Green Bonds: Nach Corona-Verschnaufpause zurück auf Erfolgskurs

Wolfgang Köhler, Foto: DZ Bank AG

Selbst die Corona-Pandemie kann den Trend zur nachhaltigen Geldanlage nicht entschleunigen. So war die Nachfrage enorm, als die Bundesrepublik Deutschland, die sich das Ziel gesetzt hat eine Vorreiterrolle auf dem Finanzmarkt bezüglich Sustainable Finance zu übernehmen, ihre erste Grüne Bundesanleihe begeben hat. Weitere Emissionen für das Jahr 2021 befinden sich bereits in der Vorbereitung. Die Geldinstitute haben darüber hinaus ihre Verantwortung für einen nachhaltigeren Markt erkannt und entsprechend reagiert. Es haben sich daher bereits neben zweckgebundenen Anleihen sogenannte Target-linked-Strukturen etabliert, deren Finanzierungskosten von Nachhaltigkeitszielen abhängen, so der Autor. Er beschreibt zudem, warum grüne Anleihen für Investoren interessant sind, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit sich der Markt weiter erfolgreich entwickeln kann und welche Rolle die DZ Bank hierbei einnimmt. (Red.)

Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre erste Grüne Bundesanleihe an den Markt gebracht. Mit einem Emissionsvolumen von 6,5 Milliarden Euro und einer Laufzeit von zehn Jahren finanziert der sogenannte "Green Bund" unter anderem ökologische Projekte aus den Bereichen Verkehr, Forschung, Energie und internationale Zusammenarbeit. Doch dabei soll es nicht bleiben: Die Finanzagentur will noch in diesem Jahr nachlegen. Im vierten Quartal ist die Emission einer Grünen Bundesobligation mit einer Laufzeit von fünf Jahren geplant, sodass bis Jahresende ein Volumen von rund 11 Milliarden Euro in nachhaltigen Papieren emittiert werden könnte. Um eine grüne Renditekurve für den Euroraum zu etablieren, sind weitere Emissionen für 2021 bereits in Vorbereitung. Deutschland soll damit zu einem führenden Standort für nachhaltige Finanzwirtschaft werden.

Mit dem Eintritt in den nachhaltigen Funding-Markt trifft die Bundesrepublik den Zahn der Zeit. Denn der Trend geht klar hin zum nachhaltigen Investieren. Das gilt für institutionelle Investoren schon lange und immer mehr auch für private Anleger.

Das Green-Bond-Segment hat sich im ersten Halbjahr 2020 zunächst merklich abgekühlt: Vor allem im vom Corona besonders gebeutelten Monat März legte das Neuemissionsvolumen mit einem nur niedrigen einstelligen absoluten Wachstum eine deutliche Verschnaufpause ein. Bereits im April dieses Jahres konnten im Markt für grüne Anleihen erste Erholungstendenzen beobachtet werden. Dennoch ging das globale Neuemissionsvolumen in den ersten sechs Monaten im Vergleich zum Vorjahr um rund 26 Prozent auf etwa 92,6 Milliarden US-Dollar zurück.

Zunehmende Diversifizierung des Marktes

Auch wenn die Volumina längst noch nicht das Vorjahresniveau erreichen, ist in den kommenden drei bis sechs Monaten mit einer weiteren "Normalisierung" des Green-Bond-Segments zu rechnen. Mit einem Neuemissionsvolumen von 21,8 Milliarden US-Dollar war der Juli der bislang stärkste Monat des laufenden Jahres. Für das Gesamtjahr 2020 prognostiziert die DZ Bank ein Neuemissionsvolumen von rund 200 Milliarden US-Dollar. Diese Summe liegt zwar unter dem Rekordvolumen des Jahres 2019. Sie zeigt aber eindrucksvoll, dass grüne Anleihen trotz des turbulenten Marktumfelds auch in Zukunft eine zentrale Rolle auf der globalen Sustainable-Finance-Agenda spielen. Spätestens 2021 ist mit neuen Rekorden zu rechnen.

Zudem ist im Markt für nachhaltige Anleihen eine zunehmende Diversifizierung zu beobachten. Bedingt durch Covid-19 sind derzeit zwei weitere Segmente des Sustainanable-Bond-Marktes auf dem Vormarsch: Social- und Sustainability Bonds. Mit einem Anstieg von 41 Prozent beziehungsweise einer Verdreifachung des Neuemissionsvolumens haben sich Social- und Sustainability Bonds bereits im Jahr 2019 als Wachstumstreiber erwiesen. In Zeiten von Corona erhalten sie zusätzlichen Rückenwind. Im Juni 2020 übertraf das Neuemissionsvolumen in beiden Segmenten das Volumen des gesamten Vorjahres.

