Grüne Verbriefungen und deren zukünftige Bedeutung im Sustainable-Finance-Segment

Dr. Dennis Heuer Foto: White & Case LLP

Bei der Umsetzung der Klimaschutzziele wird nach Ansicht der Autoren in den nächsten Jahren besonders die Finanzwirtschaft eine gewichtige Rolle einnehmen. Obwohl die Autoren weiterhin grüne Anleihen als prominenteste Vertreter und Vorreiter aus dem Bereich Green Finance sehen, bemerken sie seit einiger Zeit auch, wie grüne Verbriefungen in den Fokus von Banken und Investoren rücken. Zu den neuen "grünen" Forderungsarten der Verbriefungen gehören beispielsweise Finanzierungsverträge für Windkraft- und Solaranlagen, für Speicher- und Batterieprojekte sowie für Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz. Zufrieden zeigen sich die Autoren damit, dass der Gesetzgeber die Vorteile von Verbriefungen für die Einhaltung der Klimaziele erkannt zu haben scheint und daher im neuen Rahmenwerk für Simple, Transparent and Standardised Securitisation (STS) Anreize für grüne Strukturen geschaffen hat. (Red.)

Durch die Auswirkungen des Klimawandels sieht sich die Welt mit außergewöhnlichen Herausforderungen konfrontiert. Um den Anstieg der globalen Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen und den CO2 -Ausstoß in der Europäischen Union um mindestens 40 Prozent bis 2030 zu reduzieren, haben sich die teilnehmenden Staaten der Pariser Klimaschutzkonferenz 2015 (COP 21) auf ein rechtlich verbindliches Klimaschutzabkommen geeinigt.

Ob die Ziele der COP 21 erreicht werden, ist allerdings fraglich. Am 1. Juni 2017 erklärte der US-Präsident Donald Trump den Austritt der USA aus dem COP 21. Im Juni 2018 wurde bekannt, dass Deutschland das eigentlich fest zugesicherte Ziel einer Reduktion des CO2-Ausstoßes von 40 Prozent bis 2020 nicht mehr erreichen wird. Nach derzeitigem Stand wird die Reduktion des CO2 -Ausstoßes gegenüber 1990 nur circa 32 Prozent betragen. Der Umstand, dass die politischen Akteure den Klimawandel allein nicht bewältigen können oder wollen, steigert den Handlungsbedarf im privaten Sektor enorm.

"Sustainable Finance" - das Mittel zum Zweck?

Bei der Umsetzung der Klimaschutzziele wird insbesondere die Finanzwirtschaft in den nächsten Jahren eine gewichtige Rolle einnehmen. Denn nur durch ein Zusammenwirken öffentlicher und privater Kapitalgeber kann der Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft finanziert und der Anstieg der globalen Erderwärmung begrenzt werden. Die globale Finanzindustrie hat den Handlungsbedarf erkannt und entsprechende Finanzprodukte etabliert. Gleichwohl hat die Debatte um Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage gerade erst richtig Fahrt aufgenommen. Derzeit existieren zahlreiche Initiativen unterschiedlichster Akteure auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, die neue Impulse in Richtung Nachhaltigkeit und "Green Finance" geben. An einheitlichen Definitionen und Rahmenbedingungen fehlt es indes noch.

Um dieser Problematik zu begegnen, sind zahlreiche "Green-Initiativen" ins Leben gerufen worden, zum Beispiel die Climate Bonds Initiative (CBI), die KfW-Mindestkriterien sowie die World Bank Green Bond Process Implementation Guidelines. Luxemburg eröffnete vor zwei Jahren mit dem Green Exchange eine Plattform zum Handel grüner, nachhaltiger und sozialer Finanzinstrumente. Von besonderer Bedeutung sind wohl die sogenannten Green Bond Principles (GBP), die im April 2014 unter der Federführung der International Capital Markets Association (ICMA) vorgestellt und zuletzt im Juni 2018 aktualisiert wurden. Die GBP sind freiwillige Leitlinien, die insbesondere zur Stärkung der Integrität des grünen Kapitalmarktes beitragen sollen. Sie beinhalten eine Liste potenzieller "grüner" Projekte und sehen folgende Komponenten für Green Bonds vor:

