Property und Facility Management

In zwei Minuten die Zufriedenheit der Nutzer in Immobilien analysieren

Abbildung 1: Online-Befragung über den Browser jedes internetfähigen Endgerätes verfügbar Quelle: Eigene Darstellung des Autors.

Das persönliche Wohlbefinden am Arbeitsplatz kann einen erheblichen positiven Effekt auf die Produktivität von Mitarbeitern haben. Die Erforschung der Zufriedenheit von Immobiliennutzern steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Zu umständlich und zeitaufwendig erscheinen die bislang zaghaft unternommenen Versuche, diesbezüglich zu tragfähigen Erkenntnissen zu gelangen. Genau an dieser Stelle setzt ein vom Institut für Facility Management & Immobilienwirtschaft der FH Kufstein Tirol entwickeltes Befragungstool an, das zur FM-Innovation des Jahres 2016 gewählt worden ist. Red.

Zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind produktiver, zufriedene Kundinnen und Kunden kaufen erneut und ausgiebiger und zufriedene Mieterinnen und Mieter bleiben länger in der Immobilie. All diese Zusammenhänge sind bekannt. Die Einflüsse der Immobilie und deren Umfeld im komplexen System der Arbeitszufriedenheit sind nicht von der Hand zu weisen und umfassen deutlich mehr als das Raumklima.

Kundenzufriedenheit als hohes Gut

Die Sauberkeit, ein ergonomischer Arbeitsplatz, die Sicherheit in und um das Gebäude sowie die Qualität der Gebäudedienstleistungen beeinflussen unsere Zufriedenheit ebenfalls maßgeblich. 87 Prozent der befragten Immobilienverwalter und Facility-Service-Anbieter geben an, dass die Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden wichtig für ihr Tagesgeschäft ist. Nach Kosteneffizienz und Gewinn rangiert Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden auf Platz zwei der wichtigsten Unternehmensziele.

Die Studie des Instituts für Facility Management & Immobilienwirtschaft an der Fachhochschule Kufstein Tirol zeigt jedoch, dass nur wenige Unternehmen ihre Kundinnen und Kunden tatsächlich nach deren Zufriedenheit fragen. Vielleicht ist die Ursache der seltenen Zufriedenheitsbefragung in Immobilien aber auch den uneinheitlichen und sehr umfangreichen Fragebögen geschuldet, die es zu dieser Thematik gibt. Ein Fragebogen, der alle Aspekte abdeckt, umfasst in der Regel viele Fragen.

Das zeitaufwendige Ausfüllen solcher Fragebögen steigert nicht unbedingt die Zufriedenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und erreicht nur geringe Rücklaufquoten. Kaum jemand möchte mehr als zwei Minuten mit einer Umfrage belästigt werden. Zudem liegt eine Problematik in den geschlossen Fragen zum Ankreuzen, die zwar einfach auszuwerten sind, aber keine spontanen Antworten ermöglichen. Auch eine Verzerrung durch die vordefinierten und in einer bestimmten Reihenfolge angeordneten Fragen ist möglich. Offene Fragen hingegen ermöglichen die freie und spontane Beantwortung. Die Ergebnisse kommen durch selbstständiges Überlegen und Sondieren zustande, sind aber sehr zeitaufwendig in der Auswertung.

My Building Message - Eine neue Art der Befragung

Genau hier setzt die Entwicklung des Zufriedenheits-Analyse-Tools my Building Message an. Um die Teilnehmerzahl zu erhöhen und die Befragungsdauer so kurz wie möglich zu gestalten, werden nur zwei Fragen gestellt: Wie zufrieden sind Sie mit dem Gebäude und den darin angebotenen Dienstleitungen auf einer Skala von eins (unzufrieden) bis zehn (sehr zufrieden)? Und außerdem: Sagen Sie uns Ihre Meinung, mit was Sie zufrieden oder unzufrieden sind.

Die erste, geschlossene Frage dient dem Einstieg. Die zweite, offene Frage bringt detaillierte Informationen. Die normalerweise zeitaufwendige und komplizierte Auswertung übernimmt automatisiert eine selbstentwickelte Text-Analyse-Software. Diese ist speziell für die Anforderungen im (Corporate) Real Estate und Facility Management entwickelt. Relevante Wörter werden erkannt und nach immobilienspezifischen Bereichen geclustert. Hinzu kommt die Analyse, der in den Antworten enthaltenen Gefühle. So lassen sich Bereiche mit höherer und solche mit geringerer Zufriedenheit darstellen.

