Bewertung

Zukunftswert Immobilie 2021 - stichtagsbezogene Betrachtung

Brigitte Adam, Quelle: ENA Experts GmbH

Wie viel ist mein Haus und Hof im Jahr 2021 wert? Mit dieser Frage hat sich die Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. in Wiesbaden beschäftigt. Angesprochen wurden über 100 Immobiliensachverständige in Deutschland. Für den Prozess hat man zwei entscheidende Eingangsparameter festgelegt. Zum einen erforderte das Projekt die Definition einer Musterimmobilie im heutigen Marktumfeld und deren Marktwertermittlung. Aufgabe der Sachverständigen war es, sich entlang der Zeitreihen in das Jahr 2021 zu versetzen und die inzwischen um fünf Jahre gealterte Immobilie erneut einem stichtagsbezogenen Bewertungsverfahren zu unterziehen. Die Ergebnisse wurden anonymisiert verdichtet und im Rahmen einer Veranstaltung vorgestellt. Red.

Immobilieninvestoren nähern sich der Frage nach der Entwicklung ihrer Investitionen im Rahmen von Ankaufs- und Halteentscheidungen systematisch und regelmäßig. Firmeneigene oder externe Kalkulationsmodelle dienen dabei als Grundlage einer Vorausschau. Unter Berücksichtigung entsprechender Makro- und Mikrofaktoren und unter der firmeneigenen Annahme zur Veränderung des relevanten Marktumfeldes werden entsprechende Szenarien entwickelt.

Ausgangspunkt ist dabei in der Regel der von qualifizierten Gutachtern ermittelte Stichtagswert der Immobilie zum Zeitpunkt der Bewertung. Diese Stichtagsbetrachtung wird mitunter aus bilanziellen Gründen regelmäßig erstellt (beispielsweise bei Bilanzierung nach den internationalen Regeln des IFRS 40). Der Fortschreibung dieser gutachterlichen Stichtagswerte in die Zukunft ist jedoch in den Bewertungsregeln national wie international eine Grenze gesetzt. Ein immobilienwirtschaftliches Gutachten darf danach keine spekulativen oder prognostischen Elemente enthalten. Es gilt ein Stichtagsbezug, dessen zeitlich jüngste Ausprägung maximal dem Datum der Unterschrift des Gutachters entsprechen kann. Dennoch verfügen die Sachverständigen über eine Marktkenntnis, die ihnen eine qualifizierte Perspektive auf die Thematik der Zukunftserwartung eröffnet.

"Wie wertvoll ist mein Eigentum?"

An diesem Punkte setzt die Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. in Wiesbaden an: Mittels einer Umfrage unter mehr als 100 Immobiliensachverständigen in Deutschland sollen Antworten auf die Frage "Immobilie 2021 - wie wertvoll ist mein Eigentum?" gefunden werden. Hierzu wurde zum einen eine Musterimmobilie im heutigen Marktumfeld und deren Marktwertermittlung definiert. Zum anderen wurde den Teilnehmern ein Deutschland des Jahres 2021 anhand von Wirtschaftsdaten vorgezeichnet. Aufgabe der Sachverständigen war nun, sich entlang der Zeitreihen in das Jahr 2021 zu versetzen und die inzwischen um fünf Jahre gealterte Immobilie erneut einem stichtagsbezogenen Bewertungsverfahren zu unterziehen. Die Ergebnisse wurden anonymisiert verdichtet und im Rahmen der Veranstaltung vorgestellt.

Zehngeschossiges Bürogebäude als Musterimmobilie

Als Musterimmobilie diente ein fiktives zehngeschossiges Bürogebäude am Standort von München. Die Immobilie wurde im Jahr 2016 neu errichtet und als Neubau-Erstbezug an einen alleinigen Nutzer vermietet. Die Mietvertragsmodalitäten entsprachen marktüblichen Vereinbarungen. Den Konditionen nach konnte man die Immobilie in einer zentralen Bürolage im Stadtgebiet verorten. Zum Stichtag 1. September 2016 wurde die Immobilie nun sachgemäß mit einem Ertragswert von 62,3 Millionen Euro eingewertet.

Darüber hinaus wurden acht makro- und mikroökonomische Faktoren identifiziert, anhand derer einem qualifizierten Sachverständigen die notwendigen Parameter eines relevanten Marktumfeldes im München des Jahres 2021 beschrieben werden kann. Auch diese Zahlenreihen sind eine stichtagsbezogene Betrachtungsweise, in diesem Fall per 10. Oktober 2016. Interessante makroökonomische Parameter in der Fünf-Jahres-Sicht sind zum einen der antizipierte Anstieg der Fremdkapitalzinsen um nahezu 2,00 Prozent pro Jahr sowie zum anderen das erwartete Wirtschaftswachstum in Deutschland von 0,9 Prozent bis 1,8 Prozent pro Jahr. Für den Immobilienstandort München sind die Aussichten im Jahr 2021 gegenüber 2016 durchweg positiv. Die Zahl der Bürobeschäftigten, also die Zahl der Nutzer von Büroflächen, steigt kontinuierlich an, genau wie das Angebot an solchen Flächen im Stadtgebiet. Ein moderater Anstieg der Spitzen- und Durchschnittsmieten wird ebenfalls angenommen.

