Her mit dem Geld!

Daniel Rohrig

Die Steuerquellen sprudeln. Deutschland geht es gut. Insgesamt können Bund, Länder und Kommunen mit 734,2 Milliarden Euro an Steuereinnahmen rechnen. So verkündete es Interimsfinanzminister Peter Altmaier in Berlin. Das sind 1,8 Milliarden mehr als noch im Mai angenommen. Schon prasseln nicht nur von Verbänden Forderungen auf die Bundesregierung ein: Solidaritätszuschlag abschaffen, Subventionen abbauen, Steuerschlupflöcher schließen. Ganz unabhängig davon, ob der Soli in der jetzigen Form noch sinnvoll ist und in eine Infrastrukturabgabe für wirtschaftlich schwächere Regionen umgewandelt werden sollte oder nicht: Im Vergleich mit allen anderen G20-Staaten steckt die Bundesrepublik prozentual am wenigsten in die Infrastruktur, wie das McKinsey Global Institute (MGI) errechnete. Zur ermittelten Bedarfsdeckung müssten jährlich 0,4 Prozent des BIP mehr - kumuliert sind dies 160 Milliarden Euro - investiert werden.

Laut dem World Economic Forum (WEF) hatte die Bundesrepublik Anfang des Jahrtausends noch die zweitbeste Verkehrsinfrastruktur der Welt. Heute liegt Deutschland auf Platz elf. Ein Grund: Öffentliche Investitionen in die Infrastruktur betragen derzeit nur noch magere 0,41 Prozent der Wirtschaftsleistung. Laut Bundesverkehrsministerium waren es im Jahre 1992 noch 0,73 Prozent. Natürlich flossen damals noch Unmengen in die Entwicklung der zu dieser Zeit noch sehr jungen neuen Bundesländer.

Fakt ist, dass dem Bund in den kommenden Jahren nur ein Teil der Mehreinnahmen zusteht. 2018 sind es zwar aller Voraussicht nach noch 6,8 Milliarden Euro. Den Rest erhalten die Länder und die Kommunen. Aber: Durch die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen tritt die Bundesregierung ab 2020 einige Einnahmen an die Länder ab. Das ergibt für die Bundesländer ein Plus von 19 Milliarden Euro bis zum Jahr 2021 und für die Kommunen von 13,8 Milliarden Euro. Diese werden sich über den Geldregen für die vielerorts doch etwas klammen Haushalte freuen. Auch weil dadurch der immense Investitionsstau beim Bau neuer Kindergärten und Kinderkrippen, bei der umfangreichen Sanierung vieler Bildungseinrichtungen - Universitäten und Hochschulgebäude auf Landesebene sowie Schulgebäude auf kommunaler Ebene - etwas verringert werden kann. Alleine um die Qualität von Kitas und Kindergärten auf den von der OECD empfohlenen Standard zu bringen, müssten in Deutschland jedes Jahr neun Milliarden Euro an zusätzlichen Ausgaben getätigt werden. Das ist eine große Summe, aber keine unbezahlbare Summe.

Doch was kann die öffentliche Hand über den neu geregelten Länderfinanzausgleich hinaus noch tun? Eine Expertenkommission zur "Stärkung von Investitionen in Deutschland", eingesetzt vom Bundeswirtschaftsministerium, schlug beispielsweise vor, dass der Staat eine stärkere Selbstbindung bezüglich öffentlicher Investitionen vornehmen sollte. Immer wieder in der Diskussion befinden sich die sogenannten Public Private Partnerships. Problem: In der Realität sind diese häufig gescheitert. Auch die Vereinbarung eines nationalen Investitionspaktes für Kommunen mit einer Bereitstellung von Bundes- und Landesmitteln in Höhe des rechnerischen Substanzverzehrs kommunaler Infrastruktur wird diskutiert oder auch die stärkere - möglicherweise sogar erzwungene - Zusammenarbeit von Kommunen. Das sieht letztlich alles sehr nach Bürokratieausbau aus. Da werden sich viele Städte und Gemeinden vermutlich erst einmal querstellen. Sinnvoll ist allerdings, dass schon ab 2019 der Bund auch in die Infrastruktur in kommunaler oder Landesträgerschaft investieren kann.

Eine KfW-Studie macht indes generell Hoffnung auf eine langsame Wende: In der Summe planen die Kommunen demnach eine Steigerung ihrer Investitionen um etwa 15 Prozent. Waren für 2016 rund 30,8 Milliarden Euro eingeplant, sollen es für 2017 sogar 31,7 Milliarden Euro sein - inklusive den verschuldeten Kommunen. Leider lagen die tatsächlichen Investitionsausgaben in der Vergangenheit jedoch stets unter den Planungen.

Daniel Rohrig , Redaktion Immobilien und Finanzierung , Verlag Helmut Richardi
Noch keine Bewertungen vorhanden


X