1. Use of Proceeds,

2. Projektbewertung und -auswahl,

3. Management der Erlöse,

4. Reporting.

Nichtsdestoweniger sind diese Definitionen und Leitlinien nicht rechtlich verbindlich und teils fallen die angesetzten Maßstäbe auch deutlich auseinander. Resultat der mangelnden Harmonisierung der Begriffe "grün" und "nachhaltig", an denen sich sowohl Investoren als auch grüne Emittenten orientieren können, ist der Vorwurf des sogenannten "Greenwashing". Hierbei werden Investments fälschlicherweise als grün bezeichnet, ohne jedoch im Rahmen der Wertschöpfung entsprechende Maßnahmen zu implementieren. Dies führt zwar nicht zu rechtlichen Konsequenzen, ist jedoch für Marktteilnehmer reputationsschädigend. Diese Unsicherheit hemmt Investoren und Originatoren zugleich und hindert letztlich auch das Wachstum des grünen Kapitalmarktes.

EU-Aktionsplan

Dies hat die EU-Kommission erkannt und in ihrem im März 2018 veröffentlichten "Action Plan: Financing Sustainable Growth" adressiert. Dieser EU-Aktionsplan basiert auf dem Abschlussbericht einer eigens hierfür von der EU-Kommission eingesetzten "High-Level Expert Group on Sustainable Finance" (HLEG). Ziel ist die Sicherstellung einer erhöhten Transparenz grüner und nachhaltiger Investitionen durch die Schaffung einheitlicher und verlässlicher Rahmenbedingungen. Hierzu zählen unter anderem eine EU-Norm für grüne Anleihen, der sogenannte "Green-Bond-Standard" sowie eine "Sustainability-Taxonomie". Letztere soll dem Umstand Rechnung tragen, dass bislang keine einheitliche Definition für nachhaltige Investments existiert, und ein Klassifikationssystem schaffen, in dessen Rahmen klar benannt wird, wann ein Projekt als nachhaltig anzusehen ist.

Zur Erarbeitung der Kriterien für die Nachhaltigkeitsstandards, die durch den EU-Aktionsplan neu geschaffen wurden, hat die EU-Kommission eine mit Praktikern besetzte "Technical Expert Group" (TEG) einberufen. Die TEG hat ihre Arbeit im Juli 2018 aufgenommen und wird sich bis Juni 2019 - möglicherweise mit einer Verlängerung bis Ende 2019 - mit der Ausarbeitung der Konzepte, insbesondere für den Green-Bond-Standard und die Sustainability-Taxonomie, beschäftigen.

Es ist zu erwarten, dass die TEG im Zuge der Ausarbeitung des Green-Bond-Standards und der Sustainability-Taxonomie die Diskussion um das Verständnis von grün endlich auflösen wird. Es bleibt abzuwarten, ob es sich künftig bei grünen Investments lediglich um ein Label für bereits etablierte Assetklassen oder vielmehr um eine neue, abgrenzbare Assetklasse handeln wird.

Neben der Einführung einer verbindlichen Definition könnte die Standardisierung der Dokumentation zudem dazu führen, dass die Emissionskosten, die aufgrund der notwendigen Zertifizierung grüner Anleihen und der erforderlichen zusätzlichen Dokumentation erhöht sind, reduziert werden.

Green Finance

"Green Finance" versteht sich als wichtiger Teilbereich von Sustainable Finance und befasst sich insbesondere mit Klimaschutz- und Umweltprojekten. Prominentester Vertreter und Vorreiter aus dem Bereich Green Finance sind wohl grüne Anleihen (Green Bonds). Jüngst sind aber auch grüne Verbriefungen in den Fokus von Banken und Investoren gerückt.