Die originäre Aufgabe eines Immobilienbewerters ist es, den Markt zu erfassen, und zwar unter Berücksichtigung des § 194 BauGB, der die Definition des Verkehrswertes (Marktwertes) beinhaltet. Die Definitionen der internationalen Wertbegriffe zum Beispiel nach Red Book der RICS (Royal Institution of Chartered Surveyors) oder nach den Richtlinien der TeGoVa (The European Group of Valuers' Associations) weichen von der des Baugesetzbuches nicht wesentlich ab. Ausgangsbasis sind - kurz gefasst - stets gewöhnliche Marktbedingungen unter Hinzuziehung von objektspezifischen Eigenschaften und ohne Berücksichtigung von ungewöhnlichen und persönlichen Verhältnissen.

Die wesentliche Bedeutung der Arbeit eines Bewerters liegt nicht in der mathematischen Darstellung der Methodik, sondern in der Entscheidung für die Parameter, die sich mit großer Sorgfalt aus dem Markt ableiten lassen. Zum einen betrifft dies die Wahl der marktüblichen Miete, in diesem Fall für das Jahr 2021, aber auch die Entwicklung der Bewirtschaftungskosten (Instandhaltungskosten, Verwaltungskosten, Mietausfallwagnis, nicht umlegbare Betriebskosten) und ganz wesentlich die Einschätzung der Verzinsung des Gebäudeertrages durch den Liegenschaftszinssatz. Dieser bildet in Verbindung mit der gewählten wirtschaftlichen Restnutzungsdauer den Vervielfältiger für die Kapitalisierung des Gebäudeertrages über die wirtschaftliche Restnutzungsdauer des Gebäudes.

In der gif-Umfrage waren die Parameter Miete, Bewirtschaftungskosten, wirtschaftliche Restnutzungsdauer, Liegenschaftszinssatz und besondere objektspezifische Merkmale (Abweichungen, die aufgrund des Objektes entstehen, wie beispielsweise besondere Vereinbarungen im Mietvertrag, Bauschäden oder -mängel) auf den Wertermittlungsstichtag 31. Dezember 2021 veränderbar. Die vorgenannten Langfristprognosen dienten der Orientierung für die finale Festsetzung der Parameter im Jahr 2021 und die Ermittlung des Zukunftswertes 2021.

Immobilien sind wertstabil

Als Grundaussage erwartet mit rund 56 Prozent eine leichte Mehrheit der Gutachter eine Wertsteigerung der Musterimmobilie im Jahr 2021. Mit rund 20 Prozent werden dabei Ergebnisse erzielt, die eine Steigerung von über zehn Prozent erwarten. Der Mittelwert aller eingereichten Ertragswerte liegt mit rund 64,8 Millionen Euro rund vier Prozent über dem Ausgangswert des Jahres 2021. Dabei antizipieren die Gutachter einen Anstieg der Mieten um 6,7 Prozent im Vergleichszeitraum. Dieser Ertragszuwachs kann als Hauptindikator dafür dienen, dass trotz gestiegener Bewirtschaftungskosten, einer verkürzten wirtschaftlichen Restnutzungsdauer sowie eines leicht erhöhten Liegenschaftszinssatzes der Ertragswert angestiegen ist.

Das zeigt, dass die Immobilie eine wertstabile Anlage sein kann. Wer in diese Assetklasse investiert, bindet sich aber an einen Standort und die Gegebenheiten des Objektes und dessen Umfeld. Die wertbeeinflussenden Veränderungen vorauszusagen, bleibt eine Herausforderung, die alle Akteure der Immobilienbranche auch in Zukunft beschäftigen wird. Die Qualität der Ergebnisse bleibt der Gradmesser für Erfolg und Miss erfolg.

Am Ende aber bleibt bei allem Modellcharakter des Zukunftswertes eine Aussage bestimmend, die schon Antoine de Saint-Exupéry zu diesem Thema getroffen hat: "Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen".

Die Autoren Brigitte Adam Geschäftsführende Gesellschafterin, ENA Experts GmbH & Co. KG, MainzMarkus Kreuter Team Leader Debt Advisory Germany, Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (gif), Wiesbaden
Brigitte Adam , Geschäftsführende Gesellschafterin, ENA EXPERTS GmbH & Co. KG, Mainz

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