher auch weiterhin unverzichtbar sein, Mittel für die Stadtumbauprogramme zur Verfügung zu stellen. Entsprechend dem Koalitionsvertrag werden wir perspektivisch die Stadtumbauprogramme zu einem einheitlichen, inhaltlich aufgewerteten und integrierten Stadtumbauprogramm zusammenführen.

Das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen wird in den Wachstumsregionen den Wohnungsbedarf begleiten und dazu beitragen, die aktuellen wohnungspolitischen Herausforderungen zu bewältigen. Es wird nicht immer einfach sein, die zum Teil konkurrierenden Interessen von Ökologie, Ökonomie und der sozialen Absicherung miteinander in Einklang zu bringen. Gemeinsam mit allen, die einen Beitrag zur Verbesserung der Wohnungsversorgung der Bürgerinnen und Bürger leisten können, werden wir es schaffen, tragfähige und nachhaltige Lösungen zu erarbeiten.

Der Autor

Gunther Adler Staatssekretär, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Berlin

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