Denn insbesondere bei der Erschließung neuer Finanzierungsmöglichkeiten für eine Vielzahl kohlenstoffsparender und klimaresistenter Projekte können grüne Verbriefungen eine übergeordnete Rolle einnehmen. "Green Pressure" durch Klimainitiativen und Investoren und der Bedarf an alternativen Finanzierungsmethoden für grüne Investitionen bewirken, dass Verbriefungen im Green-Finance-Segment immer mehr an Fahrt gewinnen.

Bei einer Verbriefungstransaktion wird ein Pool nichtliquider Vermögenswerte (zum Beispiel Leasingverträge oder Darlehen) in fungible Wertpapiere (Asset-Backed Securities (ABS)) umgewandelt. Die Wertpapiere verbriefen die Cashflows aus diesen nichtliquiden Vermögenswerten. Die Vorteile einer Verbriefung liegen dabei auf der Hand. Investoren erhalten bei einem Verbriefungsinvestment einen Anteil an einem Pool von Vermögenswerten in Form eines Wertpapiers. Hierzu werden die zugrunde liegenden Vermögenswerte auf eine insolvenzferne Verbriefungszweckgesellschaft übertragen, sodass allein auf die Werthaltigkeit der Vermögensgegenstände abgestellt werden kann.

Motive für grüne Verbriefungen

Im Gegensatz zu einer grünen Anleihe können im Wege der Verbriefungstechnik eine Vielzahl an grünen Leasingverträgen oder Darlehen zu einem hinreichend großen Portfolio gebündelt und damit auch mehrere Einzelfinanzierungen über den Kapitalmarkt refinanziert werden. Leasingunternehmer oder Kreditgeber (jeweils ein Originator) können sich durch die Verbriefung nicht nur refinanzieren, sondern auch ihr regulatorisches Eigenkapital entlasten und dadurch Leverage in ihr Geschäftsmodell einbringen. Denn mit den derart erzielten Erlösen und dem freigesetzten Eigenkapital können sie sodann neue Leasingverträge oder Kredite ausreichen.

Auch der Gesetzgeber hat die Vorteile von Verbriefungen für die Einhaltung der Klimaziele erkannt und daher im neuen Rahmenwerk für Simple, Transparent and Standardised Securitisation (STS) Anreize für grüne Strukturen geschaffen. Denn nach der neuen Verbriefungsverordnung sind Originator, Sponsor und Verbriefungszweckgesellschaft verpflichtet, bei Auto- ABS und Residential Mortgage-Backed Securities (RMBS) die verfügbaren Informationen über die Umweltbilanz der den verbrieften Forde rungen zugrunde liegenden Kraftfahrzeugen beziehungsweise Immobilien offenzulegen, um eine Klassifizierung als STS-Verbriefung zu erlangen und somit die günstigeren STS-Risikogewichte zu nutzen.

Mithin besteht für diese Assetklassen eine gesetzliche Offenlegungspflicht, die ebenso für eine Klassifizierung als grünes Finanzinstrument nach allen gängigen Standards notwendig wäre. Daher könnten Marktteilnehmer dazu geneigt sein auch die übrigen Anforderungen an ein grünes Finanzprodukt einzuhalten und sich somit einen größeren Investorenkreis zu erschließen.

Green ABS

Die oben erwähnte Diskussion kann auch auf die Thematik übertragen werden, wann eine ABS-Transaktion als grün anzusehen ist. Neben einer Orientierung an den GBP kann eine Verbriefung nach Auffassung der CBI als grün bezeichnet werden, wenn die den Vermögenswerten der Verbriefungstransaktion zugrunde liegenden Cashflows aus klimaschonenden und kohlenstoffsparenden Projekten erschlossen werden. Auch eine Verbriefung, deren Erlöse der Finanzierung grüner Infrastrukturprojekte dienen, kann dann als grüne Verbriefung angesehen werden.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Forderungen für grüne Verbriefungen geeignet sind. Etablierte Forderungsarten, die bereits verbrieft werden, sind unter anderem Finanzierungen für grüne kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) und Hybrid- und Elektrofahrzeuge sowie Immobilienkredite für grüne Gebäude. Zu den neueren Forderungsarten gehören zum Beispiel Finanzierungsverträge für Windkraft- und Solaranlagen, für Speicher- und Batterieprojekte sowie für Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz.