Fundierte Antworten in nur zwei Minuten

Seit der Entwicklung Anfang 2016 hat das Institut für Facility Management & Immobilienwirtschaft etwa 10000 Personen befragt. Die Rücklaufquote liegt dabei im Bereich von normalen Fragebögen. Je nach Art der Einladung zur Teilnahme an der Befragung, der Anzahl der Erinnerungen oder der direkten und persönlichen Ansprache, kann diese bei 15 bis 20 Prozent oder bei 50 bis 70 Prozent liegen. Die eingegangenen Antworten zeigen, dass 85 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch die offene Frage beantworteten. Die Befürchtung, bei offenen Fragen nur wenig Feedback zu erhalten, trifft in diesem Fall also nicht zu.

Weiterführende Untersuchungen belegen, dass diese hohe Quote bei insgesamt drei bis fünf Fragen stark abnimmt und dass bei sieben Fragen nur mehr zehn bis 20 Prozent die offene Fragestellung beantworten. Die Auswertung der Befragungsdauer zeigt, dass die beiden Fragen durchschnittlich in zwei Minuten und zehn Sekunden beantwortet wurden. Dies ist im Vergleich zu anderen Fragebögen ein kaum zu übertreffender Wert.

Detailtiefe dank offener Fragen

Inhaltlich werden sowohl technische Anlagen, Reinigung, Catering und Kantine, Parkmöglichkeiten, Außenanlagen, Möbel, Infrastruktureinrichtungen als auch alle anderen Bereiche und Dienstleistungen in einer Immobilie bei den Textantworten genannt. Selbstverständlich kann die ganze Befragung auch mit dem Fokus auf einen Bereich von besonderem Interesse durchgeführt werden.

Ein maßgeblicher Vorteil der offenen Frage ist die Detailtiefe der Antworten. Während bei Standardfragebögen nur ein Zahlenwert beispielsweise zur Zufriedenheit der Luftqualität auszuwerten ist, lässt sich aus den Textantworten weit mehr Information gewinnen. Aus der offenen Frage werden auch Ursachen von Unzufriedenheit mit der Luftqualität wie Probleme bestimmter Räume, bestimmte Tages- oder Jahreszeiten oder ein Ausfall der Lüftungsanlage ersichtlich. Besonders erwähnt werden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch Bereiche, mit denen sie sehr zufrieden sind.

Das Nicht-Erwähnen von bestimmten Themen darf jedoch nicht gleich mit Unzufriedenheit assoziiert werden, sondern spricht eher für die Unauffälligkeit und den reibungslosen Betrieb des Bereichs. Je mehr Antworten einen Aspekt erwähnen, desto wichtiger ist dieser für die Zufriedenheit beziehungsweise Unzufriedenheit. Das Tool zeigt damit auf, ob ein Problem nur einen kleinen Personenkreis betrifft, oder ob viele sich dieser Meinung anschließen. Die Auswertung zeigt auch, ob ein Bereich nur negativ bewertet wird, oder dennoch einige positive Aspekte aufweist.

So zeigte sich bei einer Befragung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr unzufrieden über die Arbeitsplatzsituation und die technische Ausstattung waren, jedoch das Management sehr serviceorientiert agierte und bemüht war, immer wieder die bestmöglichen Lösungen zu finden. Bei einem anderen Gebäude wurde das neu eingerichtete Parkraumbewirtschaftungssystem stark kritisiert. Die ein halbes Jahr später durchgeführte Folgebefragung zeigte, dass die Nutzerinnen und Nutzer sich bereits daran gewöhnt hatten und die anfänglich hohe Unzufriedenheit gewichen war.

Verbesserungsmaßnahmen tragen Früchte

Die wiederholte Befragung in einer anderen Immobilie zeigte deutlich, wie die durchgeführten Verbesserungsmaßnahmen zur Zufriedenheit beitrugen. So wurde in der ersten Befragung die Möblierung im Meeting- und Pausenbereich stark kritisiert. Vor der Folgebefragung wurden neue Sitzgruppen aufgestellt und die Meetingbereiche umgestaltet. Die Ergebnisse zeigten eine hohe Zufriedenheit über die schnelle Reaktion auf die negativen Meinungsäußerungen. Viele Befragte gaben in diesem Gebäude an, dass die neu gestalteten Bereiche sehr zu ihrer Zufriedenheit im Arbeitsumfeld beitragen würden. So lassen sich aus den Erkenntnissen der Befragung oftmals konkrete Optimierungsmaßnahmen ableiten und deren Effekte in einer nachgeschalteten Befragung nachweisen.

