(K)Ein gesunder Markt

Philipp Otto

Die Großbanken verlieren Marktanteile (allen Anstrengungen der Commerzbank zum Trotz), die Sparkassenorganisation und die Bausparkassen halten ihre Kuchenstücke weitestgehend stabil und die Kreditgenossenschaften sind der große Gewinner. So lassen sich die aktuellen Entwicklungen bei der Finanzierung des Wohnungsbaus kurz und knapp zusammenfassen. Rund 73 Prozent des gesamten Abschlussvolumens entfallen damit auf die vier etablierten Anbietergruppen im Markt. Ein wenig verwundert schaut man bei Betrachtung der Statistik auf die Säule Versicherungen.

Gilt doch die Assekuranz in erster Linie zwar bei gewerblichen Immobilienfinanzierungen, aber doch auch bei der Wohnungsbaufinanzierung derzeit als ausgesprochen aktiv, wenn nicht gar aggressiv im Markt.

Das zeigt sich in den Statistiken allerdings (noch) nicht. Der Marktanteil der Versicherungsunternehmen liegt bei gerade einmal 3,95 Prozent und damit um satte zwei Prozentpunkte unter dem Wert von 2005. Und selbst wenn man nicht die relativen Zahlen betrachtet, sondern die absoluten Werte vergleicht, ergibt sich kein anderes Bild. Es ist nämlich keineswegs so, dass der Markt einfach schneller gewachsen ist als die Volumina der Versicherungen. Per Ende 2014 summierten sich deren Bestände bei der Finanzierung von Wohnimmobilien auf 49,2 Milliarden Euro nach noch 69,3 Milliarden Euro zehn Jahre zuvor. Ist die Warnung vor der Assekuranz also wieder mal vor allem Panikmache, denn die etablierten Platzhirsche sitzen sehr bequem auf ihren Marktanteilen? Höchstens ein bisschen: Zum einen sind die Ergebnisse ein Stück weit zu relativieren, denn den unterschiedlichen Zahlenwerken fehlt es an Trennschärfe. Hinzu kommt, dass die Versicherungsaufsicht zwar über ausgegebene Baudarlehen der Assekuranz berichtet, aber nicht zwischen privaten und gewerblichen Kunden unterscheidet. Die Zahlen zeigen aber dennoch, dass weder die Auswirkungen der Regulierungsvorhaben Basel III und Solvency II noch die seit 2012 eingeräumte Möglichkeit für die Versicherer, zinsgünstige Darlehen der KfW direkt anzubieten, was zuvor Banken und Bausparkassen vorbehalten war, zu spürbaren Marktanteilsverschiebungen geführt haben.

Ebenfalls nicht gesondert in den Zahlenwerken ausgewiesen, ist die steigende Bedeutung von Vermittlern und Plattformen. Einer aktuellen Befragung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC bei Marktteilnehmern zufolge nutzen zwar immer noch 94 Prozent der Institute bevorzugt die Filiale für den Vertrieb von privaten Baufinanzierungen. 88 Prozent greifen aber zusätzlich auf Vermittler zurück. Das führt zu erheblichen Einbußen bei den Konditionen, was in der anhaltenden Niedrigzinsphase natürlich besonders schmerzt. Die Darlehenszinsen liegen für 2014 Berechnungen der FMH Finanzberatung zufolge bei noch 2,1 Prozent im Schnitt und damit spürbar unter dem langjährigen Durchschnitt von 6 Prozent. Bei anhaltend niedrigen Zinsen und Kampfpreisen von 1,2 oder 1,3 Prozent ist es sicherlich nur noch eine Frage der Zeit, wann die erste Immobilienfinanzierung für weniger als ein Prozent angeboten wird.

Welche Faktoren werden den künftigen Wettbewerb darüber hinaus beeinflussen? Die Bausparkassen bekommen aller Voraussicht nach bald das Pfandbriefprivileg und sind damit bei der reinen Kreditvergabe noch flexibler. Allerdings macht das außerkollektive Geschäft heute schon den Großteil der Neuzusagen aus. Auch wird einiges davon abhängen, ob die Diskussionen um die Kündigung von Altverträgen dem Image nachhaltig schaden. Die KfW bringt ihre Mittel kaum noch unter die Leute und erwägt nun schon Negativzinsen als Anreiz für die vermittelnden Institute, verstärkt KfW-Darlehen in die Finanzierungen einzubinden. Postbank und BHW werden wieder aus den Fängen der Deutschen Bank entlassen, wie groß der Aderlass bei einem der großen Immobilienfinanzierer sein wird, ist aber noch nicht abzusehen. Schließlich werden die regulatorischen Anforderungen deutlich strenger, zum Beispiel in Form der bis 2016 umzusetzenden EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die sowohl Vermittler als auch die einzelnen Institute betreffen wird. Die Verbraucher dürfen sich also weiterhin bester Finanzierungskonditionen erfreuen. Ein bisschen Sorge ist aber mit dabei, wenn man sich die teils deutlich steigenden Immobilienpreise, die höheren Investitionsvolumen und die geringe Tilgungsleistung anschaut. Ist der Markt, der sicherlich von viel Wettbewerb geprägt ist, also wirklich gesund?

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft
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