Mit Premium Green 2017-2 erfolgte 2017 durch die von Crédit Agricole CIB 3-Milliarden-US-Dollar-Transaktion erstmals auch eine synthetische grüne Verbriefung. Bei synthetischen Verbriefungen verbleiben die Forderungen auf der Bilanz des Originators - es erfolgt also lediglich schuldrechtlich eine Übertragung der Kreditrisiken. Hiermit bezweckt der Originator die Einsparung von Eigenkapital. Auch solche synthetischen Verbriefungen bergen das Potenzial, einen positiven Beitrag zur Erschließung neuer Finanzierungsmöglichkeiten für kleinere kohlenstoffsparende und klimaresistente Projekte zu leisten. Denkbar ist hier eine Verpflichtung des Originators, frei gewordenes Kapital in neue grüne Projekte fließen zu lassen. Offen bleibt dabei, ob der Originator mithilfe einer synthetischen Verbriefung seine Bilanz grün wäscht, indem er die Eigenkapitalentlastung seines klassischen Portfolios nutzt, um anschließend ein grünes Portfolio zu errichten, oder ob einer solchen Transaktion bereits ein grünes Portfolio zugrunde liegt. Darüber hinaus kann die für die Zwecke des Kreditausfallschutzes vom Investor geleistete Barsicherheit zur Finanzierung anderweitiger grüner Projekte genutzt werden.

Die Einführung von speziellen PACE-, Auto- und Solar-ABS als neue Finanzierungsinstrumente ist ein weiterer wichtiger Schritt für die Initiierung eines "grünen" Verbriefungsmarktes.

Mit PACE-Finanzierungen (Property Assessed Clean Energy) erhalten öffentliche Stellen die Möglichkeit, Investitionskosten für die energetische Sanierung von Wohn- und Gewerbeimmobilien zu finanzieren, die anschließend schrittweise vom investierenden Eigentümer zurückgezahlt werden. Die Rückzahlung erfolgt über ein an das Grundstück geknüpftes Darlehen, das vom Eigentümer als ergänzende Abgabe zur Immobiliensteuer zurückzuzahlen und durch das Grundstück selbst besichert ist.

PACE- und Auto-ABS

Erfolgreiche PACE-Programme gibt es mittlerweile in den USA, Kanada, Australien und Südafrika und dieses Konzept gewinnt als Lösung für das enorme Investitionsdefizit im Hinblick auf nachhaltige Infrastrukturen auch in Europa immer mehr an Bedeutung. So wird im Rahmen der Euro-PACE Initiative das PACE-Modell aktuell in Europa beworben. Spanien, Italien, Großbritannien und Polen zählen heute bereits zu den europäischen Unterstützern des Modells. Wie andere nachhaltige Finanzierungen können auch PACE-Finanzierungen aggregiert und verbrieft werden, was die Bilanz des Originators entlastet und institutionellen Investoren die Investition in diese Assetklasse erleichtert.

Im Rahmen von Auto-ABS wird ein Portfolio von Auto-Kredit- oder Leasing-Finanzierungen refinanziert. Da Hybrid- und vollelektrische Fahrzeuge derzeit noch einen geringen Teil der Straßenfahrzeuge ausmachen, sind erhebliche Investitionen in die Forschung und Entwicklung umweltfreundlicher Fahrzeuge erforderlich. Auto-ABS werden bei der Freisetzung dieser Mittel eine wichtige Rolle einnehmen. Die Nutzung brauner Vermögenswerte, um Kapital für mehr grüne Mittel freizusetzen, ist hierbei eine Schlüsselkomponente.

Eine Verbesserung dieser Struktur wäre die Emission von Auto-ABS, die ausschließlich auf emissionsarme bis emissionsfreie Fahrzeuge ausgerichtet sind, um mittels der Erlöse weitere grüne Vermögenswerte in Form von Leasingverträgen und Fahrzeugdarlehen zu generieren. So haben kürzlich mehrere namhafte Automobilhersteller Auto-ABS herausgegeben, die durch Leasingverträge bestehender Elektrofahrzeuge besichert sind.