Vor kurzem hat die International Capital Markets Association (ICMA) daher eine Aktualisierung ihrer Social Bond Principles (SBP) publiziert, in der die förderfähigen sozialen Projektkategorien ausgeweitet und um die zuvor publizierten Leitlinien für Social Bonds, die das Thema Covid-19 adressieren, erweitert wurden. Emissionserlöse können zudem künftig nicht mehr nur bestimmten Gruppen, sondern auch der gesamten Weltbevölkerung zugutekommen.

Kosten in Abhängigkeit von Nachhaltigkeitszielen

Am weltweit ersten Corona-Bond im März 2020, einem Social Bond der International Finance Corporation (IFC, Weltbank), war die DZ Bank federführend beteiligt. Die Emissionserlöse der dreijährigen Anleihe in Höhe von einer Milliarde US-Dollar werden der globalen Bekämpfung der sozialen und ökonomischen Folgen der Pandemie dienen. Sie markiert den bislang größten Social Bond der Entwicklungsbank.

Neben der Diversifizierung zweckgebundener Anleihen etablierten sich zudem sogenannte "Target-linked"-Strukturen am Markt, deren Finanzierungskosten von Nachhaltigkeitszielen abhängen. Der Zinssatz kann dabei an ökologische und soziale Performanceindikatoren, ausgewählte Nachhaltigkeitsziele der UN oder ein externes Nachhaltigkeitsrating gekoppelt werden. Bei diesen nicht-zweckgebundenen Anleihen werden auch Unternehmen investierbar, die nicht über ausreichend nachhaltige Assets verfügen. Vielmehr steht die strategische Transformation des Emittenten im Hinblick auf Nachhaltigkeit im Fokus, da die Emission an nachweisbare Nachhaltigkeitsziele geknüpft wird. Diese Papiere sind insbesondere bei Investoren gefragt, die sich auf die Nachhaltigkeitsentwicklung des Emittenten fokussieren und weniger auf die Verwendung der Emissionserlöse.

Die DZ Bank hat beispielsweise in diesem Jahr gemeinsam mit einem Bankenkonsortium das erste ESG-linked Schuldscheindarlehen für den Kupferproduzenten Aurubis an den Markt gebracht. Aurubis wurde damit zum ersten Unternehmen der Grundstoffindustrie in Europa mit einem nachhaltigen Schuldscheindarlehen. Die Emission hatte ein Volumen von 400 Millionen Euro und war infolge des hohen Interesses seitens der Investoren zweieinhalbfach überzeichnet. Die Emissionserlöse dienen dem Kupferproduzenten zur allgemeinen Unternehmensfinanzierung, unter anderem für die Übernahme eines Recyclers, um zukünftig komplexe Recycling-Materialien zu werthaltigen Produkten zu verarbeiten.

Auch für die DZ Bank werden Sustainable Finance und insbesondere Sustainable Bonds in Zukunft in vielerlei Hinsicht eine noch größere Rolle spielen. So soll noch in diesem Jahr ein zweiter Green Bond begeben werden. Bereits die erste grüne Anleihe mit einem Volumen von 250 Millionen Euro im Jahr 2018 war ein großer Erfolg. Der Bond erfuhr großes Interesse seitens genossenschaftlicher Banken und institutionellen Anlegern und war seinerzeit deutlich überzeichnet.

Zentrales Kriterium Glaubwürdigkeit

Auch als Arrangeur von nachhaltigen Anleihen will die DZ Bank den Markt künftig aktiv weiterentwickeln. Allein im Jahr 2019 wurden insgesamt 16 Green-, Social- und Sustainability-Bond-Emissionen mit einem Volumen von mehr als 10 Milliarden Euro federführend begleitet. Die DZ Bank gehört somit zu den Top 3 Konsortialbanken im Sustainable-Bond-Markt in Deutschland. Im globalen SSA Sustainable-Bond-Euro-Segment konnte sie sich als einzige deutsche Bank unter den Top 10 auf dem sechsten Platz positionieren.

Gleichzeitig ist eine gewisse Reifung des Marktes zu beobachten. Vor allem kann festgestellt werden, dass die Marktakteure immer präziser und differenzierter auf die einzelnen Emissionen schauen. Dabei spielen Nachhaltigkeitsaspekte ebenso eine Rolle wie ökonomische Argumente. Das wirft die Frage auf: Wodurch zeichnet sich eine erfolgreiche Green-Bond-Emission aus? Unter welchen Voraussetzungen bietet die Emission einer grünen Anleihe überhaupt einen Mehrwert für den Emittenten?