Intelligente Immobilien-Text-Analyse-Software

Die Befragung kann über jeden Internetbrowser erfolgen. Es ist keine Installation einer App oder einer Software erforderlich. Die Anzeige passt sich allen Endgeräten an. So können die zwei Fragen über ein Smartphone, ein Tablet, einen Laptop oder PC wie auch über einen eigens eingerichteten Serviceterminal beantwortet werden. Selbstverständlich kann die Befragung auch als Paper-Pencil-Befragung durchgeführt werden, wenn im Nachgang die Antworten digitalisiert werden. Die Auswertung erfolgt durch eine semantische Textanalyse.

Bewusst wurde bei der Entwicklung darauf geachtet, dass keine Drittanbieter-Software für die Analyse benötigt wird. So ist die Software my Building Message auf jedem Webserver mit PHP und MyS-QL-Datenbank lauffähig. Als Framework für die Darstellung der Ergebnisse werden das HTML5 JQuery Mobile sowie D3 SVG-Grafiken verwendet - ein aktuell geläufiger Standard für Webanwendungen. Damit ist die sichere Einbindung in unternehmenseigene Netze möglich. Gefragt ist aktuell vor allem die angebotene Cloudlösung mit Serverstandort in Deutschland und entsprechend gesicherten Zugängen.

Ein lernendes System

My Building Message bietet die Möglichkeit für Betriebsräte diskriminierende und unangemessene persönliche Antworten vor der Analyse zu sichten und entsprechend zu sperren. Im Augenblick ist die Textanalyse auf Englisch und Deutsch verfügbar. Weitere Sprachpakete können bei Bedarf implementiert werden. Die Wort-Datenbanken wurden über Crowdsourcing - also unter Mitwirkung vieler Personen - entwickelt, um die individuellen Unterschiede im Wort-Verständnis zu berücksichtigen.

Wie in anderen lernenden Systemen erweitert sich die Datenbank mit jeder Befragung. Durch die Software werden 89 Prozent der Wortfelder automatisch zugeordnet. Bei den Gefühlsäußerungen liegt die Erkennungsrate bei 83 Prozent. Hier erschweren Ironie und unpräzise Äußerungen, die nur durch den Sinnzusammenhang eingeordnet werden können, die Automatisierung. Nur wenige Antworten müssen manuell zugeordnet werden. Durch die Texterkennung von my Building Message ist die Auswertung der Ergebnisse unmittelbar nach Eingang der Antworten beziehungsweise bereits während der Befragung möglich.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten im Immobilienbereich

Im Online-Analysetool kann neben der Wordcloud-Darstellung der immobilienspezifischen Cluster auch der zeitliche Verlauf der Antworten ausgewertet werden. Damit lassen sich regelmäßig wiederkehrende Befragungen vergleichen und Vorher-Nachher-Auswertungen durchführen. Der direkte Vergleich der Einzelergebnisse mit anderen eigenen Liegenschaften oder einem externen Immobilienpool ist ebenso möglich wie die Ausgabe eines Zufriedenheitsscores. Die Einsatzmöglichkeiten im Immobilienbereich reichen von der strategischen Ressourcenplanung bis hin zur Performanceoptimierung.

Durchgeführte Maßnahmen können direkt hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Zufriedenheit der Nutzerinnen und Nutzer untersucht werden. Als valide Befragung ist der Einsatz für Messungen von Key-Performance-Indicators bei Dienstleistungsverträgen möglich und kann im Rahmen eines regelmäßigen Qualitätsmonitoring eingesetzt werden.

Insgesamt stärkt die Befragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Miteinander von Unternehmen und Corporate Real Estate Management wenn über die Ergebnisse und die daraus abgeleiteten Maßnahmen transparent kommuniziert wird. Nicht zuletzt sind die Ergebnisse im Selbstmarketing einsetzbar. Ein nicht zu unterschätzendes Argument gegenüber Einkauf und Vorstand.

Das Institut für Facility Management & Immobilienwirtschaft an der Fachhochschule Kufstein Tirol entwickelt my Building Message weiter. So werden zurzeit der Einsatz bei Events und Veranstaltungen evaluiert und Möglichkeiten im Human Ressource Management untersucht. Auch die Erfassung von Texten im Social-Media-Bereich oder bei Immobilienanzeigen könnte eine weitere Anwendung für die Text-Erkennungs-Software werden.

Der Autor

Asc. Prof. (FH) Christian Huber Institut für Facility Management & Immobilienwirtschaft, Fachhochschule Kufstein Tirol Bildungs GmbH, Kufstein

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