Solar-ABS

Solar-ABS sind Verbriefungen, die durch Cashflows aus Solaranlagen besichert sind. Die meisten Geschäfte werden durch Leasingzahlungen und Strombezugsverträge abgesichert. Solarenergie ist eine der führenden Alternativen zu fossilen Brennstoffen als Quelle der Stromerzeugung sowohl für die gewerbliche als auch für die private Nutzung. Im Gegensatz zu fossil erzeugtem Strom kann Solarenergie von jedermann erzeugt werden. Sobald die Technologie installiert ist, produziert der Eigentümer effektiv kostenlose Energie, deren Überschüsse in die nationalen Netze eingespeist werden können. Die solaren Verbriefungen erreichten 2017 ein Volumen von über eine Milliarde US-Dollar und haben sich damit gegenüber dem Vorjahr mehr als vervierfacht.

In den USA werden Solaranlagen oft durch PACE-Darlehen finanziert. In Europa wurde die Einführung von Solar-ABS für erneuerbare Energien durch das Fehlen einer standardisierten Dokumentation, die Unsicherheit über die Einspeisevergütung und das unzureichende Volumen an grünen Anlagen einzelner Banken oder Leasinggesellschaften behindert. Financial Warehousing, bei dem Kredite und/oder Leasingverträge von mehreren Sponsoren zusammengefasst werden, wäre förderlich, den Markt zu vergrößern.

Regulatorische Behandlung grüner Verbriefungen

Derzeit werden bestimmte regulatorische Maßnahmen erwogen, um den Sustainable-Finance-Markt zu propagieren. Insbesondere existieren zwei konträre Modelle hinsichtlich der regulatorischen Behandlung grüner Verbriefungen: der "Green Supporting Factor" (GSF) und der "Brown Penalising Factor" (BPF).

Der vorgeschlagene GSF ist ein Multiplikator der Kapitalrisikogewichte der Banken, um die relative Gewichtung nachhaltiger Vermögenswerte zu verringern. Die Befürworter des GSF-Konzeptes, da runter mehrere französische und deutsche Bankenlobbyisten, argumentieren, dass neben der Förderung des Wachstums des nachhaltigen Finanzmarkts günstige Risikogewichte oft gerechtfertigt sind, da nachhaltige Anlagen von Natur aus weniger riskant sind als ihr nicht nachhaltiges Pendant.

Ob grüne und nachhaltige Investments tatsächlich ein geringeres Risiko aufweisen und dadurch ein geringeres Risikogewicht gerechtfertigt wäre, wird aktuell im Rahmen des EU-Aktionsplans der Kommission geprüft. Es ließe sich aber ebenso argumentieren, dass Risikogewichte nicht ausschließlich das tatsächliche Risiko eines Investments widerspiegeln, sondern auch anderweitig motiviert sein können, denn die Sicherheit eines Investments beruht nicht allein auf der Rendite (zum Beispiel die Risikogewichte von Staatsanleihen oder KMU).

Fraglich bleibt zuletzt, wo ein GSF überhaupt ansetzen sollte. Der GSF könnte entweder bereits auf Ebene der ausgereichten Finanzierungen angewendet werden. Dies unterstützt vor allem die schnelle Ausreichung von neuen grünen Darlehen. Alternativ könnte der GSF erst bei der Refinanzierung ansetzen, indem die genutzten Kapitalmarktinstrumente regulatorisch privilegiert werden. Dafür spricht insbesondere, dass bei einer Kapitalmarkttransaktion die Anforderungen an ein grünes Investment erneut kritisch gegengeprüft werden können.

Im Gegensatz zum umstrittenen GSF würde der BPF in Gestalt einer Sanktion höhere Eigenkapitalforderungen an kohlenstoffintensive Anlagen stellen. Eine solche Bestimmung würde das Problem der Senkung der Kapitalanforderungen vermeiden und gleichzeitig ein politisches Signal für eine nachhaltige Finanzierung setzen. Zudem trägt ein BPF dem Umstand Rechnung, dass kohlenstoffintensive Anlagen in naher Zukunft auch zunehmend riskante Anlagen werden.