Ein zentrales Kriterium dabei ist die Glaubwürdigkeit des Emittenten und die der geplanten Emission sowie der positive Nutzen der Transaktion. Insbesondere Investoren nähern sich Green Bonds inzwischen mit einer hohen Sensibilität dafür, ob ein Emittent mit seiner Anleihe eine glaubwürdige Nachhaltigkeits- und Klimastrategie verfolgt.

Emittenten können eine Reihe von Werkzeugen einsetzen, um ihre Glaubwürdigkeit unter Beweis zu stellen. Auf Gesamtebene sind Instrumente wie eine regelmäßige, materielle und transparente Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie ein oder mehrere Nachhaltigkeitsratings renommierter Agenturen wie MSCI, Sustainalytics oder ISS oekom hilfreich. Unterstützend leistet das Research von Banken mit unabhängigen Nachhaltigkeitsbewertungen einen wichtigen Beitrag zur Einordnung des Emittenten unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten.

Auch auf Ebene der einzelnen Emission spielt Transparenz eine elementare Rolle für die Anlageentscheidung. Grüne Anleihen stehen auch deswegen weiterhin hoch im Kurs der Investoren, weil sich ihr Nachhaltigkeitsprofil gut überprüfen und dokumentieren lässt - eine wesentliche Voraussetzung für viele Anleger, die wiederum ihren Kunden Rechenschaft über ihre Kapitalanlage ablegen müssen oder wollen.

Emittenten greifen dabei auf spezialisierte Nachhaltigkeits-Ratingagenturen zurück, um eine sogenannte Zweitmeinung ("Second Party Opinion") erstellen zu lassen. Diese zertifiziert das Rahmenwerk eines Green Bonds oder die Anleihe selbst nur dann als "grün", wenn die Emissionserlöse aus dem Bond "grünen" Zwecken gemäß den "Green Bond Principles" der International Capital Markets Association dienen. Hierzu gehören beispielsweise erneuerbare Energien, Energieeffizienz oder sauberer Transport. Die Allokation der Erlöse zu den entsprechenden Projekten muss zudem regelmäßig nachgewiesen werden, ebenso die positive ökologische Wirkung (sogenannter Impact) der Anleihe.

Voraussetzungen für den Erfolg

Vorarbeiten wie die gewissenhafte Identifizierung geeigneter Assets, die Erstellung eines marktkonformen Rahmenwerks sowie der Aufbau eines transparenten Berichts- und Kontrollsystems sind für eine erfolgreiche Emission ebenso zentral wie die intensive Investorenarbeit unmittelbar im Vorfeld der Emission, etwa in Form von Roadshows und Investorencalls. Emittenten sollten bei Green-Bond-Emissionen dabei ein besonderes Augenmerk auf institutionelle Investoren legen, die bei ihren Investments bereits nachhaltige Kriterien ansetzen. Dabei kann es sich um Investoren mit einem per se auf Nachhaltigkeit angelegten Mandat wie zum Beispiel Kirchenbanken handeln oder auch um klassische Asset Manager und Banken, die bereits Expertise im Nachhaltigkeitsbereich aufgebaut haben. Diese Investorengruppen bilden üblicherweise den Nukleus des Orderbuchs jeder Green-Bond-Emission.

Am Beispiel des ersten Benchmark Green Bonds der Rentenbank, bei dem die DZ Bank als Joint-Structuring-Advisor sowie als einer der Konsortialführer fungierte, zeigt sich: Für den Erfolg eines Green Bonds sind in erster Linie der Emittent und die von ihm mandatierten Banken verantwortlich.

Für eine weitere erfolgreiche Entwicklung des Marktes für nachhaltige Anleihen bedarf es gemeinsamer Standards dahingehend, was unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist. Dazu wurde von der Europäischen Kommission im Rahmen des Aktionsplans "Finanzierung nachhaltigen Wachstums" die EU-Taxonomie veröffentlicht. Diese gemeinsame Sprachregelung im Hinblick auf ökologisch nachhaltige Aktivitäten bietet Emittenten und Investoren Orientierung und Vergleichbarkeit. Der damit assoziierte Green-Bond-Standard der Europäischen Union könnte im Markt für nachhaltige Anleihen eine noch stärkere Dynamik entfachen.

Wolfgang Köhler Mitglied des Vorstands, DZ BANK AG, Frankfurt am Main
Wolfgang Köhler , Mitglied des Vorstands, DZ BANK AG, Frankfurt am Main
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