Ob ein GSF oder ein BPF schlussendlich umgesetzt wird, ist bisher noch unklar. Entsprechend kommt es - wie bereits bei der Schaffung der ersten Rahmenbedingungen für einen grünen Kapitalmarkt - entscheidend auf die Marktteilnehmer an, ob grüne Kapitalmarktprodukte den Durchbruch schaffen. In diesem Kontext müssen sich Investoren der Frage stellen, ob das klassische zweidimensionale Chancen-Risiken-Profil nicht noch um eine dritte Dimension, die Wirkung (impact), erweitert werden muss.

Bedeutung von Impact

Vor allem Investoren aus dem privaten Sektor fragen sich derzeit immer öfter, was sie mit ihrem Investment bewirken und ob sich Rendite mit einem guten Zweck vereinen lässt. Daher sind die Anzahl und Volumina von Nachhaltigkeitsfonds in den letzten Jahren rapide gestiegen. Investoren sind bei dieser sogenannten wirkungsorientierten Anlage bereit, auf Prozentpunkte bei der Rendite zu verzichten oder höhere Risiken einzugehen, wenn die Anlage sich zudem der Nachhaltigkeit verschreibt. Mehr und mehr Studien belegen zudem, dass nachhaltige Investitionen in einem Portfolio eher geeignet sind, das Risiko-Rendite-Profil der Anlage zu verbessern. Vor diesem Hintergrund kommt dem sogenannten Impact Reporting eine zunehmend wichtige Rolle zu. Investoren wird es so ermöglicht, für ihre Investitionen anhand einer Wirkungsberichterstattung einen effektiven und verantwortungsvollen Investment-Ansatz nachzuweisen.

Aus Sicht von Banken und professionellen Anlegern ergeben sich hieraus ganz neue Chancen und Risiken, denen nur durch eine Anpassung des bestehenden Geschäftsmodells an grüne Investments begegnet werden kann. Zum einen steigt der Anteil an Investoren im Kapitalmarkt, die explizit grüne und nachhaltige Investitionen suchen. Andererseits durchzieht die gleiche grüne beziehungsweise nachhaltige Mentalität auch das sonstige Kaufverhalten in der Gesellschaft, sei es der Einkauf im Bio-Supermarkt bis hin zum Elektrofahrzeug. Setzt sich dieser Trend fort, sind nicht nur Industriezweige mit fossilen Brennstoffen, sondern auch viele andere, wie zum Beispiel die Supermarktkette, die keine reinen Bio-Produkte anbietet, gefährdet. Dies hat auch die Europäische Zentralbank erkannt und folglich Klimarisiken als Risikotreiber in ihren Prioritäten für das Jahr 2019 identifiziert.

Gelegenheit eines Comebacks

Um diesem Wandel zu begegnen, eignen sich grüne Verbriefungen im besonderen Maße. Denn die Natur einer Verbriefung als assetbasierte Kapitalmarktlösung kann diesen globalen Wandel vom heutigen Status quo hin zu einem grünen und nachhaltigen Anlegerverhalten einzigartig abbilden: Die Verbriefungstechnik ermöglicht Marktteilnehmern, ihre Bilanz im Gleichschritt zum gesellschaftlichen Wandel flexibel mit grünen Assets anzureichern sowie Risiken aus braunen Portfolios abzubauen.

Für Verbriefungen stellen die derzeitigen Entwicklungen die Gelegenheit eines Comebacks dar: Durch die innovativen und flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten können grüne Verbriefungen bislang unangetastete Mittel für nachhaltige Zwecke mobilisieren. Sie dienen daher als Multiplikator im Sustainable-Finance-Segment und müssen als einer der wesentlichen Wegbereiter einer globalen grünen Revolution angesehen werden.

Dr. Dennis Heuer Rechtsanwalt und Partner, Bereich Capital Markets, White & Case LLP, Frankfurt am Main
Annekatrin Kutzbach Professional Support Lawyer, White & Case LLP, Frankfurt am Main

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